BGH,
Urt. v. 16.3.2004 - 1 StR 543/03
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 543/03
vom
16.03.2004
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung u.a.
- 2 -
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 16.
März
2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
Dr. Kolz,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
- 3 -
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Passau vom 26. September 2003 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen (gemeinschaftlicher)
versuchter
schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung
zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die Revision
des Angeklagten, der die Verletzung formellen und materiellen Rechts
rügt, hat
keinen Erfolg.
1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher
unzulässig (§ 344
Abs. 2 Satz 2 StPO).
2. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge
hat im Ergebnis
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der
Erörterung
bedarf nur die Frage des strafbefreienden Rücktritts vom
Versuch der schweren
räuberischen Erpressung.
- 4 -
Nach den Feststellungen betrat der Angeklagte maskiert und mit einer
geladenen Gaspistole die Zweigstelle einer Volksbank, in der sich - was
der
Angeklagte wußte - nur zwei Angestellte und keine Kunden
befanden. Er forderte
die Angestellte R. mit vorgehaltener Pistole auf, Geld aus
dem Tresorraum zu holen. Als Frau R. auf dem Weg zum Tresorraum
war, betrat überraschenderweise der Zweigstellenleiter E.
über
den Geschäftseingang den Bankraum. Er erfaßte sofort
die Situation und griff
ungeachtet der nunmehr auf ihn gerichteten Pistole den Angeklagten an,
um
ihm diese zu entwinden. In dem daraufhin entstandenen Gerangel schlug
ihm
der Angeklagte mindestens viermal mit der Pistole auf den Kopf, so
daß er zu
Boden ging. Nunmehr "begab sich der Angeklagte zunächst in
Richtung Ausgang
und blieb dort unschlüssig stehen. Dann ging er
zurück zu dem am Boden
kauernden E. und feuerte aus einer Entfernung von ca.
1-2 m einen Schuß in Richtung Kopf des E. ab, so
daß Gas aus der
Patrone nach vorne durch den Lauf der Pistole entwich.
Anschließend floh der
Angeklagte aus der Bank".
Das Landgericht befaßt sich in den Urteilsgründen
nicht mit der Frage
eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch der schweren
räuberischen Erpressung.
Darin liegt aber kein Erörterungsmangel. Dem Gesamtzusammenhang
der Feststellungen entnimmt der Senat, daß ein
strafbefreiender Rücktritt
ausgeschlossen war, weil sich das mit der Tatbegehung zunächst
verbundene
Risiko für den Angeklagten in einem Maße
erhöht hat, daß er die weitere Ausführung
der Tat nicht freiwillig aufgegeben hat (vgl. BGHR StGB § 24
Abs. 1
Satz 1 - Freiwilligkeit 17; BGH NStZ 1996, 352).
Durch das nicht vorhergesehene Erscheinen des Zweigstellenleiters waren
die Aussichten des Angeklagten, seinen Plan erfolgreich
durchzuführen,
- 5 -
stark gesunken. E. hatte sich durch die Drohung mit der Pistole
nicht beeindrucken lassen, sondern griff sogar den Angeklagten an, um
ihm die
Waffe zu entwinden. Ein weiteres Verbleiben in der Bank und die
Aufrechterhaltung
der Forderung nach Geld wäre mit nicht überschaubaren
erheblichen
Risiken belastet gewesen. Bei dieser Sachlage spricht alles
dafür, daß schon
der Rückzug des Angeklagten in Richtung Ausgang deshalb
geschah, weil ihm
die Schwierigkeiten eines erfolgreichen Raubes nunmehr
unüberwindbar erschienen.
Seine am Ausgang angestellten Überlegungen und der
Schuß mit
der Gaspistole auf den Zweigstellenleiter dienten unter diesen
Umständen allein
der Sicherung seiner Flucht.
Nack Wahl Boetticher
Schluckebier Kolz |