BGH,
Urt. v. 2.12.2005 - 5 StR 119/05
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, § 73 Abs. 1 Satz 1,
§ 266; AO § 393
1. Privatrechtlich organisierte Unternehmen im Bereich der Daseins-
vorsorge sind keine "sonstigen Stellen" im Sinne von § 11 Abs.
1 Nr. 2 Buchst. c StGB, wenn ein Privater daran in einem Umfang
beteiligt ist, dass er durch eine Sperrminorität wesentliche
unter- nehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann.
2. Bei der Auftragserlangung durch Bestechung im
geschäftlichen Verkehr bildet der auf den Preis aufgeschlagene
Betrag, der ledig- lich der Finanzierung des Schmiergelds dient,
regelmäßig die Mindestsumme des beim Auftraggeber
entstandenen Vermögens- nachteils im Sinne von § 266
Abs. 1 StGB.
3. Durch Bestechung erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1
StGB ist bei der korruptiven Manipulation einer Auftragsvergabe der
gesamte wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertrags-
abschlusses, nicht der vereinbarte Werklohn.
4. Wer Bestechungsgelder erhält, muss diese versteuern. Dem
steht der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit auch in
Fällen des § 393 Abs. 2 Satz 2 AO nicht entgegen,
soweit sich die Erklärungspflicht auf die
betragsmäßige Angabe der Einnahmen
beschränkt und nicht deren deliktische Herkunft umfasst.
BGH, Urteil vom 2.12.2005 - 5 StR 119/05 LG Köln -
5 StR 119/05
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 2.12.2005
in der Strafsache
gegen 1. 2. 3. - Verfallsbeteiligte:
wegen Untreue u. a.
- 2 -
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der
Hauptverhandlung vom 1. und 2.12.2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms, Richter Häger, Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt, Richter Dr. Raum als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der
Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt Sc als Verteidiger für den
Angeklagten E , Rechtsanwalt W , Rechtsanwältin We als
Verteidiger für den Angeklagten M , Rechtsanwalt L ,
Rechtsanwältin H als Verteidiger für den Angeklagten
R , Rechtsanwalt M als Vertreter der Verfallsbeteiligten,
Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle,
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in der Sitzung vom 2.12.2005 für Recht erkannt: Die Revisionen
der Staatsanwaltschaft sowie der Angeklagten E und M gegen das Urteil
des Landgerichts Köln vom 13. Mai 2004 werden verworfen. Die
Staatskasse trägt die Kosten der Rechtsmittel der
Staatsanwaltschaft und die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen
der Angeklagten und der Verfallsbeteiligten; die Angeklagten E und M
tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel. - Von Rechts wegen - G r
ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten E wegen Untreue
und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr sowie wegen
Steuerhinterziehung in vier Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt.
Gegen den Angeklagten M hat es wegen Beihilfe zur Untreue und wegen
Bestechung im geschäftlichen Verkehr eine
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt, deren
Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und daneben eine
Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu je 165 Euro festgesetzt. Aus
tatsächlichen Gründen freigesprochen hat das
Landgericht den Angeklagten R insgesamt sowie den Angeklagten M ,
soweit diesem eine Steuerhinterziehung vorgeworfen wurde; zudem hat es
die Anordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Angeklagten und die
Verfallsbeteiligte abgelehnt.
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Die zuungunsten der Angeklagten und der Verfallsbeteiligten eingelegten
Revisionen der Staatsanwaltschaft richten sich mit der
Sachrüge zum einen gegen die Freisprüche, die
Strafzumessung und die Strafaussetzung zur Bewährung beim
Angeklagten M sowie die Nichtanordnung des Verfalls von Wertersatz
gegen die Verfallsbeteiligte; nur insoweit werden sie vom
Generalbundesanwalt vertreten. Darüber hinaus beanstandet die
Staatsanwaltschaft, dass die Angeklagten nicht wegen Bestechung bzw.
Bestechlichkeit verurteilt worden sind, ferner auch die Strafzumessung
bei dem Angeklagten E . Die Angeklagten E und M wenden sich mit ihren
auf die Sachrüge gestützten Revisionen umfassend
gegen ihre Verurteilung. Sämtliche Revisionen bleiben
erfolglos. I. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende
Feststellungen getroffen: Im Jahr 1990 beschloss der Rat der Stadt
Köln die Gründung einer Abfallverwertungsgesellschaft
in Form einer städtisch beherrschten Mischgesellschaft unter
maßgeblicher Beteiligung der Privatwirtschaft. Die
Einbeziehung eines privaten Unternehmers sollte dessen Fachwissen und
wirtschaftliche Erfahrung nutzbar machen sowie zur Kostenersparnis
beitragen. Als Mitgesellschafter wurde der gesondert Verfolgte T
gewonnen, der über verschiedene Gesellschaften eine
beherrschende Stellung - vom Zeugen A anschaulich als
„Monopölchen“ bezeichnet - auf dem
Abfallsektor im Rheinland besaß. Die Stadt Köln
(Anteil am Stammkapital 50,1 %), die S K G (Anteil 24,8 %) und die T E
G V (Anteil 25,1 %) gründeten 1992 die „AVG
“ (nachfolgend: AVG). Gegenstand der Gesellschaft waren
insbesondere die Errichtung und der Be-
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trieb von Anlagen für die thermische Behandlung und die
Kompostierung von Abfällen sowie das Baustellen- und
Gewerbeabfallrecycling unter Beachtung der Leitlinien des
Abfallwirtschaftskonzepts der Stadt Köln. Der
Gesellschaftsvertrag sah bei wichtigen Entscheidungen die Notwendigkeit
einer Dreiviertel-Mehrheit vor. Die Stadt Köln schloss mit der
AVG einen langfristigen Entsorgungsvertrag, wonach sie die AVG als sog.
„Dritte“ mit der Wahrnehmung der
Abfallentsorgungsaufgaben in zentralen Bereichen des Recyclings, der
Kompostierung und der thermischen Behandlung beauftragte. Alleiniger
Geschäftsführer der AVG wurde der Angeklagte E . Die
Stadt Köln regelte die Müllentsorgung weiterhin durch
Abfallsatzungen, nach denen die Abfallwirtschaft als
öffentliche Einrichtung im Sinne einer rechtlichen,
wirtschaftlichen und organisatorischen Einheit betrieben wurde. Eine
der zentralen Aufgaben der AVG war in den folgenden Jahren der Bau
einer Restmüllverbrennungsanlage (nachfolgend: RMVA) in
Köln zum Zweck der thermischen Müllentsorgung. Nach
der Ausschreibung der Aufträge zur Planung und zum Bau der
RMVA gaben mehrere Firmen Angebote ab; sie stellten teilweise auch die
Zahlung von Schmiergeldern zwischen 2 % und 3 % des Auftragsvolumens
bei Auftragsvergabe in Aussicht. Einer der Mitwettbewerber war die
Verfallsbeteiligte L & C (nachfolgend: LCS), deren
Geschäftsführer der Angeklagte M war. Unter
maßgeblicher Einflussnahme des gesondert Verfolgten Wi , der
seit mehreren Jahren als Unternehmensberater für die LCS
tätig war und durch seine politische Laufbahn zahlreiche
Kontakte zu den Entscheidungsträgern der Stadt Köln
hatte, wurde schließlich im Herbst 1993 - einige Zeit vor dem
Submissionstermin - zwischen E , T und M vereinbart, dass im Falle der
Auftragsvergabe an die LCS von dieser ein Schmiergeld in Höhe
von insgesamt 3 % des Auftragswerts in gleichen Teilen an E , T und Wi
gezahlt werde, und zwar ein Drittel nach Vertragsschluss, ein Drittel
nach Baubeginn und das letzte Drittel nach Abschluss der Bauarbeiten. E
und M manipulierten die Ausschreibung, so dass die LCS nach Kenntnis der
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anderen Angebote als günstigster Bieter schließlich
den Zuschlag erhielt. In dem durch Verhandlungsgeschick des Angeklagten
E schließlich erzielten, für die AVG insgesamt
günstigen Festpreis von 792 Mio. DM war durch verschiedene
Aufschläge auf einzelne Bau-Lose eine schmiergeldbedingte
Erhöhung des Werklohns um rund 24 Mio. DM enthalten. Da sich
dieser Betrag aus Sicht der LCS lediglich als Durchlaufposten
darstellte, wäre der Angeklagte M auch bereit gewesen,
für die LCS zu einem um den Schmiergeldbetrag verminderten
Preis abzuschließen. Die AVG zahlte den vereinbarten Werklohn
einschließlich des darin enthaltenen Schmiergeldanteils bis
August 2000 fast vollständig an die LCS. Die Abwicklung der
Schmiergeldzahlungen, die in Höhe von insgesamt 21,6 Mio. DM
flossen, erfolgte über verschiedene Schweizer Firmen, die der
gesondert Verfolgte T absprachegemäß zur
Verschleierung der Zahlungsflüsse vermittelte. An diese Firmen
zahlte LCS im Jahr 1994 insgesamt 9 Mio. DM, 1995 2,7 Mio. DM, 1996
insgesamt 5,5 Mio. DM, 1998 insgesamt 3,4 Mio. DM und 1999 einen
Restbetrag von 1 Mio. DM. Hiervon erhielt der Angeklagte E insgesamt
14,29 Mio. DM, und zwar 1994 3,2 Mio. DM, 1995 2 Mio. DM, 1996 5,2 Mio.
DM, 1998 2 Mio. DM und 1999 schließlich 1,89 Mio. DM. Einen
weiteren Betrag von mindestens 1 Mio. DM gab E 1995 oder 1996 an den
Angeklagten M weiter; T und Wi erhielten zumindest 1994 jeweils 2 Mio.
DM, wobei T seinen Anteil an Wi weiterreichte. Dass E von seinem Anteil
weitere Millionensummen an die Angeklagten R und M sowie den gesondert
Verfolgten Wienand auskehrte, konnte das Landgericht nicht sicher
feststellen; es hat indes zugunsten des Angeklagten E angenommen, dass
diesem lediglich Schmiergeldbeträge von insgesamt 7,49 Mio. DM
verblieben sind. Die Verfallsbeteiligte LCS rechnete das Projekt RMVA -
nach einem zwischenzeitlichen vorläufigen Gewinn in
Höhe von ca. 8 bis 9 Mio. Euro - im Jahr 2001 wegen
verschiedener Gewährleistungsarbeiten endgültig mit
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einem Verlust in Höhe von 688.000 Euro ab. Über das
Vermögen der Verfallsbeteiligten ist inzwischen das
Insolvenzverfahren eröffnet worden. II. Die Revisionen der
Staatsanwaltschaft haben keinen Erfolg. 1. Dass die Angeklagten E und M
nicht wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung, sondern nur wegen
Bestechlichkeit bzw. Bestechung im geschäftlichen Verkehr
gemäß §§ 299, 300 StGB verurteilt
worden sind, ist nicht rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hat eine
Amtsträgerstellung des Angeklagten E als
Geschäftsführer der AVG nach § 11 Abs. 1 Nr.
2 Buchst. c StGB zutreffend verneint, weil es sich bei der AVG nicht um
eine „sonstige Stelle“ im Sinne dieser Vorschrift
handelt. a) Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2
Buchst. c StGB ist, wer sonst dazu bestellt ist, bei einer
Behörde oder sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben
der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. „Sonstige
Stellen“ sind - ohne Rücksicht auf ihre
Organisationsform - behördenähnliche Institutionen,
die zwar keine Behörden im organisatorischen Sinne sind, aber
rechtlich befugt sind, bei der Ausführung von Gesetzen und bei
der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken (vgl.
BGHSt 43, 370, 375 ff.; 49, 214, 219). Es entspricht gefestigter
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass auch als juristische
Personen des Privatrechts organisierte Einrichtungen und Unternehmen
der öffentlichen Hand als „sonstige
Stellen“ den Behörden gleichzustellen sind, wenn bei
ihnen Merkmale vorliegen, die eine Gleichstellung rechtfertigen. Dies
ist insbesondere dann der Fall, wenn sie bei ihrer Tätigkeit
öffentliche Aufgaben wahrnehmen und dabei derart staatlicher -
gegebenenfalls auch kommunaler - Steuerung unterliegen, dass sie bei
einer Gesamtbewertung der sie kennzeichnenden Merkmale als
„verlängerter Arm“ des Staates erscheinen
(vgl. BGHSt 49, 214, 219 m.w.N.).
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b) Diese Voraussetzungen liegen bei der AVG nicht vor. aa) Die AVG ist
zwar nach dem Gesellschaftsvertrag auf dem Gebiet der
Müllentsorgung und damit in einem Bereich der Daseinsvorsorge
tätig (vgl. BGHZ 40, 355, 360; BGH MDR 1983, 824; KG-Report
2005, 145); solche Tätigkeit wird von der Rechtsprechung seit
jeher als öffentliche Aufgabe angesehen (vgl. BGHSt 12, 89,
90; 31, 264, 268; 45, 16, 19; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2
Amtsträger 7; vgl. auch den Gesetzentwurf zum
Korrupti-onsbekämpfungsgesetz BT-Drucks. 13/5584, S. 12). Als
„verlängerter Arm“ des Staates und damit
als „sonstige Stellen“ im Sinne von § 11
Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB können aber privatrechtlich
organisierte Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge jedenfalls dann
nicht mehr verstanden werden, wenn ein Privater an dem Unternehmen in
einem Umfang beteiligt ist, dass er durch eine Sperrminorität
wesentliche unternehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann. bb) In
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass eine
Tätigkeit auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge für sich
genommen nicht ausreicht, um eine der Behörde gleichgestellte
„sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1
Nr. 2 Buchst. c StGB anzunehmen (vgl. BGHSt 43, 370, 377; 45, 16, 19).
Die Tatsache, dass vielfältige der Daseinsvorsorge
zugerechnete Aufgaben wie etwa die Energie- und Wasserversorgung oder
die Müllentsorgung nach einer Liberalisierung der
entsprechenden Märkte auch von privaten Unternehmen erbracht
werden und dass die öffentliche Hand daneben in
unterschiedlicher Organisations- und Beteiligungsform weiterhin auf
diesen Gebieten tätig ist, erfordert jedenfalls im Bereich der
Daseinsvorsorge ein aussagekräftiges zusätzliches
Unterscheidungskriterium, um privates Handeln von staatlichem Handeln
hinreichend abgrenzen zu können. cc) Mit der
Ergänzung von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB durch
die Worte „unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung
gewählten Organisationsform“ durch das
Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997
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(BGBl I S. 2038) hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die Wahl der
Organisationsform - privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich
- für sich gesehen kein solches Abgrenzungskriterium sein
kann. Der Bundesgerichtshof hat anstelle eines solchen formalen ein
inhaltliches Abgrenzungskriterium entwickelt: Die „sonstige
Stelle“ muss bei der Erfüllung öffentlicher
Aufgaben derart staatlicher Steuerung unterliegen, dass sie als
„verlängerter Arm“ des Staates erscheint;
erforderlich ist dabei eine Gesamtbewertung aller relevanten
Umstände des Einzelfalls (BGHSt 43, 370, 377; 45, 16, 19; 46,
310, 312 f.; 49, 214, 219; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2
Amtsträger 6; BGH NJW 2004, 693, 694 m. Anm. Krehl StV 2005,
325 und Dölling JR 2005, 30, insoweit in BGHR StGB §
11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7 nicht abgedruckt). dd) Soweit
ersichtlich noch nicht entschieden hat der Bundesgerichtshof dabei die
Frage, ob auch ein solches Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge
eine „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11
Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB sein kann, an dem ein Privater beteiligt
ist. (1) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind
weder die alleinige Inhaberschaft einer Gesellschaft noch die damit
verbundenen Aufsichtsbefugnisse für sich genommen geeignet,
eine für die Annahme von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c
StGB ausreichende staatliche oder kommunale Steuerung zu bejahen (vgl.
BGHSt 43, 370, 378; 45, 16, 20; BGH NJW 2001, 3062, 3064, insoweit in
BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 6 nicht
abgedruckt; BGH NJW 2004, 693, 694). Auch bei solchen Konstellationen
ist vielmehr entscheidend, ob zusätzlich zu der alleinigen
Inhaberschaft die Umstände des Einzelfalls bei einer
Gesamtbewertung aller relevanten Umstände die Gleichstellung
mit einer Behörde rechtfertigen können (vgl. BGH
aaO). Daraus folgt, dass - anders als die Staatsanwaltschaft meint -
auf eine Ähnlichkeit mit dem Begriff des
„herrschenden Unternehmens“ i. S. von § 17
AktG allein nicht maßgeblich abzustellen ist.
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(2) Ist schon die Alleininhaberschaft der öffentlichen Hand
bei Unternehmen auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge kein hinreichendes
Kriterium zur Annahme behördenähnlicher staatlicher
Steuerung, gilt dies erst recht, wenn Private an einem Unternehmen
beteiligt sind, das sich lediglich im Mehrheitsbesitz der
öffentlichen Hand befindet. Unabhängig von der Frage,
ob jede Beteiligung von Privaten an öffentlich beherrschten
Unternehmen schon die Anwendung von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst.
c StGB hindert, liegt die Gleichstellung eines Unternehmens mit einer
Behörde jedenfalls dann fern, wenn der Private durch seine
Beteiligung über derart weitgehende
Einflussmöglichkeiten verfügt, dass er wesentliche
unternehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann (vgl. auch EuGH NVwZ
2005, 187, 190 zum Vergaberecht). Räumt der
Gesellschaftsvertrag dem Privaten aufgrund der Höhe seiner
Beteiligung eine Sperrminorität für wesentliche
unternehmerische Entscheidungen ein, kann das Unternehmen nicht mehr
als „verlängerter Arm“ des Staates und
sein Handeln damit nicht mehr als unmittelbar staatliches Handel ee)
Nach diesen Kriterien ist die AVG nicht als „sonstige
Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c
StGB anzusehen: Die Gesellschafterin T besaß aufgrund ihrer
Beteiligung in Höhe von 25,1 % eine Sperrminorität
für wesentliche unternehmerische Entscheidungen der AVG: Der
Gesellschaftsvertrag der AVG sah vor, dass wesentliche Angelegenheiten
der Gesellschaft nur mit Dreiviertel-Mehrheit beschlossen werden
können. Dazu zählten neben der
Veräußerung eines Gesellschaftsanteils, der
Änderung des Gesellschaftsvertrages und der Abberufung des
Geschäftsführers insbesondere die Investitions- und
Darlehensaufnahme, der Abschluss und die Kündigung von
Unternehmensverträgen, die Bestellung eines
Abschlussprüfers und die Feststellung des Wirtschaftsplans.
Der Gesellschafterin T wurde zudem das Recht zur Stellung eines
Prokuristen für den technischen Bereich eingeräumt
und T selbst erhielt den stellvertretenden Vorsitz des - freilich von
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den kommunalen Mitgesellschaftern dominierten -
siebzehnköpfigen Aufsichtsrats, der die
Geschäftsführung der AVG beraten, überwachen
und überprüfen sollte. Schon allein aufgrund dieser
vom Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehenen
wesentlichen Einflussmöglichkeiten des privaten
Gesellschafters auf Kernbereiche unternehmerischen Handelns wie etwa
die Möglichkeit einer Darlehensaufnahme stellte die AVG nicht
mehr den „verlängerten Arm“ des Staates
dar. Die weiteren, von der Staatsanwaltschaft in ihrer
Revisionsbegründungsschrift zutreffend aufgeführten
Möglichkeiten der Stadt Köln - insbesondere durch
ihre Mehrheitsbeteiligung, den Aufsichtsrat, den Abschluss des
langfristigen Entsorgungsvertrages und die im Gesellschaftsvertrag
verankerte Bindung der AVG an die von der Stadt Köln
beschlossenen Leitlinien des Abfallwirtschaftskonzepts -, Einfluss auf
das Unternehmen AVG zu nehmen, hat das Landgericht bei seiner
ausführlichen Gesamtbetrachtung hinreichend gesehen und im
Ergebnis zutreffend gewürdigt. Diese Gesichtspunkte
rechtfertigen es angesichts der dargestellten Sperrminorität
der privaten Gesellschafterin auch in der Gesamtschau nicht, die AVG
als behördenähnlich zu verstehen und wie eine
Behörde zu behandeln. ff) Ob die AVG bereits keine
„sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1
Nr. 2 Buchst. c StGB sein kann, weil sie für einen Bereich
(Abfallentsorgung) gegründet wurde, auf dem auch Private - wie
etwa der Unternehmer T - als Marktteilnehmer unternehmerisch
tätig sind, bedarf hier deshalb keiner weiteren Vertiefung.
Angesichts der zunehmenden Schaffung wettbewerblicher Strukturen und
der Öffnung auch zentraler Bereiche der Daseinsvorsorge
für private Marktteilnehmer wie etwa beim Bahnverkehr (hierzu
BGHSt 49, 214), bei der Wärmeversorgung (hierzu BGHR StGB
§ 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7) oder bei der Energie-
und Wasserversorgung spricht allerdings einiges dafür, dass
privatrechtlich organisierte Gesellschaften der öffentlichen
Hand, die auf solchen Märkten tätig werden, - wie
andere (rein private) Marktteilnehmer auch - allein
erwerbswirtschaftlich tätig sind (vgl.
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BGH wistra 2001, 267, 270, insoweit in BGHR StGB § 11 Abs. 1
Nr. 2 Amtsträger 5 nicht abgedruckt). Wie der
Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, kann insbesondere im Bereich
der Daseinsvorsorge von einer öffentlichen Aufgabe dann nicht
(mehr) gesprochen werden, wenn der Hoheitsträger diesen
Bereich aus der Hand gibt und ihre Erledigung einem privaten,
marktwirtschaftlichen Unternehmen überlässt
(Aufgabenprivatisierung im Gegensatz zur Organisationsprivatisierung),
selbst wenn das private Unternehmen einer staatlichen Aufsicht
unterstellt wird (BGHSt 49, 214, 221). In diesen Fällen fehlt
der spezifisch öffentlich-rechtliche Bezug, der eine
Gleichstellung mit behördlichem Handeln rechtfertigt. Auch
eine Gesellschaft in alleiniger staatlicher Inhaberschaft
würde letztlich nur einen weiteren Wettbewerber auf einem
Markt darstellen, der vom Staat eröffnet wurde und sich um die
Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildet hat. 2. Das
mithin verbleibende Vergehen der Bestechung bzw. Bestechlichkeit im
geschäftlichen Verkehr ist nicht etwa verjährt. a)
Nach § 78a Satz 1 StGB beginnt die Verjährung, sobald
die Tat beendet ist. Die Beendigung tritt erst in dem Zeitpunkt ein, in
dem das Tatunrecht seinen tatsächlichen Abschluss findet. Die
Verjährung setzt nur ein, wenn der Täter sein
rechtsverneinendes Tun insgesamt abgeschlossen hat. Vorher besteht kein
Anlass, durch den Beginn der Verjährungsfrist einen
Verfolgungsverzicht in Aussicht zu stellen (BGHR StGB § 78a
Satz 1 Bestechung 1). Die Bestechung im geschäftlichen Verkehr
ist in diesem Sinne erst mit der letzten Annahme des von der
Unrechtsvereinbarung umfassten Vorteils beendet (BGHR UWG § 12
Abs. 2 Angestelltenbestechlichkeit 1; Tröndle/Fischer, StGB
53. Aufl. § 299 Rdn. 21; Heine in
Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 299 Rdn.
31; vgl. auch BGHSt 10, 237, 243; 11, 345, 347; BGHR StGB §
334 Verjährung 1; jeweils zu §§ 331 ff.
StGB). b) Das Landgericht hat für die Frage der Beendigung
zutreffend auf die letzte Zahlung von Schmiergeld an den Angeklagten E
im Früh-
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jahr 1999 abgestellt. Demgegenüber meinen die Angeklagten, die
Unrechtsvereinbarung sei mit derjenigen Zahlung im Jahr 1996 an den
Angeklagten E beendet worden, durch die - zumindest nicht
ausschließbar - die Summe der ursprünglich allein
für diesen Angeklagten vorgesehenen Zahlungen erreicht worden
sei; sämtliche späteren Zahlungen an die Angeklagten
E und M beruhten auf einer neuen, nicht von § 12 UWG a.F. oder
§ 299 StGB erfassten Vereinbarung. c) Mit dieser Bewertung
lösen sich die Revisionen von den Feststellungen des
Landgerichts: aa) Der von den Revisionen in Zweifel gezogene
Ausgangspunkt des Landgerichts - sämtliche gemeinschaftlich
vereinbarten und schließlich geleisteten Schmiergeldzahlungen
seien vom Tatbestand der Bestechung bzw. Bestechlichkeit im
geschäftlichen Verkehr umfasst und daher für die
Verjährungsfrage erheblich - trifft zu. Nicht nur die
vereinbarten Zahlungen an E selbst, sondern auch diejenigen an T und Wi
stellen sich als „Vorteile“ für E im Sinne
von § 12 UWG a.F. und § 299 StGB dar. (1) Zahlungen
an Dritte wurden - wie in §§ 331 ff. StGB a.F. -
schon vor den Änderungen des Tatbestands der
Angestelltenbestechlichkeit durch das
Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl I S.
2038) von § 12 UWG a.F. erfasst, wenn sie dem bestochenen
Angestellten oder Beauftragten mittelbar zugute kamen (von Gamm,
Wettbewerbsrecht 5. Aufl. Kap. 47 Rdn. 12; vgl. auch BGHSt 14, 123,
128; 33, 336, 339; 35, 128, 133; jeweils zu §§ 331
ff. StGB a.F.). Für die Frage, ob bei einer Drittzuwendung ein
solcher Vorteil vorliegt, kommt es auf die konkreten Umstände
des Einzelfalls an, wobei dem persönlichen Interesse des
Bestochenen entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. BGHSt 33, 336, 339
f.). Mit Einfügung der Worte „für sich oder
einen Dritten“ in § 299 Abs. 1 StGB bzw.
„für diesen oder einen Dritten“ in
§ 299 Abs. 2 StGB (sowie entsprechend in §§
331 ff.
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StGB) wurde nach dem Willen des Gesetzgebers im Wesentlichen lediglich
eine Klarstellung erstrebt, aber keine Änderung des bisherigen
Rechtszustands (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 13/5584 S.
15 f.; Tiedemann in LK 11. Aufl. § 299 Rdn. 25). (2) Nach
diesen Kriterien waren auch sämtliche gemeinsam vereinbarten
Zahlungen an T (und auch an Wi ) mittelbar für E von Vorteil:
Nur durch die Einbeziehung des an maßgeblichen Stellen in
entscheidender Position tätigen T (stellvertretender
Vorsitzender des AVG-Aufsichtsrats und
Geschäftsführer der Mitgesellschafterin) konnte
sichergestellt werden, dass es zu dem von E gewünschten und
für den Empfang seines Schmiergeldanteils notwendigen
Vertragsschluss zwischen der AVG und der LCS kommt; nur seine
Beteiligung ermöglichte zudem die notwendige verdeckte
Zahlungsabwicklung über die Schweiz. Die verabredeten
Zahlungen an T gereichten E also selbst zum Vorteil, weil sie
notwendige Voraussetzung des Geldflusses an ihn selbst waren.
Für die Beteiligung Wi s als in der SPD einflussreicher
„Strippenzieher“ sowie Mitinitiator und
-organisator der Schmiergeldabrede, dessen Einbindung aus Sicht E s
Grundvoraussetzung für deren Durchführung war, gilt -
zumal ein mittelbarer Vorteil ausreichte - nichts anderes. Im
Übrigen käme es auf Wi s Beteiligung für die
Frage der Verjährung angesichts der festgestellten
höchstmöglichen Zuflüsse von Schmiergeldern
bei E nicht einmal an. Zudem hatte E - mit Ausnahme von 4 Mio. DM, die
zu Anfang direkt an T und Wi überreicht wurden -
zunächst jeweils persönlich die
Verfügungsmöglichkeit über
sämtliche aus der Schweiz weitergegebene Schmiergelder
erhalten (vgl. hierzu BGHSt 35, 128, 134 f.). Da bei § 12 UWG
a.F. und bei § 299 StGB jeweils auf die gesamte vereinbarte
Schmiergeldsumme abzustellen ist, konnte die Verjährung erst
mit der letzten in diesem Rahmen geflossenen Zahlung beginnen; dies war
die Zahlung an E im Frühjahr 1999.
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bb) Die ursprüngliche Schmiergeldvereinbarung - Zahlung von
insgesamt 3 % der Auftragssumme in drei Zeitabschnitten - ist auch
nicht durch eine spätere Zahlungsvereinbarung ersetzt worden.
Ursprung des Zahlungsflusses blieb bis zum Frühjahr 1999 die
Abrede vom Herbst 1993. Das zwischenzeitliche Ausscheiden von Wi und T
aus dem Kreis der Zahlungsempfänger hatte lediglich eine
Veränderung der Zahlungsströme zur Folge. Die
bloße Änderung der Richtung des Zahlungsflusses ist
jedoch nicht derart wesentlich, dass hierin eine gänzlich
neue, die Ursprungsvereinbarung ersetzende Vereinbarung gesehen werden
muss, weil damit nicht das „Ob“, sondern nur das
„Wie“ der Zahlung modifiziert wurde. Ein solches
blo-ßes Umleiten von Geldern führt auch nicht zu
einem für den Verjährungsbeginn entscheidenden
Abschluss des rechtsverneinenden Handelns. cc) Zudem ist für
den Verjährungsbeginn nicht allein auf die vereinbarten
Beträge, sondern gleichermaßen auf den vereinbarten
Zahlungszeitraum abzustellen. Nach dem gemeinsam verabredeten
Zahlungsplan sollte die Zahlung des Schmiergelds an E , T und den
gesondert verfolgten Wi zu gleichen Teilen in drei Zahlungsabschnitten
entsprechend dem Baufortschritt erfolgen. Tatsächlich hat der
Angeklagte E nach den Feststellungen des Landgerichts den vereinbarten
Bestechungslohn im Wesentlichen entsprechend dieser
Fälligkeitsabrede erhalten, nämlich einen ersten Teil
1994 nach Abschluss des Vertrages, weitere Beträge nach Beginn
der Bauarbeiten sowie den Rest nach deren Ende. Damit wurde die
Schmiergeldabrede in dem Zeitrahmen erfüllt, den die
Beteiligten vereinbart hatten. Dass der Angeklagte E über
seinen ursprünglich vereinbarten Anteil hinaus aufgrund des
Ausscheidens von Wi und T als Zahlungsempfänger nicht
ausschließbar bereits in den Jahren bis 1996 mehr Geld
erhalten hatte, als ihm eigentlich zu diesem Zeitpunkt
zufließen sollte, ist demgegenüber unbeachtlich, da
jedenfalls die Zahlungen in den Jahren 1998 und 1999 dem
ursprünglich vereinbarten Zahlungsplan entsprachen, wonach die
letzte Zahlung nach Beendigung der Bauarbeiten erfolgen sollte.
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3. Der Freispruch des Angeklagten R und der Teilfreispruch des
Angeklagten M vom Vorwurf der Steuerhinterziehung haben Bestand. In
beiden Fällen war einziges Beweismittel für den
Vorwurf, den Angeklagten seien in unverjährter Zeit erhebliche
Geldbeträge zugeflossen, die sie nicht versteuert
hätten, die belastende Aussage des Mitangeklagten E . Dass
sich das Landgericht allein auf dieser Grundlage keine für
eine Verurteilung hinreichende Überzeugung vom Geldzufluss hat
bilden können, ist aus revisionsgerichtlicher Sicht nicht zu
beanstanden. a) Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er
Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden
vermag, so ist das durch das Revisionsgericht grundsätzlich
hinzunehmen, da die Beweiswürdigung Sache des Tatrichters ist.
Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt nur, ob dem
Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn
die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder
lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte
Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht
überspannte Anforderungen an die zur Verurteilung
erforderliche Überzeugungsbildung gestellt hat (st. Rspr.:
vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16; BGHR StPO
§ 261 Überzeugungsbildung 33; BGH NStZ 2000, 48; BGH
wistra 2002, 260, 261). Aus den Urteilsgründen muss sich auch
ergeben, dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert
gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung
eingestellt wurden (vgl. BGHR StPO § 261
Beweiswürdigung 2, 11, 24). Weitergehende zum Schutz des
Angeklagten aufgestellte besonders strikte Anforderungen an die
Begründung der Beweiswürdigung in der Situation
„Aussage gegen Aussage“ (BGHSt 44, 153, 158 f.; 44,
256, 257) gelten zwar - wie die Revision des Angeklagten M zutreffend
hervorgehoben hat - grundsätzlich unmittelbar nur in
Verurteilungsfällen. Gleichwohl kann das Bedürfnis
nach vollständiger, nachprüfbarer
Beweiswürdigung in Fällen gleich karger und
widersprüchlicher Beweisgrundlage in ähnlicher Weise
auch dann zum Tragen
- 17 -
kommen, wenn ein Angeklagter freigesprochen wird, weil sich das Gericht
von der Richtigkeit der belastenden Aussage eines Zeugen nicht
überzeugen kann (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 174, 175). b) Den
genannten Anforderungen genügt die Darstellung der
Beweiswürdigung durch das Landgericht, soweit es sich keine
hinreichende Überzeugung von der Richtigkeit der belastenden
Angaben des Angeklagten E zu den von den Mitangeklagten bestrittenen
Schmiergeldweitergaben gebildet hat, gerade noch. Folgende
Umstände waren aus Sicht des Landgerichts maßgebend:
E hat die Mitangeklagten erstmals in Zusammenhang mit
Gesprächen über einen Strafnachlass belastet; er
hatte ein gewichtiges Motiv, den bei ihm verbliebenen Anteil des
Schmiergeldes möglichst gering darzustellen, und hatte im
Verlauf der Ermittlungen auch anderweitig versucht, sich durch
unrichtige Angaben Teile der Tatbeute zu sichern; seine - zudem eher
farblosen - Angaben zur zeitlichen Einordnung und zu
Begleitumständen im Zusammenhang mit mehreren
Geldübergaben waren uneinheitlich. Den genannten
Umständen hat das Landgericht sämtliche für
die Glaubhaftigkeit der Angaben E s sprechenden Tatsachen
gegenübergestellt, insbesondere dass andere Angaben E s in der
Hauptverhandlung ihre Bestätigung gefunden haben, er
maßgeblich und frühzeitig zur Aufklärung
der Taten beigetragen hat und die Angaben von R und M zu diesem Vorwurf
wenig überzeugend waren. Aufgrund einer Gesamtschau der
für und gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben E s sprechenden
Gesichtspunkte hat sich das Landgericht schließlich
außer Stande gesehen, sich eine Überzeugung von der
Richtigkeit dieser einzigen Belastungsangaben zu bilden; Anhaltspunkte
für weitergehende Ermittlungsansätze waren nicht
ersichtlich.
- 18 -
Diese tatrichterliche Wertung ist letztlich hinzunehmen. Der Revision
der Staatsanwaltschaft ist allerdings zuzugeben, dass - wie der
Generalbundesanwalt im Einzelnen ausgeführt hat - das
Landgericht Umstände wie insbesondere die Aussagegenese und
den Inhalt divergierender oder detailarmer Aussagen von E nicht in
einer Weise dargestellt hat, wie dies in dem sonst überaus
umfangreichen Urteil konsequent und wünschenswert gewesen
wäre. Lediglich im Hinblick auf die umgekehrt strengen
Anforderungen an eine Verurteilung in der vorliegenden besonderen
Konstellation, bei der der einzige Belastungszeuge ein erhebliches
Motiv für eine Falschbelastung hat und seine Aussage auch
sonst Ungereimtheiten aufweist, lässt der Senat im
vorliegenden Fall den Freispruch unbeanstandet. 4. Die Strafzumessung
des Landgerichts weist im Ergebnis keine Rechtsfehler zu Gunsten der
Angeklagten E und M auf. a) Die Strafzumessung ist
grundsätzlich Sache des Tatrichters. Ihm obliegt es, auf der
Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von
der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen
hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände
festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen.
Ein Eingriff des Revisionsgerichts ist in der Regel nur
möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich
fehlerhaft sind, wenn der Tatrichter gegen rechtlich anerkannte
Strafzwecke verstößt oder wenn sich die
verhängten Strafen nach oben oder unten von ihrer Bestimmung
lösen, gerechter Schuldausgleich zu sein (BGHSt 34, 345, 349;
st. Rspr.). b) Solche Rechtsfehler zeigt die
Beschwerdeführerin, wie der Generalbundesanwalt zutreffend
ausgeführt hat, bei dem Angeklagten E nicht auf. Insbesondere
durfte das Landgericht den Umstand zu seinen Gunsten
berücksichtigen, dass er von der ihm zustehenden
Möglichkeit, die Aussetzung der Hauptverhandlung nach
§ 265 Abs. 4 StPO wegen erst spä-
- 19 -
ter bekannt gewordenen umfangreichen Aktenmaterials zu verlangen,
keinen Gebrauch gemacht und damit eine zügige Erledigung der
Hauptverhandlung ermöglicht hat. Anhaltspunkte dafür,
dass diesem Umstand vom Landgericht unangebracht großes
Gewicht zugemessen worden wäre, bestehen nicht. Die gegen den
Angeklagten E verhängten Einzelstrafen sind ebenso wenig
unvertretbar milde wie die Gesamtstrafe. c) Gleichfalls weist die
Strafzumessung keinen Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten M auf;
dies gilt auch für die Aussetzung der Vollstreckung der
Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung. aa) Hinreichende
Anhaltspunkte, dass das Landgericht, etwa nur um zu einer
Strafaussetzung zur Bewährung zu gelangen, die Einzelstrafen
und die Gesamtstrafe unangemessen niedrig bemessen hätte,
liegen nicht vor, letztlich auch nicht im Blick auf die für
sich rechtsfehlerfreie Anwendung des § 41 StGB. bb) Das
Landgericht durfte im Hinblick auf zahlreiche gewichtige
Strafmilderungsgründe - insbesondere Unbestraftheit,
erstmalige Verbüßung von Untersuchungshaft, lange
Dauer der seit der Tat vergangenen Zeit, Handeln auch im Interesse des
Unternehmens, Abgabe eines Schuldanerkenntnisses über 1 Mio.
DM - besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB
annehmen, die die Aussetzung der zweijährigen
Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung gestatteten. Die
Entscheidung des Landgerichts, dass auch § 56 Abs. 3 StGB
einer Strafaussetzung zur Bewährung nicht entgegenstehe, ist
ebenfalls rechtlich noch hinzunehmen. Allerdings erfordern die durch
Bestechung im geschäftlichen Verkehr und durch damit
einhergehende Untreue hervorgerufenen erheblichen wirtschaftlichen
Schäden ein nachdrückliches und energisches Vorgehen
der Strafverfolgungsbehörden. Doch dürfen auch bei
der Ahndung solcher Taten die besonderen Umstände des
Einzelfalles nicht außer Acht gelassen werden. Sie sind
insbesondere in der mangelnden Tatinitiative des Angeklagten M und in
seiner Kon-
- 20 -
frontation als Unternehmer mit ersichtlich verbreiteten skrupellosen
Geschäftspraktiken bei der Konzeption von
Großanlagen und dabei - sogar ungeachtet gegebener
„Staatsnähe“ - bedenkenlos angebrachten
Schmiergeldforderungen des von ihm gewünschten
Vertragspartners zu finden. Danach kann die Entscheidung des
Landgerichts nach § 56 Abs. 3 StGB noch als vertretbar
angesehen werden, wenngleich eine gegenteilige Würdigung des
Landgerichts rechtlich möglich gewesen wäre und im
Blick auf die spätere Eigenbereicherung des Angeklagten M
sogar näher gelegen hätte. cc) In diesem Zusammenhang
sieht der Senat Anlass zu folgender Anmerkung: Nach der Erfahrung des
Senats kommt es bei einer Vielzahl von großen
Wirtschaftsstrafverfahren dazu, dass eine dem Unrechtsgehalt
schwerwiegender Korruptions- und Steuerhinterziehungsdelikte
adäquate Bestrafung allein deswegen nicht erfolgen kann, weil
für die gebotene Aufklärung derart komplexer
Sachverhalte keine ausreichenden justiziellen Ressourcen zur
Verfügung stehen. Die seit der Tat vergangene Zeit und auch
die Dauer des Ermittlungs- und Strafverfahrens (vgl. Art. 6 Abs. 1 Satz
1 MRK) werden in vergleichbaren Verfahren häufig zu derart
bestimmenden Strafzumessungsfaktoren, dass die Verhängung
mehrjähriger Freiheitsstrafen oder - wie hier - die Versagung
einer Strafaussetzung zur Bewährung nach § 56 Abs. 3
StGB namentlich wegen des Zeitfaktors ausscheidet. Dem in § 56
Abs. 3 StGB zum Ausdruck gekommenen Anliegen des Gesetzgebers, das
Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit
des Rechts vor einer Erschütterung durch unangemessen milde
Sanktionen zu bewahren, kann im Bereich des überwiegend
tatsächlich und rechtlich schwierigen Wirtschafts- und
Steuerstrafrechts nach Eindruck des Senats nur durch eine
spürbare Stärkung der Justiz in diesem Bereich
Rechnung getragen werden. Nur auf diese Weise - nicht durch
bloße Gesetzesverschärfungen - wird es
möglich sein, dem drohenden Ungleichgewicht zwischen der
Strafpraxis bei der allgemeinen Kriminalität und der
Strafpraxis in Steuer- und Wirtschaftsstrafverfahren entgegenzutreten
und dem berechtigten besonderen öffentlichen Inte-
- 21 -
resse an einer effektiven Strafverfolgung schwerwiegender
Wirtschaftskriminalität gerecht zu werden. 5. Im Ergebnis
zutreffend hat das Landgericht von der Anordnung des Verfalls von
Wertersatz gegen die Verfallsbeteiligte abgesehen; der Senat geht mit
dem Generalbundesanwalt davon aus, dass die Staatsanwaltschaft insoweit
ihre Revision auf das Fehlen einer entsprechenden Nebenentscheidung
gegenüber der Verfallsbeteiligten beschränkt hat,
zumal das Absehen von der Anordnung des Verfalls bei den Angeklagten E
und M im Hinblick auf § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB keinen Bedenken
begegnet. a) Zutreffend hat der Generalbundesanwalt allerdings darauf
hingewiesen, dass das Landgericht das „Erlangte“ im
Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a Satz 1 StGB nicht
hinreichend genau bestimmt hat; entgegen der - insoweit vom
Generalbundesanwalt nicht vertretenen - Auffassung der
Staatsanwaltschaft ist das Erlangte aber auch nicht der für
den Bau der RMVA vereinbarte Werklohn in Höhe von 792 Mio. DM.
Durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt im Sinne
von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB ist bei der korruptiven
Manipulation einer Auftragsvergabe nicht der vereinbarte Preis, sondern
der gesamte wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses; dieser umfasst den kalkulierten Gewinn und etwaige
weitere, gegebenenfalls nach § 73b StGB zu schätzende
wirtschaftliche Vorteile. aa) „Aus der Tat erlangt“
im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle
Vermögenswerte, die dem Täter unmittelbar aus der
Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des
Tatablaufs zufließen (BGH NStZ 2001, 155, 156);
„für die Tat erlangt“ im Sinne von
§ 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind dagegen Vermögenswerte,
die dem Täter als Gegenleistung für sein
rechtswidriges Handeln gewährt werden, aber - wie etwa ein
Lohn für die Tatbegehung - nicht auf der
Tatbestandsverwirklichung selbst beruhen
- 22 -
(vgl. BGHR StGB § 73 Erlangtes 4). Für die Bestimmung
desjenigen, was der Täter in diesem Sinne aus einer Tat oder
für sie erlangt hat, ist das Bruttoprinzip unerheblich. Erst
wenn feststeht, worin der erlangte Vorteil des Täters besteht,
besagt dieses Prinzip, dass bei der Bemessung der Höhe des
Erlangten gewinnmindernde Abzüge unberücksichtigt
bleiben müssen (vgl. BGHSt 47, 260, 269). Zudem muss die
Abschöpfung spiegelbildlich dem Vermögensvorteil
entsprechen, den der Täter gerade aus der Tat gezogen hat;
dies setzt eine Unmittelbarkeitsbeziehung zwischen Tat und Vorteil
voraus (vgl. BGHSt 45, 235, 247 f.; 47, 260, 269; Schmidt in LK 11.
Aufl. § 73 Rdn. 17; Eser in
Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 73 Rdn.
16; jeweils m.w.N.). bb) Unmittelbar aus einer Bestechung (im
geschäftlichen Verkehr) erlangt ein Werkunternehmer im Rahmen
korruptiver Manipulation bei der Auftragsvergabe lediglich die
Auftragserteilung - also den Vertragsschluss - selbst, nicht hingegen
den vereinbarten Werklohn (vgl. Sedemund DB 2003, 323, 325 ff.; a. A.
OLG Köln ZIP 2004, 2013; OLG Thüringen wistra 2005,
114). Bei der Auftragserlangung durch Bestechung (im
geschäftlichen Verkehr) führt die
„Tat“ als solche unmittelbar nur zu dem Vorteil des
schuldrechtlichen Vertragsschlusses; die Vorteile aus der
Ausführung des Auftrags wären hingegen nicht mehr
unmittelbar aus der „Tat“ erlangt (vgl. Joecks in
MünchKomm-StGB § 73 Rdn. 30). Strafrechtlich bemakelt
ist lediglich die Art und Weise, wie der Auftrag erlangt ist, nicht
dass er ausgeführt wird. In diesem Punkt unterscheidet sich
der Fall einer Auftragserlangung durch Bestechung von verbotenen
Betäubungsmittelgeschäften oder
Embargoverstößen. Nur in solchen Fällen ist
es deshalb gerechtfertigt, als das „Erlangte“ i. S.
von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB den gesamten vereinbarten
Kaufpreis anzusehen (vgl. BGH NStZ 2000, 480; BGHSt 47, 369). cc) Der
wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt der Auftragserlangung
bemisst sich vorrangig nach dem zu erwartenden Gewinn.
Aussagekräftiges Indiz hierfür wird
regelmäßig die Gewinnspanne sein, die der
- 23 -
tragnehmer in die Kalkulation des Werklohns hat einfließen
lassen. Fehlen hierfür Anhaltspunkte, kann u. U. auch ein
branchenüblicher Gewinnaufschlag Grundlage einer
Schätzung (§ 73b StGB) sein. Mit dem zu erwartenden
Gewinn wird in aller Regel der wirtschaftliche Wert des durch
Bestechung erlangten Auftrags und damit das
„Erlangte“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1
StGB hinreichend erfasst. Im Einzelfall können
darüber hinaus konkrete Anhaltspunkte für
weitergehende wirtschaftliche Vorteile bestehen, die durch den
Vertragsschluss als solchen erlangt wurden (vgl. Sedemund DB 2003, 323,
328; vgl. zum Begriff des wirtschaftlichen Vorteils auch § 17
Abs. 4 Satz 1 OWiG). Hierzu zählen mittelbare Vorteile wie
etwa die konkrete Chance auf Abschluss von Wartungsverträgen
für eine errichtete Anlage oder von sonstigen
Folgegeschäften durch Aufbau einer
Geschäftsbeziehung, die Chance zur Erlangung weiterer
Aufträge für vergleichbare Anlagen, die Steigerung
des wirtschaftlich werthaltigen „Goodwill“ eines
Unternehmens durch Errichtung eines Prestigeobjekts für einen
renommierten Auftraggeber, die Vermeidung von Verlusten durch
Auslastung bestehender Kapazitäten oder die Verbesserung der
Marktposition durch Ausschalten von Mitwettbewerbern (vgl. BayObLG
wistra 1998, 199, 200; König in Göhler, OWiG 13.
Aufl. § 17 Rdn. 41; Lemke/Mosbacher, OWiG 2. Aufl. §
17 Rdn. 38). Solche Vorteile hat auch das Landgericht bei der LCS durch
den Vertragsschluss festgestellt (UA S. 78). Bestehen im Einzelfall
hinreichende Anhaltspunkte für derartige weitere konkrete
wirtschaftliche Vorteile, kann deren Wert, wenn der konkrete
Sachverhalt eine tragfähige Grundlage dafür bietet
(hierzu BGHR StGB § 73b Schätzung 1, 2), nach
§ 73b StGB geschätzt werden. Gegebenenfalls wird sich
hierfür die Hinzuziehung von Sachverständigen
anbieten (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 73b
Rdn. 5). Ein tragfähiger Anhaltspunkt im Rahmen der Bestimmung
eines solchen über den kalkulierten Gewinn hinausgehenden
Werts eines Auftrags
- 24 -
kann u. U. auch der Preis sein, den für die Auftragsvergabe zu
zahlen der Auftragnehmer bereit ist. Wird ein Auftrag durch Bestechung
(im geschäftlichen Verkehr) erlangt, wird die Bestechungssumme
allerdings nur dann ein aussagekräftiges Indiz für
eine Art „Marktpreis“ der Auftragsvergabe jenseits
des kalkulierten Gewinns sein, wenn der Auftragnehmer selbst die
Bestechungssumme aufbringt und nicht - wie hier - in korruptivem
Zusammenwirken mit den Verantwortlichen des Auftraggebers der
Auftragssumme aufschlägt, so dass sie aus seiner Sicht einen
bloßen Durchlaufposten bildet. dd) Ist der Wert des durch
Bestechung erlangten Auftrags im Zeitpunkt der Auftragsvergabe auf
diese Weise - ggf. mit sachverständiger Hilfe und mittels
Schätzung nach § 73b StGB - ermittelt worden, folgt
aus dem Bruttoprinzip, dass etwaige für den Vertragsschluss
getätigte Aufwendungen (wie insbesondere eine vom
Auftragnehmer gezahlte Bestechungssumme) nicht weiter in Abzug
gebracht, sondern allenfalls im Rahmen von § 73c StGB
berücksichtigt werden können. b) Der Anordnung des
Verfalls steht - entgegen der Auffassung der Verfallsbeteiligten -
nicht bereits grundsätzlich die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über das Vermögen der
Verfallsbeteiligten unter dem Gesichtspunkt eines vorrangigen Schutzes
der Geschädigten in der Insolvenz entgegen. Die Vorschrift des
§ 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO betrifft lediglich die Frage, wie ein
angeordneter Verfall rangmäßig im Insolvenzverfahren
zu behandeln ist (vgl. OLG Schleswig wistra 2001, 312, 313). Anders als
nach § 240 ZPO kommt auch eine Unterbrechung des
Strafverfahrens insoweit nicht in Betracht, weil die Anordnung des
Verfalls als strafrechtliche Nebenfolge dem strafrichterlichen
Erkenntnis vorbehalten bleiben muss. Ansprüche der
Geschädigten werden im Rahmen von § 73 Abs. 1 Satz 2
StGB hinreichend berücksichtigt. c) Auch wenn das Landgericht
den Umfang des Erlangten nicht in der vorbeschriebenen Weise ermittelt,
sondern letztlich eher unbestimmt gelas-
- 25 -
sen hat, was es genau als das „Erlangte“ in diesem
Sinne ansieht, hat es doch zumindest im Ergebnis zu Recht von einer
Anordnung des Verfalls von Wertersatz bei der Verfallsbeteiligten nach
§ 73c Abs. 1 StGB abgesehen. aa)
Schadensersatzansprüche der AVG stehen nach § 73 Abs.
1 Satz 2 StGB einer Verfallsentscheidung zu Lasten der
Verfallsbeteiligten zumindest in der Höhe entgegen, in denen
diese Ansprüche noch nicht durch Zahlungen der Angeklagten
erfüllt worden sind. Ob der Wert des Auftrags im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses diese noch vorhandenen - gegebenenfalls nach
§ 254 BGB geminderten - Ansprüche
übersteigt, kann letztlich offen bleiben. bb) Die
Voraussetzungen von § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB hat das
Landgericht zwar - auch in Abgrenzung zu Satz 2 - nicht hinreichend
dargelegt (vgl. hierzu BGH wistra 2000, 379, 382;
Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 73c Rdn. 3 m.w.N.).
Ergänzend hat es jedoch unter Hinweis auf § 73c Abs.
1 Satz 2 Alt. 1 StGB folgende Umstände genannt, die eine
Verfallsanordnung jedenfalls unangemessen erscheinen lassen: Ein
bleibender Gewinn, der Schadensersatzansprüche der AVG
übersteigen würde, ist bei der LCS nicht vorhanden;
letztlich ergab sich bei der endgültigen Abrechnung des
Projekts im Jahr 2001 aufgrund von Gewährleistungsarbeiten ein
Verlust von insgesamt 688.000 Euro (UA S. 159); zudem befindet sich die
Verfallsbeteiligte in der Insolvenz. cc) Ungeachtet der rechtlich nicht
unbedenklichen Ausführungen des Landgerichts zu
§§ 73 ff. StGB ist es aus Sicht des Senats im
Hinblick auf § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB jedenfalls
angemessen (vgl. § 354 Abs. 1a StPO), gegenüber der
insolventen Verfallsbeteiligten, die letztlich keinen Gewinn erzielt
hat und sich erheblichen Regressansprüchen gegenüber
sieht, von einer Anordnung des Verfalls von Wertersatz abzusehen.
- 26 -
III. Die Revisionen der Angeklagten bleiben ebenfalls erfolglos. 1. Die
Verurteilungen des Angeklagten E wegen Untreue nach § 266 StGB
und des Angeklagten M wegen Beihilfe zu dieser Tat begegnen keinen
Bedenken. a) Zutreffend weist die Revision des Angeklagten E allerdings
zunächst darauf hin, dass die Annahme des Landgerichts, dieser
Angeklagte habe mit seinem Verhalten die Missbrauchalternative des
§ 266 Abs. 1 StGB erfüllt, unzutreffend ist.
Voraussetzung dieser Alternative ist, dass der
rechtsgeschäftliche Missbrauch der Verpflichtungsbefugnis zu
einer wirksamen Verpflichtung des Treugebers führt (vgl. BGH
bei Holtz, MDR 1983, 92; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl.
§ 266 Rdn. 20, 22 m.w.N.; Seier in Achenbach/Ransiek, Handbuch
Wirtschaftsstrafrecht, 2004, Abschnitt V 2 Rdn. 47). Dem steht hier
bereits § 138 BGB entgegen. Die Sittenwidrigkeit der
kollusiven Absprache zwischen den Angeklagten E und M zur
Schädigung der AVG durch Vereinbarung eines um den
Schmiergeldanteil überhöhten Preises wirkt sich auch
auf den Hauptvertrag aus (vgl. BGH NJW 1989, 26, 27;
Tröndle/Fischer aaO Rdn. 21; Seier aaO Rdn. 48; vgl. auch BGHZ
141, 357, 362 f.; BGH BB 1990, 733, 734; BGH NJW 2000, 511, 512). Zudem
hat E bei dem Abschluss des um den Schmiergeldanteil
überhöhten Vertrages im kollusiven Zusammenwirken mit
dem Angeklagten M ersichtlich seine Vertretungsmacht zum Nachteil der
AVG missbraucht (vgl. hierzu Tröndle/Fischer aaO §
266 Rdn. 22 m.w.N.; BGHZ 50, 112, 114; Bernsmann StV 2005, 576, 577).
Hieraus folgt indes unmittelbar, dass der Angeklagte E durch Abschluss
des dergestalt unerkannt nichtigen Vertrages mit einem kollusiv
überhöhten Auftragspreis die Treubruchalternative des
§ 266 Abs. 1 StGB erfüllt und der Angeklagte M zu
solcher Tat Beihilfe geleistet
- 27 -
hat. Hierauf kann der Senat von sich aus erkennen (vgl. BGHR StGB
§ 266 Abs. 1 Missbrauch 2). Es ist auszuschließen,
dass sich die Angeklagten gegen den tatsächlich identisch
fundierten Vorwurf des Treubruchs anders als geschehen hätten
verteidigen können. b) Zutreffend ist das Landgericht davon
ausgegangen, dass der Angeklagte E durch den Abschluss des Vertrages
mit der LCS zum Gesamtpreis von 792 Mio. DM seine als
Geschäftsführer gegenüber der AVG bestehende
Vermögensbetreuungspflicht verletzt und hierdurch der AVG
einen Vermögensnachteil in Höhe des vereinbarten
Schmiergeldaufschlags zugefügt hat. aa) Nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt bei der Vereinbarung von
Schmiergeldzahlungen in Form eines prozentualen Preisaufschlags
regelmäßig ein Nachteil im Sinne des § 266
Abs. 1 StGB vor (vgl. BGHSt 47, 295, 298 f.; 49, 317, 332 f.; BGHR StGB
§ 266 Abs. 1 Nachteil 49, insoweit in BGHSt 46, 310 nicht
abgedruckt). Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung,
dass jedenfalls mindestens der Betrag, den der Vertragspartner
für Schmiergelder aufwendet, auch in Form eines
Preisnachlasses dem Geschäftsherrn des Empfängers
hätte gewährt werden können (vgl. Raum in
Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts 2.
Aufl. S. 304 m.w.N.). Bei der Auftragserlangung durch Bestechung im
geschäftlichen Verkehr bildet deshalb der auf den Preis
aufgeschlagene Betrag, der lediglich der Finanzierung des Schmiergelds
dient, regelmäßig die Mindestsumme des beim
Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils im Sinne von
§ 266 Abs. 1 StGB. bb) Die Vermögensbetreuungspflicht
gebietet in diesen Fällen, dass der Treupflichtige die
Möglichkeit des vorteilhaften Vertragsschlusses im Interesse
des betreuten Vermögens nutzt und den Vertrag zu dem
günstigeren Preis abschließt (BGH wistra 1984, 109,
110; 1989, 224, 225). Zumeist liegt auf der Hand, dass das
Geschäft auch für einen um den aufgeschlagenen
- 28 -
Schmiergeldanteil verminderten Preis abgeschlossen worden
wäre, wenn das Schmiergeld - wie hier - einen bloßen
Durchlaufposten darstellt (vgl. BGH wistra 1983, 118, 119; 1986, 67;
2001, 295, 296). Inwieweit andere Anbieter noch teurere Angebote
eingereicht haben, bleibt demgegenüber unerheblich (vgl. BGH
wistra 2001, 295, 296). Der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liegt in
diesem Fall im aktiven Tun, nämlich im Abschluss des um den
Schmiergeldanteil überteuerten Vertrages und in der damit
einhergehenden Verlagerung der Schmiergeldzahlungen zugunsten des
Geschäftsführers auf die vertretene Gesellschaft
durch Vereinbarung entsprechend überhöhter
Zahlungsverpflichtungen mit Dritten (vgl. Tröndle/Fischer,
StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 38a m.w.N.). Der Abschluss des
überteuerten Vertrages hindert gleichzeitig den Abschluss
eines um den Schmiergeldanteil verminderten günstigeren. Zudem
steht der eingegangenen Zahlungsverpflichtung in Höhe des
vereinbarten Schmiergelds keinerlei Gegenleistung gegenüber.
Nach anderer, aber gleichgerichteter Betrachtungsweise ist der
Unrechtsschwerpunkt in der bewussten Verhandlung mit einem sachlich
nicht gerechtfertigten Verteuerungsfaktor zu finden, der dem
Geschäftsführer zu Unrecht einen von der vertretenen
Gesellschaft nicht genehmigten, über seine Vergütung
hinausgehenden wirtschaftlichen Vorteil verschaffen soll (vgl. auch
BGHSt 49, 317, 333 ff.). cc) Nach den Feststellungen des Landgerichts
war in der vereinbarten Auftragssumme von 792 Mio. DM ein
Schmiergeldanteil in Höhe von rund 24 Mio. DM enthalten.
Dieser Anteil sollte als bloßer Durchlaufposten nicht der
LCS, sondern auf Kosten der AVG allein den an der Schmiergeldabrede
Beteiligten zukommen. Der vom Landgericht gezogene Schluss, die LCS
wäre bereit gewesen, den Vertrag auch zu einem um diesen
Schmiergeldanteil verminderten Betrag abzuschließen, ist
nicht nur nachvollziehbar, sondern vielmehr naheliegend.
- 29 -
dd) Demgegenüber verfängt der Einwand der Revision
nicht, der Angeklagte E habe ein solches Geschäft zum
verminderten Preis überhaupt nicht abschließen
dürfen, weil dieses durch die vorangegangene
Vergabemanipulation nach wie vor wettbewerbswidrig gewesen
wäre; vom Treupflichtigen könne nicht der Abschluss
verbotener oder wettbewerbswidriger Geschäfte verlangt werden
(vgl. Bernsmann StV 2005, 576, 578). Nachdem sich E für den
Zuschlag an die LCS entschlossen hatte, bestand die Alternative
lediglich in dem Abschluss des Vertrages zum Preis von 792 Mio. DM oder
zu einem um mehr als 24 Mio. DM verminderten Preis. Seine
Vermögensbetreuungspflicht gebot E in dieser Situati-on den
Abschluss zum geringeren statt zum höheren Preis. Da es
für den Vorwurf der Untreue entscheidend auf den
Vertragsschluss zu einem um den Schmiergeldanteil
überhöhten Preis ankommt, sind die von der Revision
angeführten Alternativszenarien ohne Bedeutung. ee) Das
Landgericht geht auch zutreffend von einem Nachteilsumfang in
Höhe von rund 24 Mio. DM aus. Die Berechnung des im
vereinbarten Preis enthaltenen Schmiergeldanteils (3 % Aufschlag bei
einem Teil der Lose, zusätzliche Anhebung beim Los
Abgasbehandlung um 20 Mio. DM) ist nicht zu beanstanden. Das
Landgericht ist zudem richtigerweise davon ausgegangen, dass Vorteile,
die der Angeklagte E durch besonders nachdrückliche und
geschickte Verhandlungen bei der Preisgestaltung erreicht hat oder die
zur Ermöglichung einer Vergabe des Auftrags an die LCS
notwendig waren, nicht gegengerechnet werden können (treffend
UA S. 309, 317). Dies gilt insbesondere für die Absenkung des
Preises beim Los Bauteil um 9 Mio. DM im Rahmen der
Vergabemanipulation. Denn es kommt allein darauf an, ob - was das
Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat - der Angeklagte M
letztendlich bereit war, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses den Vertrag
auch ohne den Schmiergeldanteil abzuschließen oder nicht. Es
kann deshalb da-
- 30 -
hinstehen, ob der abweichende Ansatz der Verteidigung auch im Blick auf
die zur Schmiergeldfinanzierung überhöhte Kalkulation
des Gesamtpreises im ersten Angebot der LCS verfehlt ist. Selbst wenn
man vom festgestellten Nachteilsumfang einen für Wi
ursprünglich vorgesehenen Provisionsanteil in Höhe
von 0,5 % der Auftragssumme abziehen würde, wäre dies
angesichts des verbleibenden Nachteilumfangs in Höhe von etwa
20 Mio. DM letztlich unerheblich; auch ein solcher Nachteil
rechtfertigt ohne weiteres die für die Untreue bzw. die
Beihilfe hierzu verhängten Einzelfreiheitsstrafen (vgl.
§ 354 Abs. 1a StPO). 2. Der Schuldspruch wegen - wie
ausgeführt, nicht verjährter - Bestechlichkeit bzw.
Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§§
299, 300 Nr. 1 StGB) ist rechtsfehlerfrei. Auch die Bestimmung der
Konkurrenzverhältnisse zur Untreue bzw. Beihilfe dazu
hält revisionsgerichtlicher Überprüfung
stand. Zutreffend ist das Landgericht bezüglich der Untreue
und der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr bei dem
Angeklagten E (a) sowie hinsichtlich der Beihilfe zur Untreue und der
Bestechung im geschäftlichen Verkehr durch den Angeklagten M
(b) jeweils von zwei Taten im Sinne von § 53 StGB ausgegangen.
a) Regelmäßig besteht zwischen
Angestelltenbestechlichkeit und der in Aussicht gestellten
„bevorzugenden Handlung“ Tatmehrheit (BGHR UWG
§ 12 Abs. 2 Angestelltenbestechlichkeit 1; vgl. auch BGHSt 47,
22, 25 f., zu § 332 StGB). Dies gilt auch dann, wenn die Taten
auf eine einheitliche Unrechtsvereinbarung zurückgehen (vgl.
BGHSt 47, 22, 26; BGH NStZ 1987, 326, 327; BGH wistra 1993, 189, 190).
Denn die Vornahme der durch die Unrechtsvereinbarung verabredeten
unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb gehört nicht zum
Tatbestand der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (BGH
NStZ 1987, 326, 327; vgl. auch BGHSt 47, 22, 26; jeweils zu §
332 StGB).
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Tateinheit ist lediglich in solchen Fällen möglich,
in denen die Verwirklichung beider Tatbestände in einer
Ausführungshandlung zusammentrifft (BGHSt 47, 22, 26, zu
§ 332 StGB). Solches hat das Landgericht nicht festgestellt.
Verletzt hat der Angeklagte E seine Vermögensbetreuungspflicht
gegenüber der AVG erst durch den Abschluss des um den
Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages; erst dadurch
kam es auch zu einer schadensgleichen konkreten
Vermögensgefährdung (UA S. 500). Die
Unrechtsvereinbarung, mit der die Angestelltenbestechlichkeit vollendet
war (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 299 Rdn.
21), gehört angesichts der Notwendigkeit zahlreicher weiterer
Zwischenschritte im vorliegenden Fall nicht zum
Ausführungsstadium der Untreue. Soweit die Revision
für ihre Ansicht auf die Entscheidung BGHSt 47, 22 verweist,
war der dortige Fall im Tatsächlichen anders gelagert; dort
ging es um die Schaffung eines eingespielten Preisabsprachesystems
unter Einbindung weiterer Mitwettbewerber im Rahmen langfristiger
Geschäftsbeziehungen (vgl. BGHSt 47, 22, 28), nicht - wie hier
- um den Abschluss eines einzigen Vertrages. Zudem war es nach dem
Inhalt der Unrechtsvereinbarung zwar naheliegend, aber nicht einmal
zwingend notwendig, dass der Schmiergeldanteil durch eine Untreue zu
Lasten der AVG erwirtschaftet wird. Nach den Feststellungen des
Landgerichts machte sich der Angeklagte M erst nach der
Unrechtsvereinbarung vom Herbst 1993 Gedanken darüber, wie
dieser Betrag aufgebracht werden soll (UA S. 97). Erst als er erfuhr,
dass LCS über keinen „Topf“ für
solche Gelder verfügt, entschloss er sich, das verabredete
Schmiergeld durch einen entsprechenden Aufschlag auf den Werklohn zu
Lasten der AVG zu erwirtschaften. b) Rechtlich vertretbar ist das
Landgericht auch davon ausgegangen, dass die Bestechung im
geschäftlichen Verkehr und die Beihilfe zur Untreue durch den
Angeklagten M im vorliegenden Fall materiell-rechtlich als zwei Taten
im Sinne von § 53 StGB zu bewerten sind. Die Bestechung im
geschäftlichen Verkehr war bereits mit dem Abschluss der Un-
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rechtsvereinbarung im Herbst 1993 vollendet. Dagegen bestand die
Beihilfe zu der vom Angeklagten E begangenen Untreue im Abschluss des
um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages
für die von M vertretene LCS. Die Vertragsunterzeichnung durch
den Angeklagten E - die eigentliche Untreuehandlung - konnte nur zu
einem Vermögensnachteil bei der AVG führen, weil auch
der Angeklagte M den Vertrag seinerseits für die LCS
unterzeichnete. Gegenüber dieser notwendigen Mitwirkung an der
eigentlichen Untreuehandlung konnten für die Beurteilung der
Konkurrenzen die im Vorfeld begangenen Vorbereitungsbeiträge
als nachrangig bewertet werden. Selbst wenn das Landgericht das
Konkurrenzverhältnis bei dem Angeklagten M falsch beurteilt
hätte, wäre im Übrigen die
verhängte Gesamtstrafe angesichts des gleichbleibenden
Schuldumfangs als Einzelfreiheitsstrafe angemessen (vgl. § 354
Abs. 1a StPO). 3. Die Verurteilung des Angeklagten E wegen
Steuerhinterziehung in vier Fällen ist rechtsfehlerfrei. a)
Bei den erhaltenen Bestechungsgeldern handelt es sich um
erklärungspflichtige sonstige Einkünfte
gemäß § 22 Nr. 3 EStG (vgl. BFH DStRE 2000,
1187; BFHE 191, 274; BGHR AO § 393 Abs. 1
Erklärungspflicht 4 m.w.N.). Die Kapitalerträge aus
der Anlage der verschwiegenen Schmiergelder stellen
erklärungspflichtige Einkünfte aus
Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1
Nr. 7 EStG dar. Für die Jahre 1995 bis 1998 hat der Angeklagte
E solche Einkünfte in Höhe von rund 4 Mio. DM
verschwiegen und hierdurch Einkommensteuer und
Solidaritätszuschlag in der Gesamthöhe von rund 2,2
Mio. DM hinterzogen. b) Die Pflicht zur Abgabe einer
wahrheitsgemäßen Steuererklärung war auch
nicht unter dem Gesichtspunkt suspendiert, dass niemand verpflichtet
ist, sich selbst anzuklagen oder sonst zur eigenen
Überführung bei-
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zutragen (nemo tenetur se ipsum accusare; hierzu näher
Jäger NStZ 2005, 552, 556 ff. m.w.N.). aa) Ein
Steuerpflichtiger, der Einkünfte aus Bestechungsgeldern
anzugeben hat, wird seiner durch § 370 AO strafbewehrten
Erklärungspflicht regelmäßig bereits
dadurch nachkommen können, dass er diese Einkünfte
betragsmäßig offen legt und einer Einkunftsart
zuordnet, ohne die genaue Einkunftsquelle zu benennen (vgl. auch BGHR
AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 4). Denn diese
Erklärung reicht regelmäßig zu einer
Festsetzung von Einkommensteuer aus, durch die im Ergebnis eine
Verkürzung von Steuern - also der von § 370 AO
vorausgesetzte Taterfolg - vermieden wird. Derartige Angaben, durch die
sich der Steuerpflichtige nicht selbst einer Straftat bezichtigt,
sondern lediglich Einkünfte offenbart, sind ihm ohne weiteres
zumutbar. Die strafrechtliche Erzwingbarkeit dieser
Erklärungspflicht in dem genannten beschränkten
Umfang gerät regelmäßig nicht in Konflikt
mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz der
Selbstbelastungsfreiheit. bb) Soweit nach der AO darüber
hinaus Erläuterungspflichten (§§ 93 ff. AO)
bestehen, die mit den in §§ 328 ff. AO genannten
Zwangsmitteln durchsetzbar sind, ist der Steuerpflichtige
zunächst durch das Steuergeheimnis (§ 30 AO) sowie
das in § 393 Abs. 2 AO normierte begrenzte strafrechtliche
Verwertungsverbot geschützt (vgl. BVerfGE 56, 37, 47; BGHR
aaO). In dem Umfang, in dem dieser Schutz aufgrund
überragender öffentlicher Interessen durch §
393 Abs. 2 Satz 2, § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO durchbrochen wird,
gebietet der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit allenfalls, dass
sich die erzwingbare Erklärungspflicht auf die
betragsmäßige Angabe der Einkünfte als
solche beschränkt und der Steuerpflichtige nicht mit
Zwangsmitteln zur Abgabe weitergehender Erläuterungen zur -
allein hierdurch nicht ermittelbaren - deliktischen Herkunft der
Einkünfte angehalten werden kann (vgl. BGHR aaO). Nur soweit
die steuerrechtliche Pflicht zur umfassenden Auskunft mit Zwangsmitteln
durchsetzbar wäre, könnte ein Konflikt mit dem
verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz bestehen, dass
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niemand zur eigenen Überführung beitragen muss (vgl.
BVerfG - Kammer - NJW 2005, 352, 353). cc) Weder das allgemeine
Persönlichkeitsrecht noch die Menschenwürde werden
schon allein dadurch tangiert, dass ein Steuerpflichtiger zur Angabe
von Einnahmen aus Straftaten verpflichtet ist (vgl. auch BVerfG -
Vorprüfungsausschuss - wistra 1988, 302). Denn der Grundsatz
der Selbstbelastungsfreiheit schützt nicht vor einer
Bestrafung strafbaren Verhaltens, sondern lediglich vor einer
strafrechtlichen Verurteilung, die auf einem rechtlichen Zwang zur
Selbstbelastung beruht (vgl. BVerfG - Kammer - NJW 2005, 352, 353). Die
Grundrechte des Steuerpflichtigen sind jedenfalls dann gewahrt, wenn
sich die Erzwingbarkeit der Erklärung nur auf die Angabe der
Einnahme als solche und nicht auf deren - allein hierdurch nicht
ermittelbare - deliktische Herkunft bezieht. 4. Die Strafzumessung
lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten
erkennen. Insbesondere hat das Landgericht entgegen der Auffassung der
Revision des Angeklagten E bei diesem den besonders engen Zusammenhang
zwischen der Bestechlichkeit und der Steuerhinterziehung bei der
Gesamtstrafbildung (vgl. hierzu BGHR AO § 393 Abs. 1
Erklärungspflicht 4) ersichtlich dadurch hinreichend
berücksichtigt, dass es die verhängten
Einzelfreiheitsstrafen von drei Jahren, einem Jahr und sechs Monaten,
zweimal einem Jahr, neun und vier Monaten straff zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten zusammengezogen
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hat; ausdrücklicher Erwähnung bedurfte dieser
Gesichtspunkt im vorliegenden Fall nicht.
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