BGH,
Urt. v. 2.11.2005 - 2 StR 237/05
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 237/05
vom
2.11.2005
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung mit Todesfolge
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2.
November
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan
und der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Bode,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Otten,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
Dr. Appl,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung,
Staatsanwalt bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Frankfurt am Main vom 18.01.2005 wird verworfen.
2. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die
den Nebenklägern hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung mit
Todesfolge
zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Seine auf
Verfahrensrügen
und die Sachrüge gestützte Revision hat keinen Erfolg.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts begab sich der Angeklagte,
der am Tag zuvor nach mehrmonatigem Aufenthalt in B. nach F.
zurückgekehrt war und die Nacht in verschiedenen Clubs in F.
verbracht
hatte, am frühen Morgen des 28. März 2003 nach Ba. .
Dort wollte er aus
nicht festgestelltem Grund und ohne Ankündigung die Zeugin M.
aufsuchen,
mit der er bis zum Herbst 2002 eine kurzfristige intime Beziehung
gehabt hatte;
sie wohnte dort in einer betreuten Einrichtung. M. war nicht zu Hause,
da sie
die Nacht bei ihrem neuen Freund, dem späteren Tatopfer K.,
verbracht hatte.
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Der Angeklagte wurde von der Mitbewohnerin F. eingelassen. Auf
Veranlassung
des Angeklagten drängte diese die M. telefonisch, alsbald nach
Hause zu kommen. Der Angeklagte rauchte, während er auf M.
wartete, einen
Joint Haschisch. Mit der M. unterhielt er sich nach deren Erscheinen
kurz; sodann
drängte er sie, ihren Freund K. herbeizurufen, weil er mit ihm
sprechen
wolle. Als K. kurze Zeit später eintraf, verlangte er vom
Angeklagten eine Erklärung
für sein Erscheinen. Sowohl die M. als auch in ihrem Beisein
der K. forderten
den Angeklagten mehrfach in ruhigem Ton auf, das Haus zu verlassen.
Der Angeklagte folgte dieser Aufforderung nicht; er und K. schrien sich
nun
gegenseitig an. K. zog einen Teleskopschlagstock hervor und bedrohte den
Angeklagten damit; sodann gab er ihm eine Ohrfeige. K. machte
gegenüber der
anwesenden M. eine abfällige Bemerkung darüber, dass
der Angeklagte schon
zittere; sodann verließen K. und M. das Haus durch die
Terrassentür und entfernten
sich auf der Straße. Der Angeklagte, der sich
gedemütigt fühlte, wollte
sich "einen besseren Abgang verschaffen"; er wollte die Sache nicht auf
sich
beruhen lassen. Er holte daher aus der Küche ein 32 cm langes
Küchenmesser
und steckte es hinten in den Hosenbund; außerdem zog er seine
Jacke an. Er
hatte zwar nicht die feste Absicht, das Messer gegen K. einzusetzen;
wollte
aber die Auseinandersetzung fortsetzen und rechnete damit, dass K. den
Schlagstock einsetzen werde. Er nahm vom Wohnzimmertisch eine Zigarette,
zündete diese jedoch nicht, wie zuvor, mit dem ebenfalls dort
liegenden Feuerzeug
an, sondern folgte K. und M. durch den Garten, sprang über den
Zaun auf
die Straße und näherte sich den beiden mit den
Worten: "Habt ihr mal Feuer?"
Hierauf drehte sich der K. um, zog erneut den Teleskopschlagstock
hervor und
lief auf den Angeklagten zu. Während der folgenden verbalen
Auseinandersetzung
versetzte K. dem Angeklagten einen Schlag mit dem Schlagstock und traf
ihn am Rücken, ohne ihn hierdurch nennenswert zu verletzen.
Während sich K.
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und der Angeklagte gegenüberstanden, zog dieser nun das Messer
aus dem
Hosenbund und stach ohne jegliche Vorwarnung den K. wuchtig in die
rechte
Brustseite unterhalb des Schlüsselbeins. Der Stich drang 16 cm
tief von oben
nach unten ein, durchstieß eine Rippe und die rechte Lunge
und öffnete die
rechte Hohlader; K. verstarb innerhalb kurzer Zeit. Der Angeklagte
wollte, wie
das Landgericht festgestellt hat, den K. weder töten noch nahm
er dies billigend
in Kauf; vielmehr wollte er zum einen "die vorangegangene Niederlage
ausmerzen", in erster Linie aber den K. kampfunfähig machen
und weitere
Schläge mit dem Schlagstock verhindern. Der Angeklagte war
weder durch das
kurz vor der Tat konsumierte Haschisch noch durch den Konsum von Alkohol
und Kokain in der Nacht zuvor in seiner Einsichts- und
Steuerungsfähigkeit
beeinträchtigt; auch die bei ihm vorliegende dissoziale
Persönlichkeitsstörung
hatte keine Auswirkungen auf seine Schuldfähigkeit zur Zeit
der Tat.
2. Die Verfahrensrügen, mit denen die Revision die Ablehnung
eines
unbedingten und zweier Hilfsbeweisanträge beanstandet, sind
unbegründet.
Soweit das Landgericht Beweistatsachen als für die
Entscheidung aus tatsächlichen
Gründen ohne Bedeutung angesehen hat, war dies
rechtsfehlerfrei.
Soweit die Revision rügt, es sei über einen Antrag
auf Beiziehung einer
Akte nicht entschieden worden, trifft dies nicht zu. Die Verteidigerin
hatte die
Beiziehung der Akte und die Vernehmung von zwei sachbearbeitenden
Polizeibeamten
zum Beweis der Tatsachen beantragt, dass der Geschädigte K.
früher 15-mal polizeilich in Erscheinung getreten war, dass er
im Jahr 1995
verdächtig war, an einer gefährlichen
Körperverletzung beteiligt gewesen zu
sein, dass das damalige Tatopfer Angst vor dem K. gehabt hatte und dass
der
K. als Mitglied von "Jugendcliquen" der Polizei bekannt gewesen sei. Das
Landgericht hat die erst genannte Tatsache als wahr unterstellt und die
übrigen
Tatsachen zutreffend als bedeutungslos für die
Aufklärung der acht Jahre
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zutreffend als bedeutungslos für die Aufklärung der
acht Jahre später stattgefundenen
verfahrensgegenständlichen Tat angesehen; es hat den Antrag mit
dieser Begründung insgesamt zurückgewiesen. Der
Antrag auf "Beiziehung"
der Verfahrensakte, der auf eine bestimmte Beweiserhebung nicht
gerichtet
war, ist daher gleichfalls rechtsfehlerfrei beschieden worden.
3. Die mit der Sachrüge erhobenen Einwendungen gegen die
Beweiswürdigung
des Tatrichters greifen nicht durch. Das Landgericht hat die Einlassung
des Angeklagten zum Ablauf der Ereignisse und zu seiner Motivation
nach umfassender Würdigung insbesondere der Aussagen der
Tatzeugin M.
sowie zweier Sachverständiger als widerlegt angesehen. Die
hiergegen gerichteten
Angriffe der Revision decken Rechtsfehler nicht auf, sondern
erschöpfen
sich weitgehend in einer vom Tatgericht abweichenden eigenen
Würdigung,
teilweise auf urteilsferner Grundlage.
4. Entgegen der Ansicht der Revision und des Generalbundesanwalts ist
der Angeklagte nicht durch Notwehr gerechtfertigt.
a) Das Landgericht hat angenommen, der Angeklagte habe sich zum
Zeitpunkt des Messereinsatzes einem gegenwärtigen
rechtswidrigen Angriff
des K. ausgesetzt gesehen, sich also in einer Notwehrlage im Sinne von
§ 32
Abs. 2 StGB befunden. Seine Verteidigung durch den
lebensgefährlichen Messerstich
in die Brust ohne Androhung und Vorwarnung sei aber jedenfalls nicht
geboten gewesen. Zwar habe ein Fall der so genannten
"Absichtsprovokation"
nicht vorgelegen, denn der Angeklagte habe nicht von vornherein
beabsichtigt,
eine Notwehrlage zu provozieren, um unter deren "Deckmantel" seinerseits
einen Angriff gegen K. zu führen (vgl. dazu BGH NJW 1983,
2267; NStZ 2001,
143; 2003, 425, 427 [insoweit in BGHSt 48, 207 nicht abgedruckt]; BGH,
Beschl. vom 7. September 1993 - 5 StR 438/93; zu den unterschiedlichen
Be-
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gründungsansätzen in der Literatur vgl. Lenckner in
Schönke/Schröder, StGB
26. Aufl. vor § 32 Rdn. 23 und § 32 Rdn. 54 f.; Erb
in MüKo-StGB § 32
Rdn. 198 ff.; Herzog in NK-StGB 1. Aufl. § 32 Rdn. 113 ff.;
Tröndle/Fischer,
StGB 53. Aufl. § 32 Rdn. 23; jeweils m.w.N.). Jedoch sei ein
Fall der so genannten
"Vorsatzprovokation" gegeben (missverständlich heißt
es auf UA
S. 21, der Angeklagte habe die Notwehrlage "leichtfertig
herbeigeführt"). Der
Angeklagte habe die Möglichkeit, dass K. ihn mit dem
Schlagstock angreifen
werde, erkannt und billigend in Kauf genommen. Dies habe zu einer
Einschränkung
des Notwehrrechts geführt; der Angeklagte habe daher dem
Angriff
des K. ausweichen, zumindest aber den Einsatz des Messers zuvor androhen
müssen (UA S. 21).
b) Im Grundsatz zutreffend hat der Generalbundesanwalt darauf
hingewiesen,
dass diese rechtlichen Erwägungen des Landgerichts die
Versagung
einer Rechtfertigung durch Notwehr nicht tragen. Die bloße
Kenntnis oder die
("billigende") Annahme, ein bestimmtes eigenes Verhalten werde eine
andere
Person zu einem rechtswidrigen Angriff provozieren, kann für
sich allein nicht
zu einer Einschränkung des Rechts führen, sich gegen
einen solchen Angriff
mit den erforderlichen und gebotenen Mitteln zur Wehr zu setzen (BGH bei
Holtz MDR 1989, 492; BGH NStZ 1993, 332, 333; 2002, 425, 426;
Schönke/
Schröder/Lenckner aaO Rdn. 58; Tröndle/Fischer aaO
Rdn. 24 b m.w.N.).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt
eine Notwehreinschränkung
vielmehr voraus, dass die tatsächlich bestehende Notwehrlage
durch ein rechtswidriges, jedenfalls aber sozialethisch zu
missbilligendes
Vorverhalten des Angegriffenen verursacht worden ist und zwischen diesem
Vorverhalten und dem rechtswidrigen Angriff ein enger zeitlicher und
räumlicher
Zusammenhang besteht (vgl. BGHSt 24, 356, 358 f.; 26, 256, 257; 27,
336, 338; 39, 374, 378 f.; 42, 97, 100 f.; BGH NStZ 2003, 425, 428
[insoweit in
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BGHSt 48, 207 nicht abgedruckt]). Dieser Vorbehalt wird in der
strafrechtlichen
Literatur im Grundsatz weitgehend geteilt, wobei die Abgrenzungen
einzelner
Fallgruppen und die Begründungen im Einzelnen vielfach
umstritten sind (vgl.
zusammenfassend etwa Tröndle/Fischer aaO Rdn. 24 ff.;
Schönke/Schröder/
Lenckner aaO Rdn. 58 ff.; MüKo-Erb aaO Rdn. 205 ff.; NK-Herzog
aaO Rdn.
120 ff.; Günther in SK-StGB 7. Aufl. § 32 Rdn. 121
ff.; jew. m.w.N.).
Der Senat teilt - soweit ersichtlich in Übereinstimmung mit
der bisherigen
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - nicht die in der Literatur
vertretene
Ansicht, eine Notwehreinschränkung könne sich auch
jenseits der so genannten
Absichtsprovokation nur dann ergeben, wenn das den Angriff unmittelbar
auslösende provozierende Verhalten des Angegriffenen
rechtswidrig war (in
diese Richtung Schönke/Schröder/Lenckner aaO Rdn.
59). In die Beurteilung
einzubeziehen ist vielmehr jedenfalls auch ein der unmittelbaren
Tatsituation
vorausgehendes Verhalten des Angegriffenen, soweit es mit ihr in engem
zeitlichen
und räumlichen Zusammenhang steht, zumindest als sozialethisch
verwerflich
anzusehen und nach Kenntnis des Täters geeignet ist, einen
dann gegebenenfalls
mittels Notwehr abzuwehrenden Angriff zu provozieren. Die Bewertung
einer möglicherweise notwehreinschränkenden
Provokation muss daher
vorliegend über die den Angriff auslösende Handlung -
das Nachgehen
durch den Angeklagten und dessen vergebliche Bitte um "Feuer" - hinaus
auch
das unmittelbar vorangehende Geschehen in der Wohnung der M.
einbeziehen.
Soweit der Generalbundesanwalt die Ansicht vertreten hat, die
Vorgänge
in der Wohnung seien abgeschlossen gewesen und daher eine
Zäsur eingetreten,
wird dies von den Feststellungen nicht getragen. Danach sah der
Angeklagte
die Angelegenheit gerade nicht als beendet an und wollte sie nicht auf
sich beruhen lassen. Auch an einer adäquat kausalen
Verursachung des An-
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griffs des K. und deren Vorhersehbarkeit fehlte es nicht. Nach den
Feststellungen
sah der Angeklagte den Angriff voraus; eben deshalb bewaffnete er sich.
c) Insoweit teilt der Senat nicht die Auffassung des
Generalbundesanwalts,
ein rechtswidriges oder auch nur sozialethisch verwerfliches Verhalten
des Angeklagten sei nicht festgestellt, vielmehr allein eine Straftat
der Körperverletzung
durch das spätere Tatopfer gegen den Angeklagten. Auch die
Revision
hat insoweit ausgeführt, der Angeklagte habe "nichts getan,
was auch nur
im Entferntesten einer Provokation gleicht". Dies lässt
außer Acht, dass der
Angeklagte sowohl von der Inhaberin des Hausrechts, M., als auch -
offensichtlich
mit ihrem Einverständnis und in ihrer Anwesenheit - von deren
Freund K.
mehrfach nachdrücklich aufgefordert worden war, die Wohnung zu
verlassen.
Der Angeklagte, der sich weigerte, dieser Aufforderung nachzukommen, und
stattdessen einen lautstarken Streit begann (UA S. 7), hielt sich daher
zu Unrecht
in der Wohnung auf.
Dieses provozierende Verhalten des Angeklagten dauerte noch an, als
K. und M. ihrerseits die Wohnung verließen und auf eine
weitere Eskalation zur
Durchsetzung des Hausrechts der M. verzichteten. Wenn in dieser
Situation
der Angeklagte, weil er sich "einen besseren Abgang verschaffen" und
die Sache
"nicht auf sich beruhen lassen" wollte (UA S. 8, S. 17), unter
heimlicher
Mitnahme eines Messers und in der Annahme, K. werde ihn erneut mit
seinem
Schlagstock bedrohen, alsbald K. und M. verfolgte, sich ihnen unter
einem für
die Beteiligten offensichtlich falschen, provozierenden Vorwand
näherte (UA S.
15) und erneut eine verbale Auseinandersetzung mit K. begann, so zeigt
dies,
dass er sein insgesamt auf Angriff, Belästigung und
Provokation abzielendes
Verhalten nicht abgeschlossen hatte, sondern trotz oder gerade wegen der
nachdrücklichen Zurechtweisung fortzusetzen beabsichtigte.
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d) Ob das Zulaufen des K. auf den Angeklagen und der dann folgende
Einsatz des Schlagstocks durch K. ein rechtswidriger Angriff waren, wie
das
Landgericht angenommen hat, könnte deshalb zweifelhaft sein,
weil nähere
Feststellungen zu dem Inhalt der verbalen Auseinandersetzung zwischen
dem
Angeklagten und K. fehlen. Hierauf kommt es aber im Ergebnis deshalb
nicht
an, weil auf Grund der oben genannten Umstände auch in diesem
Fall dem
Angeklagten ein uneingeschränktes Notwehrrecht nicht zustand.
e) In welchem Maße das Recht des Angegriffenen, sich gegen
einen gegenwärtigen
rechtswidrigen Angriff mit den erforderlichen und ihm zur
Verfügung
stehenden Mitteln zur Wehr zu setzen, durch eine rechtswidrige und
vorwerfbare
Verursachung der Notwehrlage eingeschränkt ist, hängt
von den Umständen
des Einzelfalls ab, insbesondere von dem Gewicht der schuldhaften
Verursachung einerseits, dem Gewicht der drohenden Rechtsgutsverletzung
andererseits (BGHSt 39, 374, 379; 42, 97, 101; BGH NStZ 2002, 425, 426).
Vorliegend hatte der Angeklagte durch sein aufdringliches und
provozierendes
Auftreten schon die erste Auseinandersetzung in der Wohnung der M.
verursacht. Aufforderungen, sein rechtswidriges Verhalten zu beenden,
ignorierte
er und provozierte dadurch eine auch körperliche Konfrontation
mit K.,
bei welcher er nach dem Verständnis der Beteiligten unterlag.
Da er dies nicht
akzeptieren wollte, bewaffnete er sich, für K. nicht
erkennbar, mit einem lebensgefährlichen
Werkzeug und suchte erneut die Konfrontation mit K., wobei
er nach dem Zusammenhang der Urteilsgründe ersichtlich von
vornherein mit
dem Einsatz des Messers rechnete. Dieses Verhalten grenzte nahe an eine
Absichtsprovokation (vgl. BGHSt 39, 374, 378) und musste zu einer
erheblichen
Einschränkung der Notwehrbefugnis führen. Dem stand
hier die von dem
Angriff des K. ausgehende Gefahr nicht entgegen. Zwar handelt es sich
bei
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einem Teleskopschlagstock, wie ihn K. benutzte, um ein Werkzeug, mit dem
gravierende, unter Umständen sogar tödliche
Verletzungen verursacht werden
können. Vorliegend spricht aber nichts dafür, dass
der K. einen solchen lebensbedrohlichen
Einsatz des Schlagstocks beabsichtigte oder dass der Angeklagte
dies annehmen musste. Bei der vorausgegangenen Konfrontation hatte
sich K. auf die Drohung mit dem Schlagstock beschränkt und den
Angeklagten
gerade nicht damit geschlagen. Auf der Straße versetzte er
ihm einen
Schlag auf den Rücken; der Angeklagte selbst hat angegeben,
hiervon "kaum
etwas gemerkt" zu haben (UA S. 11), da er eine dicke Jacke trug.
Ersichtlich
fühlte sich der K. dem Angeklagten so überlegen, dass
er auf einen massiven
Einsatz körperlicher Gewalt verzichtete.
Der Angeklagte war daher nicht berechtigt, dem K. ohne jegliche
Vorwarnung
einen wuchtigen Messerstich in die Brust zu versetzen. Im Ergebnis
zutreffend hat das Landgericht vielmehr angenommen, dass er dem Angriff
des
K. hätte ausweichen und gegebenenfalls fliehen
müssen. Wenn dies nicht
möglich war - wofür freilich nichts spricht -,
hätte er den Gebrauch des Messers
androhen müssen. Die Abwehrhandlung des Angeklagten war daher
jedenfalls
nicht geboten, so dass die Tat nicht durch Notwehr gerechtfertigt war.
Der
rechtlich unzutreffende Ausgangspunkt des Landgerichts führt
deshalb nicht
zur Aufhebung des Urteils.
5. Auch die Strafzumessung hält rechtlicher
Überprüfung stand. Bei der
Prüfung eines minder schweren Falls gemäß
§ 227 Abs. 2 StGB hat das Landgericht
den Umstand, dass der Angeklagte sich in einer Verteidigerposition
befand
und der Getötete seinerseits aggressiv aufgetreten war,
gesehen und
ausdrücklich berücksichtigt. Seine Wertung, im
Ergebnis liege ein minder
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schwerer Fall nicht vor, ist von Rechts wegen ebenso wenig zu
beanstanden
wie die Zumessung der konkret verhängten Strafe.
Rissing-van Saan Bode Otten
Fischer Appl
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