BGH,
Urt. v. 15.12.2005 - 3 StR 61/02
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 61/02
vom 15.12.2005
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.
a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
15.12.2005, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am
Bundesgerichtshof Prof. Dr. Tolksdorf, die Richter am Bundesgerichtshof
Winkler, Pfister, von Lienen, Becker als beisitzende Richter,
Staatsanwalt in der Verhandlung, Richter am Landgericht bei der
Verkündung als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Mönchengladbach vom 8. November 2001 wird a) das Verfahren in
den Fällen II. 5. (betreffend 600 Ecstasytabletten), 14. und
18. der Urteilsgründe eingestellt; im Umfang der Einstellung
fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des
Angeklagten der Staatskasse zur Last, b) der Angeklagte im Fall II. 20.
freigesprochen; insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die
notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last, c) das vorgenannte
Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der
Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in
Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge in zwölf Fällen und des Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf
Fällen schuldig ist, und d) im Strafausspruch mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung
wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
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2. Die weitergehende Revision wird verworfen. Von Rechts wegen
Gründe: Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in
13 Fällen und wegen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht
Fällen zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und sechs
Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision hat mit der
Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen
Teilerfolg. 1 1. In den Fällen II. 5. (600 Ecstasy-Tabletten),
14. und 18. der Urteilsgründe hat der Senat das Verfahren auf
Antrag des Generalbundesanwalts nach § 154 Abs. 2 StPO
eingestellt, da die Feststellung der nicht geringen Menge nicht
unproblematisch erscheint. 2 2. Im Fall II. 20. ist der Angeklagte vom
Vorwurf vollendeten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge freizusprechen. Hier hatte der Angeklagte einen
Freund beauftragt, die Telefonnummer eines "A. " zu erkunden, um
festzustellen, ob er etwas von ihm kaufen könne. Hierbei
handelt es sich zwar auch um eine auf den Umsatz von
Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit, doch ist sie
noch weit im Vorfeld des beabsichtigten, noch nicht näher
konkretisierten Drogenumsatzes angesiedelt und wird daher nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem Vorbereitungsstadium des
Handeltrei-3
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bens zugerechnet (vgl. BGH - Großer Senat, Beschl. vom 26.
Oktober 2005 - GSSt 1/05 - S. 19, zur Veröffentlichung in
BGHSt bestimmt). 3. Im Übrigen hat die Nachprüfung
des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung zum Schuldspruch
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. 4 a) Der
Angeklagte hat sich auch im Fall II. 19. des vollendeten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig
gemacht, weil er einen Freund beauftragt hatte, ihm 10.000
Ecstasy-Tabletten zu einem Preis von 9.000 DM zu besorgen. Ungeachtet
seiner Zweifel, ob dieser dazu in der Lage sei, hat er damit ernsthafte
Ankaufsbemühungen unternommen. Entgegen den Bedenken des
Senats (Vorlagebeschluss vom 13. Januar 2005, NJW 2005, 1589) ist bei
einem solchen Sachverhalt das Handeltreiben vollendet (Beschl. vom 26.
Oktober 2005 - GSSt 1/05 - zur Veröffentlichung in BGHSt
bestimmt). 5 b) Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift
vom 7. März 2002 im Einzelnen zutreffend dargelegt hat, ist in
den nach der vorgenommenen Teileinstellung verbliebenen Fällen
die nicht geringe Menge auch bei Zugrundelegung des zutreffenden
Grenzwertes von 30 g MDMA-Base (BGHSt 42, 255) rechtsfehlerfrei
ermittelt worden. Insoweit hat es daher keine Auswirkung, dass das
Landgericht von einem nicht mehr der Rechtsprechung entsprechenden Wert
von 24 g MDMA-Base ausgegangen war. 6 4. Der Wegfall von vier der 21
Fälle führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Der
neue Tatrichter wird zu prüfen haben, welche Jugendstrafe aus
erzieherischen Gründen im jetzigen Zeitpunkt noch geboten ist.
Er wird dabei die zwischenzeitliche Entwicklung des Angeklagten und
hier auch den Um-7
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stand, dass das Revisionsverfahren außerordentlich lange
gedauert hat, ohne dass dies der Angeklagte zu vertreten
hätte, zu berücksichtigen haben. Vom Eingang der
Sache beim Senat bis zur Entscheidung sind etwa drei Jahre und neun
Monate vergangen. Bereits die damit verbundene
außergewöhnliche Verfahrensdauer, die sich nach
Erlass des angefochtenen Urteils ergeben hat, muss sich in erheblicher
Weise zu Gunsten des Angeklagten auswirken. Es kommt hinzu, dass in
dieser Verfahrensdauer ein Zeitraum enthalten ist, der als
Verfahrensverzögerung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK
bewertet werden muss. Zwar kann die Durchführung eines
Vorlageverfahrens zum Großen Senat des Bundesgerichtshofs
für Strafsachen nach § 132 GVG als solche eine
Verfahrensverzögerung nicht begründen. Die Aufgabe
des Bundesgerichtshofs besteht nicht nur darin, die Richtigkeit der
angefochtenen Entscheidungen zu überprüfen, sondern
auch zur Einheitlichkeit der Rechtsprechung und zu einer geordneten
Fortentwicklung des gesetzten Rechts beizutragen. Der Senat hat in
diesem und in einem ähnlichen Fall Anlass gesehen, die Frage
der Definition des Begriffs des Handeltreibens und insbesondere die
Abgrenzung von Versuch und Vollendung zum Gegenstand eines solchen
Vorlageverfahrens zu machen. Wegen der großen Bedeutung
dieser Rechtsfragen und ihrer Schwierigkeit erforderte das
vorausgehende Anfrageverfahren nach § 132 Abs. 3 GVG ebenso
wie das Vorlageverfahren selbst eine intensive und zeitraubende
Befassung zunächst sämtlicher Strafsenate des
Bundesgerichtshofs und sodann des Großen Senats. Gleichwohl
hätte das gesamte Revisionsverfahren einschließlich
Anfrage- und Vorlageverfahren nach § 132 GVG in deutlich
kürzerer Zeit abgeschlossen sein müssen. Es wird
Aufgabe des neuen Tatrichters sein,
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diese Verfahrensverzögerung, die nach Einschätzung
des Senats mit eindreiviertel Jahren zu veranschlagen ist, angemessen
zu kompensieren (vgl. BGH NStZ 1999, 181).
Tolksdorf Winkler Pfister von Lienen Becker |