BGH,
Urt. v. 19.10.2005 - 2 StR 98/05
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 98/05
vom
19.10.2005
in der Strafsache
gegen
wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen u.a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19.
Oktober
2005, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Bode
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Prof. Dr. Fischer,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Trier vom 27. Oktober 2004 wird verworfen.
Die Angeklagte hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen "Verletzung der
Fürsorgepflicht
in Tateinheit mit Misshandlung von Schutzbefohlenen in fünf
Fällen" zu
einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt.
Hiergegen richtet sich die Revision der Angeklagten, mit der sie ein
Verfahrenshindernis
geltend macht sowie die Verletzung formellen und materiellen
Rechtes rügt.
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Ein Verfahrenshindernis liegt nicht vor.
Soweit die Revision "allergrößte Zweifel" an der
Verhandlungsfähigkeit
der Angeklagten hegt, fehlt es hierfür an einem hinreichenden
Tatsachenvortrag.
Wenn das Landgericht in der Hauptverhandlung ersichtlich keinen Zweifel
an der Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten hatte und solche
von der Verteidigung
auch nicht geltend gemacht worden sind, so kann diese
grundsätzlich
auch vom Revisionsgericht ohne Bedenken bejaht werden (vgl. u.a. BGH,
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Beschl. vom 20. April 2004 - 1 StR 14/04; BGH, Beschl. vom 10. Mai 2001
- 1 StR 120/01; BGH, Beschl. vom 27. April 2001 - 3 StR 502/99; BGH NStZ
1984, 181 jeweils m.w.N.).
II. Die Verfahrensrügen sind, soweit sie nicht schon
unzulässig sind, weil
sie nicht in einer § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechenden
Form oder verspätet
(§ 345 Abs. 1 Satz 1 StPO) erhoben wurden,
unbegründet im Sinne von
§ 349 Abs. 2 StPO. Insbesondere drängte sich die
Einholung eines weiteren
Sachverständigengutachtens zur Beurteilung der
Schuldfähigkeit der Angeklagten
zur Tatzeit nicht auf.
III. Die Sachrüge bleibt ebenfalls erfolglos.
1. Die Beurteilung der Konkurrenzen durch den Tatrichter, der
möglicherweise
der fehlerhaften Auffassung ist, die Verletzung der
Fürsorgepflicht
verbinde die mehrfachen Misshandlungen von Schutzbefohlenen zu einer
Tat,
ist rechtlich bedenklich, zumal das Landgericht in drei
"Fällen" die Qualifikation
des § 225 Abs. 3 Nr. 2 StGB für gegeben erachtet.
Bedenken bestehen insbesondere
auch deshalb, weil teilweise zwischen den Einzelhandlungen deutliche
zeitliche Zäsuren (z.B. fünfwöchiger
Krankenhausaufenthalt des Kindes) bestanden
und weil es teilweise ganz erhebliche Körperverletzungen
waren, die
auch unter Berücksichtigung, dass das Tatbestandsmerkmal
"Quälen" typischerweise
mehrere Handlungen voraussetzt (vgl. BGHSt 41, 113 f.), nicht ohne
weiteres die Annahme nur einer Tat rechtfertigen. Die Frage kann hier
aber
offen bleiben, weil der Senat mit Sicherheit ausschließen
kann, dass die Angeklagte
durch diesen Schuldspruch beschwert ist. Eine Änderung des
Konkurrenzverhältnisses
lässt in aller Regel - so auch hier - den Unrechts- und
Schuldgehalt unberührt (vgl. hierzu auch BVerfG, Beschl. vom
1. März 2004 -
2 BvR 2251/03 m.w.N.).
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2. Die Verneinung der Voraussetzungen der §§ 20, 21
StGB durch den
Tatrichter weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.
Die Strafkammer ist - sachverständig durch den Facharzt
für Psychiatrie
Prof. Dr. G. beraten - zu dem Ergebnis gelangt, dass kein
Eingangsmerkmal
des § 20 StGB gegeben ist. Sie hat hierbei insbesondere
geprüft, ob das
"auffallend feindselige Verhalten" gegenüber dem Kleinkind,
das dann im Alter
von weniger als zwei Jahren gestorben ist, zu einer anderen Beurteilung
der
Schuldfähigkeit der Angeklagten führt. Im Einklang
mit dem Sachverständigen
hat die Strafkammer dies verneint und zur Begründung
hierfür angeführt: "Auch
nach ihren Ausführungen in der Hauptverhandlung und dem durch
die Zeugen
beschriebenen Verhalten ist sie durchaus in der Lage, die
entwicklungstypischen
Bedürfnisse und Wünsche eines Kindes zu erfassen;
dies ergibt sich im
Übrigen bereits aus der Behandlung des älteren Sohnes
T. und der beiden
jüngeren Kinder, die auch jetzt noch in der Familie der
Angeklagten leben"
(UA S. 28). Dass die Angeklagte die Umstände erkannte und ihr
Verhalten
steuern konnte, folgt auch daraus, dass sie ständig von
anderen Personen auf
die Missstände hingewiesen wurde, ihre Misshandlungen
vertuschte und Tätigkeiten
anderer, die dem Kind helfen wollten, mit Nachdruck verhinderte. Deshalb
reichen die Erwägungen des Tatrichters hier zur
Überprüfung des Urteils
auf Rechtsfehler aus. Weitere Darlegungen drängten sich nicht
auf.
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3. Auch im Übrigen weist das Urteil im Strafausspruch keinen
Rechtsfehler
zum Nachteil der Angeklagten auf. Durch die in Anbetracht der
vorgenommenen
erheblichen Misshandlungen des Kleinkindes milde Strafe ist die
Angeklagte
jedenfalls nicht beschwert.
Bode Rothfuß Fischer
Roggenbuck Appl |