BGH,
Urt. v. 2.10.2008 - 3 StR 236/08
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 236/08
vom
2.10.2008
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
2.10.2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
Pfister,
von Lienen,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Artan M. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der
Nebenklägerin wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 8.
Oktober 2007 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit es den
Angeklagten Artan M. betrifft.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Rechtsmittel und die der
Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen, an
eine Strafkammer des Landgerichts Hildesheim zurückverwiesen;
jedoch werden die durch das unentschuldigte Ausbleiben des Verteidigers
Rechtsanwalt K. in der Revisionshauptverhandlung am 21. August 2008
entstandenen Kosten diesem auferlegt.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird
verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und
die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hatte nach einer ersten Hauptverhandlung gegen den
Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung auf
eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten erkannt. Auf die
Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin hatte
der Senat dieses Urteil mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache
zu neuer Verhandlung und Entscheidung an
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das Landgericht zurückverwiesen (BGH, Urt. vom 16. November
2006 - 3 StR 294/06). Dieses hat den Angeklagten nunmehr wegen
gefährlicher Körperverletzung zu einer
Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
Hiergegen richten sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft, der
Nebenklägerin und des Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft
erhebt die Rüge der Verletzung materiellen Rechts; sie
beanstandet namentlich, dass dem Angeklagten die von seinem Bruder -
dem Mitangeklagten Armend M. - gegen C. geführten
tödlichen Messerstiche in keiner Form zugerechnet worden sind
und das Landgericht durch die vom Angeklagten gegen den
Türsteher Be. mit einer Teleskopstahlrute geführten
Schläge nicht als lebensgefährdende Behandlung im
Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB angesehen hat. Die
Nebenklägerin erstrebte die Verurteilung des Angeklagten wegen
Körperverletzung mit Todesfolge zum Nachteil des C. ; sie
rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Der
Angeklagte beanstandet das Verfahren und erhebt die Sachrüge,
ohne beides näher auszuführen. Die Rechtsmittel der
Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin haben Erfolg. Die
Revision des Angeklagten erweist sich als unbegründet.
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1. Die Revision der Staatsanwaltschaft
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a) Der Senat hatte das erste gegen den Angeklagten in dieser Sache
ergangene Urteil auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der
Nebenklägerin aufgehoben und ausgeführt:
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"Die Verurteilung des Angeklagten Artan M. hat keinen Bestand, weil
sich das Landgericht nicht mit der Frage befasst hat, ob und in welchem
Umfang sich dieser Angeklagte die Tat seines Bruders Armend gegen C.
nach den Grundsätzen der Mittäterschaft zurechnen
lassen muss. Selbst wenn er keine Kenntnis davon hatte, dass sein
Bruder ein Messer bei sich führte, schließt dies
nicht aus, dass er im Rahmen des festgestellten Tatplans auch
Verletzungshandlungen seines Bruders gegen C. bei dem gemeinschaftli-
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chen, auf seine Initiative zurückgehenden Angriff auf die
Türsteher voraussah und billigte. Nach den Feststellungen
liegt dies sogar nahe. Dann hätte er sich aber auch zumindest
der tateinheitlichen - gefährlichen -
Körperverletzung zum Nachteil des C. schuldig gemacht. Ob auch
eine Verurteilung nach § 227 StGB in Betracht kommt,
hängt in diesem Fall davon ab, ob er den tödlichen
Ausgang des Angriffs seines Bruders auf C. voraussehen konnte."
Obwohl das Landgericht aufgrund der neuen Hauptverhandlung keine
Feststellungen getroffen hat, die zu dem Tatgeschehen
maßgeblich von denjenigen des ersten Urteils abweichen, hat
es sich trotz der zitierten tragenden Aufhebungsgründe der
Revisionsentscheidung unverständlicherweise wiederum nicht
näher mit der Frage auseinandergesetzt, ob und in welchem
Umfang der Angeklagte sich die Tat seines Bruders gegen C. zurechnen
lassen muss. Das Landgericht hat dem Angeklagten die von seinem Bruder
gegen den Türsteher Be. gerichteten
Körperverletzungshandlungen zugerechnet (§ 224 Abs. 1
Nr. 4 StGB), obwohl diese allein in Messerstichen bestanden, der
Messereinsatz aber nach - der nicht näher begründeten
- Auffassung des Landgerichts sich gerade als Exzess des Bruders
darstellte und daher dem Angeklagten nicht angelastet werden kann (UA
S. 38); dies ist für sich nicht rechtsfehlerhaft (vgl. BGH
NStZ-RR 2006, 37 f. m. w. N.). Nach denselben Grundsätzen
könnten dem Angeklagten jedoch die von seinem Bruder gegen C.
geführten Messerstiche zumindest als nicht nach § 224
Abs. 1 Nr. 2 und 5 oder § 227 StGB qualifizierte
Körperverletzung zuzurechnen sein. Warum das Landgericht dies
allein wegen des im Messereinsatz liegenden Exzess des Bruders ablehnt,
erschließt sich nicht. Sein Urteil kann daher erneut keinen
Bestand haben.
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b) In der neuen Hauptverhandlung wird gegebenenfalls auch eine
Strafbarkeit des Angeklagten wegen Beteiligung an einer
Schlägerei zu prüfen sein. Infolge seines speziellen
Rechtsguts (vgl. BGHSt 33, 100, 104) kann § 231 StGB
grundsätzlich mit Tötungs- und
Körperverletzungsdelikten in Tateinheit
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stehen (Fischer, StGB 55. Aufl. § 231 Rdn. 11).
Darüber hinaus wird die nunmehr zur Entscheidung berufene
Strafkammer Gelegenheit haben, sich nochmals näher mit der
Frage zu befassen, ob die Schläge mit dem Teleskopschlagstock
den Qualifikationstatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB
erfüllen.
2. Die Revision der Nebenklägerin ist zulässig und
mit der Sachrüge begründet. Insoweit verweist der
Senat auf seine Ausführungen unter 1 a). Auf die erhobenen
Verfahrensrügen kommt es deshalb nicht an.
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3. Die von dem Angeklagten erhobene Verfahrensrüge ist nicht
ausgeführt und deshalb unzulässig. Im
Übrigen ist seine Revision unbegründet im Sinne des
§ 349 Abs. 2 StGB, wie der Generalbundesanwalt zutreffend
dargelegt hat.
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4. Die gesonderte Kostenentscheidung beruht auf § 145 Abs. 4
StPO. Rechtsanwalt K. ist trotz Beiordnung als Pflichtverteidiger ohne
hinreichende Entschuldigung in der Revisionshauptverhandlung am 21.
August 2008 nicht erschienen; diese musste deshalb ausgesetzt werden.
Ihm waren die hierdurch verursachten Kosten aufzuerlegen (vgl.
Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 145 Rdn. 20 f., 24).
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5. Der Senat hat die Sache an das Landgericht Hildesheim
zurückverwiesen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. StPO).
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Becker Miebach Pfister
RiBGH von Lienen Ri'inBGH Sost-Scheible
ist erkrankt und daher befindet sich im Urlaub
gehindert zu unterschreiben. und ist daher gehindert
zu unterschreiben.
Becker |