BGH,
Urt. v. 15.3.2007 - 3 StR 486/06
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 486/06
vom
15.3.2007
Nachschlagewerk ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
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StGB § 86 a Abs. 1
Der Gebrauch des Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation in
einer Darstellung, deren Inhalt in offenkundiger und eindeutiger Weise
die Gegnerschaft zu der Organisation und die Bekämpfung ihrer
Ideologie zum Ausdruck bringt, läuft dem Schutzzweck des
§ 86 a StGB ersichtlich nicht zuwider und wird daher vom
Tatbestand der Vorschrift nicht erfasst.
BGH, Urt. v. 15.3.2007 - 3 StR 486/06 - LG Stuttgart
in der Strafsache
gegen
wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Grund der Verhandlung
vom 8.3.2007 in der Sitzung am 15.3.2007, an denen teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Winkler
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Becker,
Hubert,
Dr. Graf
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Stuttgart vom 29. September 2006 aufgehoben. Der Angeklagte wird
freigesprochen.
2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des
Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.
3. Zur Entscheidung über die Verpflichtung zur
Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen
ist das Landgericht Stuttgart zuständig.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Verwendens von Kennzeichen
verfassungswidriger Organisationen zu einer Geldstrafe verurteilt.
Dieser betreibt unter dem Namen "N. " ein Unternehmen, das Artikel
für die Punkerszene wie CDs, Kleidungsstücke,
Aufkleber u. ä. über ein Ladengeschäft und
einen Versandhandel vertreibt. In seinem Sortiment waren bei einer
Durchsuchung am 23. August 2005 auch zahlreiche Artikel mit
Darstellungen enthalten, auf denen nationalsozialistische Symbole,
insbesondere das Hakenkreuz, in zum Teil veränderter, aber
noch erkennbarer Form abgebildet waren, wobei durch die Art der
Darstellung die Gegnerschaft zum Nationalsozialismus zum Ausdruck
gebracht werden sollte. Die sichergestellten Artikel waren im Lager und
im Ladengeschäft der Firma vorrätig gehalten und zum
Teil auch ausge-
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stellt worden. Das gesamte Warensortiment war zudem in Katalogen und im
Rahmen eines sog. "Onlineshop" auf einer Internetseite einsehbar.
Das Landgericht hatte bei der Entscheidung über die
Eröffnung des Hauptverfahrens die Auffassung vertreten, die
vom Angeklagten vertriebenen Artikel unterfielen zum
größten Teil nicht dem Tatbestand des § 86
a StGB, weil die nationalsozialistischen Kennzeichen insoweit in
eindeutig distanzierender Weise gebraucht worden seien; lediglich bei
drei von ihnen sei die Gegnerschaft nicht in ausreichender Weise
eindeutig erkennbar. Insoweit hat es das Hauptverfahren vor dem
Amtsgericht - Strafrichter - Waiblingen eröffnet. Auf die
sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat das Oberlandesgericht
Stuttgart die Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem
Landgericht in nahezu vollem Umfang der Anklage angeordnet, weil auch
eine eindeutig distanzierende Verwendung solcher Kennzeichen der
Strafvorschrift des § 86 a StGB unterfalle, mit der die
inkriminierten Symbole unabhängig von der Absicht des
Verwenders tabuisiert werden sollten. Das Landgericht hat in seinem
Urteil nunmehr - ersichtlich auf der Grundlage der Entscheidung BGHSt
25, 30 - die Auffassung vertreten, "jedenfalls die hier vorliegende
Verwendung der Kennzeichen in grö-ßerem Umfang sei
unabhängig davon strafbar, ob eine innere Distanzierung von
nationalsozialistischem Gedankengut bestehe und auch
unabhängig davon, ob bei ihnen eine solche Distanzierung
bereits durch die Art der Darstellung als solche hinreichend deutlich
nach außen in Erscheinung tritt".
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Der Angeklagte hat gegen seine Verurteilung Revision eingelegt. Er hat
mit der Sachrüge Erfolg.
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I. Entgegen der Auffassung des Landgerichts erfüllt die
Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in
Darstellungen, bei denen
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sich bereits aus ihrem Inhalt in offenkundiger und eindeutiger Weise
ergibt, dass sie in einem nachdrücklich ablehnenden Sinne
gebraucht werden, unabhängig von deren Umfang nicht den
Straftatbestand des § 86 a StGB.
1. Der Schutzzweck dieses Straftatbestandes ist die Abwehr einer
Wiederbelebung der verbotenen Organisation oder der von ihr verfolgten
verfassungsfeindlichen Bestrebungen, auf die das Kennzeichen symbolhaft
hinweist. Die Vorschrift dient aber auch der Wahrung des politischen
Friedens dadurch, dass jeglicher Anschein einer solchen Wiederbelebung
sowie der Eindruck bei in- und ausländischen Beobachtern des
politischen Geschehens in der Bundesrepublik Deutschland vermieden
werden soll, in ihr gebe es eine rechtsstaatswidrige innenpolitische
Entwicklung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass verfassungsfeindliche
Bestrebungen der durch das Kennzeichen angezeigten Richtung geduldet
würden. Auch ein solcher Eindruck und die sich daran
knüpfenden Reaktionen können den politischen Frieden
empfindlich stören. § 86 a StGB will darüber
hinaus verhindern, dass die Verwendung von Kennzeichen verbotener
verfassungsfeindlicher Organisationen - ungeachtet der damit
verbundenen Absichten - sich wieder derart einbürgert, dass
das Ziel, solche Kennzeichen aus dem Bild des politischen Lebens in der
Bundesrepublik grundsätzlich zu verbannen, nicht erreicht
wird, mit der Folge, dass sie schließ-lich auch wieder von
den Verfechtern der politischen Ziele, für die das Kennzeichen
steht, gefahrlos gebraucht werden können (BGHSt 25, 30, 33 f.;
25, 128, 130 f.).
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2. Die weite Fassung des Tatbestandes, der nach seinem Wortlaut - von
Fällen der sog. Sozialadäquanzklausel nach §
86 a Abs. 3 i. V. m. § 86 Abs. 3 StGB abgesehen - jegliches
Verwenden eines solchen Kennzeichens anspricht, würde bei
wortgetreuer Auslegung jedoch auch Handlungen erfassen, die die-
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sem Schutzzweck nicht zuwiderlaufen oder sogar in seinem Sinne wirken
sollen. Dies erfordert eine Restriktion des Tatbestandes, die derartige
Kennzeichenverwendungen von der Strafbarkeit nach § 86 a StGB
ausnimmt.
a) Bereits im Gesetzgebungsverfahren hatte man erkannt, dass der
Tatbestand zu weit gefasst ist. Dabei hatte man erörtert, dass
es Fälle - wie etwa den bloß scherzhaften Gebrauch
des Kennzeichens - geben kann, die der Sozialadäquanzklausel
des § 86 a Abs. 3 i. V. m. § 86 Abs. 3 StGB nicht
unterfallen, aber dennoch nicht strafwürdig sind. Die
Notwendigkeit einer Einschränkung war im Sonderausschuss des
Deutschen Bundestages für die Strafrechtsreform angesprochen
worden, jedoch hatte man damals keine Möglichkeit zur
Verfeinerung der tatbestandlichen Umschreibung gesehen und die
Auslegung des Tatbestandes im Einzelnen der Rechtsprechung
überlassen (Beratung des § 94 a des
Regierungsentwurfs eines Achten Strafrechtsänderungsgesetzes
i. d. F. der Formulierungshilfe vom 20. Februar 1967, Protokoll S. 959
f., 1617 f.).
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b) Der Bundesgerichtshof hatte im Jahre 1970 in einem Fall, in dem ein
Künstler Plastik-Sparschweine mit den Farben der
Bundesrepublik und mit einem Hakenkreuz bemalt und Kunstsammlungen
angeboten hatte, eine Tatbestandsrestriktion allerdings
zunächst noch abgelehnt und die Auffassung vertreten, dass das
Verwenden gemäß § 86 a StGB im weitesten
Sinne auszulegen sei und auch durch eine kritische Absicht des
Täters nicht ausgeschlossen werde (BGHSt 23, 267). Diese
Ansicht hat er jedoch 1972 aufgegeben und es für geboten
gehalten, solche Kennzeichenverwendungen vom Tatbestand
auszuschließen, die dem Schutzzweck der Vorschrift
ersichtlich nicht zuwiderlaufen, um eine Überdehnung des
Tatbestandes zu vermeiden (BGHSt 25, 30; so auch Sonnen in AK-StGB
§ 86 a Rdn. 13 ff.; Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl.
§ 86 a
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Rdn. 18 f.). Dabei hat der Senat namentlich eine solche Verwendung
grundsätzlich vom Tatbestand ausgenommen, die ersichtlich
Ausdruck der Gegnerschaft zu den politischen Zielen und Methoden der
verfassungsfeindlichen Organisation ist, deren Kennzeichen gebraucht
wird, allerdings für das gehäufte Verwenden eine
Ausnahme gemacht, da damit die Gefahr verbunden sein könnte,
dass sich das verbotene Kennzeichen in der Öffentlichkeit
wieder einbürgere (vgl. dazu Träger/Mayer/Krauth in
FS 25 Jahre BGH S. 240 f.). In einer unveröffentlichten
Folgeentscheidung zu dem BGHSt 23, 267 zugrunde liegenden Ausgangsfall
der bemalten Plastik-Sparschweine hat der Senat mit Urteil vom 10. Juli
1974 - 3 StR 6/71 I - in Anwendung der zwischenzeitlich
geänderten Rechtsprechung angenommen, dass die Verwendung des
Hakenkreuzes auf diesen Gegenständen dem Tatbestand des
§ 86 a StGB nicht unterfalle, weil es deutlich erkennbar in
kritisch abwertendem Sinne verwendet werde und somit dem Schutzzweck
ersichtlich nicht zuwiderlaufe.
c) Die in der Literatur vertretenen Auffassungen kommen - mit
unterschiedlichen Begründungen - für Fälle
kritischer Verwendung zu ähnlichen Ergebnissen:
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So sehen einige Stimmen den Tatbestand nur dann als erfüllt
an, wenn die Verwendung des Symbols als Bekenntnis zu den Zielen der
verbotenen Organisation aufgefasst und insoweit eine
Gefährdung der Schutzgüter des § 86 a StGB
angenommen werden könne (Paeffgen in NK StGB § 86 a
Rdn. 14; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder,
StGB 27. Aufl. § 86 a Rdn. 6). Andere wollen diese
Fälle ausschließlich über die
Sozialadäquanzklausel des § 86 a Abs. 3 i. V. m.
§ 86 Abs. 3 StGB lösen (Steinmetz in
MünchKomm § 86 a Rdn. 18; Laufhütte in LK
11. Aufl. § 86 a Rdn. 14).
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3. Für die hier zu entscheidende Fallgestaltung gilt Folgendes:
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Der Gebrauch des Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation in
einer Darstellung, deren Inhalt in offenkundiger und eindeutiger Weise
die Gegnerschaft zu der Organisation und die Bekämpfung ihrer
Ideologie zum Ausdruck bringt, läuft dem Schutzzweck der
Vorschrift ersichtlich nicht zuwider und wird daher vom Tatbestand des
§ 86 a StGB nicht erfasst. Da sich in einem derartigen Fall
die gegnerische Zielrichtung bereits aus dem Aussagegehalt der
Darstellung selbst ergibt, erstreckt sich der Tatbestandsausschluss
grundsätzlich auf jeglichen Gebrauch der Kennzeichen, sei es
Herstellung, Vorrätighalten, Verbreiten oder sonstiges
Verwenden. Auf die Umstände des Gebrauchs kommt es dabei zur
Begründung eines Tatbestandsausschlusses nicht an. Der Senat
weist freilich darauf hin, dass ein Tatbestandsausschluss nur
gerechtfertigt erscheint, wenn die Gegnerschaft sich eindeutig und
offenkundig ergibt und ein Beobachter sie somit auf Anhieb zu erkennen
vermag. Ist dagegen der Aussagegehalt einer Darstellung mehrdeutig oder
die Gegnerschaft nur undeutlich erkennbar, so ist der Schutzzweck des
§ 86 a StGB verletzt. Dies mag etwa der Fall sein, wenn das
Durchstreichen des Hakenkreuzes so dünn erfolgt, dass aus
einer gewissen Entfernung nur noch das Hakenkreuz, nicht mehr aber die
Distanzierung erkennbar ist.
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a) Eine Einschränkung des Straftatbestandes in solchen
Fällen trägt auch dem Grundrecht auf freie
Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 GG Rechnung.
Zwar handelt es sich bei § 86 a StGB um ein allgemeines Gesetz
im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG, das grundsätzlich geeignet ist,
zur Verwirklichung seines Schutzzweckes die Meinungsfreiheit zu
beschränken. Läuft jedoch ein Handeln - wie hier der
Gebrauch von Kennzeichen in eindeutig und offenkundig ablehnender Weise
- dem Schutzzweck des § 86 a StGB ersichtlich nicht zuwi-
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der, wäre es auch verfassungsrechtlich bedenklich, ein solches
Verhalten gleichwohl zu inkriminieren und dadurch die Freiheit von
Bürgern zu beschränken, die gegen die Wiederbelebung
von nationalsozialistischen Bestrebungen in der Weise protestieren
wollen, dass sie gerade die Kennzeichen angreifen, die eben diese
unerwünschten Bestrebungen symbolisieren (vgl. BVerfG, Beschl.
vom 23. März 2006 - 1 BvR 204/03).
b) Einem Tatbestandsausschluss steht auch nicht der Umstand entgegen,
dass der Angeklagte mit dem Vertrieb der Artikel auch oder sogar
vorrangig kommerzielle Ziele verfolgte. Ein wirtschaftliches Motiv
nimmt den Darstellungen nicht den ihnen selbst innewohnenden
nachdrücklich ablehnenden Aussagegehalt. Insoweit kann hier
nichts anderes gelten als in Fällen der Anwendung der
Sozialadäquanzklausel. Wenn etwa eine Druckerei aus
geschäftlichem Interesse Aufträge zur Herstellung von
Plakaten, Schriften oder Büchern ausführt, die im
Sinne des § 86 Abs. 3 StGB der staatsbürgerlichen
Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der
Wissenschaft oder der Geschichtsberichterstattung dienen und in denen
entsprechende Kennzeichen dargestellt werden, wird auch für
ihr Handeln diese Klausel Anwendung finden und eine Strafbarkeit
ausscheiden. Im Übrigen steht auch die kommerzialisierte
Meinungsverbreitung unter dem Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG
(Leibholz/Rinck, GG Art. 5 Rdn. 61).
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c) Der Senat teilt auch nicht die vom Landgericht gehegten
Befürchtungen, eine solche Auslegung könne von
Anhängern der verbotenen Organisationen zum gefahrlosen
Gebrauch der Kennzeichen missbraucht werden.
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aa) Solche Personen würden Darstellungen, in denen die
Kennzeichen in eindeutig und offenkundig ablehnender Weise gebraucht
werden, als Verhöh-
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nung des ihnen "heiligen" Kennzeichens empfinden und selbst nicht
verwenden (vgl. BGHSt 25, 133, 137). Der Senat hält es daher
nicht für vorstellbar, wie es das Landgericht
befürchtet, dass eine Gruppe rechtsgerichteter Personen in
Springerstiefeln, Braunhemden und mit einer Oberarmbinde, die ein -
deutlich - durchgestrichenes Hakenkreuz enthält, in
Erscheinung treten könnte. Er muss daher auch nicht
abschließend dazu Stellung nehmen, ob in einem solchen Falle
ebenfalls ein Tatbestandsausschluss anzunehmen oder infolge der
besonderen gegenläufigen Umstände abzulehnen
wäre.
bb) Soweit eingewandt wird, die Verwendung des
"Umweltmännchens" durch eine rechtsgerichtete Gruppierung
belege eine solche Gefahr, trifft dies nicht zu: Dieses Symbol zeigt im
allgemeinen Gebrauch eine stilisierte Figur, die einen Abfallgegenstand
mit ausgestrecktem Arm in einen Abfallbehälter wirft und so
zur Sauberhaltung etwa von Parkanlagen auffordert. Auf vom Angeklagten
vertriebenen Artikeln wurde dieses Symbol dahin abgeändert,
dass der Abfallgegenstand durch ein Hakenkreuz ersetzt wurde, um
ersichtlich zum Ausdruck zu bringen, dass dieses nichts wert und daher
wegzuwerfen sei. Die offensichtlich rechtsextreme Gruppe "Nationaler
Widerstand" hat nun diese veränderte Darstellung mit
Hakenkreuz übernommen, aber mit der Überschrift "Ihr
stimmt uns heiter" und der Unterschrift "der Nationale Widerstand
marschiert geschlossen weiter!" versehen. Damit hat diese Gruppe nicht
die vom Angeklagten verwendete Darstellung gebraucht, sondern diese
durch den Begleittext so verändert, dass sie einen
entgegengesetzten Sinngehalt bekommen hat. Denn in dem aufgedruckten
Kontext ergibt sich die Aussage, dass der "Nationale Widerstand"
ungeachtet der dargestellten Gegenpropaganda, über die er nur
lachen könne, "weitermarschiere" und somit seine Ziele
weiterverfolge. Die Verwendung des Hakenkreuzes in einer solchen
Bedeutung unterfällt ohne wei-
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teres dem Tatbestand des § 86 a StGB. Denn sie zeigt ein
Bekenntnis zu diesem Symbol und nicht dessen Ablehnung.
cc) Dass, wie das Landgericht betont, die ablehnende Verwendung solcher
Kennzeichen die Anhänger der verbotenen Organisationen
herausfordern könnte, erst recht ihre Symbole zu zeigen und
sich so zu ihnen zu bekennen, mag zutreffen. Dies kann aber nicht
rechtfertigen, den durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Protest
gegen solche inkriminierten Kennzeichen unter Strafe zu stellen.
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d) Eine andere Beurteilung rechtfertigt auch nicht der vom Landgericht
maßgeblich für seine Rechtsauffassung herangezogene
Umstand, dass die vom Angeklagten vertriebenen Darstellungen
für einen massenhaften Gebrauch gedacht waren.
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aa) Allerdings kann der Entscheidung BGHSt 25, 30, 34 eine
Beschränkung der Tatbestandsrestriktion auf Einzelverwendungen
der Kennzeichen in Abgrenzung zu deren gehäuftem Gebrauch
entnommen werden. Der Senat hat zum dortigen Sachverhalt (ein
Angeklagter protestiert gegen den - nach seiner Auffassung
ungerechtfertigten - Schlagstockeinsatz der Polizei mit dem
"Hitlergruß" und "Sieg Heil"-Rufen) darauf hingewiesen, dass
bei einer einmaligen Verwendung, bei der das Kennzeichen nur kurz in
Erscheinung trete, es der Feststellung besonderer Umstände
bedürfe, um das Handeln als Verstoß gegen §
86 a StGB einzuordnen; jedoch sei der Tatbestand erfüllt, wenn
etwa bei einer Demonstration solche Kennzeichen in einer
Häufung verwendet werden würden, dass die Gefahr
bestehe, sie könnten sich entgegen dem Schutzzweck des
§ 86 a StGB wieder einbürgern. Der zu entscheidende
Sachverhalt war somit dadurch geprägt, dass die Kennzeichen in
unveränderter Form gebraucht
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worden sind und ihre ablehnende Verwendung erst aus den
näheren Begleitumständen gefolgert werden konnte.
Dass eine solche Beurteilung bei einem gehäuften Gebrauch -
etwa bei einer Demonstration - außerordentlich problematisch
ist und die Gefahr einer Missinterpretation einschließt,
liegt auf der Hand.
Auch im Fall einer neutralen Verwendung hat der Senat eine
ähnliche Einschränkung vorgenommen. Bei einem
Spielzeughersteller, der originalgetreue Modelle von Kriegsflugzeugen
mit Hakenkreuz auf den Markt gebracht hatte, hat er entscheidend auf
die "massenhafte Verbreitung" abgestellt und diese für
unzulässig erklärt (BGHSt 28, 394, 397).
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bb) Für eine solche Einschränkung besteht jedoch in
Fällen wie hier, in denen bereits die Darstellung selbst eine
nachdrückliche Ablehnung zum Ausdruck bringt, kein
Bedürfnis. Denn auch bei häufiger Verwendung eines
derart dargestellten Kennzeichens ist eine Verletzung des Schutzzwecks
des § 86 a StGB nicht zu befürchten (so auch Sonnen
aaO). Gleich ob eine Person oder eine Vielzahl von Personen etwa ein
Abzeichen mit einem deutlich durchgestrichenen Hakenkreuz zum Zeichen
der Ablehnung des Nationalsozialismus und etwaiger Bestrebungen seiner
Wiederbelebung öffentlich trägt, wird ein Beobachter
des Geschehens nicht den Eindruck gewinnen können, in der
Bundesrepublik Deutschland gebe es eine innenpolitische Entwicklung,
die verfassungsfeindliche Bestrebungen der durch das Kennzeichen
angezeigten Richtung duldet; ihm wird im Gegenteil vermittelt, dass es
Bürger gibt, die sich dem engagiert widersetzen. Durch die
Vielzahl solcher gegnerischer Verwendungen kann der Eindruck einer
Ablehnung eher noch verstärkt werden.
Demgemäß hat der Senat in BGHSt 25, 133 in einem
vergleichbaren Fall, in dem der Angeklagte auf Plakaten ein Hakenkreuz
in einer aus dem Inhalt des Plakats ersichtlichen,
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ablehnenden Weise verwendet hatte, die Erfüllung des
Tatbestandes ohne weiteres verneint, ohne auf den Gesichtspunkt der
gehäuften Verwendung, die bei einem Plakat nahe gelegen
hätte, näher einzugehen.
II. Die Verwendung der Kennzeichen in den Darstellungen, die dem
Angeklagten als Verstoß gegen § 86 a Abs. 1 StGB zur
Last gelegt worden sind, lässt mit Ausnahme des Artikels Nr.
II. 79 der Urteilsgründe eine hinreichend eindeutige und
offenkundige Gegnerschaft erkennen und erfüllt daher den
Tatbestand dieser Vorschrift nicht.
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1. Bei allen Artikeln, bei denen auch im ersten Rechtszug insoweit
keine Zweifel geäußert worden sind, bedarf dies
keiner näheren Erörterung.
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2. Aber auch bei den übrigen Artikeln bejaht der Senat - mit
Ausnahme der Nr. II. 79 - eine eindeutige und offenkundige Ablehnung:
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a) Auf den Gegenständen Nr. II. 68 und 80 wird ein am Boden
liegendes, zertrümmertes Hakenkreuz dargestellt, auf dem sich
ein Springerstiefel befindet. Damit wird deutlich, dass die
Zerstörung des Hakenkreuzes durch einen Stiefeltritt
symbolisiert wird.
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b) Die Artikel Nr. II. 72, 73 und 76 zeigen ein zerbrochenes
Hakenkreuz, bei dem die Brocken farblich so gestaltet sind, dass ein
Teil von ihnen ein "4." bildet, wobei in der Umrandung die Aufschrift
"Kein Reich" enthalten ist. Damit wird nicht nur die
Zerstörung des Hakenkreuzes dargestellt, sondern auch die
Forderung erhoben, es solle kein 4. Reich geben. Diese Distanzierung
ist nach ihrem Gesamteindruck ausreichend.
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c) Soweit hinsichtlich des oben näher geschilderten
"Umweltmännchens" Zweifel an einer hinreichend gegnerischen
Verwendung geäußert werden, weil der ausgestreckte
Arm nicht nur das Wegwerfen eines Hakenkreuzes, sondern auch das
Entbieten des "Hitlergrußes" gegenüber dem
Hakenkreuz oder das Herausholen des Hakenkreuzes aus dem Abfall
darstellen könne, kann dies der Senat angesichts der in der
alltäglichen Verwendung dieses Piktogramms enthaltenen
eindeutigen Aussage, Abfall solle in den Abfallbehälter
geworfen werden, nicht nachvollziehen. Nur sehr fern liegende,
theoretische Deutungsmöglichkeiten vermögen die sonst
gegebene Eindeutigkeit einer Darstellung nicht in Frage zu stellen.
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d) Dagegen teilt der Senat die Beurteilung des Landgerichts zu dem
Artikel Nr. II. 79, dessen unzureichende Distanzierung auch die
Verteidigung einräumt. Auf der Vorderseite der
CD-Hülle ist ein Bild Adolf Hitlers neben der
"Reichsstandarte" mit unverändertem Hakenkreuz zu sehen. Die
Textaufdrucke "Schleim Keim" und "Drecksau" vermögen einem
durchschnittlichen Beobachter keinen Bedeutungsinhalt, insbesondere
keine deutliche Distanzierung zu vermitteln. Eine solche ergibt sich
allerdings in gewissem Umfang aus der Rückseite der
CD-Hülle, auf der drei Liedtexte abgedruckt sind, wovon einer
den Begriff "Faschosau" enthält, was auf einen Text gegen
Rechtsextreme hindeutet. Jedoch fehlt es insgesamt an einer
ausreichenden Kenntlichmachung der Ablehnung; diese ist weder
eindeutig, noch offenkundig.
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III. Der Senat kann dennoch in der Sache abschließend
entscheiden. Abgesehen von dem Artikel Nr. II. 79 fehlt es bereits an
der Tatbestandsmäßigkeit des Handelns des
Angeklagten. Im verbleibenden Fall II. 79 kann ausgeschlossen werden,
dass die subjektive Tatseite eines Verstoßes nachgewiesen
werden kann. Dies würde den Nachweis eines Vorsatzes
voraussetzen, der die
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Kenntnis davon umfasst, dass bei diesem Artikel die beabsichtigte
Distanzierung nicht ausreichend gelungen ist. Der Angeklagte, der nach
den Feststellungen die Bestrebungen, die durch die verwendeten
Kennzeichen symbolisiert werden, glaubwürdig ablehnt, hat sich
in der Revisionshauptverhandlung über seinen Verteidiger dahin
eingelassen, er habe die unzureichende Kenntlichmachung der
Gegnerschaft übersehen, als er diesen Artikel in sein
umfangreiches Sortiment übernommen hatte. Feststellungen, die
dies widerlegen könnten, sind dem Urteil des Landgerichts -
von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht zu entnehmen. Der
Senat kann angesichts der besonderen Umstände des Falles auch
ausschließen, dass diese in einer neuen Hauptverhandlung noch
getroffen werden könnten.
IV. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 467
Abs. 1 StPO. Zur Entscheidung über die Verpflichtung zur
Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen
(§ 8 StrEG) ist das Landgericht zuständig (vgl. BGHR
StrEG § 8 Zuständigkeit 1 m. w. N.). Art und Umfang
der entschädigungspflichtigen Maß-nahmen sind ohne
besondere Anhörung der Beteiligten allein aus den dem Senat
vorliegenden Akten nicht feststellbar.
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Winkler Pfister Becker Hubert Graf |