BGH,
Urt. v. 21.12.2007 - 2 StR 372/07
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 372/07
vom
21.12.2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
zu 1., 2. und 7. wegen besonders schwerer Brandstiftung u. a.
zu 3., 4., 5. und 6. wegen schweren Raubes u. a.
- 2 -
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Grund der
Hauptverhandlung vom 19.12.2007 in der Sitzung vom 21.12.2007, an denen
teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Bode,
Rothfuß,
Prof. Dr. Fischer,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten M. ,
Rechtsanwältin nur an der Verhandlung
als Verteidigerin des Angeklagten K. ,
Rechtsanwalt nur an der Verhandlung
als Verteidiger des Angeklagten Mo. ,
Rechtsanwältin nur an der Verhandlung
als Verteidigerin des Angeklagten W. ,
Rechtsanwalt nur an der Verhandlung
als Verteidiger des Angeklagten R. ,
Rechtsanwältin nur an der Verhandlung
als Verteidigerin des Angeklagten Ka. ,
Rechtsanwältin nur an der Verhandlung
als Vertreterin des Nebenklägers B. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
- 3 -
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des
Landgerichts Köln vom 8. Dezember 2006 mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben
1. im Schuldspruch, soweit
a) der Angeklagte M. und der Angeklagte K. jeweils wegen Raubes in
Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (Fall 1
der Urteilsgründe), versuchten Raubes in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung (Fall 2 der
Urteilsgründe), Diebstahls in zwei Fällen
(Fälle 7 und 8c der Urteilsgründe),
Wohnungseinbruchsdiebstahls (Fall 8a der Urteilsgründe) und
versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung (Fall 8c der
Urteilsgründe),
b) der Angeklagte Mo. wegen Diebstahls in drei Fällen
(Fälle 7, 8c und 10 der Urteilsgründe),
Wohnungseinbruchsdiebstahls (Fall 8a der Urteilsgründe),
vorsätzlicher Körperverletzung (Fall 8b der
Urteilsgründe) und versuchter räuberischer Erpressung
in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (Fall
8c der Urteilsgründe),
c) der Angeklagte P. wegen Raubes in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung (Fall 1 der
Urteilsgründe), Diebstahls in drei Fällen
(Fälle 7, 8c und 10 der Urteilsgründe) und versuchter
räuberischer Erpressung in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung (Fall 8c der
Urteilsgründe),
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d) der Angeklagte W. wegen Raubes in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung (Fall 1 der
Urteilsgründe) und versuchten Raubes in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung (Fall 2 der
Urteilsgründe),
e) der Angeklagte R. wegen vorsätzlicher
Körperverletzung (Fall 7 der Urteilsgründe) und
f) der Angeklagte Ka. wegen Diebstahls in drei Fällen
(Fälle 8c und 10 der Urteilsgründe) und versuchter
räuberischer Erpressung in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung (Fall 8c der
Urteilsgründe),
verurteilt worden ist;
2. im Rechtsfolgenausspruch bezüglich aller vorgenannten
Angeklagten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehenden Revisionen der Staatsanwaltschaft werden verworfen.
Von Rechts wegen
- 5 -
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt für schuldig
befunden: den Angeklagten M. der besonders schweren Brandstiftung (Fall
9 der Urteilsgründe), der schweren Brandstiftung (Fall 6 der
Urteilsgründe), des schweren Raubes in zwei Fällen,
davon in einem Fall in Tateinheit mit versuchter schwerer
räuberischer Erpressung (Fälle 4 und 5 der
Urteilsgründe), des Raubes in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung (Fall 1 der
Urteilsgründe), des versuchten Raubes in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung (Fall 2 der
Urteilsgründe), der versuchten räuberischen
Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher
Körperverletzung (Fall 8c der Urteilsgründe), der
gefährlichen Körperverletzung in drei Fällen
(Fälle 3, 8b und 11 der Urteilsgründe), des
Wohnungseinbruchsdiebstahls (Fall 8a der Urteilsgründe) sowie
des Diebstahls in 2 Fällen (Fälle 7 und 8c der
Urteilsgründe), den Angeklagten K. der besonders schweren
Brandstiftung (Fall 9 der Urteilsgründe), des schweren Raubes
in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit
versuchter schwerer räuberischer Erpressung (Fälle 4
und 5 der Urteilsgründe), des Raubes in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung (Fall 1 der
Urteilsgründe), des versuchten Raubes in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung (Fall 2 der
Urteilsgründe), der versuchten räuberischen
Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher
Körperverletzung (Fall 8c der Urteilsgründe), der
gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen
(Fälle 3 und 11 der Urteilsgründe), des
Wohnungseinbruchsdiebstahls (Fall 8a der Urteilsgründe) sowie
des Diebstahls in zwei Fällen (Fälle 7 und 8c der
Urteilsgründe), den Angeklagten Mo. des schweren Raubes in
Tateinheit mit versuchter schwerer räuberischer Erpressung
(Fall 5 der Urteilsgründe), der versuchten
räuberischen Erpressung in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung (Fall 8c der
Urteilsgründe), der gefährlichen
Körperverletzung
1
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in zwei Fällen (Fälle 3 und 11 der
Urteilsgründe), des Wohnungseinbruchsdiebstahls (Fall 8a der
Urteilsgründe), des Diebstahls in drei Fällen
(Fälle 7, 8c und 10 der Urteilsgründe) sowie der
Körperverletzung (Fall 8b der Urteilsgründe), den
Angeklagten P. des schweren Raubes in Tateinheit mit versuchter
schwerer räuberischer Erpressung (Fall 5 der
Urteilsgründe), der versuchten räuberischen
Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher
Körperverletzung (Fall 8c der Urteilsgründe), des
Raubes in Tateinheit mit gefährlicher
Körperverletzung (Fall 1 der Urteilsgründe), der
gefährlichen Körperverletzung (Fall 11 der
Urteilsgründe) sowie des Diebstahls in vier Fällen
(Fälle 7, 8b, 8c und 10 der Urteilsgründe), den
Angeklagten W. des schweren Raubes in Tateinheit mit versuchter
schwerer räuberischer Erpressung (Fall 5 der
Urteilsgründe), des Raubes in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung (Fall 1 der
Urteilsgründe), des versuchten Raubes in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung (Fall 2 der
Urteilsgründe) sowie der gefährlichen
Körperverletzung in zwei Fällen (Fälle 3 und
11 der Urteilsgründe), den Angeklagten R. der schweren
Brandstiftung (Fall 6 der Urteilsgründe), des schweren Raubes
in Tateinheit mit versuchter schwerer räuberischer Erpressung
(Fall 5 der Urteilsgründe), der gefährlichen
Körperverletzung (Fall 3 der Urteilsgründe) und der
Körperverletzung (Fall 7 der Urteilsgründe) und den
Angeklagten Ka. der besonders schweren Brandstiftung (Fall 9 der
Urteilsgründe), der versuchten räuberischen
Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher
Körperverletzung (Fall 8c der Urteilsgründe) sowie
des Diebstahls in drei Fällen (Fall 8c und zwei Fälle
im Fall 10 der Urteilsgründe). Das Landgericht hat gegen die
Angeklagten M. und K. jeweils unter Einbeziehung der Verurteilung durch
das Amtsgericht Köln vom 28. März 2006
Einheitsjugendstrafen von zwei Jahren und gegen den Angeklagten R. eine
Einheitsjugendstrafe von zehn Monaten verhängt, deren
Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Hinsichtlich
der Angeklagten Mo. und P. hat es die Entscheidung über die
Verhängung einer
- 7 -
Jugendstrafe für die Dauer von zwei Jahren zur
Bewährung ausgesetzt. Die Angeklagten W. und Ka. hat das
Landgericht verwarnt und ihnen verschiedene Weisungen erteilt.
Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft
mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts. Die Revisionen
führen in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang zur
Aufhebung und Zurückverweisung des angefochtenen Urteils, im
Übrigen sind sie unbegründet.
2
I.
Die Beweiswürdigung, mit der das Landgericht im Fall 7 der
Urteilsgründe einen Gewalteinsatz zum Zwecke der
Durchführung des Diebstahls verneint hat, hält der
rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
3
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen: Am Abend des
16. Februar 2006 standen die Angeklagten M. , K. , Mo. , P. und R. mit
anderen Jugendlichen an einem Kiosk, als der angetrunkene Br. auf
seinem Heimweg an ihnen vorbeikam. Die Angeklagten M. und K. folgten
ihm kurz entschlossen. Als Br. ablehnte, sie mit in seine Wohnung zu
nehmen, zog ihm M. den Schlüssel aus der Tasche. M. und K.
eilten vor Br. zur Wohnung, wobei M. aus einem Treppenhausfenster den
anderen Jugendlichen zurief, „kommt, wir gehen
rein“. Er schloss die Eingangstür zur
Einzimmerwohnung des Br. auf und ging zusammen mit K. hinein.
Während sich M. auf die Couch setzte, schaute sich K. in dem
kombinierten Wohn-/Schlafraum um und zog die eine oder andere Schublade
auf, um zu sehen, was sich darin befand. Die Angeklagten Mo. , P. und
R. erschienen zusammen mit dem Geschädigten. Der Blick des
Angeklagten P. fiel sofort auf den Computer des Geschädigten,
den dieser erst kurz zuvor auf Ratenzahlungsbasis erworben hatte. An
dem Gerät
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sitzend verständigte er sich mit K. , den Rechner mitzunehmen
und machte sich daran, die Kabel zu lösen, wobei ihm M.
zustimmend zunickte. Auch der Angeklagte Mo. , der sich beim Hochgehen
schon gedacht hatte, dass man aus der Wohnung des Br. etwas
„mitgehen lassen wollte“, sah, dass sich P. an dem
Gerät zu schaffen machte. Br. sah dies ebenfalls, er bat M.
mehrfach vergeblich, den anderen zu sagen, dass sie seine Wohnung
verlassen sollten. Er ging zu Mo. , der wie K. und R. im
Eingangsbereich der Wohnung stand, packte ihn an der Schulter und
schrie, dass sie rausgehen sollten. Hierauf nahm K. Br. in den
Schwitzkasten, R. sprühte Br. Tränengas, das auf
einem Schrank in der Wohnung gestanden hatte, ins Gesicht. Da der
Angeklagte K. auch Tränengas abbekommen hatte, ließ
er Br. los, der ins Treppenhaus lief und um Hilfe rief. K. , R. und Mo.
ergriffen die Flucht, P. und M. folgten ihnen mit dem Rechner.
Das Landgericht hat keinen vorherigen gemeinsamen Tatplan der
Angeklagten in Bezug auf eine Wegnahme von Wertgegenständen
oder einen Gewalteinsatz zu deren Ermöglichung festgestellt.
K. habe, als er Br. in den Schwitzkasten genommen habe, nach seiner
unwiderlegten Einlassung nur daran gedacht, seinem Freund Mo. zu
helfen, R. habe nach seiner unwiderlegten Einlassung zu dem Zeitpunkt
nicht realisiert gehabt, dass P. im Begriff gewesen sei, den Computer
mitzunehmen, er habe nur verhindern wollen, dass Nachbarn aufmerksam
würden und die Polizei verständigten, weil sie sich
gegen den Willen des Br. in dessen Wohnung aufgehalten hätten.
Die Aussage des Geschädigten, dass einer den Computer in der
Hand gehabt habe und er habe verhindern wollen, dass der damit
rausgehe, stehe den Einlassungen der Angeklagten nicht entgegen,
sondern ließe sich damit in Einklang bringen. Die Aussage des
Geschädigten lasse offen, wo sich P. mit dem Computer befunden
habe und wo sich K. und R. aufgehalten hätten, als Br. Mo.
anfasste; es sei durchaus möglich, dass K.
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- 9 -
und R. nicht mitbekommen hätten, dass P. den Computer schon an
sich genommen gehabt habe. Eine bereits am Kiosk getroffene Absprache,
Br. gegebenenfalls unter Anwendung von Gewalt zu bestehlen, sei nicht
wahrscheinlich, insbesondere bestünden keine Anhaltspunkte,
dass die Angeklagten den Geschädigten abgepasst
hätten.
2. Diese Beweiswürdigung ist in mehrfacher Hinsicht
fehlerhaft. Sie ist in wesentlichen Punkten lückenhaft, weil
sie belastende objektive Tatumstände nicht würdigt.
Darüber hinaus hat die Strafkammer die entlastenden Angaben
der Angeklagten ohne ausreichende Überprüfung von
deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit zugrunde gelegt (vgl. BGHSt 34,
29, 34; BGHR StPO § 261 Einlassung 6 und
Überzeugungsbildung 29; BGH Urteil vom 1. Dezember 2005 - 3
StR 243/05).
6
Der Angeklagte K. hat sich sofort nach Betreten der Einzimmerwohnung
darin umgeschaut und Schubladen aufgezogen, dies spricht
dafür, dass er selbst den Vorsatz hatte,
Wertgegenstände zu entwenden. Der Angeklagte P. hat sich
sofort daran gemacht, den Computer abzubauen, um ihn mitzunehmen,
darüber hat er mit den Angeklagten K. und M.
ausdrücklich Einvernehmen hergestellt. Der Angeklagte Mo.
hatte sich bereits gedacht, dass Wertgegenstände entwendet
werden sollten. Dies spricht ohne Weiteres dafür, dass
jedenfalls in dem Moment, als M. und K. dem Geschädigten Br.
folgten, zwischen diesen Angeklagten eine konkludente Abrede erfolgte,
in dessen Wohnung zu stehlen, und die anderen Angeklagten sich dieser
Abrede spätestens beim Betreten der Wohnung anschlossen. Dies
hat offenbar auch das Landgericht bezüglich der Angeklagten M.
, K. und Mo. so gesehen, denn es hat diese wie auch den Angeklagten P.
wegen Diebstahls verurteilt. Dass der Angeklagte K. , als er Br. in den
Schwitzkasten nahm, nur daran dachte, seinem Freund Mo. zu helfen, ist
aber unter
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diesen Umständen äußerst fernliegend,
desgleichen, dass der Angeklagte R. nicht wahrgenommen haben
könnte, dass P. den Computer an sich nahm. Dass sich R. zu
diesem Zeitpunkt im Eingangsbereich der Wohnung befand, stand seiner
Wahrnehmung jedenfalls nicht entgegen, denn es handelte sich lediglich
um eine Einzimmerwohnung und sowohl der Geschädigte als auch
K. konnten aus dem Eingangsbereich heraus das Vorgehen P. s ohne
Probleme wahrnehmen. Im Übrigen muss der Angeklagte R. auch
selbst in dem Schlaf-/Wohnraum gewesen sein, weil er Tränengas
eingesetzt hat, das dort auf einem Schrank gestanden hatte. Mit diesen
Umständen hätte sich das Landgericht deshalb
auseinandersetzen müssen.
Das Landgericht hat sich ferner in fehlerhafter Weise bemüht,
die belastende Aussage des Geschädigten Br. unter Ausblendung
der belastenden, für ihre Richtigkeit sprechenden
Umstände mit den Einlassungen der Angeklagten „in
Einklang zu bringen“. Soweit das Landgericht darauf abstellt,
dass die Aussage des Geschädigten offen lasse, wo sich P. mit
dem Computer befunden habe und wo sich K. und R. aufgehalten
hätten, als er sich Mo. „geschnappt“ habe,
lässt es seine eigenen Feststellungen (Einzimmerwohnung, K. ,
R. und Mo. im Eingangsbereich, als Br. Mo. an der Schulter packte)
unberücksichtigt. Ob eine Absprache über eine
Entwendung zwischen den Beteiligten bereits am Kiosk getroffen wurde,
ist entgegen der Auffassung des Landgerichts für die Frage, ob
der Gewalteinsatz von K. und R. der Durchführung des
Diebstahls diente, ohne Belang.
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3. Die Fehler führen dazu, im Fall 7 der
Urteilsgründe die Verurteilungen der Angeklagten M. , K. , Mo.
und P. wegen Diebstahls und des Angeklagten R. wegen
vorsätzlicher Körperverletzung aufzuheben, da
insoweit auch eine Verurteilung wegen gemeinschaftlichen schweren
Raubes (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, evtl. auch § 250
Abs. 1 Nr. 2 StGB, s. dazu unter III.) in
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Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung
(§ 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StGB) in Betracht kommt. Sollte der
neue Tatrichter erneut zu dem Ergebnis kommen, dass der Angeklagte R.
die Entwendung des Computers nicht bemerkt hatte, so hat er nach den
bisherigen Feststellungen zumindest den Tatbestand der
gefährlichen Körperverletzung durch den Einsatz des
Tränengases (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB)
erfüllt (vgl. BGH NZV 2001, 352; NStZ-RR 2004, 169).
II.
Die Verurteilung des Angeklagten Mo. (nur) wegen vorsätzlicher
Körperverletzung im Fall 8b der Urteilsgründe
hält der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht
stand. Die Beweiswürdigung, mit der das Landgericht eine im
Vorfeld getroffene Absprache, den Geschädigten
körperlich zu misshandeln, verneint hat (UA S. 71), ist
unvollständig und lässt besorgen, dass das
Landgericht zu hohe Anforderungen an die gemeinschaftliche Tatbegehung
gestellt hat. Die Beweiswürdigung lässt wesentliche
Gesichtspunkte, die für eine stillschweigende
Übereinkunft gemeinsamer Tatbegehung sprechen
könnten, außer Betracht: die Angeklagten haben auch
in anderen Fällen gemeinschaftlich Gewalt angewendet. Es lag
daher nahe, dass der Angeklagte Mo. , auch wenn er als erster zuschlug
und zutrat, sich durch die Anwesenheit der übrigen
unterstützt fühlen konnte, zumal der anwesende A. ihn
bei seinem Vorgehen mit einem Handy filmte. Bereits dies
könnte zur Tatbestandserfüllung reichen, denn eine
eigenhändige Ausführung von Verletzungshandlungen
durch mehrere Täter ist dafür nicht erforderlich
(BGHSt 5, 344 f; BGH NStZ 2000, 194 f). Für eine solche
stillschweigende Übereinkunft spricht darüber hinaus
aber auch das weitere Vorgehen der Angeklagten Re. und M. in diesem
Fall, die in unmittelbarem Fortgang des Geschehens beide
körperliche Gewalt gegen den Geschädigten B.
angewendet haben.
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III.
Die Ausführungen, mit denen das Landgericht das Bestehen einer
Bande verneint hat, lassen besorgen, dass es bei seiner Wertung
wesentliche Indizien unberücksichtigt gelassen hat bzw.
Umständen fehlerhaft eine für eine Bandenabrede
sprechende Indizwirkung aberkannt hat.
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1. Der Begriff der Bande setzt den Zusammenschluss von mindestens drei
Personen voraus, die sich mit dem Willen verbunden haben,
künftig für eine gewisse Dauer mehrere
selbständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im
Gesetz genannten Deliktstypus zu begehen. Ein „gefestigter
Bandenwille“ oder ein „Tätigwerden in
einem übergeordneten Bandeninteresse“ ist nicht
erforderlich (BGHSt - GS - 46, 321). Die Bandenabrede muss nicht
ausdrücklich getroffen werden; vielmehr genügt jede
Form auch stillschweigender Vereinbarung, die aus dem konkret
feststellbaren wiederholten deliktischen Zusammenwirken mehrerer
Personen hergeleitet werden kann (BGH NStZ 2002, 318 [319]). Es
genügt hingegen nicht, wenn sich die Täter von
vornherein nur zu einer einzigen Tat verbunden haben und in der
Folgezeit jeweils aus neuem Entschluss wiederum derartige Taten begehen
(BGH StV 1996, 99; NStZ 1996, 442; BGHR StGB § 244 Abs. 1 Nr.
3 Bande 3).
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2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts (UA S. 39) kann Straftaten,
die in wechselnder Beteiligung ohne vorherige Tatplanung spontan aus
der Situation heraus begangen werden, auch eine Bandenabrede zugrunde
liegen, wenn nämlich unter der Tätergruppe eine
grundsätzliche Übereinkunft dahin besteht, in Zukunft
sich ergebende günstige Situationen entsprechend auszunutzen.
Auch der Umstand, dass die Tätergruppe außer den
gesetzlich umschriebenen Bandentaten weitere Straftaten anderer Art
begeht (so das Landgericht UA S. 69), steht einer Bandenabrede nicht
entgegen. Die Tatsache,
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- 13 -
dass die Angeklagten hier außer Vermögensdelikten
insbesondere Körperverletzungsdelikte und auch
Brandstiftungsdelikte begangen haben, kann vielmehr sogar ein Indiz
für einen bandenmäßigen Zusammenschluss
sein. Dafür könnte sprechen, dass diese Taten
durchaus im Zusammenhang mit Eigentums- beziehungsweise
Vermögensdelikten standen, etwa die Brandstiftung im Fall 6
der Urteilsgründe erfolgte, weil kein Diebesgut gefunden wurde
und im Fall 9 der Urteilsgründe, um vorangegangene
Vermögensstraftaten zu verdecken. Im Hintergrund der
gefährlichen Körperverletzung im Fall 3 der
Urteilsgründe stand eine frühere Diebstahlstat. Einer
Bandenabrede steht auch nicht entgegen, dass die Taten im Regelfall
nicht auf eine hohe Beute gerichtet waren. Die Angeklagten haben in
ihrem Umfeld den - schwachen - Opfern alles das abgenommen, was diese
besaßen und den Angeklagten verwertbar erschien. Nicht
berücksichtigt hat das Landgericht zudem bei seiner
Abwägung, dass die Angeklagten auch weitere, nicht angeklagte
Taten begangen haben (vgl. UA S. 42) und ihr stillschweigendes
arbeitsteiliges Vorgehen, was auf einen vorhandenen Grundkonsens
hindeutet. Der Umstand, dass die Angeklagten Abnehmer in ihrem Umfeld
hatten und auch „auf Bestellung“ tätig
wurden, kann entgegen der Ansicht des Landgerichts auf eine vorhandene
und in ihrem Umfeld bekannte Bereitschaft zur Begehung
künftiger Straftaten hindeuten.
Im Übrigen hat das Landgericht die Indizien, die nach seiner
Auffassung für eine Bande sprechen könnten, jeweils
nur isoliert bewertet und nicht erkennbar die erforderliche
Gesamtwürdigung vorgenommen.
14
3. Die fehlerhafte Wertung bezüglich der Frage, ob die
Angeklagten eine Bande gebildet hatten, führt zur Aufhebung
des Schuldspruchs in den Fällen 1, 2, 8a, 8c und 10 der
Urteilsgründe hinsichtlich der an diesen Taten beteiligten
Angeklagten, weil insoweit die Möglichkeit der Verurteilung
wegen der Verwirklichung von Qualifikationstatbeständen
besteht. Hingegen bleibt der Schuld-
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spruch in den Fällen 4 und 5 der Urteilsgründe
unberührt, weil in diesen Fällen die
Qualifikationstatbestände des schweren Raubes bzw. der
versuchten schweren räuberischen Erpressung schon wegen des
Einsatzes eines Messers und eines Grillspießes
erfüllt sind.
IV.
Die Aufhebung mindestens eines Schuldspruchs bei jedem der Angeklagten
führt auch zur Aufhebung aller
Rechtsfolgenaussprüche. Zu den
Strafzumessungserwägungen in dem angefochtenen Urteil bemerkt
der Senat vorsorglich:
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1. Die Ausführungen des Landgerichts lassen besorgen, dass es
zu hohe Anforderungen an das Vorhandensein von schädlichen
Neigungen und hinsichtlich des Kriteriums der Schuldschwere (§
17 Abs. 2 JGG) gestellt hat. Werden, wie hier von den Angeklagten Mo. ,
P. , W. und Ka. , in einem relativ kurzen Zeitraum zahlreiche schwere
Straftaten begangen, drängt sich das Vorhandensein
schädlicher Neigungen auf. Schwere und besonders schwere
Brandstiftung sowie schwerer Raub sind Verbrechen, deren Begehung im
Regelfall die Verhängung von Jugendstrafe wegen Schwere der
Schuld rechtfertigt (vgl. BGH NStZ-RR 2001, 215; Senatsbeschluss vom 9.
Juli 1997 - 2 StR 315/97; OLG Düsseldorf StraFo 2007, 475).
Die Gründe, warum das Landgericht hier die Schwere der Schuld
verneint hat, vermögen nicht zu überzeugen. Soweit es
darauf abgestellt hat, dass die Angeklagten im Fall 9 der
Urteilsgründe von Panik erfasst gewesen seien, wird dies durch
die Beweiswürdigung nicht ausreichend belegt. Dass es bei
dieser Tat nicht zu Schäden grö-ßeren
Ausmaßes gekommen ist, war allein vom Zufall
abhängig.
17
2. Das Landgericht hat zum Teil die Erfüllung weiterer
Qualifikationstatbestände oder von zusätzlichen
Regelbeispielen für besonders schwere Fälle
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nicht berücksichtigt: im Fall 11 der Urteilsgründe
haben die Angeklagten Holzlatten verwendet, um den
Geschädigten G. zusammenzuschlagen, § 224 Abs. 1 Nr.
2 StGB; im Fall 8a der Urteilsgründe war der
Geschädigte B. alkoholbedingt nicht in der Lage, aufzustehen
und den Angeklagten Einhalt zu gebieten, dürfte also hilflos
im Sinne des § 243 Abs. 1 Nr. 6 1. Variante StGB gewesen sein.
Bedenken begegnet auch das Ausmaß, mit dem das Landgericht
die geringe Höhe der Beute bzw. die geringe Beuteerwartung
strafmildernd berücksichtigt hat. Gerade der Umstand, dass die
Angeklagten bereit waren, für geringe Beute schwere Straftaten
zu begehen, zeigt ihre kriminelle Energie und belegt ihre
Gefährlichkeit für die Allgemeinheit. Zudem waren die
Beutestücke oft die einzigen Wertgegenstände, die die
Opfer besaßen, die folglich durch die Taten schwer
geschädigt wurden.
Rissing-van Saan Bode Rothfuß
Fischer Roggenbuck |