BGH,
Urt. v. 18.12.2008 - 4 StR 455/08
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 455/08
vom
18. Dezember 2008
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
StPO § 136 Abs. 1 Satz 2
1. Wird ein Tatverdächtiger zunächst zu Unrecht als
Zeuge vernommen, so ist er wegen des Belehrungsverstoßes
(§ 136 Abs. 1 Satz 2 StPO) bei Beginn der nachfolgenden
Vernehmung als Beschuldigter auf die Nichtverwertbarkeit der
früheren Angaben hinzuweisen
(„qualifizierte“ Belehrung).
2. Unterbleibt die „qualifizierte“ Belehrung, sind
trotz rechtzeitigen Widerspruchs die nach der Belehrung als
Beschuldigter gemachten Angaben nach Maßgabe einer
Abwägung im Einzelfall verwertbar.
3. Neben dem in die Abwägung einzubeziehenden Gewicht des
Verfahrensverstoßes und des
Sachaufklärungsinteresses ist maßgeblich darauf
abzustellen, ob der Betreffende nach erfolgter Beschuldigtenbelehrung
davon
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ausgegangen ist, von seinen früheren Angaben nicht mehr
abrücken zu können [im Anschluss an BGH, Urteil vom
3. Juli 2007 - 1 StR 3/07 = StV 2007, 450, 452].
BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - 4 StR 455/08 - Landgericht Arnsberg
1.
2.
3.
4.
wegen zu 1. bis 3. versuchten schweren Raubes u.a.
zu 4. Beihilfe zum versuchten schweren Raub
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18.
Dezember 2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof Maatz, Prof. Dr. Kuckein,
Richterin am Bundesgerichtshof Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der
Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten Sch. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten T. ,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin für den Angeklagten C. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten A. ,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des
Landgerichts Arnsberg vom 4. März 2008 mit den Feststellungen
aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revisionen der Angeklagten T. und C. gegen das vorbezeichnete
Urteil werden verworfen.
Es wird davon abgesehen, diesen Angeklagten die Kosten ihrer
Rechtsmittel aufzuerlegen. Jedoch haben sie die durch ihre Rechtsmittel
dem Nebenkläger entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten Sch. , T. und C. jeweils des
(gemeinschaftlich begangenen) versuchten schweren Raubes, den
Angeklagten Sch. darüber hinaus der tateinheitlich begangenen
gefährlichen Körperverletzung, für schuldig
befunden. Den Angeklagten Sch. hat es zu einer Jugendstrafe von vier
Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten T. zu einer Jugendstrafe von
vier Jahren und den Angeklagten C. zu einer Jugendstrafe von drei
Jahren verurteilt. Gegen den Angeklagten A. hat das Landgericht wegen
Beihilfe zum (gemeinschaftlich begangenen) versuchten schweren Raub
eine Jugendstrafe von einem Jahr verhängt, deren Vollstreckung
es zur Bewäh-
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rung ausgesetzt hat. Ferner hat das Landgericht ein Messer und einen
Kabelschlagstock eingezogen. Gegen dieses Urteil wendet sich die
Staatsanwaltschaft mit ihren auf die Verletzung formellen und
materiellen Rechts gestützten Revisionen, mit denen sie
beanstandet, dass das Landgericht die Angeklagten nicht auch wegen
eines versuchten Tötungsdelikts bzw. der Beteiligung daran
für schuldig befunden hat. Die Angeklagten T. und C.
rügen mit ihren Revisionen ebenfalls die Verletzung formellen
und materiellen Rechts. Der Angeklagte C. greift insoweit insbesondere
die Beweiswürdigung und die Strafzumessung des angefochtenen
Urteils an. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg. Dagegen
erweisen sich die Revisionen der Angeklagten T. und C. als
offensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2
StPO.
I.
Das Landgericht hat festgestellt:
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Die Angeklagten Sch. , T. und C. fassten im Verlauf des 30. Mai 2007
den Entschluss, durch einen Überfall auf den Kiosk der
Eheleute S. zu Geld zu kommen, um sich anschließend Kokain zu
besorgen. Sie vereinbarten, dass ein Messer eingesetzt werden sollte,
um damit den Kioskinhaber S. bedrohen zu können. In diesem
Zusammenhang forderte der Angeklagte T. den Angeklagten Sch. auf, aus
seiner Wohnung ein Messer zu holen, das lang und spitz sein
müsse, weil das stark übergewichtige Opfer so dick
sei. Dementsprechend holte der Angeklagte Sch. aus seiner Wohnung ein
Steakmesser mit 12,5 cm langer, spitz zulaufender und einseitig gezahnt
geschliffener Klinge. Sodann rief absprachegemäß der
Angeklagte C. den mit ihm befreundeten Angeklagten A. an und bat ihn,
mit dem Pkw zu ihnen zu kommen, was A. auch tat. Gemeinsam fuhren sie
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dann am Kiosk der Eheleute S. vorbei, wobei A. erst zu diesem Zeitpunkt
in den Tatplan eingeweiht wurde. Ob dabei auch über das Messer
und dessen geplante Verwendung gesprochen wurde, vermochte das
Landgericht nicht festzustellen. Der Angeklagte A. stellte den Pkw in
der Nähe des vorgesehenen Tatortes ab und verblieb beim
Fahrzeug, während die drei anderen Angeklagten auf dem Weg zum
Kiosk die konkreten Einzelheiten der bis dahin nur grob geplanten Tat
besprachen. Der Angeklagte T. überredete den Angeklagten Sch.
, den Kioskbetreiber S. mit dem Messer "in Schach zu halten" und ihm
"auf die Ohren zu boxen", falls dieser anfange zu schreien. Der
Angeklagte Sch. traf als erster auf den Kioskbetreiber S. , als dieser
sich gerade vor seinem Kiosk befand. Kurz bevor der Angeklagte Sch. ihn
erreichte, richtete sich S. auf und drehte sich mit dem
Oberkörper in Richtung des Angeklagten. Dieser "stach -
enthemmt von dem fortdauernden Verlangen nach weiteren Drogen und
überrascht und überfordert davon, dass der
Geschädigte sich plötzlich in seine Richtung drehte -
ungezielt mit nicht erheblichem Kraftaufwand auf den
Geschädigten ein. Er fühlte sich dabei 'wie im
Film'". Der Stich drang knapp oberhalb der rechten
Gesäßhälfte maximal 3 cm in dessen
Rücken ein. "Aus Panik und Überforderung mit der
Situation" stach der Angeklagte Sch. mindestens drei weitere Male
ungezielt auf sein Opfer ein, das blutüberströmt zu
Boden sank. S. erlitt eine mindestens 15 cm tiefe Stichwunde im
Epigastrium mit Pene tration des Bauchfells sowie Eröffnung
der Bauchhöhle mit linksseitiger Verletzung der Leber, ferner
einen ca. 6 cm tiefen Stich in den rechten Brustkorb sowie einen ca. 3
cm tiefen Stich in den linken Unterbauch; er verlor noch am Tatort 1,5
bis 2 Liter Blut. "Bei sämtlichen Stichen hatte der Angeklagte
Sch. nicht den Tod des Geschädigten gewollt und nicht
billigend in Kauf genommen und auch diese Möglichkeiten nicht
in sein Bewusstsein aufgenommen". Während dessen begab sich
der Angeklagte T. durch die seitliche Eingangstür
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in den Kiosk, gefolgt von dem Angeklagten C. . Dabei trafen die
Angeklagten auf die Ehefrau des Geschädigten, die auf die
Hilferufe ihres Mannes aus ihrem Wohnhaus in den angrenzenden Kiosk
geeilt war. Auf ihren Zuruf: "Was wollt ihr hier? Macht, dass ihr
rauskommt!" flüchteten beide Angeklagte aus dem Kiosk und
rannten mit dem Angeklagten Sch. weg. Der Angeklagte A. hatte das
Geschehen aus der Nähe beobachtet. Ihm war bewusst, dass die
Ausführung des Raubes gescheitert war. Deshalb rannte er zu
seinem Pkw und fuhr davon; er erhielt aber kurz darauf einen Anruf des
Angeklagten C. , holte ihn ab und fuhr ihn nach Hause. Der
blutüberströmt vor dem Kiosk liegende
Geschädigte wurde von der Fahrerin eines vorbeifahrenden
Linienbusses bemerkt, die den Notarzt und die Polizei
verständigte. Die Stichverletzungen waren nicht unmittelbar
lebensbedrohlich.
II.
Revision der Staatsanwaltschaft
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Die Beschwerdeführerin hat schon mit ihren
Verfahrensbeschwerden Erfolg. Mit diesen beanstandet sie, dass das
Landgericht entgegen den Anträgen der Staatsanwaltschaft die
Kriminalbeamten Schu. und B. sowie den Richter am Amtsgericht J. nicht
als Zeugen zu den Angaben der Angeklagten C. und A. bei ihren
Vernehmungen am 21. Juni 2007 vernommen und diese Angaben auch nicht
verwertet hat. Daraus hätte sich ergeben, dass unter den
Angeklagten Sch. , T. und C. von vornherein abgesprochen worden war,
das mitgeführte Tatmesser gegen den Geschädigten S.
einzusetzen, und der Angeklagte A. hiervon auch wusste.
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Das Landgericht hat insoweit ein Beweiserhebungsverbot angenommen, weil
die Polizeibeamten die Angeklagten C. und A. trotz gegen sie bereits
bestehenden Tatverdachts als Zeugen vernommen und deshalb nicht
ordnungsgemäß nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO
belehrt hätten. Auch habe der Kriminalbeamte Schu. den
Angeklagten C. im späteren Verlauf der Vernehmung ebenso wie
der Ermittlungsrichter die beiden Angeklagten zwar als Beschuldigte
belehrt; die Vernehmungspersonen hätten dabei aber den Hinweis
auf die Unverwertbarkeit der bei den Vernehmungen als Zeugen gemachten
Angaben unterlassen ("qualifizierte" Belehrung; vgl.
Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 136 Rdn. 9 m.N.).
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Die deshalb unterbliebene Beweiserhebung zu den Angaben der Angeklagten
C. und A. im Ermittlungsverfahren rügt die
Beschwerdeführerin im Ergebnis zu Recht.
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1. Allerdings ist die Strafkammer zutreffend davon ausgegangen, dass
der Angeklagte C. bereits auf Grund der Auswertung des von ihm noch in
der Tatnacht mit dem Mitangeklagten T. geführten SMS-Verkehrs
der Tatbeteiligung verdächtig war und er deshalb bereits zu
Beginn seiner polizeilichen Vernehmung als Beschuldigter hätte
belehrt werden müssen, auch wenn gegen ihn noch kein
Ermittlungsverfahren eingeleitet war und er nicht die Stellung eines
formell Beschuldigten hatte.
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a) Zwar begründet nicht jeder Tatverdacht bereits die
Beschuldigteneigenschaft mit der Folge einer entsprechenden
Belehrungspflicht; vielmehr kommt es auf die Stärke des
Tatverdachts an. Es obliegt der Strafverfolgungsbehörde, nach
pflichtgemäßer Beurteilung darüber zu
befinden, ob ein Tatverdacht sich bereits so verdichtet hat, dass die
vernommene Person ernstlich als
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Täter oder Beteiligter der untersuchten Straftat in Betracht
kommt (st. Rspr.; BGHSt 37, 48, 51 f.; 51, 367, 371; Senatsurteil vom
25. Februar 2004 - 4 StR 475/03). Falls der Tatverdacht aber so stark
ist, dass die Strafverfolgungsbehörde anderenfalls
willkürlich die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums
überschreiten würde, ist es verfahrensfehlerhaft,
wenn der Betreffende dennoch als Zeuge und nicht als Beschuldigter
vernommen wird (vgl. BGHSt aaO).
So verhält es sich hier hinsichtlich des Angeklagten C. . Denn
aus der Auswertung der SMS-Nachrichten und der Erklärung des
C. anlässlich der Durchsuchung am frühen Morgen noch
vor Beginn seiner Zeugenvernehmung, er habe die fraglichen
SMS-Nachrichten an den Mitangeklagten T. versandt, ergab sich bereits
zweifelsfrei, dass außer T. auch der Angeklagte C. am Tatort
gewesen war und sie dort gemeinsam hatten Beute machen wollen. Zu Recht
hat deshalb das Landgericht - nach Widerspruch - ein Beweiserhebungs-
und Verwertungsverbot jedenfalls hinsichtlich der Angaben des
Angeklagten C. angenommen, die dieser bei seiner Vernehmung durch den
Kriminalbeamten Schu. vor der Beschuldigtenbelehrung als Zeuge gemacht
hat (st. Rspr.; BGHSt 38, 214, 224 f.; 47, 172, 173 a.E.). Denn der
Verstoß gegen die Belehrungspflicht wurde nicht dadurch
geheilt, dass der Angeklagte C. anschließend nach §
136 Abs. 1 Satz 2 StPO belehrt wurde und danach erneut aussagte (BGHSt
51, 367, 376 m. Anm. Roxin JR 2008, 16 ff.).
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b) Daraus folgt jedoch noch nicht ohne Weiteres, dass auch die Angaben,
die der Angeklagte C. im Ermittlungsverfahren nach erfolgter
Beschuldigtenbelehrung gemacht hat, einem Beweiserhebungs- und
Verwertungsverbot unterlagen.
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aa) Allerdings hätte der Angeklagte C. - was nicht erfolgt ist
- bei Beginn der Beschuldigtenvernehmung zusammen mit der Belehrung
nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO darauf hingewiesen werden
müssen, dass wegen der bisher unterbliebenen Belehrung als
Beschuldigter die vorangehende Zeugenaussage unverwertbar sei (vgl.
BGH, Urteil vom 3. Juli 2007 - 1 StR 3/07, StV 2007, 450, 452, insoweit
in BGHSt 51, 367 nicht abgedruckt; ferner BGH, Urteil vom 19. September
2000 - 1 StR 205/00 [der 1. Strafsenat ersichtlich unter Abweichung von
seiner Entscheidung BGHSt 22, 129]; Diemer in KK-StPO 6. Aufl.
§ 136 Rdn. 27 m.w.N.; Gleß in
Löwe-Rosenberg StPO 26. Aufl. § 136 Rdn. 106; Lesch
in KMR StPO § 136, Rdn. 28; Roxin aaO S. 17; wohl auch
Meyer-Goßner aaO § 136 Rdn. 9 m.w.N.).
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Das Recht zu schweigen und das Recht, sich nicht selbst belasten zu
müssen („nemo tenetur“-Grundsatz),
gehören zum „Kernstück des von Art. 6 Abs.
1 EMRK garantierten fairen Verfahrens“ (EGMR NJW 2002, 499,
501; JR 2005, 423 m. Anm. Gaede; dazu weiter BGHSt - GS - 42, 139, 151
ff.). Gerade deshalb muss die rechtsstaatliche Ordnung Vorkehrungen in
Form einer „qualifizierten“ Belehrung treffen, die
verhindert, dass ein Beschuldigter auf sein Aussageverweigerungsrecht
nur deshalb verzichtet, weil er möglicherweise glaubt, eine
frühere, unter Verstoß gegen die Belehrungspflicht
zustande gekommene Selbstbelastung nicht mehr aus der Welt schaffen zu
können (Roxin aaO). Zwar ergibt sich ein gewisser Widerspruch
insofern, als die Rechtsprechung bislang bei den - schwerer wiegenden -
Verstößen nach § 136 a StPO eine solche
„qualifizierte“ Belehrung nicht verlangt (vgl.
Meyer-Goßner aaO § 136 a Rdn. 30 m.N.); ob daran
festzuhalten ist, hat der Senat hier jedoch nicht zu entscheiden.
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bb) Der Verstoß gegen die Pflicht zur "qualifizierten"
Belehrung hat allerdings nicht dasselbe Gewicht wie der
Verstoß gegen die Belehrung nach § 136 Abs. 1 Satz 2
StPO. Deshalb ist in einem solchen Fall die Verwertbarkeit der weiteren
Aussagen nach erfolgter Beschuldigtenbelehrung nach neuerer
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs durch Abwägung im
Einzelfall zu ermitteln (BGH, Urteil vom 3. Juli 2007 - 1 StR 3/07, StV
2007, 450, 452; krit. dazu Roxin aaO S. 17; Meyer-Goßner aaO
§ 136 Rdn. 9 a.E.).
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Bei einer solchen Abwägung ist zum einen auf das Gewicht des
Verfahrensverstoßes abzustellen und dabei insbesondere zu
berücksichtigen, ob die Vernehmung als Zeuge - wofür
hier nichts spricht - in bewusster Umgehung der Belehrungspflichten
erfolgt ist; weiter muss das Interesse an der Sachaufklärung
Beachtung finden (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 2007 aaO; BGHSt 42, 139,
157 [Hörfalle]; 47, 172, 179 f.; BGH NJW 2007, 3138, 3142).
Darüber hinaus ist maßgeblich darauf abzustellen, ob
sich aus den Umständen des Falles ergibt, dass der Vernommene
davon ausgegangen ist, von seinen vor der Beschuldigtenbelehrung
gemachten Angaben als Zeuge bei seiner weiteren Vernehmung als
Beschuldigter nicht mehr abrücken zu können. Dies
wird insbesondere dann anzunehmen sein, wenn sich die
Beschuldigtenvernehmung inhaltlich als bloße Wiederholung
oder Fortsetzung der in der Zeugenvernehmung gemachten Angaben
darstellt. So verhält es sich hier jedoch nicht. Denn der
Angeklagte C. hat nach seiner Belehrung als Beschuldigter gerade nicht
seine früheren Angaben lediglich im Wesentlichen wiederholt.
Er hat auch nicht nur weiterhin - nunmehr allerdings detailliert - die
Mitangeklagten Sch. und T. belastet. Vielmehr hat er erstmals auch sich
selbst massiv belastende Angaben gemacht, denen zufolge Sch. das Opfer
"auf jeden Fall abstechen" sollte und ihm, C. , "absolut klar (war),
dass der Mann dabei sterben kann". Angesichts dessen liegt die Annahme
eher fern, dass sich der Angeklagte C.
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seiner Entscheidungsfreiheit nach ordnungsgemäßer
Beschuldigtenbelehrung nicht bewusst war und dass deshalb der
ursprüngliche Belehrungsverstoß fortwirkte.
Jedenfalls spricht danach die - vom Landgericht unterlassene -
Abwägung hier gegen das von der Jugendkammer angenommene
Beweiserhebungs- und -verwertungsverbot hinsichtlich der nach erfolgter
Beschuldigtenbelehrung gemachten Angaben des Angeklagten C. ; das
Gericht hätte deshalb den entsprechenden Anträgen der
Staatsanwaltschaft auf Vernehmung des Kriminalbeamten Schu. und des
Ermittlungsrichters stattgeben müssen.
2. Soweit die Beschwerdeführerin die unterbliebene
Beweiserhebung und -verwertung hinsichtlich der Angaben des Angeklagten
A. beanstandet, die dieser bei seinen Vernehmungen als Zeuge durch den
Kriminalbeamten B. am 21. Juni 2006 und nachfolgend als Beschuldigter
bei seiner richterlichen Vernehmung am selben Tage gemacht hat, dringt
die Rüge schon deshalb durch, weil der vom Landgericht auch
insoweit angenommene Belehrungsverstoß nicht vorliegt. Anders
als bei dem Angeklagten C. bestand gegen ihn bei seiner
zeugenschaftlichen Vernehmung noch kein solcher Verdacht der
Beteiligung an dem Überfall auf den Kiosk, dass nach den
aufgezeigten Maßstäben der vernehmende Beamte die
Grenzen seines Beurteilungsspielraums willkürlich
überschritt, indem er den Angeklagten A. nicht von vornherein
als Beschuldigten vernahm (vgl. BGH NStZ 2008, 48). Denn
bezüglich A. stand selbst nach Auswertung der zwischen den
Angeklagten C. und T. ausgewerteten SMS-Nachrichten vom Tattag nur
fest, dass er Anschlussinhaber des von dem Angeklagten C. benutzten
Mobil-Telefons war. Das allein genügte jedoch nicht, um einen
hinreichenden Tatverdacht der Beteiligung an dem Überfall
gegen ihn zu begründen. Wie der Generalbundesanwalt zutreffend
dargelegt hat, musste der Vernehmungsbeamte auch nicht unter dem
Gesichtspunkt einer Strafbarkeit nach § 138 StGB zu einer
Beschuldigtenvernehmung
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übergehen, nachdem der Angeklagte seine Anwesenheit am Tatort
eingeräumt hatte. Denn A. hatte weiter angegeben, er habe mit
der Sache nichts zu tun haben wollen und habe noch versucht, den
Anderen die Tat auszureden. Insoweit war die erfolgte Belehrung nach
§ 55 StPO durch den Vernehmungsbeamten ausreichend, um den
Angeklagten vor einer übereilten, sich selbst belastenden
Aussage zu schützen (vgl. BGH aaO). Hinderungsgründe,
die der Beweisaufnahme und der Verwertung seiner Angaben im
Ermittlungsverfahren entgegengestanden hätten, lagen danach
nicht vor.
3. Auf der unterbliebenen Beweiserhebung zu den Angaben des Angeklagten
C. nach seiner Belehrung als Beschuldigter und denjenigen des
Angeklagten A. im Ermittlungsverfahren beruht das angefochtene Urteil
(§ 337 StPO). Denn es liegt nahe, dass der Tatrichter,
hätte er die Vernehmungspersonen gehört und die
betreffenden Angaben der Angeklagten verwertet, sich entgegen der
Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil die
Überzeugung verschafft hätte, dass es dem Plan der
Angeklagten entsprach, dass der Angeklagte Sch. auf den
Geschädigten S. auch um den Preis seines Todes einstechen
sollte.
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4. Dringen die Verfahrensbeschwerden der Staatsanwaltschaft somit schon
deshalb durch, weil das Landgericht zu Unrecht Angaben der Angeklagten
C. und A. im Ermittlungsverfahren für unverwertbar erachtet
hat, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob der Auffassung zu
folgen ist, dass ein Verwertungsverbot wegen eines Verstoßes
gegen die Belehrungspflicht jeweils nur zu Gunsten desjenigen
Angeklagten wirkt, demgegenüber der Verstoß begangen
wurde, nicht aber auch zu Gunsten von Mitbeschuldigten und
Mitangeklagten (so aber BGH NStZ 1994, 595, 596; ebenso BGH wistra
2000, 311, 313;
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NJW 2002, 1279; zustimmend Diemer aaO § 136 Rdn. 26;
Meyer-Goßner aaO § 136 Rdn. 20; a.A. Gleß
in Löwe-Rosenberg aaO Rdn. 90 m.w.N.).
III.
Revisionen der Angeklagten T. und C.
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Die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund
der Revisionsrechtfertigungen der beiden Beschwerdeführer hat
keinen Rechtsfehler zum Nachteil dieser Angeklagten ergeben. Insoweit
verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die
zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seinen
Antragsschriften vom 14. Oktober 2008 nach § 349 Abs. 2 StPO.
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Tepperwien Maatz Kuckein
Solin-Stojanović Mutzbauer |