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BGH, Urteil vom 17. August 2004 - 5 StR 93/04


Entscheidungstext  
 
BGH, Urt. v. 17.8.2004 - 5 StR 93/04
Nachschlagewerk: ja
BGHSt                 : ja
Veröffentlichung  : ja
StGB § 21                                                                                          
Beruht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit auf zu verantwortender Trunkenheit, spricht dies in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB,   
wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht hat. Ob   
dies der Fall ist, hat der Tatrichter in wer tender Betrachtung zu bestimmen; seine Entscheidung unterliegt nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung.                                                                                     
BGH, Urt. v. 17. August 2004 - 5 StR 93/04
LG Potsdam

 
5 StR 93/04
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 17. August 2004
in der Strafsache
gegen
1.  
2.  
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
 
 
 
 
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. Au-
gust 2004, an der teilgenommen haben:
 
Richter Basdorf
 
      als Vorsitzender,
 
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause
 
      als beisitzende Richter,
 
Staatsanwalt  
 
      als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
 
Rechtsanwalt P  
 
      als Verteidiger für den Angeklagten G     ,
 
Rechtsanwalt V
 
      als Verteidiger für den Angeklagten M      ,
 
Justizhauptsekretärin N        ,
Justizangestellte R
 
      als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,
 
 
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für Recht erkannt:
 
 
 1.  Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil
des  Landgerichts  Potsdam  vom  22.  Juli  2003  in  den
Strafaussprüchen  gegen  die  Angeklagten  G          und  M   
      mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
 
2.  Die Revision  des  Angeklagten  M         gegen  dieses Urteil
wird verworfen. Er hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.
 
 3.  Im Umfang der Aufhebung  wird die  Sache zu  neuer Ver-
handlung  und  Entscheidung,  auch  über  die  Kosten  der
Revisionen der  Staatsanwaltschaft, an eine andere Straf-
kammer des Landgerichts zurückverwiesen.
 
 
 - Von Rechts wegen -
 
 
 G r ü n d e
 
 Das  Landgericht  hat  die  Angeklagten  wegen  gefährlicher  Körperver-
letzung  in  Tateinheit  mit  Freiheitsberaubung  und  Nötigung  jeweils  -  unter
Zubilligung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB auf-
grund  erheblicher  Alkoholisierung  - zu  einer Freiheitsstrafe von drei  Jahren
und sechs  Monaten  verurteilt. Während die  Staatsanwaltschaft mit ihren zu-
ungunsten  der  Angeklagten  eingelegten  Revisionen  lediglich  den  Strafaus-
spruch beanstandet,  wendet sich der  Angeklagte  M              mit der  Sachrüge
umfassend gegen seine Verurteilung.
 
 
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I.
 
 Nach  den  Feststellungen  des  Landgerichts  spricht  der  Angeklagte
G      seit  dem Jugendalter  dem  Alkohol  zu  und  ist  deutlich  alkoholgewöhnt.
Er  ist  mehrfach  wegen  Eigentums-  und  Verkehrsdelikten,  darunter  auch
Trunkenheit im Verkehr, vorbestraft. Am Tattag hatte er von den frühen Mor-
genstunden an über den Tag verteilt mehrere Flaschen Bier getrunken, bevor
er  mit  dem ebenfalls bereits angetr unkenen, bislang  unbestraften  Angeklag-
ten M      den später  Geschädigten Pi             in der Absicht aufsuchte, die-
sen zu  mißhandeln.  Die Angeklagten hatten über  Pi                 das  von  ihnen
nicht weiter  überprüfte Gerücht gehört, er habe ein  kleines  Mädchen verge-
waltigt.  Gemeinsam  wollten  beide  „ihre  Freude  an  Gewalttätigkeit  an  ihm
ausleben“.  
 
 In  der  Wohnung  von  Pi                schlugen  und  traten  die  Angeklagten
sogleich auf  diesen ein  und  forderten  ihn  auf  zuzugeben,  daß  er  das  Mäd-
chen vergewaltigt habe.  Der Geschädigte mußte in einem  vom  Angeklagten
G      gesteuerten  PKW  zu  dem  wegen  Beihilfe an  dem strafbaren Gesche-
hen inzwischen rechtskräftig verurteilten K    mitkommen. Dort mißhandelten
G    und M     ihr Opfer unter Beschimpfungen weiter, so daß Pi          schließ-
lich im  Gesicht  blutete  und  sich  kaum  noch  auf  den  Beinen  halten  konnte.
Anschließend fuhren alle gemeinsam mit dem Auto des G      zu einem  Imbiß
und sodann  über Land; der Geschädigte  mußte nun in den Kofferraum  stei-
gen.  An  einem Wehr wurde  er  von  den  Angeklagten halb  entkleidet  und  in
das 15 bis 18 Grad kalte Wasser gestoßen. Nach einiger Zeit zogen die An-
geklagten den  Geschädigten  schließlich  wieder  an  Land,  traten  auf ihn ein,
bis er das Bewußtsein verlor, und ließen ihn halbnackt und bewußtlos liegen.
Pi          erlitt durch die Mißhandlungen der Angeklagten vielfache Prellungen,
eine Rippenfraktur und eine - unbehandelt lebensgefährliche - traumatische
Hirnblutung,  zudem  eine  Unterkühlung  und  Herzrhythmusstörungen.    Wäh-
r end  des  sich  über  mehrere  Stunden  hinziehenden  Tatgeschehens  hatten
 
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beide  Angeklagte  nicht  unerhebliche  Mengen  Bier  und  andere  alkoholische
Getränke zu sich genommen.
 
 Das  Landgericht hat den Str afrahmen des §  224 Abs.  1 Nr.  4 (i.V.m.
§ 52 Abs. 2) StGB nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB aufgrund der Alkoholisierung
der  Angeklagten  und  dadurch  verursachter  erheblicher  Verminderung  der
„ Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit“ (richtig: Steuerungsfähigkeit, vgl. Trönd-
le/Fischer,  StGB  52.  Aufl.  §  21  Rdn.  5  m.w.N.)  verschoben. Es  hat  zur  Be-
gründung  ausgeführt, die Trunkenheit  des Angeklagten G        sei  am Tattag
nicht  verschuldet  gewesen,  weil  er  bislang  weitgehend  vom  Alkohol  be-
herrscht wurde;  mangels Einlassung des Angeklagten M             sei  auch zu
dessen  Gunsten  davon  auszugehen,  daß  seine  Trunkenheit  unverschuldet
gewesen sei.  
 
 II.
 
 Die  auf den  jeweiligen  Rechtsfolgenausspruch  beschränkten Revisio-
nen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg.  
 
 1.  Die  Beschwerdeführerin  hat  ihre  Rechtsmittel  wirksam  auf  den
Strafausspruch  beschränkt.  Wie  sich  aus  der  Revisionsbegr ündungsschrift
vom 24. September 2003 ergibt, sollen allein die zugunsten der Angeklagten
vorgenommenen  Strafrahmenverschiebungen  und  damit  die  verhängten
Rechtsfolgen angegriffen werden; nur insoweit wird die Sachrüge ausgeführt.
Ungeachtet  der  Erhebung  einer  nicht  ausdrücklich  beschränkten  Sachrüge
und  eines  umfassenden  Aufhebungsantrags  ist  dem  Revisionsvortr ag  des-
halb eine Beschränkung der Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch zu
entnehmen  (vgl.  BGHR  StPO  §  344  Abs.  1  Antrag  3;  BGH,  Urteil  vom
16. März  2004  -  5  StR  364/03).  Diese  Beschränkung  ist  auch  wirksam,  da
die Feststellungen  des  Landgerichts zum  Schuldspruch  weder  widersprüch-
lich  oder  lückenhaft  und  damit  ergänzungsbedürftig  noch  mit  den  Feststel-
lungen  zum  Strafausspruch  untrennbar  verknüpft  sind.  Für  die  Frage  der  
 
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Strafzumessung bilden die Feststellungen zum Schuldspruch eine tragfähige
Grundlage,  auch  wenn  sie  -  was  der  Generalbundesanwalt  in  seiner  An-
tragsschrift  zutreffend  angedeutet  hat  -  eine  weitergehende  strafrechtliche
Bewertung des Geschehens zum Nachteil der Angeklagten hätten rechtferti-
gen können.  
 
 2.  Das  Landgericht  ist r echtsfehlerfr ei  aufgrund  von  plausiblen  Trink-
mengenangaben  des  Angeklagten  G      ,  von  Zeugenbeschreibungen  über  
den Zustand der  Angeklagten  und  eines insgesamt auf  erhebliche Enthem-
mung  hindeutenden  Tatbildes  bei beiden  Angeklagten sachverständig bera-
ten zu dem Ergebnis gelangt, daß ihre Steuerungsfähigkeit erheblich vermin-
dert war.
 
 3.  Die  Staatsanwaltschaft  beanstandet  gleichwohl  zu  Recht  die  zu
Gunsten  der  Angeklagten  vorgenommene  Strafr ahmenverschiebung gemäß
§§ 21, 49 Abs. 1 StGB.  
 
a) Der 3. Strafsenat hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die bishe-
r ige -  in sich eher  uneinheitliche  und teils  sogar widersprüchliche  -  Recht-
sprechung  des  Bundesgerichtshofs  zur  Strafrahmenverschiebung  gemäß
§§ 21,  49  Abs. 1 StGB  bei vorwerfbarer Alkoholisierung grundsätzlich  über-
dacht werden sollte (BGHR StGB § 21  Strafrahmenverschiebung 31 mit An-
merkungen:  Foth  NStZ  2003,  597;  Frister  JZ  2003,  1019;  Neumann  StV
2003,  527;  Scheffler  Blutalkohol  2003,  449;  Streng  NJW  2003,  2963;  zu-
stimmend  der  2. Strafsenat  in  BGHR  StGB  §  21  Strafrahmenverschie-
bung 32). Der Senat pflichtet diesem Anliegen bei, gelangt indes zu dem fol-
genden  differenzierenden  und  bisheriger  Rechtsprechung  nicht  tragend  wi-
dersprechenden Ergebnis:
 
 Über  die  fakultative Strafrahmenverschiebung  nach  §§  21,  49  Abs.  1
StGB entscheidet der Tatrichter nach seinem pflichtgemäßen Ermessen auf-
grund  einer  Gesamtabwägung  aller  schuldrelevanten  Umstände. Beruht  die
 
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erhebliche  Verminderung  der  Schuldfähigkeit  auf  zu  verantwortender  Trun-
kenheit,  spricht  dies  in  der  Regel  gegen  eine  Strafrahmenverschiebung,
wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzel-
falls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant infolge
der Alkoholisierung erhöht hat. Ob dies der Fall ist, hat der Tatrichter in wer-
tender Betrachtung zu  bestimmen.  Seine Entscheidung unterliegt  nur einge-
schränkter  revisionsgerichtlicher  Überprüfung  und  ist  regelmäßig  hinzuneh-
men,  sofern  die  dafür  wesentlichen  tatsächlichen  Grundlagen  hinr eichend
ermittelt und bei der Wertung ausreichend berücksichtigt worden sind.  
 
 b) Die vom  Senat gefundene Lösung beruht insbesondere auf folgen-
den Erwägungen:
 
 In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß ei-
ne erhebliche Einschr änkung der  Einsichts- oder  Steuerungsfähigkeit gr und-
sätzlich den  Schuldgehalt  der Tat  vermindert  (vgl. BGHSt 7,  28,  30;  BGHR
StGB § 21 Vorverschulden 4; so auch schon RGSt 69, 314, 317). Dies allein
zwingt  jedoch  nicht  zu  einer  Strafrahmenverschiebung  gemäß  § 49  Abs.  1
StGB.  Dem  Tatrichter  ist  in  Fällen  erheblich  verminderter  Schuldfähigkeit
nach  §  21  StGB  grundsätzlich  ein  Ermessen  bei  der  Entscheidung  einge-
r äumt,  ob  er  aufgrund  dieses  Umstandes  die  Strafe nach  § 49 Abs.  1  StGB
durch  eine  Verschiebung  des  anzuwendenden  Strafrahmens  mildert  oder
nicht  (BGHR  StGB  §  21  Strafrahmenverschiebung  21).  Nach  dem  Geset-
zeswortlaut des § 21 StGB „kann“ die Strafe lediglich gemildert wer den; we-
der „muß“ noch „soll“ der Strafrahmen verschoben werden. Der Gesetzgeber  
hat damit zu erkennen gegeben, daß auch eine erhebliche Verminderung der  
Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB für sich allein weder zwingend noch
in der Regel zu einer durchgreifenden Verringerung des Schuldumfangs führt
( vgl. auch Foth in Festschrift für Hannskarl Salger, 1995, S. 31, 37).
 
 Die Minderung  der Tatschuld durch Einschränkung der  Schuldfähig-
keit  kann  nämlich  durch  schulderhöhende  Umstände  kompensiert  werden
 
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( st. Rspr.,  vgl.  Tröndle/Fischer,  StGB  52.  Aufl.  §  21  Rdn.  20  ff.  m.w.N.;
BVerfGE 50, 5, 11 f.). Der  3. Strafsenat sieht einen solchen  Umstand gene-
r ell  in  jeder   vorwerfbar  herbeigeführten  Alkoholisierung  (BGHR  StGB  §  21
Strafrahmenverschiebung 31). Dabei kommt indes nicht ausreichend zur Gel-
tung, daß jede Schulder höhung wenigstens (einfache)  Fahrlässigkeit als ge-
r ingste Schuldform voraussetzt. Notwendige Elemente solcher Fahrlässigkeit
sind  Vorhersehbarkeit  und  Vermeidbarkeit  des  rechtswidrigen  Ergebnisses
ganz allgemein (objektiv) und speziell für  den Täter (subjektiv). Bezugspunkt
des  schulderhöhenden  Moments  muß  zudem  das  konkret  begangene  Un-
r echt  sein;  es  bedar f  also  einer  bestimmten  subjektiven  Beziehung  zu  der
später  begangenen  rechtswidrigen  Handlung  (Jähnke  in  LK  11.  Aufl.  §  21
Rdn. 22).  
 
 Trotz  verbreiteten  vielfachen  Alkoholgebrauchs  und  -mißbrauchs
kommt  es  nur in einem Bruchteil der Fälle erheblicher Alkoholisierung  zu ei-
ner  rechtswidrigen Tat.  Häufig  ist eine  Gefährdung  anderer gänzlich  ausge-
schlossen  (vgl.  Spendel  in  LK  11. Aufl.  §  323a  Rdn.  224).  Andererseits  ist
nicht  zu  ver kennen,  daß  Alkohol  das  Risiko  der  Begehung  strafbarer  Hand-
lungen generell  erhöht; ein großer  Teil der Straftaten gegen Leib und Leben
sowie  gegen  die  sexuelle  Selbstbestimmung  wir d  unter  Alkoholeinfluß  be-
gangen. Dieser  Befund rechtfertigt indes nicht die Annahme, es sei stets ob-
jektiv und  subjektiv  vorher sehbar, daß bei erheblicher Alkoholisierung in der  
konkreten  Situation  die  Begehung  von  Str aftaten  durch  den  Betrunkenen
drohe. Dies hängt vielmehr von der jeweiligen Person des Täters und von der
Situation  ab, in der  getr unken  wird oder in  die  sich  der  Täter betrunken be-
gibt.  
 
 (1) Schon nach der bisher igen Rechtsprechung des Bundesgerichts-
hofs ist die Strafmilderung bei erheblicher Alkoholisierung zu versagen, wenn
der  Täter   die  für  ihn  besonders  ungünstige  Wirkung  des  Alkoholgenusses
kannte und wußte oder  wissen mußte, daß er dann zu Gewalttätigkeiten oder  
anderen  Straftaten  neigt  (BGHR  StGB  §  21  Vorverschulden  4;  vgl.  Tr önd-
 
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le/Fischer  aaO  § 21  Rdn.  25  m.w.N.).  Damit  kommt  es  also  darauf  an,  ob
besondere  Umstände in  der  Person des  Täters  im  konkreten  Einzelfall  vor-
hersehbar  das  Risiko  der  Begehung  rechtswidriger Taten  signifikant  erhöht
haben. Soweit in diesem Zusammenhang teilweise zusätzlich gefordert wird,
der  Täter  müsse  schon  zuvor  nach  Ausmaß  und  Intensität  mit  der  jetzigen
Tat  vergleichbare  Straftaten  begangen  haben ( vgl.  BGHR StGB  §  21  Straf-
r ahmenverschiebung  6,  14,  16;  weitere  Nachweise  bei  Lenckner /Perron  in
Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 21 Rdn. 20), hält der Senat daran nicht
fest.  An  die  Vergleichbarkeit  sind  schon  nach  bisheriger  Rechtsprechung
keine  allzu  hohen  Anforder ungen  zu  stellen (vgl.  BGHR StGB  §  21 Vorver-
schulden 4). Zu differenzieren ist  hier allenfalls nach weit zu fassenden De-
liktsgruppen.  Wer  unter  dem  Einfluß  erheblicher  Mengen  Alkohol  -  wie  er
aufgrund  persönlicher  Vorerfahrung  weiß  oder  wissen  muß -  zu gewalttäti-
gen Übergriffen  auf  andere neigt, den trifft in Hinblick  auf  die enthemmende
Wirkung  des  Alkohols  in  Fällen  der  Gewaltkriminalität  grundsätzlich  ein
schulderhöhender Fahrlässigkeitsvorwurf; anderes gilt   nur, wenn die  bisher  
unter  Alkoholeinfluß  begangenen  Straftaten  ganz  anderer  Art  waren  als  die
nunmehr zu beurteilende, wenn also die neue Tat so unvergleichbar mit den
früheren  ist,  daß  der  Täter  mit  Ähnlichem  gar   nicht  rechnen  kann  (BGHR
aaO). Entscheidend  ist  somit  regelmäßig  nicht die  äußerliche  Vergleichbar-
keit der  einzelnen Taten, sondern die nämliche Wurzel des jeweiligen delikti-
schen Verhaltens (Jähnke aaO § 21 Rdn. 22).  
 
 Bei alldem müssen die Vorerfahrungen nicht unbedingt zu Vorstrafen
oder  auch  nur  Str afverfahren  geführt  haben.  Denn  es  geht  in  diesem  Zu-
sammenhang um das Wissen des Täters von seiner Gefährlichkeit und nicht
notwendig  um  den  -  gegebenenfalls  hinzutretenden  -  Gesichtspunkt  der
Warnfunktion einer früheren Verurteilung.
 
 (2) Die Gefahr der Begehung von Straftaten in erheblich alkoholisier-
tem  Zustand  kann  indes  signifikant  und  vorhersehbar  nicht  nur  durch  die
Person des Täters, sondern auch dur ch die Umstände der jeweiligen Situati-
 
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on erhöht werden. Wer in einer gefahrträchtigen Lage in erheblichem  Maße
dem  Alkohol zuspricht, dem kann schulderhöhend vorgeworfen werden, daß
er  sich  mit  einer  gewissen  Leichtfertigkeit  in  die  Tatsituation  gebracht  hat
( BGH NStZ 1990, 537, 538). Vorwerfbar ist dabei, daß in einer solchen Situa-
tion  trotz  konkreter Vorhersehbarkeit  der  durch eine  weitere Alkoholisierung
drohenden Rechtsbrüche  getrunken wir d (vgl. auch  Jähnke  aaO). Insbeson-
dere in stark  emotional aufgeladenen  Krisensituationen  wird die Gefahr von
Gewalttätigkeiten  durch  die  enthemmende  Wirkung  erheblicher  Alkoholisie-
r ung regelmäßig vorhersehbar erhöht (vgl. BGH NStZ 1990,  537, 538). Glei-
ches gilt für  das Trinken  in Gruppen, aus  denen heraus  -  gerade auch auf-
grund  gruppendynamischer  Prozesse  -  leicht  Straftaten  gegen  andere  be-
gangen  werden.  Wer  sich  etwa  in  einer  Gruppe  marodierender  Hooligans
oder  gewaltbereiter  Radikaler  betrinkt,  muß  konkret  mit  der  Begehung  von
Straftaten im trunkenen  Zustand  rechnen.  Die  Alkoholisierung  kann  -  wenn
nicht  bereits  die  Grundsätze  der  actio  libera  in  causa  eine  Strafmilderung
ausschließen  - auch  nicht demjenigen  zugute kommen,  der  sich  in  Fahrbe-
r eitschaft  betrinkt,  also  weiß  oder  damit  rechnen  muß,  noch  als Fahrer  am
öffentlichen  Straßenverkehr  teilzunehmen  (vgl.  Tröndle/Fischer  aaO  §  316
Rdn. 54; König in LK 11. Aufl. § 316 Rdn. 243).  
 
 Es  macht  für  die  Versagung  einer  Strafrahmenverschiebung  nach
§§ 21, 49 Abs. 1 StGB auch keinen r elevanten  Unterschied, ob der  Täter in
einer  erkennbar  gewaltträchtigen  Situation  enthemmend  dem  Alkohol  zu-
spricht  oder  sich,  sofern  ihm  dies  insoweit  vorzuwerfen  ist,  bereits  durch
Trunkenheit  enthemmt,  bewußt  in  eine  solche  Situation  begibt.  Wer  sich
schon  angetrunken  einer  gewaltbereiten  Gruppe  anschließt,  dem  kann
schulderhöhend vorgeworfen werden, daß er trotz der bekanntermaßen ent-
hemmenden  Wirkung  seiner  Alkoholisierung  eine  gewaltträchtige  Situation
aufgesucht hat.  
 
 In  diesem  Zusammenhang  muß  es  auch  nicht  entscheidend  darauf
ankommen, ob die Trunkenheit als solche vorwerfbar ist oder nicht, da auch
 
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letzterenfalls andere schulderhöhende Momente die Versagung  der Strafmil-
derung  rechtfertigen  können  ( vgl.  BGHR  StGB  §  21  Strafrahmenverschie-
bung  29). Im  Rahmen  der  vorzunehmenden  Gesamtwürdigung  aller  schuld-
r elevanten  Umstände  ist  es  deshalb  nicht  ohne  weiter es  ausgeschlossen,
auch einem alkoholabhängigen  Täter zwar  nicht  die  Alkoholisierung als sol-
che, aber - bei insoweit noch vorhandener Hemmungsfähigkeit - als schuld-
erhöhend  vorzuwerfen, daß  er sich bewußt  in  eine  gewaltträchtige  Situation
begeben  hat,  obwohl er  wußte  oder  wissen  mußte,  daß  er  sich  dort  infolge
seiner  Beherr schung  durch  den  Alkohol  nur  eingeschränkt  werde  steuern
können. Je eher ein alkoholabhängiger Täter von den infolge seines Zustan-
des von ihm ausgehenden Gefahr en für andere weiß - etwa aufgrund fr üher  
unter  Alkoholeinfluß  begangener  Straftaten  -  und  je  schwererwiegend  die
Straftaten  sind,  mit  deren  Begehung  er  rechnet  oder  rechnen  muß,  desto
weniger wird eine  Strafmilderung in  Betracht kommen,  wenn er sich dessen
ungeachtet  in  eine  gewaltträchtige Situation  begeben hat  und ihm  dies  vor-
zuwerfen ist (vgl. auch BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 29).  
 
 (3)  Auch  in  anderer  Weise  kann  an  ein  konkret  tatbezogenes  Ver-
schulden des Täters vor Tatbeginn angeknüpft und eine Str afmilderung trotz
Tatbegehung  im  Zustand  verminderter  Schuldfähigkeit  aufgrund  vorherge-
hender  schulderhöhender   Momente  versagt  werden.  So  hat  nach  den
Grundsätzen  der  -  im  Rahmen des §  21  StGB  unproblematisch anwendba-
r en (vgl. Lenckner/Perron  aaO § 21 Rdn. 11 m.w.N.) - actio libera in  causa
eine  Strafmilderung  regelmäßig  auszuscheiden,  wenn  sich  die  Vorstellung
des Täter s  in  nicht  berauschtem  Zustand  schon auf  eine  bestimmte Tat be-
zogen  hat  (vgl. BGHR StGB § 20  actio libera in  causa  3; § 21  Strafrahmen-
verschiebung  22;  BGH  NStZ  1999,  448). Wurde  der  Tatentschluß  zu  einer  
Zeit  gefaßt,  in  der  eine  erhebliche  Beeinträchtigung  des  Hemmungsvermö-
gens noch  nicht  vorlag, wir d  deshalb zumeist  für  eine  Strafrahmenverschie-
bung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB kein Raum sein (vgl. BGHSt 34, 29, 33;
BGH,  Beschluß  vom  15.  April  1999  -  4  StR  93/99,  zitiert  bei  Detter  NStZ
1999, 495; BGHR StGB § 20 actio libera in causa 3). Verstärkt gilt dies, wenn
 
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der Täter sich gar gezielt berauscht hat, um hierdurch vorhandene Hemmun-
gen gegen eine Tatausführung abzubauen.  
 
 (4) Die Wertung,  ob im Falle erheblicher Minderung der Steuer ungs-
fähigkeit der Strafrahmen gemildert werden  soll oder nicht, hat gr undsätzlich
der  Tatrichter  anhand  einer  Gesamtwürdigung  aller  schuldrelevanten  Um-
stände  des  Einzelfalls  vorzunehmen  (BGHR  StGB  §  21  Vor verschulden  4
und Strafrahmenverschiebung  21).  Ihm  obliegt  es  auch, die Begriffe der ob-
jektiven und subjektiven Vorhersehbarkeit strafbaren Verhaltens bei vorwerf-
barer Alkoholisierung anhand  der  besonderen  Umstände in  der  Person des
Täters  und  in  der   Situation  des  Tatgeschehens  in  wertender  Betrachtung
auszufüllen. Seine Bewertung  wird das  Revisionsgericht, wenn sie auf einer
vollständigen  Auswertung  der  maßgeblichen  Tatsachengrundlagen  beruht,
r egelmäßig hinzunehmen haben, auch wenn anderes vertretbar oder gar nä-
herliegend gewesen wär e.  
 
 Bei  Anwendung  der  genannten  Grundsätze  wird  bei  Gewaltdelikten
in vielen Fällen eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB
nach vorwerfbarer Alkoholisierung ausscheiden. Zumeist  liegen entweder in
der  Person  des  Täters oder  doch zumindest in der Situation  Umstände  vor,
die in Zusammenhang mit der  Alkoholisierung das Risiko der  Begehung von
Straftaten  vorhersehbar  signifikant  erhöht  haben.  An  die  Überzeugungsbil-
dung des Tatrichters dürfen dabei nicht übertrieben hohe Anfor derungen ge-
stellt  werden;  die  vielfältig  verheerenden  Wirkungen  übermäßigen  Alkohol-
gebrauchs sind allgemeinkundig.
 
 Im  Rahmen  der  Abwägung  aller  schuldrelevanten  Umstände  kann
auch von Bedeutung sein, welchen Grad die Enthemmung durch Alkoholisie-
r ung  innerhalb  des  durch  §  21  StGB  abgesteckten  Rahmens  erreicht  hat.
Eine  solchermaßen  differenzierende  Bestimmung  des  Umfangs  und  der  
Auswirkungen  verminderter  Schuldfähigkeit  auf  die  Tatschuld  setzt  jedoch
 
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nachvollziehbare Darlegungen des Tatrichters voraus (vgl. BGHR StGB § 21
Strafrahmenverschiebung 2, 17).  
 
 Bei  der  vorzunehmenden  Gesamtwürdigung  aller  schulderhöhenden
und  schuldmindernden  Umstände  des  Einzelfalls  können  auch  solche
schulderhöhenden  Momente  gegen  eine  Strafmilderung  sprechen,  die  nicht
unmittelbar mit der  Berauschung ver knüpft sind ( vgl. BGHR StGB § 21 Straf-
r ahmenverschiebung  11;  BT-Drucks.  IV/650,  S.  142  linke  Spalte).  Hierzu
können  eine  Mehrzahl  von  Geschädigten  oder  mitverwirklichte  Straftatbe-
stände  ebenso  zählen  wie  die  näheren  Umstände  der  Tatausführung  oder
andere Tatmodalitäten (vgl. BT-Drucks. aaO; BGHR StGB § 21 Strafrahmen-
verschiebung  5  und  Strafzumessung  18).  Auch  einem  erheblich  in  seiner  
Steuerungsfähigkeit verminderten Täter kann nämlich die Art der Tatausfüh-
r ung -  etwa eine besonders  gefühlskalte, rücksichtslose oder brutale Tatbe-
gehung - schulderhöhend vorgeworfen werden (vgl. BGHR StGB § 21 Straf-
r ahmenverschiebung 15 und Strafzumessung 4, 18) . In diesem Fall wird der  
Tatrichter  jedoch  zur  Vermeidung  von Wertungswidersprüchen  zu beachten
haben, daß diese Umstände die Tatschuld nicht im gleichen Ausmaß wie bei
nicht berauschten Tätern erhöhen, sofern sie ihren Grund in der  erheblichen
Verminderung der Hemmungsfähigkeit haben (vgl. Tr öndle/Fischer  aaO § 46
Rdn.  28,  33  m.w.N.;  BGHR  StGB  §  21  Strafrahmenverschiebung  5);  eine
Ausnahme hiervon kommt indes in Betr acht, wenn dem Täter in Hinblick auf
seine  bisherigen  Erfahrungen unter Alkoholeinfluß  vor  dem  Hintergrund des
von  ihm  weiterhin  nicht  gezähmten  Alkoholgenusses  gerade  eine  derart
schwerwiegende  Art  seines  Tatverhaltens  zum  Vorwurf  gemacht  werden
müßte (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 15).
 
 (5)  In Fällen,  in  denen  die  Verhängung  lebenslanger Freiheitsstrafe
in Frage steht, wird der Tatrichter besonders darauf Bedacht zu nehmen ha-
ben,  daß  der  schuldmindernde  Umstand  einer   erheblich  eingeschränkten
Steuerungsfähigkeit angesichts der Absolutheit der Strafdrohung  ohne Straf-
r ahmenverschiebung bei  der  konkreten Strafzumessung  nicht berücksichtigt
 
- 14 -


werden kann; die  Frage  der  Strafrahmenverschiebung  gewinnt im Vergleich
zur  Prüfung  bei zeitigen Freiheitsstrafen deshalb ungleich mehr  an Gewicht
( vgl.  BGH, Urt. v. 17. Juni  2004 - 4 StR 54/04). Dies wird  zu  besonder s
sorgfältiger Prüfung aller schulderhöhenden und schuldmindernden Umstän-
de  sowie  zu  einer  im  Zweifel  eher   zurückhaltenden  Gewichtung  zu  Lasten
des Täters Anlaß geben müssen (vgl. BGH  StV 2003, 499). Wenn allein die
Wahl zwischen lebenslanger Freiheitsstrafe und einer zeitigen Freiheitsstrafe
besteht, müssen deshalb besondere er schwerende Gründe vorliegen, um die
mit  den  Voraussetzungen  des  § 21  StGB  verbundene Schuldminderung  so
auszugleichen,  daß  die  gesetzliche  Höchststrafe  verhängt  werden  darf
( st. Rspr.,  vgl.  BGHR  §  21  Strafrahmenverschiebung  7,  8,  12,  18,  25;  vgl.
auch BVerfGE  50, 5,  11) . Gebieten  solche Umstände wie  etwa das schuld-
steigernde  Tatbild  die  Versagung  einer  Strafrahmenverschiebung  und  die
Verhängung  lebenslanger  Freiheitsstrafe,  wird eine Feststellung  besonderer  
Schuldschwere nach § 57a Abs. 1  Satz 1 Nr. 2 StGB  trotz erheblich vermin-
derter Schuldfähigkeit nur in besonders gravierenden Ausnahmefällen in Be-
tracht kommen ( vgl.  BGH, Beschluß vom 14. Juni 1999 - 5 StR 177/99; vgl.
auch BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 25).  
 
 Bedenklich kann aus entsprechenden Gründen auch die Verhängung
der  für  das  Delikt  vor gesehenen  zeitigen  Höchststrafe  aus  dem  nicht  nach
§§ 21,  49  Abs. 1  StGB  geminderten  Strafrahmen  trotz  erheblich  einge-
schränkter Schuldfähigkeit sein (vgl. RGSt 69, 314, 317).  
 
 (6) Der  Senat weist  vorsorglich darauf hin,  daß  das,  was für Alkohol
gilt,  nicht  ohne  weiteres  gleichermaßen  auf  andere  Genuß-  und  Betäu-
bungsmittel  übertragen  werden  kann  (vgl.  Senatsurteil  vom  heutigen  Tage  
- 5 StR 591/03). Die enthemmende und hierdurch teils aggressionsfördernde
Wirkung des Alkohols ist allgemein bekannt. Bei Betäubungsmitteln  sind  die
Wirkungsweisen dagegen differenzier ter  und unter  Umständen weniger kon-
kr et  vorhersehbar,  zumal  die  Dosierung  und  die  individuelle  Verträglichkeit
meist von Fall zu Fall erheblichen Schwankungen unterliegen.  
 
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c)  Dem gefundenen Ergebnis widersprechen  weder  die historischen
Absichten des Gesetzgebers noch der Rechtsgedanke des § 323a StGB.  
 
 (1)  Die  Überlegungen  des  historischen  Gesetzgebers  sprechen  nicht
für  einen  Grundsatz,  wonach  im  Falle  vorwer fbarer  Alkoholisierung  eine
Strafmilderung stets  zu  versagen  ist (Neumann StV 2003, 527, 528  m.w.N.;
vgl.  aber  BGHR  StGB  §  21  Strafrahmenverschiebung  31;  Foth  DRiZ  1990,
417,  418  ff.;  ders.  NStZ  2003,  597,  598;  zur  historischen  Entwicklung  aus-
führlich:  Rautenber g,  Verminder te  Schuldfähigkeit,  1984,  S.  9  ff.  m.w.N.;
Schnarr  in:  Hettinger  [Hrsg.],  Reform  des  Sanktionenrechts,  2001,  Band  1,
S. 7 ff.). Eine dem heutigen § 21 StGB entsprechende Vorschrift wurde erst-
mals durch  das Gesetz  gegen gefährliche  Gewohnheitsverbrecher und  über
Maßr egeln der Sicher ung  und Besserung vom 24.  November 1933 (RGBl. I,
995) in das  deutsche Str afgesetzbuch eingeführt.  Aus  der  amtlichen  Geset-
zesbegründung  ergeben  sich  für  die  aufgeworfene Frage  keine  tragfähigen
Hinweise  (vgl.  ReichsAnz  1933,  Nr.  277,  Erste  Beilage,  S.  1,  linke  Spalte).
Die Gesetzesänderung fußte indes auf der umfangreichen kriminalpolitischen
Reformdiskussion der Zwanziger Jahre (hierzu näher Foth, jeweils aaO; Rau-
tenberg  aaO).  Dabei  wurde  zwar  auch  eine  gesetzliche  Ausnahme  der  vor-
gesehenen Milderung bei vorwerfbarer  Alkoholisierung vorgeschlagen ( vgl. §
17  Abs.  2  Satz  2  des  Amtlichen  Entwurfs  eines  Allgemeinen  Deutschen
Strafgesetzbuchs  von 1925; ebenso bereits § 18  Abs. 2 des Entwurfs zu ei-
nem Deutschen Strafgesetzbuch von 1919 und § 63 Abs. 2 des Vorentwurfs
zu  einem Deutschen  Strafgesetzbuch von  1909;  ausführlich hier zu  Rauten-
berg aaO). Gegen diese Vorschläge wurden jedoch auch zur  damaligen Zeit
gewichtige  Bedenken  geltend  gemacht  ( vgl.  Alsberg  in  Aschrott/Kohlrausch
[Hr sg.], Reform des Strafrechts, 1926, S. 51, 73 ff.). Letztlich sind die in den
Entwürfen  verschiedentlich  vorgesehenen  ausdr ücklichen  Ausnahmen  bei
vorwerfbarer Alkoholisierung nicht Gesetz geworden. In  den Ber atungen der  
Reichstagsvorlage von 1927 wurde hierzu erklärt, den Reichsrat hätten zwei
Gründe  veranlaßt,  den  vorgesehenen  Ausschluß  einer  Strafmilderung  bei
Trunkenheit (§ 17  Abs. 2 Satz 2 des Amtlichen Entwurfs von 1925) zu strei-
 
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chen und statt der  obligatorischen eine  fakultative Milderung vorzuschlagen:
Zum  einen  erscheine  die  Konsequenz  unerträglich,  dem  ganz  betrunkenen
Täter  eine  Milderung  zu  gewähr en,  nicht  aber  dem  nur  halb  betrunkenen;
zum ander en sei nicht einzusehen, warum die Frage der Selbstverschuldung
nur  bei  der  Trunkenheit  berücksichtigt  werden  sollte  (vgl.  Rautenberg  DtZ
1997, 45, 47  m.w.N.). Dies legt  nahe  anzunehmen, daß der Gesetzgeber in
Kenntnis  entgegenstehender  Vorschläge  bewußt  auf  eine  solche  Regelung
verzichtet hat, also gerade keine zwingende Versagung der Strafmilderung in
diesen Fällen wollte (Neumann StV 2003, 527, 528). In der Gesetzesbegrün-
dung von 1933 heißt es lediglich, die Annahme verminderter Zur echnungsfä-
higkeit sei Grundlage für eine Strafmilder ung, wobei das Gesetz von den Be-
schlüssen  der   Reichstagsausschüsse  insoweit  abweiche,  als  die  Milderung
nicht  zwingend  sei,  sondern  in  das  Ermessen  des  Richters  gestellt  werde
( ReichsAnz aaO).  
 
 Die  Gesetzesmaterialien  zur  Reform  des  Allgemeinen  Teils  des
Strafgesetzbuchs  in  den  Sechziger  Jahr en,  die  zur   Formulierung  des  §  21
StGB in der heutigen Form geführt hat, sprechen gleichermaßen für  eine dif-
ferenzierende Lösung.  §  21  StGB wurde einerseits als Kann-Vorschrift kon-
zipiert,  um  dem  Umstand  Rechnung  zu  tragen,  daß  die  Verminderung  der
Schuldfähigkeit  nicht  notwendig  zu einer Minderung  der  Schuld  in  ihrer  Ge-
samtheit führt; im Rahmen  einer Gesamtwürdigung sollten außer  dem  Grad
der  Schuldfähigkeit  auch  andere  schuldrelevante  Umstände  berücksichtigt
werden  können  (BT-Drucks.  IV/650,  S.  142  linke  Spalte).  Hierzu  gehören
nach Auffassung des Gesetzgebers nicht nur unmittelbar der Tat anhaftende
Schuldumstände  wie  etwa  eine  große  Anzahl  getöteter  Menschen, sondern
auch schuldrelevante Umstände vor der Tat wie insbesondere die schuldhaf-
te  Herbeiführ ung  der  ver minderten  Schuldfähigkeit  (ebd.).  Ausdrücklich
sprach sich der Gesetzgeber andererseits gegen eine Vorschrift aus, wonach
die  Strafmilderung  -  entsprechend  den  Vorschlägen  in  den  Entwürfen  von
1909  und  1925  -  bei  vorwerfbarer  Alkoholisierung  stets  zu  versagen  sei  
( BT-Drucks. IV/650, S. 142 rechte Spalte). Zu der entsprechenden Regelung
 
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in  §  7  WStG,  wonach  bei  selbstverschuldeter  Trunkenheit  eine  Strafmilde-
r ung  ausscheidet,  wenn  die  Tat  eine  militär ische  Straftat  ist,  gegen  das
Kriegsvölkerrecht verstößt oder in Ausübung des  Dienstes begangen wurde,
wird  dabei  auf  die  besonderen  Anforderungen  an  militärische  Disziplin  ver-
wiesen.  In  das  allgemeine  Strafrecht  könne  dieser  Rechtsgrundsatz  nicht
ohne weiteres übertragen werden (ebd.).  
 
 Gerade  die Vorschrift des § 7 WStG läßt  sich systematisch stimmig
eher  erklären,  wenn  es  keinen  allgemeinen  Rechtsgrundsatz  gibt,  wonach
bei  vorwerfbarer  Alkoholisierung  grundsätzlich  mangels  Minderung  der  Ge-
samtschuld von einer Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB Abstand zu
nehmen ist. Gäbe es nämlich einen solchen Grundsatz, wäre § 7 WStG über-
flüssig. Unverständlich wäre in diesem Fall auch die Beschränkung  des Mil-
derungsverbots auf militärische Straftaten und solche, die gegen das Kriegs-
völkerrecht  verstoßen  oder  in  Ausübung  des  Dienstes  begangen  werden.
Aus  §  7  WStG  folgt  vielmehr  im  Umkehrschluß,  daß  „selbstverschuldete“  
Trunkenheit  in  anderen  Fällen durchaus die  Strafe  mildern  kann, also  nicht
stets  jede  Strafmilderung  aufgrund  des  Umstandes  ausscheidet,  daß  der
Rauschzustand vorwerfbar herbeigeführt wurde.
 
 Schließlich hat der  Gesetzgeber auch im Rahmen der Refor mdiskus-
sion  anläßlich  der  deutschen  Wiedervereinigung  trotz  entspr echender  Vor-
schläge ger ade  nicht diejenigen Nor men des Str afrechts der DDR übernom-
men, wonach  eine Strafmilderung bei erheblich verminderter Schuldfähigkeit
ausscheidet, wenn sich der  Täter schuldhaft in  einen die Zurechnungsfähig-
keit  vermindernden  Rauschzustand  versetzt hat  (§  16  Abs. 2  Satz 3  StGB-
DDR; vgl. auch § 15 Abs. 3 StGB-DDR; dazu näher Neumann StV 2003, 527
mit Fn. 3; Rautenberg DtZ 1997, 45).  
 
 (2) Auch die Vorschrift des § 323a StGB spricht nicht für eine Versa-
gung  der  Strafmilderung  in  allen  Fällen  schuldhafter  Alkoholisierung.  Das
Vergehen  des  Vollrauschs  ist  von  allen  anderen  Straftatbeständen  tatsäch-
 
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lich und  rechtlich verschieden  (BGHSt 1,  275,  277).  Es handelt  sich  zudem
bei  dieser  Strafnorm  um  „eine  der  umstrittensten,  wenn  nicht  die  strittigste
des ganzen Strafgesetzbuchs“ (Spendel in LK 11. Aufl. § 323a Rdn. 1). Auch
der  Bundesgerichtshof ist deshalb  bislang  nicht zu  einem  durchgehend  ein-
heitlichen  Verständnis  dieser  Vor schrift  gelangt  (vgl.  etwa  BGHSt  10,  247
einerseits, BGHSt 16, 124 andererseits). Der Ort, den - in den Schwierigkei-
ten  der  Sache  angelegten  (vgl.  Spendel  aaO  §  323a  Rdn.  2)  -  Streit  zum
Verständnis  des  §  323a  StGB zu  klären,  kann  indes  nicht  die hier  zur  Ent-
scheidung  stehende  Frage  sein,  ob  bei  zu  verantwortender  Alkoholisierung
eine Strafmilderung nach §§ 21,  49 Abs. 1 StGB grundsätzlich ausgeschlos-
sen sein sollte oder nicht (vgl. Streng NJW 2003, 2963, 2965).  
 
 Die  Anwendung  des  Vollrauschtatbestandes  setzt  stets  vor aus,  daß
der  Täter  aufgrund  nicht  ausschließbarer  Schuldunfähigkeit  wegen  seines
r echtswidrigen Tuns ansonsten überhaupt  nicht bestraft werden  könnte.  Für  
eine  solche Regelung gibt  es unzweifelhaft  ein kriminalpolitisches  Bedürfnis
( vgl.  BGHSt  [GS]  9,  390,  395;  Spendel  aaO  §  323a  Rdn.  2).  Diese  Frage
stellt sich im  Rahmen des § 21  StGB  jedoch nicht, weil es hier nicht um die
Alternative  völliger  Straflosigkeit,  sondern  lediglich um die  Strafrahmenwahl  
geht (vgl. Neumann StV 2003, 527, 529). Bei § 21 StGB spielen deshalb Ge-
sichtspunkte eine Rolle, die im Rahmen des § 323a StGB aufgrund der not-
wendigen Struktur des Vollrauschtatbestandes keine Berücksichtigung finden
können.  
 
 Zudem  geht  es  bei  §  21  StGB  nicht  wie  bei  §  323a  StGB  um
Rauschzustände,  die  ( zumindest  nicht  ausschließbar)  wegen  aufgehobener  
Schuldfähigkeit  den  Schuldvorwurf  bezüglich  des  rechtswidrigen  Tuns  voll-
ständig  entfallen lassen.  Der  Vor schrift  des  §  323a  StGB läßt  sich  nicht der  
Rechtsgedanke entnehmen,  jeder  Rausch, wie stark er auch sei, werde von
der  Rechtsordnung  mißbilligt;  aus  §  323a  StGB  läßt  sich  lediglich  folgern,
daß  ein  Rausch  dann  als  rechtswidrig  angesehen  werden  kann,  wenn  er  
( zumindest  nicht  ausschließbar)  zur  völligen  Aufhebung  der  Steuerungsfä-
 
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higkeit führt, sich der Täter also im Umgang mit seiner Umwelt zu einem völ-
lig unberechenbaren Risiko macht.  
 
 Die  Ansicht,  eine die  Steuerungsfähigkeit lediglich vermindernde  Al-
koholisierung  sei  für  sich  schon  rechtswidrig  oder  zumindest  schulderhö-
hend, würde zudem  zu Spannungen mit ander en Rechtsgrundsätzen führen.
Im Zusammenhang mit der Gastwirtshaftung hat der Bundesgerichtshof etwa
festgestellt,  daß  der Ausschank und  Genuß alkoholischer Getränke in Gast-
wirtschaften  zu  den  allgemein  als  sozial  üblich  anerkannten  Verhaltenswei-
sen gehört, auch wenn dies nicht selten zu körperlichen und geistigen Beein-
trächtigungen bis zur Gr enze der rechtlichen Verantwortlichkeit führt (BGHSt
19, 152, 154). Die Verabreichung alkoholischer Getränke wird als sozial übli-
ches und  von der Allgemeinheit gebilligtes Verhalten deshalb auch nicht als
pflichtwidrig  oder  rechtswidrig  angesehen  (BGHSt  26,  35,  37  f.;  vgl.  auch
Streng NJW 2003, 2963, 2965 m.w.N.). Dies gilt solange, als  der Trinkende,
sei es auch nur eingeschränkt, rechtlich verantwortlich ist. Anders ver hält es
sich  nur,  wenn  die  Trunkenheit  offensichtlich  einen  solchen  Grad  erreicht,
daß  der Tr unkene nicht  mehr Herr  seiner  Entschlüsse ist und nicht  mehr ei-
genverantwortlich handeln kann (BGHSt 26, 35, 38).  
 
 Hinzu kommt folgendes: Das  Spannungsverhältnis zwischen § 323a
StGB  einerseits und §§  21, 49  Abs. 1 StGB andererseits läßt  sich aufgrund
der  derzeitigen  Gesetzesfassung  nicht  ohne  jeden Wertungswiderspruch lö-
sen (Neumann StV 2003, 527, 528 ff.; Streng NJW 2003, 2963, 2965). Unge-
r eimt erscheint es einerseits, wenn bei Straftaten  mit einer  Höchststrafe von
fünf Jahren  Freiheitsstrafe  dem vermindert schuldfähigen  Betrunkenen  eine
Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gewährt wird und ihm
dann  eine  geringere Strafe  droht als demjenigen, der rauschbedingt ( zumin-
dest nicht ausschließbar) schuldunfähig handelt (vgl. BGH StV 1997, 73, 75;
BGHR  StGB §  21  Strafrahmenverschiebung  31). Dem  wird  freilich  dadurch
Rechnung  zu  tr agen  sein,  daß  bei  der  Strafzumessung  im  Rahmen  des
§ 323a  StGB  auf  Grundlage  des in  § 323a  Abs.  2  StGB zum  Ausdr uck  ge-
 
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kommenen  Rechtsgedankens  darauf  Bedacht  genommen  wir d,  welcher  
Strafrahmen  sich dem  weniger Betrunkenen öffnen würde (vgl. BGHR StGB
§ 323a Strafzumessung 5). Die Auflösung des Widerspruchs durch die gene-
r elle Ver sagung einer Strafrahmenverschiebung bei vorwerfbarer Alkoholisie-
r ung  (so  BGHR  StGB  §  21  Strafrahmenverschiebung  31)  geht  in  Fällen
schwererer,  den Strafrahmen des  § 323a  Abs. 1 StGB  überschreitender De-
likte über das Gebotene hinaus und führt sogleich zu anderen, weit gewichti-
geren  Wertungswidersprüchen  (vgl.  Neumann  StV  2003,  527,  529).  Diese
ergeben sich augenfällig bei schwerwiegenden Verbrechen, etwa Tötungsde-
likten, wenn dem Täter bei verschuldeter Alkoholisierung jede Strafmilderung
gemäß  §§  21,  49  Abs.  1  StGB  versagt  wird,  bei  noch  höher er  Alkoholisie-
r ung,  die  nicht  ausschließbar  zur  Schuldunfähigkeit  führt,  dann  anstelle  le-
benslanger Freiheitsstrafe oder eines Strafrahmens von Freiheitsstrafe bis zu
15 Jahren nur noch Freiheitsstrafe  bis zu fünf  Jahren gemäß §  323a  Abs. 1
StGB angedroht ist (Neumann aaO; vgl. hierzu auch die Gesetzgebungsvor-
schläge  zur  Änderung  des §  323a StGB  in  BT-Drucks.  14/545  und  14/759,
ablehnend BT-Drucks. 14/9148).  
 
 d) Die vom Tatgericht vorgenommene Zubilligung der  Str afrahmenver-
schiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB begegnet hier letztlich durchgr eifen-
den Bedenken.  
 
 (1)  In  Anwendung  der  oben  genannten  Grundsätze  hätte  sich  das
Landgericht  bei  der  notwendigen  Gesamtabwägung  aller  schuldrelevanten
Umstände  bei  dem  Angeklagten  G           nicht  zur  Begr ündung  der  Strafrah-
menverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB mit der Überlegung begnü-
gen  dürfen,  dessen  Alkoholisierung  sei  unverschuldet,  weil  er  weitgehend
vom Alkohol beherrscht werde.  Es hätte auch erwägen  müssen, ob  dem et-
wa schulderhöhend entgegensteht, daß dieser Angeklagte sich zu dem spä-
teren  Opfer in der festen  Absicht  begeben hat,  an  diesem  seine Freude an
Gewalttätigkeiten  auszuleben,  und  dabei  ersichtlich  in  Kauf  nahm,  infolge
seiner  Alkoholisierung  besonders  enthemmt  zu  sein,  zudem  durch  weitere
 
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Alkoholisierung  zunehmend  enthemmt  zu  werden.  Auch  demjenigen,  der  
weitgehend durch  Alkohol beherrscht wir d,  kann unter  Umständen schulder-
höhend vorgeworfen werden, daß er sich trotz Vorhersehbarkeit - zumal wei-
terer  -  alkoholischer  Enthemmung  bewußt  in  eine  gewaltträchtige  Situation
begeben  hat.  Aus  den  vom  Tatrichter  getroffenen  Feststellungen  zu  dem
schon  in  der  Ausgangssituation  gewaltträchtigen  Tatgeschehen  er schließt
sich  zwanglos,  daß  für  ihn  bei  Beginn  des  Tatgeschehens  ohne  weiteres
vorhersehbar  war,  daß  seine  vorhandene  und  weiter  drohende  Alkoholisie-
r ung das  Risiko erheblicher Gewalttaten signifikant erhöht hat; vieles spricht
auch  dafür,  daß  er   das  Aufsuchen  dieser  gewaltträchtigen  Situation  ohne
weiteres vermeiden konnte.  
 
 Es ist zudem nicht  ausgeschlossen, daß  einer  Strafmilderung gemäß
§§ 21, 49 Abs. 1 StGB bereits die oben genannten Grundsätze der actio libe-
r a  in  causa  entgegenstehen.  Hierfür  reichen  indes  die  bisherigen  Feststel-
lungen nicht  aus,  zumal  angesichts  des  sich  über  mehrere  Stunden  hinzie-
henden  Tatgeschehens;  es  bleibt  nämlich  unklar,  ob  der  Angeklagte  G     ,
als er den Entschluß faßte, das Opfer zu mißhandeln, bereits in seiner Steu-
erungsfähigkeit  erheblich  eingeschränkt  war  oder  nicht  (vgl.  BGHR  StGB  §
20 actio libera in causa 3).  
 
 (2)  Bei  dem  Angeklagten  M          entbehrt  die  Annahme,  auch  dessen
Trunkenheit sei unverschuldet gewesen, bereits jeder tatsächlichen Grundla-
ge.  Das Landgericht hat diese Feststellung  ohne  nähere Angaben  allein auf
die  Anwendung  des  Zweifelsatzes  gestützt.  Der  Zweifelsatz  bedeutet  indes
nicht,  daß  das Gericht von der  dem Angeklagten günstigsten Fallkonstellati-
on auch dann ausgehen muß, wenn hierfür - wie vorliegend - keine Anhalts-
punkte bestehen (BGH NJW 2003, 2179 m.w.N.). Ohne weitere tatsächliche
Anhaltspunkte  wird  der  neue  Tatrichter  dem  Angeklagten  M          nicht  un-
terstellen dürfen, daß seine Trunkenheit unverschuldet ist; die Feststellungen
zu seinem Vorleben bieten hierfür keinerlei Anlaß. Bei der etwaigen Prüfung
einer erneuten Strafr ahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB wird
 
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die  Strafkammer  in  Anwendung  der  oben  genannten  Grundsätze  einerseits
zwar bedenken  müssen,  daß  M                nach den bisherigen  Feststellungen
bislang  nicht  durch  Gewalttaten  unter  Alkoholeinfluß  auffällig  geworden  ist.
Gegen  eine  Str afrahmenverschiebung  dürfte  andererseits  aber  sprechen,
daß  er sich bewußt in  eine gewaltträchtige  Situation  begeben und  in  dieser  
weiter dem Alkohol zugesprochen hat.
 
 (3)  Es  läßt  sich  auch  nicht  ausschließen,  daß  der  Rechtsfolgenaus-
spruch  auf  einer  etwa  fehlerhaft  zugebilligten  Strafrahmenverschiebung  be-
r uht. Die Höhe der verhängten Strafen erscheint zwar für die von der Staats-
anwaltschaft  noch  beim  Schöffengericht  angeklagte  Tat  im  Ergebnis  nicht
unangemessen. Angesichts des gesamten Tatbildes läßt sich von Seiten des
Revisionsgerichts aber auch nicht etwa feststellen, daß eine etwas schwer e-
r e Bestrafung nicht mehr schuldangemessen wäre.  
 
 (4) Die Feststellungen  des Tatgerichts zum  Strafausspruch - und da-
mit  auch  diejenigen  zu  den  Voraussetzungen  des  § 21  StGB  -  sind  insge-
samt  aufzuheben  ( §  353  Abs.  2  StPO) .  Der  neue  Tatrichter  wird  danach
( sachverständig beraten) die bisherigen Befunde zur Alkoholisierung der An-
geklagten, namentlich in Hinblick auf die Fahrfähigkeiten  G   s und fehlende
Angaben bei M               ,  kritisch  zu  hinter fragen  haben.  Gegebenenfalls  wird
zumindest bei dem Angeklagten G       zu prüfen sein, ob die Voraussetzun-
gen seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB)  vorliegen
und diese Maßregel deshalb neben der Strafe anzuordnen ist.  
 
- 23 -


III.
 
 Die  Revision  des  Angeklagten  M             ist offensichtlich  unbegründet.
Die tatgerichtlichen Feststellungen zu seiner  sicheren Identifizierung als Mit-
täter -  bei mißlungenem  Alibibeweis  - sind  sachlich-rechtlich  nicht  zu bean-
standen.  Zulässige  verfahrensrechtliche  Beanstandungen  im  Zusammen-
hang mit Wiedererkennungsleistungen sind nicht er hoben worden.
 
 
 Basdorf          Häger          Gerhardt
 
Raum             Brause
 
 
 
 
 



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