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BGH, Urteil vom 2. März 2005 - 5 StR 518/04


Entscheidungstext  
 
BGH, Urt. v. 2.3.2005 - 5 StR 518/04
5 StR 518/04
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom
2.03.2005
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter Anstiftung zum Mord
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 1. und 2.03.2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal,
Richter Dr. Graf
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
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am 2.03.2005 für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten
gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 18. Mai 2004
werden verworfen.
Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Die
Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft
und die dem Angeklagten durch dieses Rechtsmittel
entstandenen notwendigen Auslagen.
- Von Rechts wegen -
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter Anstiftung
zum Mord zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt.
Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer zuungunsten des Angeklagten
eingelegten Revision gegen diese Strafe. Die Revision des Angeklagten,
die mit Verfahrensrügen und der Sachrüge begründet wird, richtet
sich gegen den Schuldspruch und den Strafausspruch. Beide Rechtsmittel
bleiben ohne Erfolg.
I. Sachverhalt
Nach den Feststellungen des Landgerichts versuchte der Angeklagte,
den Zeugen P als Auftragsmörder zur Tötung eines Geschäftspartners zu
dingen. Daß der Zeuge ein nach § 110a StPO vom Bundeskriminalamt ein-
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gesetzter Verdeckter Ermittler war, erfuhr der Angeklagte erst nach seiner
Verhaftung.
II. Revision des Angeklagten
1. Die Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO), mit der beanstandet wird,
das Landgericht habe es unterlassen aufzuklären, daß der Angeklagte den
Zeugen P nach dem letzten Treffen noch dreimal angerufen und ihm klar
gemacht habe, er halte ihn für einen Polizisten, ist jedenfalls unbegründet.
Nachdem der Angeklagte sich in der Hauptverhandlung dahin eingelassen
hatte, er habe den Zeugen nach dem letzten Treffen trotz mehrfacher Versuche
nicht mehr erreicht (UA S. 15), brauchte sich dem Landgericht eine weitere
Auswertung der abgehörten Telefonate nicht aufzudrängen. In den
Überwachungsprotokollen ist für die beiden ersten Anrufe als Inhalt lediglich
„Anwahlversuch“ mitgeteilt, für den letzten Anruf ist keine Inhaltsangabe enthalten.
2. Mit der Rüge eines Verstoßes gegen § 261 StPO macht der Beschwerdeführer
geltend, das Landgericht habe fehlerhaft nicht die Diskrepanz
erörtert, daß der Vernehmungsbeamte zwar in der Hauptverhandlung
ausgesagt habe, der Angeklagte sei bei seiner ersten Befragung angesichts
der Erkenntnis, daß der vermeintliche Auftragsmörder ein Verdeckter Ermittler
war, „sehr überrascht und irritiert“ gewesen, jedoch in seinem Vermerk
über die Befragung keinen Hinweis auf eine solche Überraschung und Irritierung
aufgenommen habe.
Gerügt wird hiermit ein (sachlich-rechtlicher) Erörterungsmangel oder
eine „Aktenwidrigkeit“ der tatrichterlichen Feststellungen. Der behauptete
Widerspruch kann aber durch die Vernehmung des Zeugen ohne weiteres
ausgeräumt worden sein. Die Rüge ist daher, weil sich aus den Urteilsgründen
ein Erörterungsmangel nicht ergibt, auf eine unzulässige Rekonstruktion
der Hauptverhandlung durch das Revisionsgericht gerichtet. Ein in der
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Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannter Ausnahmefall liegt hier
nicht vor, da der von der Revision vorgetragene Akteninhalt nicht durch Urkundenbeweis
in die Hauptverhandlung eingeführt wurde (vgl. BGH, Urt.
vom 10. Juli 2001 - 5 StR 236/01 m.w.N.).
3. Sachrüge
a) Zum Schuldspruch weist das Urteil keinen Rechtsfehler zu Lasten
des Angeklagten auf.
Nach den Feststellungen liegt der beendete Versuch einer (Ketten-)
Anstiftung zum Mord vor (§§ 30 Abs. 1, 211, 52 StGB); das Landgericht hat
den Schuldspruch zutreffend gefaßt (vgl. BGH NJW 1996, 2239, 2241, insoweit
in BGHSt 42, 86 nicht abgedruckt).
Insbesondere ist die Beweiswürdigung nicht zu beanstanden. Zu deren
Überprüfung ist das Revisionsgericht nur eingeschränkt berufen und in
der Lage. Das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen,
ist Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht hat dessen Entscheidung
grundsätzlich hinzunehmen und sich auf die Prüfung zu beschränken,
ob die Urteilsgründe Rechtsfehler (vgl. § 337 StPO) enthalten. Diese sind
namentlich dann gegeben, wenn die Beweiswürdigung lückenhaft, in sich
widersprüchlich, unklar ist oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze
verstößt. Dabei brauchen die Schlußfolgerungen des Tatrichters nicht zwingend
zu sein, es genügt, daß sie möglich sind. Die Urteilsgründe müssen
aber erkennen lassen, daß die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, verstandesmäßig
einsehbaren Tatsachengrundlage beruht und daß die vom
Gericht gezogene Schlußfolgerung nicht etwa nur eine Annahme ist oder
sich als bloße Vermutung erweist, die letztlich nicht mehr als einen Verdacht
zu begründen vermag (st. Rspr., vgl. BGHSt 29, 18, 20; BGHR StPO § 261
Beweiswürdigung 2; Überzeugungsbildung 26).
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Einen Rechtsfehler in diesem Sinne enthält das Urteil zu Lasten des
Angeklagten nicht. In seinem Vorbringen zu einzelnen Tatkomplexen wendet
sich der Beschwerdeführer überwiegend gegen die Schlußfolgerungen des
Landgerichts, mit denen es die Einlassung des Angeklagten, er habe die Auftragserteilung
nicht ernst gemeint, widerlegt. Damit wird der unzulässige Versuch
unternommen, die Beweiswürdigung des Tatrichters durch eine eigene
zu ersetzen.
Der Angeklagte - der den objektiven Sachverhalt weitgehend eingeräumt
hat - erteilte dem Verdeckten Ermittler mündlich den Auftrag zur Tötung
seines Geschäftspartners. Die Strafkammer hat ausreichend dargelegt,
weshalb sie einen endgültigen und vorbehaltlosen Auftrag zur Tötung angenommen
und die Einlassung des Angeklagten, er habe die Auftragserteilung
subjektiv nicht ernst gemeint und den Verdeckten Ermittler durch falsche Angaben
auf den Arm genommen, als widerlegt ansieht. Sie hat ihre Überzeugung
naheliegend auch darauf gestützt, daß der Angeklagte schriftliche Aufzeichnungen
und Lichtbilder - in einer äußerst vorsichtigen und Fingerabdruckspuren
auf den Unterlagen vermeidenden Weise - übergab, aus denen
sehr detailliert hervorgeht, daß der Geschäftspartner das Opfer sein sollte,
und die den Verdeckten Ermittler ohne weiteres in die Lage versetzten, dessen
Tötung durchführen zu können.
Die Annahme der Strafkammer, daß der vermeintliche Auftragsmörder
keinen Vorschuß erhalten, sondern aus den nach dem Tod des Opfers einzuholenden
Geldforderungen befriedigt werden sollte, ist - zumal vor dem
Hintergrund der vorangegangenen Bemühungen des Angeklagten, den Zeugen
G zu den gleichen Zahlungsbedingungen zu beauftragen (UA S. 8) -
nicht lebensfremd und vom Revisionsgericht hinzunehmen.
Weiterhin ist es kein Widerspruch, wenn nach den Urteilsgründen der
Angeklagte einerseits wußte, daß ein Auftragsmörder nur gegen Bezahlung
zur Verfügung steht, und andererseits die Entlohnung erst nach Begehung
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der Tat erfolgen sollte; als Ausgleich für den späteren Zeitpunkt der Zahlung
wurde eine Gewinnbeteiligung vereinbart.
Auch hat das Landgericht nicht übersehen, daß der Angeklagte zwischenzeitlich
an der Authentizität des „Auftragsmörders“ zweifelte. Die Urteilsgründe
ergeben aber hinreichend, weshalb es davon überzeugt ist, daß
der Angeklagte seine Zweifel überwand und beim letzten Treffen kein ernsthaftes
Mißtrauen gegenüber dem Verdeckten Ermittler hegte.
Die weiteren den Schuldspruch betreffenden Beanstandungen erweisen
sich ebenfalls lediglich als Angriffe gegen die Überzeugungsbildung des
Tatgerichts. Die von der Revision aufgezeigten Besonderheiten sind keine
logischen Brüche. Sie sind in einer vom Revisionsgericht hinzunehmenden
Weise von der Strafkammer aufgelöst worden und hätten auch in einer Gesamtwürdigung
zu keinem anderen Ergebnis führen müssen.
b) Desgleichen ist die Strafzumessung des Landgerichts rechtsfehlerfrei.
Wegen des Einsatzes eines Verdeckten Ermittlers mußte sich dem
Landgericht bei der Bemessung der Freiheitsstrafe die Prüfung der Strafmilderungsmöglichkeit
nach § 23 Abs. 3 StGB nicht aufdrängen. § 23 Abs. 3
StGB setzt voraus, daß der Täter aus grobem Unverstand verkannt hat, daß
der Versuch nach der Art des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte,
überhaupt nicht zur Vollendung gelangen konnte. Zwar hat - was die
Strafkammer auch strafmildernd berücksichtigt hat - keine objektive Gefährdungslage
bestanden, weil bei dem Verdeckten Ermittler von vornherein kein
Tatentschluß bewirkt werden konnte. Aus grobem Unverstand handelt der
Täter aber nur dann, wenn er trotz ungeeigneten Mittels den Taterfolg für
möglich hält, weil er bei der Tatausführung von völlig abwegigen Vorstellungen
über gemeinhin bekannte Ursachenzusammenhänge ausgeht. Dabei
muß der Irrtum nicht nur für fachkundige Personen, sondern für jeden Men-
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schen mit durchschnittlichem Erfahrungswissen offenkundig, ja geradezu
handgreiflich sein (BGHSt 41, 94, 95). Das ist hier nicht der Fall.
Dem Einsatz des Verdeckten Ermittlers hat das Landgericht auch
sonst ausreichend strafmildernd Rechnung getragen. Es hat berücksichtigt,
daß der Anstoß zum letzten Treffen von diesem ausgegangen ist. Eine darüber
hinausgehende Strafmilderung war im Hinblick darauf nicht geboten,
daß der Angeklagte bereits zuvor eigene Aktivitäten und Bemühungen entfaltet
hatte, um die Tat zu verwirklichen, und daß gegen ihn bereits Tatverdacht
bestand (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 46 Rdn. 67 f.).
III. Die vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Revision der
Staatsanwaltschaft ist unbegründet.
Es stellt keinen den Rechtsfolgenausspruch gefährdenden Rechtsfehler
dar, daß das Landgericht dem Angeklagten strafmildernd zugute gehalten
hat, er habe sich dem Strafverfahren gestellt, sich teilgeständig eingelassen
und ursprünglich in geordneten Verhältnissen gelebt.
Auch konnte dem Angeklagten zugute gehalten werden, daß objektiv
keine Gefahr für den Geschäftspartner bestand. Seine weiteren Bemühun-
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gen, dessen Tötung auf andere Art und Weise zu erreichen, führten nach
den Urteilsfeststellungen zu keiner konkreten Gefährdung.
Harms Raum Brause
Schaal Graf



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