BGH,
Urt. v. 2.4.2008 - 5 StR 29/08
5 StR 29/08
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom
2.4.2008
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
- 2 -
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2.
April 2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Prof. Dr. Jäger
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
- 3 -
für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hof vom
12. Oktober 2007 wird mit der Maßgabe verworfen, dass die
Verfallsanordnung entfällt.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.
- Von Rechts wegen -
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 16
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und
sechs Monaten verurteilt. Daneben hat es den Verfall von Wertersatz in
Höhe von 1.600 Euro angeordnet. Die auf die Sachrüge
gestützte Revision des Angeklagten gegen das Urteil
führt lediglich zum Wegfall der Verfallsanordnung.
I.
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
2
Der Angeklagte, der in der Tschechischen Republik ein Fuhrunternehmen
betrieb, erklärte sich im Herbst 2006 bereit, für
eine Gruppe vietnamesischer Staatsangehöriger in Tschechien
hergestellte Markenzigaretten von dort in das deutsche Steuergebiet
einzuführen, ohne die hierfür erforderlichen
Steuererklärungen abzugeben und deutsche Tabaksteuer zu
entrichten. Für seine Mitwirkung sollte er pro Transport 6.000
bis 7.000 CZK als
3
- 4 -
Entlohnung erhalten. Die einzelnen Transporte führte der
Angeklagte nicht eigenhändig, sondern durch den
hierfür bereits rechtskräftig verurteilten H. durch.
H. steuerte jeweils ein von dem Angeklagten geleastes und mit
Zigaretten und Tarnware beladenes Transportfahrzeug nach den Weisungen
des Angeklagten über den deutschtschechischen
Grenzübergang Sebnitz zu Lieferadressen in Ostdeutschland. Zur
Vorbereitung der Transporte nahm der Angeklagte die Zigaretten jeweils
von der vietnamesischen Gruppe entgegen, lagerte sie in seiner Garage
vorübergehend ein und lud sie anschließend zusammen
mit von ihm selbst beschaffter Tarnware in das Transportfahrzeug.
Während der nach näherer Anweisung des Angeklagten
durchgeführten Transporte hielt der Angeklagte sowohl zu H. ,
dem er erforderlichenfalls Änderungen der Lieferadressen
mitteilte, als auch zu den vietnamesischen Hintermännern
telefonischen Kontakt. Insgesamt führte der Angeklagte im
Zeitraum vom 6. Oktober 2006 bis 1. November 2006 16 derartige
Transporte durch, die jeweils 80.000 bis 180.000 Zigaretten enthielten,
welche nicht mit deutschen Steuerzeichen versehen waren. In keinem der
Fälle gaben H. oder der Angeklagte für die nach
Deutschland verbrachten Zigaretten Steuererklärungen ab.
Hierdurch wurde Tabaksteuer von insgesamt mehr als 296.000 Euro
hinterzogen. Der Angeklagte erhielt für die
durchgeführten Transporte von den vietnamesischen
Hintermännern eine Entlohnung von umgerechnet 1.600 Euro.
Sieben der Fahrten wurden von der deutschen Zollfahndung observiert,
nachdem sie von tschechischen Behörden einen Hinweis auf
mögliche „Schmuggelfahrten“ erhalten
hatten; bei der letzten Fahrt am 1. November 2006 wurden die Zigaretten
bei einem Zugriff auf deutschem Steuergebiet sichergestellt.
II.
1. Die Nachprüfung des Urteils hat hinsichtlich des
Schuldspruchs und der Strafzumessung keinen Rechtsfehler zum Nachteil
des Angeklagten ergeben. Der Erörterung bedarf lediglich
Folgendes:
4
- 5 -
Die Strafzumessung hält rechtlicher Nachprüfung
stand. Sie ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Eine ins
Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist im Revisionsverfahren
ausgeschlossen (BGHSt 34, 345, 349; 29, 319, 320; BGH, Urteil vom 12.
Januar 2005 - 5 StR 301/04; Urteil vom 9. Januar 2008 - 5 StR 508/07).
Danach ist der Strafausspruch revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.
5
Die - durchaus empfindlichen - Einzelstrafen erweisen sich nicht als
unvertretbar hoch. Dies gilt auch für die freilich
überaus hoch bemessene Gesamtstrafe. Das Landgericht durfte
neben der Höhe der Hinterziehungsbeträge insbesondere
dem Umstand, dass der Angeklagte mit einer professionell agierenden
Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Steuerstraftaten
verbunden hatte, zusammenarbeitete, strafschärfende Bedeutung
beimessen. Die Tatsache, dass die von dem Angeklagten letztlich
erzielten Einnahmen mit umgerechnet 1.600 Euro im Verhältnis
zum Steuerschaden sehr gering waren, hat das Landgericht
ausdrücklich strafmildernd berücksichtigt. Dass die
Zigaretten im Fall 16 der Urteilsgründe sichergestellt wurden,
hat das Landgericht ebenfalls zugunsten des Angeklagten gewertet. Der
Umstand, dass die Beamten der Zollfahndung bei der hier vorliegenden
arbeitsteiligen Begehung im „organisierten
grenzüberschreitenden Zigarettenschmuggel“ nicht
bereits auf den allgemeinen Hinweis tschechischer Behörden auf
mögliche Schmuggelfahrten das Fahrzeug des Angeklagten einer
Kontrolle unterzogen, sondern zunächst
Observationsmaßnahmen ergriffen, bedurfte keiner
ausdrücklichen Erörterung im Rahmen der
Strafzumessung (vgl. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO). Es handelt
sich hierbei um eine zulässige kriminalistische Vorgehensweise
der Ermittlungsbehörden, die den Angeklagten auch im Rahmen
der Strafzumessung nicht entlasten kann (vgl. BGH NStZ 2007, 635). Der
Zugriff erfolgte innerhalb von drei Wochen nach Beginn der Observation.
6
2. Die Verfallsanordnung hat jedenfalls wegen Missachtung des
§ 73c Abs. 1 Satz 1 StGB keinen Bestand. Bei
gebührender Beachtung dieser Vor-
7
- 6 -
schrift war unter Berücksichtigung der beengten
wirtschaftlichen Verhältnisse des inhaftierten, für
die verkürzten hohen Tabaksteuerbeträge haftenden
Angeklagten die Anordnung des Verfalls nicht mehr vertretbar.
Basdorf Gerhardt Raum
Brause Jäger |