BGH,
Urt. v. 19.7.2006 - 2 StR 162/06
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 162/06
vom
19.7.2006
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
19.07.2006, an der teilgenommen haben:
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Otten
als Vorsitzende
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Prof. Dr. Fischer,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten C. ,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin für den Angeklagten K. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des
Landgerichts Koblenz vom 11.10.2005 wird, soweit sie den Angeklagten C.
betrifft, verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem
Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete
Urteil, soweit es den Angeklagten K. betrifft, mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit er verurteilt
worden ist. Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten C. wegen
bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und
sechs Monaten verurteilt; den Angeklagten K. hat es wegen Beihilfe zum
unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge und wegen Beihilfe zum bandenmäßigen
unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
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geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Von einem weiteren Tatvorwurf sind beide Angeklagte freigesprochen
worden. Die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen der
Staatsanwaltschaft betreffen die Verurteilungen und sind auf die
Verletzung sachlichen Rechts gestützt; hinsichtlich des
Angeklagten C. ist das Rechtsmittel auf den Strafausspruch
beschränkt.
Nach den Feststellungen des Landgerichts kamen die gesondert verfolgten
D. und U. mit einem A. Anfang des Jahres 2004 überein, in
Zukunft Kokain aus Ecuador nach Deutschland einzuführen und
hier damit Handel zu treiben. Das Kokain kam per Schiff in
verschiedenen europäischen Städten an. Die beiden
Angeklagten C. und K. waren an zwei Taten beteiligt.
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1. Fall II 3 der Urteilsgründe: Im April 2004 fragte U. den
Angeklagten C. , ob er bereit sei, gegen Entgelt Kokain aus St.
Petersburg nach Deutschland zu bringen. Der Angeklagte C. weihte den
Angeklagten K. ein, der einwilligte, das Rauschgift gemeinsam zu
transportieren. Beide fuhren im Pkw nach St. Petersburg, wo ihnen D.
drei Kilogramm Kokain zumindest durchschnittlicher Qualität
aushändigte. Die beiden Angeklagten brachten das Rauschgift im
Pkw nach Warschau, wo der Mitangeklagte S. gemeinsam mit dem gesondert
verfolgten B. zweieinhalb Kilogramm übernahm und nach
Deutschland brachte. Hinsichtlich der restlichen 500 Gramm versuchte
der Angeklagte C. , es in Polen zu verkaufen; zumindest einen Teil
hiervon brachte er nach einigen Wochen zu U. nach Deutschland. Mit
dieser Transportfahrt war der Angeklagte C. als Mitglied in die
Gruppierung von U. , D. und A. aufgenommen.
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2. Fall II 6 der Urteilsgründe: Im September 2004 wurden 12
Kilogramm Kokain nach Istanbul geliefert. Zur Bezahlung der Kuriere aus
Ecuador benötigte man 48.000 US-Dollar. Der Angeklagte C.
besorgte über den Angeklagten K. 37.000 US-Dollar und warb ihn
auch für den Transport an. Der Angeklagte K. brachte das
Kokain in einem Wohnmobil von Istanbul nach Deutschland, der Angeklagte
C. begleitete das Wohnmobil in seinem Pkw. Das Kokain wurde in
Deutschland sichergestellt; es wies Kokainhydrochloridanteile zwischen
77,5 % und 95,4 % auf, insgesamt 9.353 g Kokainhydrochlorid.
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I.
Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel hinsichtlich
des Angeklagten C. hat keinen Erfolg. Es kann dahingestellt bleiben, ob
die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts die von der
Beschwerdeführerin geltend gemachten Rechtsfehler enthalten,
denn die Einzelstrafen und die Gesamtfreiheitsstrafe sind angemessen im
Sinne von § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO. Diese Vorschrift ist
auch auf eine zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der
Staatsanwaltschaft anwendbar (BGH NJW 2006, 1822, 1824; Urteil vom
16.05.2006 - 1 StR 46/06).
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II.
Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hinsichtlich des
Angeklagten K. führt in beiden Fällen zur Aufhebung
des Schuldspruchs.
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1. Die Urteilsgründe lassen im Fall II 3 besorgen, der
Tatrichter könnte übersehen haben, dass die Beihilfe
zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge den täterschaftlichen unerlaubten Besitz von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, welcher den vollen
Strafrahmen des § 29 a Abs. 1 BtMG eröffnet, nicht
verdrängt (st. Rspr., u. a. BGHR
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BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 47 und § 29 a
Abs. 1 Nr. 2 Besitz 1; BGH, Urteile vom 6. November 2003 - 4 StR
270/03, vom 11. Dezember 2003 - 3 StR 375/03 - und vom 27.07.2005 - 2
StR 192/05). Nach den Urteilsfeststellungen liegt nahe, dass der
Angeklagte K. , der das Kokain in der Rücksitzbank des Pkws
versteckt hatte, während des Transports nach Polen daran
Besitz hatte. Der Tatrichter hätte diesen Umstand daher
ausdrücklich erörtern müssen.
2. Im Fall II 6 der Urteilsgründe hat das Landgericht bei
seiner Wertung, der Angeklagte habe die Bande um U. und D. beim
Handeltreiben als Gehilfe unterstützt, lediglich den
Kokaintransport als Tatbeitrag des Angeklagten zu Grunde gelegt (UA S.
46). Hingegen hat es den Umstand, dass der Angeklagte K. dem
Angeklagten C. 37.000 US-Dollar zur Verfügung gestellt hat,
nicht ausdrücklich erörtert, obwohl sich nach dem
Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe aufdrängt, dass
der Angeklagte K. wusste, dass dieses Geld für die
Durchführung des Geschäfts benötigt wurde.
Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei
vollständiger Würdigung der maßgeblichen
Umstände zu einer anderen Beurteilung und damit zur Annahme
von Mittäterschaft gelangt wäre. Unter diesem Aspekt
wird der neue Tatrichter auch die Bandenmitgliedschaft des Angeklagten
K. nochmals zu prüfen haben.
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3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat vorsorglich
darauf hin, dass Tatbeteiligte, die nicht selbst Bandenmitglieder sind,
nur wegen Beteiligung am Grunddelikt bestraft werden können,
da die Bandenmitgliedschaft ein besonderes persönliches
Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB ist (vgl. BGHSt 46, 120,
128; 47, 214, 216; Senatsbeschluss vom 8. März 2006 - 2 StR
609/05). Der täterschaftliche Bandenhandel verbindet alle im
Rahmen ein und desselben Güterumsatzes aufeinander folgenden
Teilakte vom Erwerb bis zur
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Veräußerung, also auch den Teilakt der unerlaubten
Einfuhr, zu einer einzigen Tat im Sinne einer Bewertungseinheit.
Dagegen kommt der täterschaftlichen
bandenmäßigen unerlaubten Einfuhr neben Beihilfe zum
Bandenhandel ein eigener Unrechtsgehalt zu, so dass Tateinheit
möglich ist (vgl. BGH Beschluss vom 11. März 2003 - 1
StR 50/03). Neben der unerlaubten Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge kann tateinheitlich
unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge (als Täter oder Gehilfe) vorliegen. Der
unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge tritt hingegen gegenüber der unerlaubten Einfuhr dieser
Betäubungsmittel zurück (vgl. BGH Urteil vom 6.
November 2003 - 4 StR 270/03).
Otten Rothfuß Fischer
Roggenbuck Appl |