BGH,
Urt. v. 21.2.2001 - 2 StR 476/00
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 476/00
vom
21. Februar 2001
in der Strafsache gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21.
Februar 2001, an der teilgenommen haben: Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Bode als Vorsitzender, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Otten,
Richter am Bundesgerichtshof Rothfuß, Prof. Dr. Fischer,
Richterin am Bundesgerichtshof Elf als beisitzende Richter,
Bundesanwalt in der Verhandlung, Oberstaatsanwalt beim
Bundesgerichtshof bei der Verkündung als Vertreter der
Bundesanwaltschaft, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kassel
vom 11. Mai 2000 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und
die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
I.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen
Mißbrauchs von Kindern in fünf Fällen sowie
wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern in zwei
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und
sechs Monaten verurteilt und ihn im übrigen freigesprochen.
Zudem hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt angeordnet. Gegen dieses Urteil richtet sich die
Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und
materiellen Rechts beanstandet.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die Verfahrensrügen
greifen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 17.
November 2000 dargelegten Gründen nicht durch. Die
Sachrüge ist unbegründet.
Der Erörterung bedarf hier allein folgendes:
1. Soweit das Landgericht bei der Gesamtstrafenbildung von einem
falschen Höchstmaß (15 Jahre statt richtig zehn
Jahre und drei Monate) ausgegangen ist, kann der Senat
ausschließen, daß die verhängte
Gesamtstrafe darauf beruht. Denn die Kammer hat die Gesamtstrafe nach
umfassender Würdigung ersichtlich dem unteren Bereich des
eröffneten Rahmens entnommen und die Einsatzstrafe von zwei
Jahren und drei Monaten nur maßvoll erhöht.
Daß der Tatrichter ohne dieses Versehen bei der Obergrenze
eine noch niedrigere Gesamtstrafe verhängt hätte, ist
angesichts der Vielzahl der Taten und der Höhe der
Einzelstrafen auszuschließen.
2. Anders als der Generalbundesanwalt sieht der Senat auch keinen
durchgreifenden Rechtsfehler, der zur Aufhebung der
Unterbringungsanordnung führen müßte.
Der Angeklagte hat den Hang, alkoholische Getränke im
Übermaß zu sich zu nehmen. Er konsumiert seit
zwanzig Jahren erhebliche Mengen Alkohol. Nach den Feststellungen des
Sachverständigen, denen die Kammer gefolgt ist, liegt beim
Angeklagten chronischer Alkoholmißbrauch vor. Daß
eine auf körperlicher Sucht beruhende
Alkoholabhängigkeit bei dem Angeklagten nicht mit Sicherheit
nachgewiesen werden konnte, steht der Annahme eines Hanges im Sinne von
§ 64 StGB nicht entgegen. Unter diesen Begriff fällt
vielmehr auch die eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende
oder durch Übung erworbene intensive Neigung zu
ständigem und übermäßigem Konsum
von Rauschmitteln (BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 1, 4 und 5; BGH,
Beschl. v. 15. November 2000 - 2 StR 413/00).
Der langjährige Alkoholmißbrauch hat - wie der
Tatrichter rechtsfehlerfrei festgestellt hat - zu einer Verflachung der
Persönlichkeit und tatbegünstigenden Enthemmung
geführt. Die Taten, bei deren Begehung der Tatrichter jeweils
die Voraussetzungen des § 21 StGB angenommen hat, gehen daher
auf den Hang zurück. Unter diesen Umständen begegnet
die Annahme der Kammer, es bestehe die Gefahr erneuter hangbedingter
erheblicher Straftaten keinen Bedenken, auch wenn der Angeklagte
möglicherweise zu dem konkreten Tatopfer keinen Kontakt mehr
haben wird.
Die hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolgs wird vom
Tatrichter im Ergebnis rechtsfehlerfrei damit begründet,
daß dem Angeklagten
- nach Einschätzung des Sachverständigen, dem die
Kammer sich angeschlossen hat - mit einer Behandlung geholfen werden
kann, zumal er in der Hauptverhandlung Einsicht in die Erforderlichkeit
seiner Unterbringung gezeigt hat.
Bode Otten Rothfuß
Fischer Elf |