BGH,
Urt. v. 15.11.2001 - 1 StR 185/01
StGB § 266 Abs. 1 1. Alt.
Für die Pflichtverletzung im Sinne des
Mißbrauchstatbestandes des § 266 StGB bei einer
Kreditvergabe ist maßgebend, ob die
Entscheidungsträger bei der Kreditvergabe ihre
bankübliche Informations- und Prüfungspflicht
bezüglich der wirtschaftlichen Verhältnisse des
Kreditnehmers gravierend verletzt haben. Aus der Verletzung der in
§ 18 Satz 1 KWG normierten Pflicht zum Verlangen nach
Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse können
sich Anhaltspunkte dafür ergeben, daß der
banküblichen Informations- und Prüfungspflicht nicht
ausreichend Genüge getan wurde (Fortführung von BGHSt
46,30).
BGH, Urt. vom 15. November 2001 - 1 StR 185/01 - LG Mannheim
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 185/01
vom
15. November 2001
in der Strafsache gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Untreue u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat aufgrund der Verhandlung
vom 6. November 2001 in der Sitzung am 15. November 2001, an denen
teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr.
Schäfer und die Richter am Bundesgerichtshof Nack, Dr.
Boetticher, Schluckebier, Hebenstreit, Staatsanwalt als Vertreter der
Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt und Rechtsanwältin
für den Angeklagten H., Rechtsanwalt für den
Angeklagten Ho., Rechtsanwalt und Rechtsanwältin für
den Angeklagten Dr. R., Rechtsanwalt für den Angeklagten S.
als Verteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
I. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des
Landgerichts Mannheim vom 24. Juli 2000 mit den Feststellungen
aufgehoben,
1. soweit im Komplex Ri. /G. (II. D der Urteilsgründe) die
Angeklagten
a) Dr. R. in den Fällen 7.3., 7.4. und 7.5. (Fälle 3,
4 und 5),
b) S. in den Fällen 7.2., 7.4. und 7.5. (Fälle 2, 4
und 5),
c) H. in den Fällen 7.2., 7.3., 7.4. und 7.5. (Fälle
2, 3, 4 und 5),
d) Ho. in den Fällen 7.2., 7.4. und 7.5. (Fälle 2, 4
und 5),
freigesprochen wurden;
2. im Strafausspruch gegen den Angeklagten H. im Komplex
"Satellitenfinanzierung" (II. F der Urteilsgründe).
II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
III. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat Bankleiter der Sparkasse M. - die beiden
Vorstandsmitglieder Dr. R. und S. - sowie das stellvertretende
Vorstandsmitglied Ho. vom mehrfachen Vorwurf der Untreue durch Vergabe
von Krediten freigesprochen. Das dritte Vorstandsmitglied H. hat es -
unter Freispruch vom Vorwurf der Untreue (in denselben Fällen
der Kreditvergabe) und der Bestechlichkeit - wegen Untreue in
fünf Fällen (weitere Kreditvergaben:
"Satellitenfinanzierung") zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren
verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt
wurde. Die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen der
Staatsanwaltschaft richten sich mit der Sachrüge und
umfangreichen Verfahrensrügen gegen die Freisprüche
aller Angeklagten und den Strafausspruch gegen den Angeklagten H. im
Komplex "Satellitenfinanzierung". Die Revisionen haben aufgrund der
Sachrüge teilweise Erfolg; im übrigen sind sie
unbegründet.
A.
Die Angeklagten Dr. R. , S. und H. bildeten den Vorstand der Sparkasse
M. . Dr. R. war Vorstandsvorsitzender, S. war stellvertretender
Vorstandsvorsitzender und betreute u.a. das
Privatkundengeschäft; H. war u.a. für das
Firmenkundengeschäft zuständig. Ho. war im Dezernat
H. tätig und Verhinderungsvertreter des Vorstands. Im August
1994 wurde er stellvertretendes Vorstandsmitglied für das
Dezernat H. .
Ende der 80er Jahre entschied sich die Sparkasse, ermuntert von dem
Verwaltungsratsvorsitzenden - dem Oberbürgermeister der Stadt
M. -, das Kreditgeschäft auszuweiten und "die offensive
Akquisition in diesem Bereich zu forcieren". Es sollten nicht mehr nur
Kredite innerhalb des Gebietes des Gewährträgers
("Regionalprinzip") vergeben werden. Durch diese Kreditpolitik geriet
die Sparkasse in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten. Den im
Jahre 1999 aufgelaufenen Verlust von 900 Mio DM konnte sie nicht mehr
aus eigener Kraft bewältigen.
I. Die Freisprüche vom Vorwurf der Untreue betreffen zwei
gescheiterte Kreditverhältnisse. Im ersten Komplex Ra. /B.
wurde den drei Vorstandsmitgliedern Dr. R. , S. und H. vorgeworfen, in
den Jahren 1993 bis 1995 in acht Fällen pflichtwidrig Kredite
in Höhe von über 80 Mio DM vergeben zu haben. Im
zweiten Komplex Ri. /G. wurde allen vier Angeklagten vorgeworfen, in
den Jahren 1994 und 1995 in sechs Fällen pflichtwidrig Kredite
in Höhe von ca. 40 Mio DM ausgereicht zu haben. Dazu hat das
Landgericht folgende Feststellungen getroffen:
1. Der Komplex Ra. /B. betrifft die Finanzierung eines Hotelbaus durch
Ra. in B. bei Sp. . Die erste Phase des Hotelprojekts wurde durch
andere Banken, unter anderem die Dresdner Bank, finanziert. 1993 waren
diese Banken jedoch zu weiteren Kreditbewilligungen nicht mehr bereit;
die Dresdner Bank stellte ihre Forderungen in Höhe von 11 Mio
DM fällig.
a) Im August 1993 übernahm die Sparkasse M. die weitere
Finanzierung und löste die bisherigen Kredite ab. Der vom
Vorstand bewilligte Erstkredit hatte ein Volumen von 26,5 Mio DM.
Ausweislich der von der Steuerberaterin Ra. s vorgelegten - falschen -
Vermögensaufstellung hatte dieser ein Nettovermögen
von 13 Mio DM, während es tatsächlich nur 3,25 Mio
betrug. Die tatsächlichen
Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers wurden nicht
im Detail überprüft. Der von der Sparkasse
beauftragte Sachverständige Sch. ermittelte einen
Beleihungswert von 31,5 Mio DM für das Objekt, auf dem
Grundschulden in Höhe des Kredits bestellt wurden.
b) In der Folgezeit führte der weitere Ausbau des
Hotelprojekts zu Nachfinanzierungen - darunter Zusatzkredite
über 15 Mio DM -, die der Vorstand der Sparkasse teilweise in
Eilbeschlüssen, teilweise zunächst "blanko" und
teilweise zur Rückführung von Überziehungen
bewilligte. Auf dem Objekt wurden - der Sachverständige
errechnete wegen des Baufortschritts jeweils höhere
Beleihungswerte - weitere Grundschulden eingetragen und
zusätzliche Sicherheiten hereingenommen. Ende 1995 betrug das
Gesamtkreditvolumen mehr als 82 Mio DM.
c) Über die Höhe des endgültigen
Forderungsausfalls aufgrund der Kreditgewährungen in diesem
Komplex enthält das Urteil keine Feststellungen. Nachdem die
Gremien der Sparkasse Ende 1995 beschlossen hatten, das auf 82 Mio DM
angewachsene Kreditengagement nicht weiter zu erhöhen, kam es
1996 noch zu weiteren Kreditausreichungen durch den Angeklagten H. ,
die zur Verschleierung über diverse Konten abgewickelt wurden.
Dabei fungierten andere Personen zum Schein als Kreditnehmer
("Satellitenfinanzierung"). Insoweit wurde H. wegen Untreue in
fünf Fällen verurteilt.
d) Die Freisprüche hat das Landgericht wie folgt
begründet:
aa) Soweit die Angeklagten Dr. R. (Folgekredite Fälle 2, 5 und
1a) und S. (Erstkredit Fall 1) an einzelnen Kreditentscheidungen nicht
mitgewirkt, sondern lediglich an Sitzungen des Kreditausschusses ohne
Stimmrecht teilgenommen haben, hat das Landgericht diese Angeklagten
schon wegen des Fehlens einer Tathandlung freigesprochen.
bb) Die Gewährung des Erstkredits sei objektiv nicht
unvertretbar gewesen, daher liege bei dieser Kreditvergabe kein
pflichtwidriges Verhalten vor. Zwar habe man sich nicht ausreichend mit
den Vermögensverhältnissen des Kreditnehmers
befaßt. Das Objekt sei nicht besichtigt und der Bautenstand
sei nicht hinreichend festgestellt worden. Man habe jedoch auf die
Ergebnisse des Sachverständigen Sch. vertrauen
dürfen, auch wenn dieser nicht kompetent gewesen sei und sich
seinerseits auf die Angaben Ra. s verlassen habe.
cc) Die Kreditausweitung sei hingegen - anders als der Erstkredit -
objektiv unvertretbar gewesen. Auch hier habe der
Sachverständige zwar ausreichende Sicherheiten festgestellt,
tatsächlich sei die Kreditausweitung aber nicht mehr
zuverlässig besichert gewesen. Auch wenn bei den
Kreditvergaben keine Satzungsverstöße vorgekommen
seien, hätten jedoch gravierende Versäumnisse
vorgelegen. Eine gebotene sachgerechte Mittelverwendungskontrolle sei
nicht veranlaßt worden. Diese unzureichende
Mittelverwendungskontrolle sei bei der - nunmehr objektiv
unvertretbaren - Kreditausweitung für die Vorstandsmitglieder
auch erkennbar gewesen. Es sei klar ersichtlich gewesen, daß
die ursprünglichen Annahmen bei weitem nicht eingetreten seien
und daß der Kreditnehmer den Bau nicht im Griff hatte. All
dies hätte es nahegelegt, die Bonität des
Kreditnehmers näher zu durchleuchten.
Bei der Kreditausweitung konnte sich das Landgericht indes nicht
zweifelsfrei vom Vorliegen des Vorsatzes überzeugen. Zugunsten
der Angeklagten müsse davon ausgegangen werden, daß
sie sich der Pflichtwidrigkeit ihres Handelns "letztlich nicht
bewußt" gewesen seien, und daß sie darauf vertraut
hätten, das Engagement insgesamt zu einem guten Ende bringen
zu können. Daher hätten sie auch die
Schädigung der Sparkasse nicht billigend in Kauf genommen.
Gegen einen Vorsatz spreche insbesondere, daß sie dem
Gutachten des Sachverständigen vertraut hätten. Zudem
habe die Verbandsprüfung noch 1995 (bei einer bestehenden
Kreditbewilligung von 59 Mio DM) das Engagement als "bemerkenswerten
Kredit ohne erkennbares Risiko" in die Risikoklasse I eingestuft und
die Beachtung des § 18 KWG attestiert.
2. Der Komplex Ri. /G. betrifft die Firmengruppe des G. . G. hatte die
Lebensmittel-Firma Ri. -Nährmittel GmbH Mi. (Ri. Mi. ) von der
Treuhandanstalt erworben. Die Gesellschaft hatte ihre
Produktionsstätte in Mi. bei C. und eine
Betriebsstätte in D. bei Ba. . Die Firmengrundstücke
in D. standen im Privateigentum G. s, waren an die Ri. Mi. verpachtet
und zur Sicherheit für Firmenkredite an andere Banken
verpfändet. Diese Grundstücke in D. waren Gegenstand
des Erstkredits in diesem Komplex.
Die Hausbank G. s, die Sc. Bank, wollte ihr Kreditengagement - die
Gesamtverschuldung der Firmengruppe betrug 80 Mio DM -
zurückführen, nachdem ihr Scheckreitereien G. s
bekannt geworden waren. Unter Mitwirkung der Sc. Bank hatte G. bei der
Ri. Mi. zum Schein eine buchmäßige
Stammkapitalerhöhung von 20 auf 40 Mio DM vorgenommen, so
daß die Bilanz eine gute Eigenkapitalausstattung
vortäuschte.
a) Zur Refinanzierung eines - im Urteil nicht näher
beschriebenen - Immobilien-Leasing-Vertrages im Wege des
regreßlosen Forderungsankaufs sollte der Ri. Mi. von der
Sparkasse M. ein Kredit gewährt werden. Gegenstand der
Finanzierung waren zwei im Privateigentum G. s stehende
Betriebsgrundstücke der Ri. Mi. in D. , die G. bislang an das
Unternehmen untervermietet hatte.
Mit Blick auf die scheinbar ordentlichen Bilanzverhältnisse
der Ri. Mi. bewilligten die Angeklagten Dr. R. , S. und H. im April
1994 per Eilbeschluß den Erstkredit über 25 Mio DM.
Aus der Kreditbeschlußvorlage war die fehlende Transparenz
der privaten Vermögensverhältnisse der
mitverpflichteten Eheleute G. ersichtlich. Die Auflage, angeblich freie
Vermögensteile der Eheleute G. in Höhe von 6,4 Mio DM
zu testieren, wurde noch vor der Kreditvalutierung von H. und S.
aufgehoben. Bei der Höhe des Stammkapitals begnügte
man sich mit den Angaben G. s. Der Angeklagte Ho. hatte für
die mit Grundschulden zu besichernde Betriebsstätte einen
Beleihungswert von 19,1 Mio DM ermittelt. Der restliche Betrag von 5,9
Mio DM wurde im Hinblick auf die Bilanzen der Ri. Mi. blanko
gewährt; 1,5 Mio DM davon wurden bei der Sparkasse als
Sicherheit angelegt. Mit dem Darlehen wurden Verbindlichkeiten bei
anderen Banken von 21,5 Mio DM abgelöst. Anfang September 1994
wurde der Erstkredit valutiert.
b) Bereits Ende September 1994 kam die Ri. Mi. mit der Zahlung der
Leasingraten in Verzug. Seit März 1995 fanden Lastschriften
und Schecks keine Einlösung mehr. Wechsel für die
Leasingraten März bis Mai 1995 wurden ausnahmslos protestiert.
Darüber wurde der Mitarbeiter der Sparkasse Gu. informiert. In
Krisengesprächen untersuchten Wirtschaftsprüfer und
Steuerberater der Gesellschaft zusammen mit anderen
Gläubigerbanken, insbesondere der Sc. Bank, die wirtschaftlich
verworrene Lage.
G. hatte inzwischen - ohne die Sparkasse und andere Kreditgeber zu
informieren - die Ri. Nährmittel GmbH in D. (Ri. D. )
gegründet und gleichzeitig eine
Teilbetriebsveräußerung der Betriebsstätte
in D. von Ri. Mi. an Ri. D. vorgenommen. Daraus resultierte eine
Darlehensforderung der Ri. Mi. an Ri. D. in Höhe von 10 Mio
DM, die diese jedoch nicht bedienen konnte.
Der als Unternehmensberater installierte Vertreter der Sc. Bank,
Bü. , hatte eine Gesamtverschuldung beider Gesellschaften und
G. s von über 100 Mio DM errechnet. Er ermittelte
Mehrfachsiche-rungsübereignungen und erhebliche
Privatentnahmen und kam zu dem Ergebnis, daß die
Gesellschaften kurz vor dem Konkurs stünden. Nach seinem
Sanierungskonzept war nur eine gemeinsame Sanierung beider
Gesellschaften, die er als Einheit betrachtete, erfolgversprechend.
Über diese Situation wurde der Mitarbeiter der Sparkasse Gu.
im Februar 1995 informiert; die Angeklagten H. und Ho. erhielten
hiervon gleichfalls Kenntnis.
H. und Ho. hegten den Verdacht, daß Bü. einseitig
die Sc. Bank bevorzugen würde. Sie entschlossen sich, die
Situation durch ein eigenes Sanierungskonzept zu meistern. Sie wollten
die Ri. D. , der sie gute Erfolgschancen beimaßen, von Ri.
Mi. abschotten und mit Liquidität ausstatten. Der Vertreter
der Sc. Bank Bü. war mit dieser Vorgehensweise nicht
einverstanden und trat daraufhin als Gene-ralbevollmächtigter
beider Gesellschaften zurück. Obwohl er vor einer
Konkursverschleppung warnte, beschlossen die Angeklagten H. und Ho. nun
ihr eigenes Sanierungskonzept in die Wege zu leiten. Ho. beauftragte
den Unternehmensberater Sa. mit der Untersuchung der Ri. D. . Sa. hatte
vorrangig den Auftrag, sich über die Zukunftsperspektive der
Ri. D. zu kümmern, die Vergangenheit jedoch weitgehend
auszublenden. Er fertigte eine Liquiditätsplanung, mit der
sich die Angeklagten H. und Ho. zufrieden gaben. Obwohl in der
Vergangenheit eine Vielzahl negativer Erkenntnisse entstanden waren
(Scheckreitereien, unordentliche Buchführung und
Doppelzessionen) entschieden sie sich mit Blick nach vorne, den
Fortbestand von Ri. D. zu retten. Sie erkannten, daß die
Situation dramatisch war.
c) In der Folgezeit kam es zu weiteren Kreditgewährungen.
aa) Im Juni 1995 bewilligten die Angeklagten H. , S. und Ho. (als
Verhinderungsvertreter Dr. R. s) der Ri. D. per Eilbeschluß
einen Kontokorrentkredit als Betriebsmittelkredit in Höhe von
2,5 Mio DM. Die Ri. D. war in den Leasingvertrag bei Mitverpflichtung
der Ri. Mi. eingetreten, sie konnte aber - ebenso wie die Ri. Mi. - die
Leasingraten nicht aufbringen.
bb) Im August 1995 genehmigten die Angeklagten Dr. R. und H. eine
Bürgschaft zugunsten der Ri. D. in Höhe von 0,4 Mio
DM, um die weitere Nutzung des "Grünen Punktes"
sicherzustellen. Dabei war unklar, ob mit den Gläubigern
erfolgreiche Lösungen gefunden werden konnten.
cc) Mittlerweile - bei einem ausgewiesenen Blankoanteil von 9,5 Mio DM
- hatte der Unternehmensberater Sa. eine positive Ergebnisplanung
für das Jahr 1995 erstellt, zugleich aber darauf hingewiesen,
daß die Liquiditätspläne keinen Anspruch
auf Vollständigkeit hätten. Im Oktober 1995
bewilligten die Angeklagten Dr. R. , S. und H. aufgrund einer
Beschlußvorlage des Angeklagten Ho. weitere Kredite
über insgesamt 6 Mio DM an Ri. D. , unter anderem - bei erneut
aufgelaufenen Überziehungen in Höhe von 3,5 Mio DM -
einen Betriebsmittelkredit über 4 Mio DM. Zudem wurde bislang
der Sparkasse verpfändetes Festgeld in Höhe von 2,5
Mio DM zur Ablösung der S. Bank freigegeben. Das Engagement
hatte inzwischen ein Volumen von 38 Mio DM erreicht. Der ausgewiesene
Blankoanteil von 17,4 Mio DM wurde mit weiteren Sicherheiten in
Höhe von 12 Mio DM "unterlegt".
dd) Nachdem bei beiden Gesellschaften weitere Überziehungen in
Höhe von 5,2 Mio DM (Ri. D. 2 Mio DM und Ri. Mi. 3,2 Mio DM)
aufgelaufen waren und eine andere Bank eine Ausfallbürgschaft
abgelehnt hatte, beschlossen die Angeklagten S. , H. und Ho. im
Dezember 1995, die bestehenden Überziehungen "formell zu
regeln". Das Urteil ist insoweit zum einen unklar, was die Mitwirkung
der Angeklagten Dr. R. und Ho. angeht (UA S. 31, 122/123, 181). Zum
anderen sind der Kreditnehmer und die Höhe der Kredite -
offensichtlich geht es um den Vorwurf eines Kredits an Ri. Mi. in
Höhe von 3,5 Mio DM (UA S. 24) - nicht festgestellt.
ee) Im August und September 1995 schlossen die Angeklagten Dr. R. und
Ho. (der H. vertrat) aufgrund einer Vorlage H. s einen Factoringvertrag
mit der Ri. D. . Bei diesem stillen Factoring konnte G. die Forderungen
selbst einziehen, da die Forderungsabtretung den Schuldnern nicht
offengelegt wurde. Zwischen August und Dezember 1995 wurden auf diese
Weise 7,3 Mio DM als Vorschuß an Ri. D. ausbezahlt. "Die
Angeklagten hatten das Factoring aufgenommen, obwohl bereits im Mai
1995 bekannt geworden war, daß G. sich ... als
vielfältig gravierend unzuverlässig, ja kriminell
erwiesen hatte." G. hatte sich auch bei dem vorher betriebenen
Factoring mit einer anderen Bank nicht vertragstreu verhalten und die
eingezogenen Forderungen nicht an die Bank weitergeleitet. Im Mai 1997
mußten noch offene Forderungen in Höhe von 0,66 Mio
DM nahezu vollständig ausgebucht werden.
d) Im Jahre 1998 mußten aus dem Engagement Ri. /G. 51 Mio DM
endgültig abgeschrieben werden; die restlichen Forderungen von
10 Mio DM sind mit 3 Mio DM wertberichtigt.
e) Die Freisprüche hat das Landgericht wie folgt
begründet:
aa) Soweit die Angeklagten Dr. R. (Folgekredite Fall 2:
Kontokorrentkredit über 2,5 Mio DM und Fall 5:
Betriebsmittelkredit über 3,5 Mio DM), S. (Fall 3:
Bürgschaft) und Ho. (Fall 3: Bürgschaft), an
einzelnen Kreditentscheidungen nicht mitgewirkt, sondern lediglich an
Sitzungen des Kreditausschusses ohne Stimmrecht teilgenommen haben, hat
das Landgericht sie schon wegen des Fehlens einer Tathandlung
freigesprochen.
bb) Da der Erstkredit objektiv nicht unvertretbar gewesen sei, liege
bei dieser Kreditvergabe kein pflichtwidriges Verhalten vor. Zwar seien
schon beim Erstkredit die Angaben G. s unzureichend
überprüft worden. Gleichwohl konnte das Landgericht
den Angeklagten die Einlassung nicht widerlegen, daß sie Ri.
Mi. im Hinblick auf die von G. gefälschten Bilanzen
zunächst für ein solides Unternehmen gehalten
hätten.
cc) Bei den Folgekrediten sei das Engagement dann objektiv
unbeherrschbar gewesen und die Angeklagten hätten objektiv
pflichtwidrig gehandelt. Hierbei sei den Angeklagten aber ein Vorsatz
nicht nachzuweisen gewesen. Das Landgericht konnte sich nicht
zweifelsfrei davon überzeugen, daß die Angeklagten
sich der Pflichtwidrigkeit ihres Handelns bewußt gewesen
waren und die Schädigung der Sparkasse billigend in Kauf
genommen haben. Maßgeblich dafür sei insbesondere,
daß der von G. bewirkte
Eigenkapitalerhöhungsschwindel nicht bekannt geworden sei.
Durch die Einschaltung des Unternehmensberaters Sa. und der
Wirtschaftsprüfer hätten die Angeklagten gemeint, G.
und dessen Gesellschaften in den Griff zu bekommen, auch wenn ihnen
durchaus klar gewesen sei, daß die
Sanierungsbemühungen unter Ausreichung weiterer Kredite
"höchstes Risiko" beinhalteten. Sie hätten jedoch auf
die Tragfähigkeit ihrer Bemühungen bei erkannt hohem
Risiko vertraut.
II. Der Freispruch des Angeklagten H. vom Vorwurf der Bestechlichkeit
betrifft an dessen Wohnung erbrachte Bauhand-werkerleistungen. Ra. soll
diese Leistungen im Wert von 60.000 DM im Jahre 1995 - als
Gegenleistung für die pflichtwidrige Kreditführung H.
s - in Auftrag gegeben und bezahlt haben. H. habe lediglich eine
Abschlagszahlung in Höhe von 15.000 DM geleistet, um den
Anschein ordnungsgemäßer Abwicklung zu erwecken.
Das Landgericht hat Hörner aus tatsächlichen
Gründen von diesem Vorwurf freigesprochen. Es geht zugunsten
H. s davon aus, daß er - obwohl keine Rechnungstellung Ra. s
erfolgte - die vollständige Bezahlung der Leistungen ernsthaft
beabsichtigte. Diese von H. geäußerte Absicht habe
auch der Buchhalter Ra. s bestätigt; dieser sei wegen der
chaotischen Abwicklung allerdings nicht zur Rechnungstellung gekommen.
Daher habe das Landgericht nicht feststellen können, wer
veranlaßt habe, daß H. keine Rechnung bekam. Nahe
liege allerdings, daß Ra. auch kein besonderes Interesse an
der Berechnung gehabt habe. Nachträglich sei zudem eine
Aufrechnungslage entstanden, da H. Ra. 1996 ein Darlehen
gewährte; 1997 sei eine einvernehmliche Aufrechnung erfolgt.
B.
Die Verfahrensrügen sind überwiegend
unzulässig - teilweise wird nicht vorgetragen, worin die
Verfahrensverstöße bestehen sollen, teilweise fehlt
es an der Angabe der den Mangel enthaltenden Tatsachen (§ 344
Abs. 2 Satz 2 StPO) -; jedenfalls sind sie aber unbegründet.
Die umfassende Überprüfung aufgrund der
Sachrüge hat folgendes ergeben:
I. Freisprüche vom Vorwurf der Untreue
Die Freisprüche der Angeklagten vom Vorwurf der Untreue im
ersten Komplex Ra. /B. halten bei allen Kreditgewährungen im
Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand. Dies gilt hinsichtlich
aller vier Angeklagten auch für die Freisprüche im
zweiten Komplex Ri. /G. wegen der Gewährung des Erstkredits.
Bei den Folgekrediten in diesem Komplex sind die Freisprüche
des Angeklagten Dr. R. im Fall 2 sowie der Angeklagten S. und Ho. im
Fall 3 rechtsfehlerfrei, da sie an diesen Kreditgewährungen
nicht mitgewirkt haben. Die Freisprüche im Fall 6 (Factoring)
sind aus den unten dargestellten Gründen tragfähig.
Rechtsfehlerhaft sind hingegen die folgenden Freisprüche vom
Vorwurf der Untreue wegen Gewährung der Folgekredite im
Komplex Ri. /G.: Bei Dr. R. in den Fällen 3, 4 sowie im
unklaren Fall 5; bei S. in den Fällen 2, 4 und 5 und bei H. in
den Fällen 2 bis 5. Beim Angeklagten Ho. im Fall 2 (wo er als
Verhinderungsvertreter im Vorstand mitgestimmt hat), im unklaren Fall
5, und im Fall 4, wo er (als möglicher Gehilfe) die
Beschlußvorlage erstellt hat. In diesen Fällen ist -
bei rechtsfehlerfrei festgestellter objektiver Pflichtwidrigkeit - die
Verneinung des Vorsatzes schon bezüglich des Merkmals der
Pflichtwidrigkeit nicht tragfähig begründet.
1. Soweit rechtsfehlerfrei festgestellt ist, daß die
Angeklagten an den Kreditentscheidungen - sei es bei der
Kreditbewilligung durch die dafür zuständigen Gremien
der Sparkasse, sei es bei der Vorbereitung dieser Entscheidungen
(insoweit käme jedenfalls eine Beihilfe in Betracht) - nicht
mitgewirkt haben, ist gegen die Freisprüche von Rechts wegen
nichts einzuwenden.
a) Das gilt im Komplex Ra. /B. für den Angeklagten Dr. R. den
Fällen 5 und 1a. Die Frage der Mitwirkung des Angeklagten Dr.
R. im Fall 2 kann aus den unten dargestellten Gründen offen
bleiben.
b) Im Komplex Ri. /G. gilt das für den Angeklagten Dr. R. im
Fall 2 und für die Angeklagten S. und Ho. im Fall 3. Nicht
rechtsfehlerfrei festgestellt ist hingegen die fehlende Mitwirkung des
Angeklagten Dr. R. im Fall 5. Es ist unklar, ob Dr. R. und/oder Ho.
dort mitgewirkt haben: Einerseits ist festgestellt, daß Ho.
an der Vorstandssitzung teilgenommen hat, an der die
Kreditbeschlußvorlage entscheidungsreif gezeichnet wurde (UA
S. 122). Andererseits soll er an der Entscheidung nicht mitgewirkt und
lediglich an der Sitzung des Kreditausschusses teilgenommen haben (UA
S. 123). Auch nach der Anklageschrift soll Ho. nicht an der
Vorstandssitzung teilgenommen haben; sie geht vielmehr davon aus,
daß Dr. R. teilgenommen hat (UA S. 24). Danach erscheint eine
Verwechslung der Angeklagten möglich.
2. Soweit die Angeklagten an den Kreditvergabeentscheidungen beteiligt
waren, beurteilt sich ihre Strafbarkeit nach dem
Mißbrauchstatbestand des § 266 StGB.
Als Vorstandsmitglieder bzw. - soweit es den Angeklagten Ho. betrifft -
als Verhinderungsvertreter (vgl. dazu die Mitteilung des
Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen Nr. 2/63 vom 28.
Oktober 1963) hatten sie die Befugnis, über das
Vermögen der Sparkasse zu verfügen. Soweit sie in
Ausübung dieser Rechtsmacht Kredite vergeben haben, kommt es
darauf an, ob sie sich über die ihnen dabei im
Innenverhältnis gezogenen Schranken hinwegsetzten. Ein
Mißbrauch ihrer Befugnisse liegt dann vor, wenn sie dabei die
Grenzen ihres rechtlichen Dürfens überschritten.
Daß der Kreditausschuß der Sparkasse dabei in
Kenntnis aller Umstände der Kreditvergabe zugestimmt hat,
ändert an der Pflichtwidrigkeit nichts.
a) Da keine Verstöße gegen Kreditbewilligungsgrenzen
und anderweitige rechtlich normierte Kompetenzbegrenzungen festgestellt
sind, kommt es für die Grenzen des rechtlichen
Dürfens allein darauf an, ob die Angeklagten ihrer
Prüfungs- und Informationspflicht bezüglich der
Vermögensverhältnisse der Kreditnehmer ausreichend
nachgekommen sind.
Wie der Senat in seinem Urteil vom 6. April 2000 (BGHSt 46, 30)
ausgeführt hat, sind bei einer Kreditvergabe - die ihrer Natur
nach mit einem Risiko behaftet ist - die Risiken gegen die sich daraus
ergebenden Chancen auf der Grundlage umfassender Information
abzuwägen. Ist diese Abwägung sorgfältig
vorgenommen worden, kann eine Pflichtverletzung im Sinne des §
266 StGB nicht deshalb angenommen werden, weil das Engagement
später notleidend wird. Der Senat hat weiter
ausgeführt, daß sich tatsächliche
Anhaltspunkte dafür, daß die Risikoprüfung
nicht ausreichend vorgenommen wurde, insbesondere daraus ergeben,
daß die Informationspflichten vernachlässigt wurden.
Es entspricht anerkannten bankkaufmännischen
Grundsätzen, Kredite nur nach umfassender und
sorgfältiger Bonitätsprüfung zu
gewähren. Für die Pflichtverletzung im Sinne des
§ 266 StGB ist indessen maßgebend, ob die
Entscheidungsträger bei der Kreditvergabe ihre
bankübliche Informations- und Prüfungspflicht
bezüglich der wirtschaftlichen Verhältnisse des
Kreditnehmers gravierend verletzt haben. Aus der Verletzung der in
§ 18 Satz 1 KWG normierten Pflicht zum Verlangen nach
Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse können
sich Anhaltspunkte dafür ergeben, daß der
banküblichen Informations- und Prüfungspflicht nicht
ausreichend Genüge getan wurde.
b) Die Vorschrift des § 18 KWG ist Ausfluß des
anerkannten bankkaufmännischen Grundsatzes, Kredite nur nach
umfassender und sorgfältiger Bonitätsprüfung
zu gewähren und bei bestehenden Kreditverhältnissen
die Bonität des Kreditnehmers laufend zu überwachen.
Die Vorschrift dient dem Schutz des einzelnen Kreditinstituts und
seiner Einleger. Sie hält die Kreditinstitute über
die Kreditwürdigkeitsprüfung zu einem
risikobewußten Kreditvergabeverhalten an. Das hat das
Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAKred) in seinem
Rundschreiben 9/98 vom 7. Juli 1998 ausgeführt. § 18
KWG beinhaltet daher eine Selbstverständlichkeit, erhebt sie
aber zu einer gesetzlichen Norm (Reischauer/Kleinhans, KWG, §
18 Rdn. 1). Nach dem Willen des Gesetzgebers (Regierungsentwurf eines
KWG, BT-Drucks. III/1114, Begründung zu § 17) soll
diese Vorschrift sicherstellen, daß die Kreditinstitute die
Kreditwürdigkeit ihrer Kreditnehmer in ausreichendem
Maße an Hand von Unterlagen prüfen.
aa) Nach § 18 KWG hat sich das Kreditinstitut von
Kreditnehmern, denen größere Kredite - nunmehr mehr
als 500.000 DM - gewährt werden, die wirtschaftlichen
Verhältnisse, insbesondere durch Vorlage der
Jahresabschlüsse, offenlegen zu lassen. Das Kreditinstitut
kann hiervon (nur) absehen, wenn das Verlangen nach Offenlegung im
Hinblick auf die gestellten Sicherheiten oder auf die Mitverpflichteten
offensichtlich unbegründet wäre. Seit der ab dem 31.
Dezember 1995 geltenden Fassung des § 18 KWG kann das
Kreditinstitut zudem von der laufenden Offenlegung bei bestimmten
besonders sicheren Krediten (Grundpfandrechte auf selbst genutztes
Wohnungseigentum) absehen, wenn der Kreditnehmer die geschuldeten Zins-
und Tilgungsleistungen störungsfrei erbringt. Das Verlangen
nach Offenlegung gilt nicht für bestimmte Formen des Factoring
(§ 18 Satz 3 KWG aF § 21 Abs. 4 KWG nF).
bb) Das BAKred hat das Verfahren nach § 18 Satz 1 KWG in
mehreren Rundschreiben konkretisiert, die als Erläuterung der
banküblichen Sorgfaltspflichten bei der
Kreditwürdigkeitsprüfung - auch für den
Tatzeitraum - heranzuziehen sind. In den Rundschreiben 2/94 vom 8.
August 1995 und 9/98 vom 7. Juli 1998 (vgl. auch das frühere
Rundschreiben 3/76 vom 6. Oktober 1976 sowie die späteren
Rundschreiben 16/99 vom 29. November 1999 und 5/2000 vom 6. November
2000) hat das BAKred ausgeführt:
Das Verfahren nach § 18 Satz 1 KWG vollzieht sich in drei
Schritten: Vorlage der erforderlichen Unterlagen, Auswertung,
Dokumentation. Diese Rechtspflichten folgen unmittelbar aus §
18 Satz 1 KWG. Der Regelungsgegenstand der Vorschrift
erschöpft sich nicht etwa in der Vorlage der erforderlichen
Unterlagen. Erst wenn das Kreditinstitut die Unterlagen ausgewertet und
sich die Anforderung weiterer Unterlagen auf Grund der Auswertung als
entbehrlich erwiesen hat, liegen dem Kreditinstitut die
wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers offen.
Die Verpflichtung des § 18 Satz 1 KWG besteht während
der gesamten Dauer des Engagements. Das Kreditinstitut muß
die wirtschaftliche Entwicklung des Kreditnehmers während der
gesamten Dauer des Kreditverhältnisses kontinuierlich
beobachten und analysieren.
Selbst bei zeitnaher Vorlage der Jahresabschlüsse ist die
Heranziehung weiterer Unterlagen geboten, wenn die
Jahresabschlüsse allein kein hinreichend klares, hinreichend
verläßliches Urteil über die
wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers
ermöglichen. In Zweifelsfällen, insbesondere im
Bereich der Bewertung von Vermögensgegenständen,
muß das Kreditinstitut eigene Ermittlungen anstellen. Sofern
der testierte Jahresabschluß nicht aus sich heraus eine
eindeutige Beurteilung der wirtschaftlichen Situation des Kreditnehmers
gewährleistet, wird das Kreditinstitut auch nicht umhinkommen,
den Prüfungsbericht des Abschlußprüfers zu
analysieren, nicht zuletzt auch um zu erkennen, welchen Gebrauch der
Kreditnehmer von Bewertungswahlrechten gemacht hat. Erst wenn die mit
der Auswertung betraute Stelle in der Bank zu der Beurteilung gelangt,
daß ein klares Bild von den wirtschaftlichen
Verhältnissen des Kreditnehmers besteht, kann auf der
Grundlage dieses Bildes der Kredit von dem dazu berufenen
Entscheidungsträger gewährt oder fortgesetzt werden.
cc) Die Verlautbarungen des BAKred verdeutlichen, daß
§ 18 KWG eine zentrale Bestimmung für die
Kreditvergabe und die damit verbundene
Kreditwürdigkeitsprüfung ist, die nicht nur "formal"
(UA S. 98), sondern materiell einzuhalten ist.
Demgemäß hat der XI. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofes ausgesprochen (NJW 1994, 2154), daß die
Kreditinstitute verpflichtet sind, sich nachhaltig um die Vorlage von
Jahresabschlüssen bzw. eines Vermögensstatus mit
ergänzenden Angaben zu bemühen, und die weitere
Kreditgewährung von einer solchen Vorlage abhängig zu
machen, den Kredit also zu kündigen, wenn ihnen die
Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtung durch das weitere
Verhalten ihres Kunden unmöglich gemacht wird.
c) Die Informationspflichten, deren Vernachlässigung eine
Pflichtwidrigkeit im Sinne des Untreuetatbestandes begründen,
und die Pflicht zum Verlangen nach Offenlegung der wirtschaftlichen
Verhältnisse nach § 18 KWG sind zwar nicht
vollständig deckungsgleich. Wird eine fehlende Information
durch andere gleichwertige Informationen ersetzt, kann die
Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB entfallen (BGHSt 46,
30, 32), auch wenn nach § 18 KWG etwa die Vorlage von Bilanzen
geboten gewesen wäre (zu den Ausnahmen von der
Offenlegungspflicht für vergleichbare Einzelfälle
vgl. Rundschreiben des BAKred 9/98 und 5/2000).
Gravierende Verstöße gegen die bankübliche
Informations- und Prüfungspflicht begründen aber eine
Pflichtwidrigkeit im Sinne des Mißbrauchstatbestandes des
§ 266 StGB (vgl. auch BGH wistra 1985, 190; wistra 1990, 148).
Bei der Frage, ob solche Verstöße vorliegen, kann
auch auf die Erläuterungen des BAKred zum Verfahren nach
§ 18 KWG zurückgegriffen werden. Diese
bußgeldbewehrte (§ 56 Abs. 3 Nr. 4 KWG nF)
gesetzlich geregelte Informationspflicht und die sie
erläuternden amtlichen Verlautbarungen des BAKred
konkretisieren die Grenzen des rechtlichen Dürfens von
Bankleitern bei der Kreditvergabe und machen den
Mißbrauchstatbestand damit zugleich hinreichend bestimmt.
3. Nach diesen Maßstäben liegen in beiden Komplexen
- bis auf das Factoring - gravierende Verstöße gegen
die Pflichten bei der Kreditvergabe vor. Zwar sind die Angeklagten in
beiden Komplexen "Kreditbetrügern aufgesessen". Das
Landgericht hat aber zu Recht ausgeführt - und dies auch
konkret belegt -, daß die Falschangaben der Kreditnehmer bei
sorgfältiger Prüfung erkennbar gewesen wären.
a) Objektiv pflichtwidrig war - entgegen der Annahme des Landgerichts -
jedenfalls schon die Vergabe des Erstkredits im Fall Ri. /G. . Im
Komplex Ra. /B. spricht vieles dafür.
aa) So unterließen die Angeklagten im Komplex Ra. /B. schon
beim Einstieg die gebotene Aufklärung darüber,
weshalb die anderen Banken ihre bislang gewährten Kredite
fällig stellten; auch fehlte eine Ermittlung des Bautenstandes
und es erfolgte keine ausreichende Befassung mit den
Vermögensverhältnissen Ra. s. Eine
Mittelverwendungskon-trolle wurde nicht veranlaßt. Immerhin
war ein Sachverständiger mit der Grundstücksbewertung
beauftragt, dessen Angaben allerdings nicht überprüft
wurden und dessen Kompetenz nach den Feststellungen des Landgerichts
zweifelhaft war.
bb) Im Komplex Ri. /G. haben sich die Angeklagten gleichfalls keinen
ausreichenden Einblick in die tatsächlichen Gegebenheiten
verschafft. Die fehlende Transparenz der privaten
Vermögensverhältnisse G. s war bereits aus der
Beschlußvorlage für den Erstkredit ersichtlich. Das
Objekt wurde nicht besichtigt und zum tatsächlichen Wert der
Grundstücke nahm man die Angaben G. s ungeprüft hin.
cc) Damit haben die Angeklagten ihre Informationspflichten und die
Pflicht zum Verlangen nach Offenlegung aus § 18 KWG schon bei
den Erstkrediten gravierend vernachlässigt. Im Hinblick auf
die unzureichenden Unterlagen war es geboten, weitere Unterlagen
anzufordern und es mußten hier auch eigene Ermittlungen
angestellt werden. Da kein klares Bild von den wirtschaftlichen
Verhältnissen der Kreditnehmer bestand, hätten schon
die Erstkredite nicht gewährt werden dürfen.
b) Bei den Folgekrediten geht das Landgericht allerdings zutreffend von
schwerwiegenden Pflichtenverstößen aus.
Zwar könnte eine Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266
StGB bei der Vergabe von - auch hochriskanten - Folgekrediten
entfallen, wenn diese Erfolg bei der Sanierung des gesamten
Kreditengagements versprechen. Das ist insbesondere bei einem
wirtschaftlich vernünftigen Gesamtplan der Fall, der auf einen
einheitlichen Erfolg angelegt ist und bei dem erst nach einem
Durchgangsstadium - hier der Sanierung - ein Erfolg erzielt wird (vgl.
BGH - IVa Zivilsenat - NJW-RR 1986, 371; vgl. auch Nack in
Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl.
2000, § 66 Rdn. 118 ff.). Ist die Existenz der Bank nicht
bedroht und wird die Kreditwürdigkeit sorgfältig
geprüft, so können bei dieser Erfolgsbewertung neben
der Chance auf das "Auftauen" eingefrorener Altkredite auch weitere
Umstände berücksichtigt werden, wie etwa die
ökonomisch sinnvolle Erhaltung eines Unternehmens und seiner
Arbeitsplätze. Anhaltspunkte dafür, daß im
Komplex Ri. /G. solche Umstände vorgelegen hätten,
sind jedoch nicht ersichtlich.
Das Factoring (II. D Fall 6) bildet einen Sonderfall, bei dem
jedenfalls der Vorsatz hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit
rechtsfehlerfrei verneint wurde. Zwar ist nicht festgestellt, ob der
Veräußerer für die Erfüllung der
Forderungen einzustehen hatte (vgl. § 18 Satz 3 KWG in der zur
Tatzeit geltenden Fassung bzw. § 21 Abs. 4 KWG nF). Aber auch
dann, wenn der Veräußerer für die
Erfüllung einstehen mußte, konnten die Angeklagten
davon ausgehen, daß die dem Factoring zugrundeliegende
Kreditgewährung noch ausreichend kontrollierbar war.
4. Im Komplex Ra. /B. nimmt der Senat die Freisprüche der
Angeklagten bei allen Kreditgewährungen hin, da das
Landgericht seine Zweifel am Vorsatz zum Merkmal der Pflichtwidrigkeit
und am Schädigungsvorsatz gerade noch tragfähig
begründet hat.
5. Im Komplex Ri. /G. ist zu differenzieren.
a) Die Freisprüche beim Erstkredit sind letzten Endes aus den
vom Landgericht auch angeführten subjektiven Gründen
(UA S. 103, 177) nicht zu beanstanden. Hier haben sich die Angeklagten
- freilich ohne die sich aufdrängende nähere
Prüfung, insbesondere auch zur manipulierten
Kapitalerhöhung durch die schon dem ersten Anschein nach
dubiose Bareinzahlung - im wesentlichen auf die von G.
gefälschte Bilanz verlassen. Der Angeklagte Ho. hatte
Beleihungswerte, wenn auch offenbar unzutreffend, errechnet, welche die
grundpfandrechtliche Absicherung aus der Sicht der Angeklagten noch als
ausreichend erscheinen lassen konnten.
b) Bei den Folgekrediten - ausgenommen das Factoring - werden
vernünftige Zweifel des Landgerichts am Vorsatz
bezüglich der Pflichtwidrigkeit durch die Feststellungen
jedoch nicht getragen. Hier haben die Angeklagten ihre Informations-
und Prüfungspflichten in gravierender Weise
vernachlässigt; das war ihnen nach den Feststellungen auch
bekannt.
aa) Wie schon der Wortlaut des Satzes 2 des § 18 KWG zeigt,
kann von dem Verlangen nach Offenlegung nur dann abgesehen werden, wenn
dieses Verlangen im Hinblick auf die Sicherheiten offensichtlich
unbegründet wäre. In Zweifelsfällen sind
daher - so auch das BAKred in seinen Verlautbarungen - eigene
Ermittlungen anzustellen. Selbst die mit Wirkung vom 31. Dezember 1995
vorgenommene Einschränkung der Pflicht zur laufenden
Offenlegung bei besonders sicheren Krediten gilt nur dann, wenn der
Kreditnehmer die von ihm geschuldeten Zins- und Tilgungsleistungen
störungsfrei erbringt.
Wesentlicher Bestandteil der Informations- und Prüfungspflicht
im Sinne des § 266 StGB und des Offenlegungsverlangens nach
§ 18 KWG ist, daß das Kreditinstitut die
wirtschaftliche Entwicklung des Kreditnehmers während der
Dauer des Kreditverhältnisses kontinuierlich beobachten und
analysieren muß. Und es muß sich nachhaltig um die
Vorlage der Unterlagen bemühen (BGH - XI. Zivilsenat - NJW
1994, 2154). In Fällen der vorliegenden Art muß -
selbst bei der Stellung von Sicherheiten - stets auch die
Überprüfung der persönlichen
Integrität und der unternehmerischen Fähigkeiten des
Kreditnehmers hinzukommen (Nack in Müller-Gugenberger/Bieneck,
Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl. 2000, § 66 Rdn. 45). Zwar kann
es an einer Vermögensgefährdung und damit zugleich
auch an der Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB fehlen,
wenn der Kreditgeber über Sicherheiten verfügt, die
den Kreditbetrag voll decken. Auch dann muß jedoch
hinzukommen, daß er diese Sicherheiten ohne finanziellen und
zeitlichen Aufwand und - vor allem auch - ohne Mitwirkung des
Kreditnehmers und ohne Gefährdung durch ihn alsbald
realisieren kann (vgl. BGH wistra 1992, 142; 1993, 265; NStZ 1994, 194;
BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 43, 54; BGH,
Beschluß vom 12. Juni 2001 - 4 StR 402/00 -).
bb) Hier lag nicht einmal ein Zweifelsfall vor. Die fehlende
Bonität des Kreditnehmers lag vielmehr mehr als nahe. Die
gesetzlich gebotene Kreditwürdigkeitsprüfung, auch
was die laufende Überwachung angeht, war daher umso mehr
veranlaßt.
Den Angeklagten war bekannt, daß die Kredite nicht
ordnungsgemäß bedient und vertragliche
Vereinbarungen nicht eingehalten wurden. So wurden, etwa in den
Fällen 3 und 5, Überziehungen der Bewilligungsgrenzen
zugelassen und erst im Nachhinein durch Kreditbeschlüsse
"abgesegnet". Die fehlende Transparenz der privaten
Vermögensverhältnisse G. s war bereits aus der
Beschlußvorlage zum Erstkredit erkennbar und wurde nicht
überprüft. Eine Analyse der wirtschaftlichen
Gesamtverhältnisse wurde auch "bei der Schieflage des
Engagements" nicht nachgeholt. Das Sanierungskonzept war - wie das
Landgericht zu Recht annimmt - ohne eine genaue Analyse der
Vergangenheit mit einem hohen, nicht abschätzbaren Risiko
behaftet. Unter diesen Umständen war das Engagement
unbeherrschbar.
Die Angeklagten kannten auch die persönliche
Unzuverlässigkeit G. s und sonstige in dessen Person liegende
Risken. G. s Angaben zur Höhe der Belastungen auf dem
Gewerbeobjekt hatten sich bereits vor der Umsetzung des
Sanierungskonzepts als unrichtig erwiesen. Der Unternehmensberater der
Sc. Bank, Bü. , hatte nicht nur auf die dramatische
wirtschaftliche Lage der Gesellschaften hingewiesen. Er hatte auch den
Mitarbeiter der Fachabteilung der Sparkasse über die
Mehrfachsicherungsübereignungen und Privatentnahmen G. s
informiert und davon erlangten jedenfalls die Angeklagten H. und Ho.
ausdrücklich Kenntnis. Damit war jedenfalls diesen Angeklagten
noch vor den Folgekrediten bekannt, daß sich G.
"unzuverlässig, ja kriminell" verhalten hatte. Auch wenn das
Landgericht nicht feststellen konnte, daß die beiden anderen
Angeklagten Dr. R. und S. vom strafbaren Verhalten G. s Kenntnis
erlangt haben, so kannten sie doch die aus den Vorlagen ersichtlichen
Schwierigkeiten, die Zweifel an der Zuverlässigkeit G. s
begründeten. Es war ihnen durchaus klar, daß die
Sanierungsbemühungen unter Ausreichung weiterer Kredite
höchstes Risiko beinhalteten.
cc) Bei dieser Sachlage ist die Annahme des Landgerichts, die
Angeklagten, auch Dr. R. und S. , seien sich der Pflichtwidrigkeit
ihres Handelns nicht bewußt gewesen, nicht
tragfähig. Der Senat muß besorgen, daß das
Landgericht zu hohe Anforderungen an die Überzeugungsbildung
gestellt hat. Für die Feststellung von inneren Tatsachen
genügt nämlich, daß ein nach der
Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit besteht, an
dem vernünftige Zweifel nicht aufkommen können.
Außer Betracht zu bleiben haben solche Zweifel, die keinen
realen Anknüpfungspunkt haben, sondern sich auf die Annahme
einer bloß abstrakt-theoretischen Möglichkeit
gründen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 21. Juni 2001 - 4
StR 85/01 -). Bei der gegebenen, lang andauernden
Geschäftsbeziehung, der wiederholten Befassung mit dem
Problemfall Ri. /G. mit den ständig neu hervortretenden
Komplikationen mußte sich mit einem nach der Lebenserfahrung
ausreichenden Maß an Sicherheit geradezu aufdrängen,
daß alle Angeklagten sich - trotz unterschiedlicher
Verantwortlichkeiten - ihres pflichtwidrigen Verhaltens
bewußt gewesen sind.
dd) Wird die Entscheidung über eine Kreditvergabe wie hier von
einem mehrköpfigen Gremium getroffen, kommen allerdings auch
für den Fall des Einstimmigkeitsprinzips unterschiedliche
Verantwortlichkeiten der Beteiligten in Frage (BGHSt 46, 30, 35). Die
Bankleiter können sich grundsätzlich auf den Bericht
des federführenden Vorstandsmitglieds oder des als
zuverlässig bekannten Kreditsachbearbeiters verlassen. Ergeben
sich jedoch Zweifel oder Unstimmigkeiten, ist Rückfrage oder
eigene Nachprüfung geboten. Eine eigene Nachprüfung
ist auch dann erforderlich, wenn die Kreditvergabe ein besonders hohes
Risiko - insbesondere für die Existenz der Bank (vgl. BGHSt
37, 106, 123) - beinhaltet, oder wenn bekannt ist, daß die
Bonität des Kunden eines hohen Kredits ungewöhnlich
problematisch ist.
c) Weil das Landgericht den Vorsatz hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit
rechtsfehlerhaft verneint hat, ist es bei der Prüfung des - im
vorliegenden Fall in Betracht zu ziehenden - bedingten
Schädigungsvorsatzes von einer unzutreffenden Grundlage
ausgegangen. Der Senat hat in seinem Urteil vom 6. April 2000 (BGHSt
46, 30) Ausführungen zum Schädigungsvorsatz bei der
Kreditvergabe gemacht. Ein Schädigungsvorsatz verstehe sich
auch bei problematischer Kreditvergabe nicht von selbst. Der Senat hat
aber betont, daß die engeren Anforderungen nur gelten, wenn
Pflichtverletzungen vorliegen, die nicht die in BGHSt 46, 30, 34
genannten Anhaltspunkte erfüllen. Liegen sie jedoch wie im
gegebenen Fall vor, gilt für das Wissens- und das
Willenselement des bedingten Schädigungsvorsatzes folgendes:
105
aa) Bei einer Kreditgewährung besteht der Nachteil im Sinne
des § 266 StGB in der schadensgleichen
Vermögensgefährdung, die spätestens mit der
Valutierung eingetreten sein kann. Allein auf die
Vermögensgefährdung muß sich das
Wissenselement beziehen (BGH wistra 1993, 265; NStZ 1999, 353). Das
Wissenselement des Schädigungsvorsatzes fällt
folglich nicht deshalb weg, weil der Bankleiter beabsichtigt, hofft
oder glaubt, den endgültigen Schaden abwenden zu
können. Erforderlich ist vielmehr nur, daß der
Bankleiter im Zeitpunkt der Kreditgewährung die
Minderwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs im Vergleich zu der
ausgereichten Darlehensvaluta gekannt hat. Dazu genügt
freilich bereits seine Kenntnis der die
Vermögensgefährdung begründenden
Umstände und das Wissen, daß die Forderung nach
allgemeinen Bewertungsmaßstäben nicht als
gleichwertig angesehen wird, mag er selbst sie auch anders bewerten
(BGH wistra 1993, 265; vgl. auch BGHR StGB § 263 Abs. 1
Vorsatz 2; BGH, Beschluß vom 12. Juni 2001 - 4 StR 402/00).
bb) Dementsprechend muß sich auch das Billigungselement des
bedingten Vorsatzes nur auf die schadensgleiche
Vermögensgefährdung beziehen. Zwar kann der Grad der
Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts allein kein Kriterium
für die Frage sein, ob der Bankleiter mit dem Erfolg auch
einverstanden war (BGHSt 46, 30, 35). Diese in BGHSt 46, 30
aufgestellte Einschränkung betrifft jedoch in erster Linie die
Fälle, in denen die dort genannten Anhaltspunkte für
eine Pflichtverletzung nicht vorliegen.
Liegt indessen - wie hier - neben einer gravierenden Verletzung der
Informations- und Prüfungspflicht bereits eine derart
über das allgemeine Risiko bei Kreditgeschäften
hinausgehende erkannte höchste Gefährdung des
Rückzahlungsanspruchs der Bank vor, so liegt es nahe,
daß der Bankleiter die Schädigung der Bank im Sinne
einer Vermögensgefährdung auch billigend in Kauf
genommen hat. Die Billigung liegt noch näher, wenn das
Kreditengagement unbeherrschbar ist.
Generell gilt, daß eine Billigung nahezu stets anzunehmen
ist, wenn der Bankleiter erkennt, daß die Kreditvergaben die
Existenz der Bank aufs Spiel setzen. Bei positiver Kenntnis von der
persönlichen Unzuverlässigkeit des Kreditnehmers kann
sogar ein direkter Vorsatz bezüglich der schadensgleichen
Vermögensgefährdung naheliegen.
cc) Allen Angeklagten waren die Umstände bekannt, welche die
höchste Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs
begründeten. Sie kannten die nachträglichen
Bewilligungen von Überziehungen; sie wußten
ersichtlich auch, daß Schecks und Lastschriften nicht mehr
eingelöst wurden und daß Wechsel ausnahmslos
protestiert wurden. Jedenfalls den Angeklagten H. und Ho. war positiv
bekannt, daß Günther
Mehrfachsiche-rungsübereignungen sowie erhebliche
Privatentnahmen vorgenommen und sich als vielfältig gravierend
unzuverlässig verhalten, ja als kriminell erwiesen hatte. Da
auch den Angeklagten Dr. R. und S. die aus den Vorlagen ersichtlichen
Schwierigkeiten und allgemeinen Umstände bekannt geworden
waren, die Zweifel an der Zuverlässigkeit G. s
begründeten, wird der neue Tatrichter Gelegenheit haben
aufzuklären, inwieweit diese Angeklagten von H. und Ho. auch
über diesen zusätzlichen Kenntnisstand informiert
waren.
II. Der Freispruch des Angeklagten H. vom Vorwurf der Bestechlichkeit
läßt Rechtsfehler nicht erkennen.
III. Der gesamte Strafausspruch gegen den Angeklagten H. im Komplex II.
F - Verurteilung wegen Untreue bei der "Satellitenfinanzierung" Ra. s -
enthält durchgreifende Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten.
Sowohl die Einzelstrafen als auch die Gesamtstrafe werden den
Besonderheiten des hier verwirklichten Mißbrauchstatbestandes
nicht gerecht; sie waren daher aufzuheben.
Die Taten des Angeklagten sind durch besonders gravierende
Pflichtverletzungen (vgl. BGHSt 46, 30, 34) und auch in subjektiver
Hinsicht von hoher krimineller Energie gekennzeichnet. Der
Kreditausschuß der Sparkasse hatte beschlossen, Ra. -
abgesehen von kurzfristigen Liquiditätsspritzen - keine
weiteren Mittel mehr zu bewilligen. In Kenntnis dieses Umstandes und im
Bewußtsein "höchsten Risikos" vergab H. - unter
Umgehung der Kreditbewilligungsvorschriften - über weitgehend
vermögenslose Strohleute weitere sechs Kredite in
Höhe von insgesamt 3,89 Mio DM an Ra. . Auch die
strafmildernde Erwägung des Landgerichts, H. habe hierbei nur
bedingt vorsätzlich gehandelt, ist rechtsfehlerhaft; H.
handelte nach den Feststellungen offenkundig mit direktem Vorsatz.
Diese Umstände sind für eine tragfähige
Strafzumessung mitbestimmend. Das Landgericht hat sie nicht mit in
Rechnung gestellt.
C.
Mit der Teilaufhebung des Urteils ist die sofortige Beschwerde der
Staatsanwaltschaft gegen die Entscheidung des Landgerichts
über die Haftentschädigung des Angeklagten Ho.
gegenstandslos (vgl. BGH, Urteil vom 24. August 1999 - 5 StR 81/99 -).
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Schäfer Nack Boetticher Schluckebier Hebenstreit |