BGH,
Urt. v. 2.8.2000 - 2 StR 172/00
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 172/00
vom
2. August 2000
in der Strafsache gegen
wegen schweren Raubes u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2.
August 2000, an der teilgenommen haben: Vizepräsident des
Bundesgerichtshofes Dr. Jähnke als Vorsitzender, die Richter
am Bundesgerichtshof Niemöller, Detter, die Richterin am
Bundesgerichtshof Dr. Otten, der Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr.
Fischer als beisitzende Richter, Bundesanwalt als Vertreter der
Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizangestellte als
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kassel
vom 21. Dezember 1999 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes und
Diebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie seine Unterbringung in
einer Entziehungsanstalt angeordnet. Dagegen richtet sich seine
Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechtes
rügt. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
Die Verfahrensrüge ist nicht hinreichend ausgeführt
und deshalb unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
Die Sachrüge deckt keinen den Angeklagten beschwerenden
Rechtsfehler auf.
1. Der Schuldspruch, den der Beschwerdeführer nur mit der
allgemeinen Sachrüge angreift, wird von den Feststellungen
getragen.
2. Auch der Strafausspruch begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Bei
der Bemessung der Strafen durfte hier - entgegen der von der Revision
vertretenen Ansicht - die Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt als neben der Strafe angeordnete und von ihr
unabhängige Maßregel außer Betracht
bleiben.
Der Gesamtstrafenausspruch hält ebenfalls der rechtlichen
Nachprüfung stand. Das Landgericht hat aus der für
den schweren Raub verhängten Freiheitsstrafe (zwei Jahre und
drei Monate) und den Geldstrafen für die beiden
Diebstähle (jeweils 150 Tagessätze zu 20 DM) eine
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten gebildet. In
den Urteilsgründen heißt es hierzu:
"Aus den Einzelstrafen hatte die Kammer gemäß
§§ 53, 54 StGB eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden.
Dies hatte gemäß § 54 Absatz 1 Satz 2 StGB
durch Erhöhung der höchsten Einzelstrafe
(Einsatzstrafe) zu geschehen."
Der Generalbundesanwalt schließt aus dieser
Begründung, das Landgericht sei sich nicht bewußt
gewesen, daß es neben der Freiheitsstrafe gesondert auf
Geldstrafen erkennen (und diese zu einer Gesamtgeldstrafe
zusammenfassen) könne (§ 53 Abs. 2 Satz 2 StGB).
Diesen Schluß zieht der Senat jedoch nicht. Das in der
zitierten Passage zweimal gebrauchte "hatte" muß nicht
Ausdruck der (irrigen) Meinung sein, es gebe keine
Entscheidungsalternative - vielmehr läßt es sich
auch dahin verstehen, daß die Strafkammer in
Ausübung ihres Ermessens gemeint hat, so entscheiden zu
sollen. Diesem Verständnis gebührt der Vorzug, zumal
davon auszugehen ist, daß der Strafkammer die Vorschrift des
§ 53 Abs. 2 Satz 2 StGB nicht unbekannt war. Allerdings hat
sie auch keine Begründung dafür gegeben, warum sie
von der Möglichkeit der gesonderten Verhängung von
Geldstrafen keinen Gebrauch gemacht hat. Eine solche
Begründung war hier aber auch nicht erforderlich. Notwendig
ist sie dann, wenn nach den besonderen Umständen des Falles
eine Gesamtstrafe als das schwerere Übel erscheint (BGHR StGB
§ 53 Abs. 2 Einbeziehung, nachteilige 1 m.w.N.). Dies hat der
Bundesgerichtshof in solchen Fällen bejaht, in denen erst die
Einbeziehung von Geldstrafen zur Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe
geführt hatte, deren Höhe entweder keine
Strafaussetzung zur Bewährung mehr zuließ (BGHR StGB
§ 53 Abs. 2 Einbeziehung, nachteilige 2, 4; Nichteinbeziehung
2) oder aber zwingende beamtenrechtliche Folgen (Beendigung des
Beamtenverhältnisses) auslöste (BGHR StGB §
53 Abs. 2 Einbeziehung, nachteilige 1, 3). Um einen solchen Fall
handelt es sich hier nicht. Auch ohne Gesamtstrafenbildung
wäre eine Strafaussetzung für die zwei Jahre
übersteigende Einzelfreiheitsstrafe ausgeschlossen gewesen.
Die Einbeziehung der beiden Geldstrafen in eine mit dieser
Freiheitsstrafe zu bildende Gesamtfreiheitsstrafe lag im
übrigen nahe, zumal alle drei Taten
Vermögensschädigungen zum Gegenstand hatten und
insofern gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet waren (vgl. zu diesem
Gesichtspunkt BGHR StGB § 53 Abs. 2 Einbeziehung, nachteilige
5). Unter diesen Umständen bedurfte die Entscheidung der
Strafkammer, die Geldstrafen nicht gesondert zu verhängen,
sondern zur Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe heranzuziehen, hier
keiner Begründung.
3. Die Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
(§ 64 StGB), wird von den hierzu getroffenen Feststellungen
getragen. Der Angeklagte ist hiernach seit 1996 drogenabhängig
und hat bis zu seiner Inhaftierung vergeblich versucht, sich von seiner
Drogensucht zu befreien. Das Landgericht hat sich dem hierzu
gehörten Sachverständigen darin angeschlossen,
daß ohne eine stationäre
Entwöhnungsbehandlung mit der Begehung weiterer erheblicher
Straftaten gerechnet werden müsse. Angesichts der
Feststellungen zu seiner Drogenkarriere und seiner Vorstrafe brauchte
es sich in diesem Zusammenhang nicht mit dem Umstand
auseinanderzusetzen, daß er sich in den rund acht Monaten
zwischen der Außervollzugsetzung des Haftbefehls (15. April
1999) bis zur tatrichterlichen Hauptverhandlung (21. Dezember 1999)
straffrei geführt hat; ein Erörterungsmangel, der als
Rechtsfehler zu beanstanden wäre, liegt darin nicht.
Jähnke Niemöller Detter Otten Fischer |