BGH,
Urt. v. 22.8.2006 - 1 StR 547/05
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 547/05
vom
22.8.2006
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Betruges u. a.
- 2 -
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
22.08.2006, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Boetticher,
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Dr. P. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Dr. S. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Dr. Sch. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
- 3 -
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des
Landgerichts Mannheim vom 30.06.2005 mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben, soweit das Verfahren gegen die Angeklagten
eingestellt und der Angeklagte Dr. P. hinsichtlich des Tatkomplexes
"Augenlinsen" freigesprochen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Mit Urteil des Landgerichts Mannheim vom 3. Dezember 2002 waren die
drei Angeklagten sowie drei weitere vormals Mitangeklagte wegen
zahlreicher Betrugs- und Untreuetaten verurteilt worden, und zwar der
Angeklagte Dr. P. zur Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten auf
Bewährung und daneben zur Gesamtgeldstrafe von 330
Tagessätzen, die Angeklagten Dr. S. und Dr. Sch. jeweils zur
Gesamtgeldstrafe von 600 Tagessätzen. Das Urteil hatte der
Senat mit Beschluss vom 27. April 2004 - 1 StR 165/03 (NStZ 2004, 568)
auf die Revisionen der drei Angeklagten und des früheren
Mitangeklagten R. aufgehoben.
1
Nunmehr hat das Landgericht, nachdem zwischenzeitlich das Verfahren
gegen R. abgetrennt und ein Verfahren gegen die drei Angeklagten wegen
Steuerhinterziehung hierher verbunden worden war, diese wie folgt
verurteilt:
2
- 4 -
- den Angeklagten Dr. P. wegen Steuerhinterziehung in drei
Fällen zur Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen,
- die Angeklagten Dr. S. und Dr. Sch. jeweils wegen Steuerhinterziehung
in fünf Fällen zur Gesamtgeldstrafe von 150
Tagessätzen.
Soweit dem Angeklagten Dr. P. Betrug durch manipulierte Abrechnungen
von Augenlinsen (Tatkomplex „Augenlinsen“) und ein
weiterer Fall der Steuerhinterziehung zur Last lagen, ist er aus
tatsächlichen Gründen freigesprochen worden. Soweit
den drei Angeklagten Untreue durch manipulierte Abrechnungen von
Medikamenten (Tatkomplex „Medikamente“) vorgeworfen
wurde, ist das Verfahren wegen Verfolgungsverjährung
eingestellt worden.
3
Die Staatsanwaltschaft greift das Urteil mit ihren zu Ungunsten der
Angeklagten eingelegten und wirksam beschränkten Revisionen
an. Sie beanstandet, dass das Landgericht zu Unrecht das
Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung angenommen habe.
Mit der Sachbeschwerde rügt sie den Teilfreispruch des
Angeklagten Dr. P. hinsichtlich des Tatkomplexes
„Augenlinsen“. Die Revisionen haben Erfolg.
4
I.
1. Folgendes ist - soweit im Rahmen der Revisionen von Bedeutung
-festgestellt:
5
Die drei Angeklagten - allesamt kassenärztlich zugelassene
Augenärzte - bestellten und erwarben in den Jahren 1993 bis
1997 von dem vormals mitangeklagten Pharmahändler R.
Augenlinsen und Medikamente (Hilfs- oder Zusatzstoffe), die sie
für ambulant durchgeführte Operationen zur Behandlung
des Grauen Star verwandten. Die Kosten hierfür, die
gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen geltend gemacht und
mit denen diese letztlich belastet wurden,
6
- 5 -
waren jedoch überhöht, weil R. an die Angeklagten
umsatzbezogene Rückvergütungen (sog. kick backs)
entrichtete, was die Angeklagten den Kassen gegenüber
verschwiegen. R. zahlte an den Angeklagten Dr. P. insgesamt 500.000,-
DM, an die Angeklagten Dr. S. und Dr. Sch. zusammen insgesamt
1.848.000,- DM.
Der Abrechnungsmodus war für Augenlinsen einerseits und
Medikamente andererseits verschieden. Die Kosten für die an
den Angeklagten Dr. P. gelieferten Augenlinsen wurden diesem in
Rechnung gestellt und von ihm verauslagt. Der Angeklagte machte sodann
im Rahmen der quartalsmäßigen patientenbezogenen
Abrechnungen die Einzelpreise für die Augenlinsen
gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung geltend
und verschwieg dabei den jeweiligen Rabattanteil infolge der
Rückvergütungen. Von der Kassenärztlichen
Vereinigung wurden die Preise diversen Krankenkassen in Rechnung
gestellt, welche daraufhin die überhöhten Zahlungen
an den Angeklagten leisteten. Die Bestellung von Medikamenten seitens
der drei Angeklagten erfolgte hingegen nicht im eigenen Namen und auf
eigene Rechnung, sondern im Wege der kassenärztlichen
Verordnung (Sprechstundenbedarfsrezept) unmittelbar zu Lasten der
Krankenkassen nicht einzelfallbezogen als Operationsbedarf. Geliefert
wurden die Medikamente über den gutgläubigen
Apotheker V. , der das Rezept bei der Verrechnungsstelle für
Apotheker mit den von R. vorgegebenen Bezugspreisen einreichte. Diese
erstellte monatlich eine Gesamtabrechnung gegenüber der
örtlich zuständigen AOK und bis
einschließlich 1994 auch gegenüber der Barmer
Ersatzkasse, woraufhin die wiederum um den Rabattanteil
überhöhten Zahlungen an V. erfolgten.
7
2. Wegen der verschiedenen Abrechnungsmodi hat das Landgericht im
Ansatz zutreffend den Tatkomplex „Augenlinsen“ auf
eine Strafbarkeit wegen Betruges, den Tatkomplex
„Medikamente“ - gemäß den
Grundsätzen von
8
- 6 -
BGHSt 49, 17 - auf eine Strafbarkeit wegen Untreue geprüft und
ist sodann auf dieser Basis zu Freispruch und Einstellung gelangt.
In Bezug auf die Betrugstaten hat es sich weder von irrtumsbedingten
Vermögensverfügungen bei den
Leistungsträgern noch von einem entsprechenden
„Täuschungsvorsatz“ des Angeklagten Dr. P.
überzeugen können, da die Abrechnungen von der
Kassenärztlichen Vereinigung und von den Krankenkassen keiner
Überprüfung unterzogen worden seien. Die
Untreuehandlungen hinsichtlich des Tatkomplexes
„Medikamente“ waren nach Auffassung des
Landgerichts bereits verjährt, weil insoweit keine
Verjährungsunterbrechung erfolgt sei.
9
II.
Die Beschwerdeführerin beanstandet zu Recht die
Teileinstellungen wegen Verfolgungsverjährung. Ob ein
Verfahrenshindernis vorliegt, prüft das Revisionsgericht von
Amts wegen aufgrund eigener Sachuntersuchung unter Benutzung aller
verfügbaren Erkenntnisquellen im Freibeweisverfahren (vgl.
BGHSt 46, 307, 309; Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. §
337 Rdn. 6 m.w.N.).
10
1. Die Kammer hat die Untreuetaten mit Erhalt der
nachträglichen Kick-back-Zahlungen als materiell beendet
angesehen. Nach den Urteilsfeststellungen sind solche Zahlungen an den
Angeklagten Dr. P. vom 30. November 1994 bis zum 11. Oktober 1996, an
die Angeklagten Dr. S. und Dr. Sch. gemeinsam vom 8. Oktober 1993 bis
zum 18. Juni 1997 erfolgt (UA S. 51).
11
Das Landgericht ist der Auffassung, die Verjährungsfrist, die
nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB fünf Jahre
beträgt und nach § 78a StGB mit der materiellen
Beendigung der Taten zu laufen beginnt, sei bei Anklageerhebung - die
Anklageschrift vom 26.06.2002 ging am 5.07.2002 beim Landgericht ein -
bereits
12
- 7 -
verstrichen gewesen. Hinsichtlich des Tatkomplexes "Medikamente" seien
zuvor keine verjährungsunterbrechenden Maßnahmen im
Sinne von § 78c StGB erfolgt. Das Amtsgericht Mannheim habe
zwar am 1. September 1998 Durchsuchungsbeschlüsse gegen die
Angeklagten Dr. P. und Dr. S. sowie am 16. Juli 1999 gegen die
Angeklagten Dr. S. und Dr. Sch. erlassen (UA S. 13 f.). Die
Beschlüsse hätten jedoch nicht diesen Tatkomplex,
sondern den Tatkomplex „Augenlinsen“ betroffen (UA
S. 52 f.). Zeugenvernehmungen zweier Ermittlungsbeamter in der
Hauptverhandlung hätten ergeben, dass
Unregelmä-ßigkeiten bei der Abrechnung von
Medikamenten erst im September 2000 aufgefallen seien (UA S. 42 f., 52).
2. Ein - im Urteil nicht erwähnter - Beschlagnahmebeschluss
des Amtsgerichts Mannheim vom 25. Oktober 1999 ( - ) hat die
Verjährung nach § 78c Abs. 1 Nr. 4 StGB unterbrochen,
sodass schon deswegen die Untreuetaten, bei denen die materielle
Beendigung nach dem 25. Oktober 1994 eintrat, nicht verjährt
sind. In diesen Zeitraum fallen sämtliche Kick-back-Zahlungen
an den Angeklagten Dr. P. sowie 13 von 17 Zahlungen an die Angeklagten
Dr. S. und Dr. Sch. - ausgenommen diejenigen in den Jahren 1993 und
1994 von insgesamt 285.000,- DM (UA S. 18 f.).
13
Mit dem benannten Beschluss wurde die Beschlagnahme von Unterlagen bei
der Firma Ph. , angeordnet. Als Beschuldigte im Ermittlungsverfahren
sind dort ausdrücklich unter anderem die drei Angeklagten
bezeichnet. Der Tatvorwurf ist auf
„Abrechnungsbetrügereien“ zum Nachteil der
gesetzlichen Krankenkassen infolge von Kick-back-Zahlungen gerichtet,
wobei er auf die fehlerhafte Abrechnung von Augenlinsen und -
ausdrücklich auch - Zusatzstoffen bezogen ist. Der Beschluss
beschreibt die Verdachtslage hinreichend und genügt
verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen; er ist damit eine
taugliche richterliche Untersuchungsmaßnahme i.S.v.
§ 78c Abs. 1 Nr. 4
14
- 8 -
StGB (vgl. BGH NStZ 2000, 427, 429; 2004, 275; Beschluss vom 25. April
2006 - 5 StR 42/06 - Umdruck S. 2). Dass hinsichtlich des Tatkomplexes
„Medikamente" die zutreffende rechtliche Beurteilung im
Urteil als Untreuetaten von der Beschlussbegründung, der
zufolge den Angeklagten Betrug vorgeworfen wurde, abweicht, ist
unschädlich (vgl. G. Schäfer in FS für
Dünnebier S. 541, 545).
Eine Beschlagnahmeanordnung eines deutschen Gerichts (vgl. BGHSt 1,
325) unterbricht nach § 78c Abs. 1 Nr. 4 StGB auch dann die
Verjährung, wenn die Beschlagnahme bei Dritten erfolgen soll
und der Beschuldigte vorher weder vernommen noch von der Einleitung des
Ermittlungsverfahrens in Kenntnis gesetzt wurde (vgl.
Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27.
Aufl. § 78c Rdn. 12).
15
An der verjährungsunterbrechenden Wirkung des Beschlusses zu
zweifeln, besteht auch deshalb kein Anlass, weil die ohne Bindung an
die Urteilsfeststellungen vorzunehmende freibeweisliche
Prüfung durch den Senat ergibt, dass die
Strafverfolgungsbehörden bereits im Oktober 1999 Kenntnis von
Umständen hatten, die auf manipulierte Abrechnungen von
Medikamenten hindeuteten. Die Annahme der Kammer, die Ermittlungen
hätten erstmals im September 2000 derartige Verdachtsmomente
ergeben, kann somit nicht zutreffen. In einem Schreiben des
sachbearbeitenden Dezernenten der Staatsanwaltschaft vom 19. Mai 1999
an den Verteidiger des damaligen Mitbeschuldigten V. ( )
heißt es wörtlich: „Ich verweise insoweit
auf den Inhalt des … Durchsuchungsbeschlusses gegen den
Beschuldigten, der … sich im Hinblick auf das zugrunde
liegende Schema auch auf die Lieferung der Zusatzstoffe wie
beispielsweise Cellugel weiter übertragen
lässt“. In den Ermittlungsakten findet sich
weiterhin ein AOK-internes Schreiben vom 1. April 1998, in welchem von
Verdachtsmomenten gegen V. und andere in dem Beschluss vom 25. Oktober
1999 beschuldigte Augenärzte im Hinblick auf die Abrechnung
des Medi-
16
- 9 -
kaments Cellugel berichtet wird ( ). Der Verteidiger von V. nahm mit an
die Staatsanwaltschaft und die Steuerfahndung gerichteten
Schriftsätzen vom 25. Februar 1999 ausdrücklich
hierauf Bezug ( ).
3. Aber auch drei gegen die Angeklagten gerichtete
Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts Mannheim vom 1.
September 1998 ( , und ) haben entgegen der Auffassung der Kammer
verjährungsunterbrechende Wirkung im Sinne von § 78c
Abs. 1 Nr. 4 StGB. Dadurch sind Untreuetaten der Angeklagten Dr. S. und
Dr. Sch. , die mit drei Kick-back-Zahlungen von insgesamt 245.000,- DM
im Jahre 1994 beendet und von der Unterbrechungswirkung des oben
erwähnten Beschlusses nicht erfasst wurden, ebenfalls nicht
verjährt.
17
a) Dass, wie das Urteil feststellt (UA S. 13 f.), ein
Durchsuchungsbeschluss vom 1. September 1998 gegen den Angeklagten Dr.
Sch. nicht erlassen wurde, trifft nicht zu. Der Originalbeschluss
befindet sich zwar ebenso wenig wie die gegen die Angeklagten Dr. P.
und Dr. S. erlassenen Originalbeschlüsse bei den
Ermittlungsakten; die drei Beschlüsse sind jedoch von der
Staatsanwaltschaft in beglaubigter Abschrift vorgelegt worden. Dass die
Staatsanwaltschaft inhaltsgleiche Durchsuchungsbeschlüsse
beantragt hatte, ergibt sich auch aus der Einleitungsverfügung
für die drei Angeklagten vom 26. August 1998 ( ).
18
b) Die gleich lautenden Beschlüsse haben folgenden Inhalt:
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20
Die Durchsuchung sollte zum Zweck der Auffindung und Beschlagnahme von
Geschäfts- und sonstigen Unterlagen seit 1991 betreffend die
damaligen Mitbeschuldigten R. , V. und diesen zuzuordnende Unternehmen
sowie von sonstigen Beweismitteln bezüglich des aus der
Beschlussbegründung ersichtlichen Tatvorwurfs erfolgen. Zur
Begründung ist die Verdachtslage wie folgt dargestellt:
- 10 -
21
Der jeweilige beschuldigte Augenarzt „ist … des
Abrechnungsbetruges zum Nachteil der gesetzlichen Krankenkassen seit
1994 sowie der Einkommenssteuerhinterziehung für zwischen 1994
und 1996 verdächtig.
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Der Beschuldigte R. bezieht seit 1994 als
Geschäftsführer der R. OHG bzw. der Einzelfirma B.
… von inländischen Herstellern zur Implantation
bestimmte, intraokulare Linsen zum Preis von durchschnittlich ca. 190,-
DM pro Paar. Die Linsen verkaufte R. anschließend
papiermäßig mit einer jeweils 5-prozentigen
Provision an die von ihm wirtschaftlich beherrschte Domizilfirma Ph.
mit Sitz auf G. und in der Sc. und von dort aus weiter an den
Beschuldigten V. , dieser als Inhaber einer Apotheke in F. . Von dort
aus wurden die Linsen, die gegenständlich das Gebiet der
Bundesrepublik Deutschland nie verlassen hatten, auf Vermittlung von R.
an zahlreiche im Inland ansässige Augenärzte ...
weiterveräußert. Der Preis schwankte je nach
Beschaffenheit der Linse zwischen 308,- DM und 710,- DM. Der
durchschnittliche Verkaufspreis lag bei 476,- DM. Die letztgenannten
Preise wurden durch die Augenärzte den gesetzlichen
Krankenkassen als gesonderte Sachkosten in Rechnung gestellt und durch
diese bezahlt.
23
Es besteht der Verdacht, daß entsprechend einem gemeinsamen
Tatplan … von den Krankenkassen die Erstattung
überhöhter Sachkosten erschlichen werden sollte.
Dabei sei ein Teil des von der Tätergruppe erzielten Gewinns
an die beteiligten Augenärzte in Form von Geldzahlungen oder
Rabatten in bislang unbekannter Höhe zurückgeflossen,
ohne daß dies den Kassen gegenüber offenbart worden
sei …“
c) Die verjährungsunterbrechende Wirkung der
Beschlüsse erfasst nicht nur die Betrugstaten in Bezug auf
Augenlinsen, sondern auch die Untreuetaten in Bezug auf Medikamente.
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Generell gilt: In Wirtschaftsstrafverfahren werden
regelmäßig schon zu einem frühen Zeitpunkt
Durchsuchungen nach §§ 102, 103 StPO notwendig.
Insoweit ist es üblich und für erfolgversprechende
Ermittlungen auch geboten, auf schriftliche Unterlagen, insbesondere
über die Buchhaltung und den Zahlungsverkehr, zuzugreifen,
weil sich in den meisten Fällen erst aufgrund derartiger
Unterlagen Umstände herausstellen, die den Tatverdacht
konkretisieren sowie Schuld oder Unschuld belegen. Dies gilt
insbesondere bei Abrechnungsmanipulationen, die in einem so
frühen Verfahrensstadium regelmäßig nicht
detailliert zu umschreiben sind. Es entspricht daher einem praktischen
Bedürf-
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- 11 -
nis und ist prinzipiell nicht zu beanstanden, wenn der Tatverdacht in
den Durchsuchsuchungsbeschlüssen weit gefasst wird.
Dementsprechend genügt es für die Darstellung der
Verdachtslage, dass die Taten unter zusammenfassenden kennzeichnenden
Merkmalen bestimmbar sind, falls die Maßnahme wegen einer
Vielzahl von Taten im prozessualen Sinne erfolgt, deren Einzelheiten
die Ermittlungen noch klären müssen (vgl. BGH NStZ
2001, 191). Dies ist bei der Auslegung
verjährungsunterbrechender Durchsuchungs- und
Beschlagnahmebeschlüsse sowie bei der Ermittlung des
Verfolgungswillens der Strafverfolgungsbehörden zu bedenken.
Im Einzelnen hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze
aufgestellt: Wird in einem Verfahren wegen einer Vielzahl von Taten
ermittelt, so erstreckt sich die Unterbrechungswirkung
grundsätzlich auf alle verfahrensgegenständlichen
Taten, es sei denn der - insoweit maßgebliche -
Verfolgungswille der Strafverfolgungsbehörden ist erkennbar
auf eine oder mehrere Taten beschränkt. Für die
Bestimmung des Verfolgungswillens ist der Zweck der richterlichen
Untersuchungsmaßnahme maßgeblich. Ergibt sich
dieser nicht bereits aus deren Wortlaut, ist namentlich auf den Sach-
und Verfahrenszusammenhang abzustellen (vgl. BGH NStZ 2000, 427 m. Anm.
Jäger wistra 2000, 227; BGH NStZ 2001, 191; wistra 2002, 57;
Stree/Sternberg-Lieben aaO Rdn. 23).
26
Die Unterbrechungswirkung ergibt sich hier auch hinsichtlich des
Tatkomplexes "Medikamente" aus dem Wortlaut der Beschlüsse.
Zweck der Beschlüsse war danach das Auffinden und die
Beschlagnahme insbesondere von Unterlagen betreffend die damaligen
Mitbeschuldigten R. und V. bzw. bestimmte ihnen zuzuordnende
Unternehmen. Dieser Zweck ist für die Ermittlungen im
Tatkomplex „Medikamente“ gleichermaßen
wie im Tatkomplex „Augenlinsen“ relevant. Dem
Wortlaut der Beschlussbegründung lässt sich eine
Beschränkung des Verfolgungswillens nicht entnehmen. Die
Tatschilderung
27
- 12 -
bezieht sich zwar zunächst nur auf Augenlinsen. Die
anschließend dargelegte Schlussfolgerung geht allerdings
dahin, der Verdacht richte sich allgemein darauf, dass von den
gesetzlichen Krankenkassen die Erstattung überhöhter
Sachkosten erschlichen werden sollte.
Die in den Durchsuchungsbeschlüssen genau umschriebene
Begehungsweise genügt dem Bedürfnis, die von der
Unterbrechung betroffenen Taten von denkbar ähnlichen oder
gleichartigen Vorkommnissen, auf die sich die Verfolgung nicht bezog,
zu unterscheiden (vgl. Senat, Urt. vom 17. Februar 1981 - 1 StR 546/80
- Umdruck S. 6; BGH NStZ 2001, 191). Bei der Schilderung der Taten
tritt als bestimmendes Merkmal, welches die Taten von legalen
Verhaltensweisen unterscheidet, der Umstand hervor, dass die
Angeklagten Kick-back-Zahlungen von ihrem Lieferanten R. erhielten, die
sie gegenüber den Krankenkassen verschwiegen. Ferner ist die
Begehungsweise auch dadurch charakterisiert, dass R. zuzuordnende
Unternehmen eingebunden waren und die Lieferungen über den
Apotheker V. erfolgten. Alle diese kennzeichnenden Merkmale treffen
sowohl auf den Tatkomplex „Augenlinsen“ als auch
auf den Tatkomplex „Medikamente“ zu. Was die
Begehungsweise anbelangt, differiert zwischen den Tatkomplexen
lediglich der Abrechnungsmodus gegenüber den Krankenkassen
aufgrund unterschiedlicher sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften,
was letztlich zur Beurteilung des Tatkomplexes „Medikamente"
als Untreue - und nicht als Betrug - führt. Der
Abrechnungsmodus ist in den Beschlussbegründungen aber gerade
nicht dargestellt.
28
Ferner ist der enge Sach- und Verfahrenszusammenhang zwischen von R.
gelieferten Augenlinsen und Medikamenten evident. Es geht
nämlich gerade nicht um irgendwelche Medikamente, sondern um
solche, die bei den von den Angeklagten durchgeführten
ambulanten Operationen für das Einsetzen der Augenlinsen als
Hilfs- bzw. Zusatzstoffe verwendet wurden, die also die
29
- 13 -
Angeklagten überhaupt nur deswegen erwarben, weil ihnen die
Augenlinsen geliefert wurden. Der enge Verfahrenszusammenhang ist
insbesondere auch daran zu erkennen, dass es lebensfremd gewesen
wäre, wenn die Staatsanwaltschaft im Fall späterer
Kenntniserlangung von Unregelmäßigkeiten bei der
Abrechnung solcher Stoffe ein neues Verfahren gegen die Angeklagten
eingeleitet hätte.
4. Die Teileinstellungen bezüglich der Angeklagten Dr. S. und
Dr. Sch. können auch nicht teilweise bestehen bleiben, soweit
die Kammer die Untreuetaten bereits im Jahr 1993 als materiell beendet
angesehen hat. Zwar erfasst der Inhalt der
Durchsuchungsbeschlüsse vom 1. September 1998 nur Taten ab
1994, sodass 1993 beendete Taten bereits verjährt sind.
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Nach den Urteilsfeststellungen erfolgten die kassenärztlichen
Verordnungen seitens der Angeklagten Dr. S. und Dr. Sch. ab dem 26.
Oktober 1993 (UA S. 24). Die erste und einzige Kick-back-Zahlung im
Jahr 1993 datiert allerdings bereits auf den 8. Oktober 1993 (UA S.
18). Den Feststellungen zufolge kann es sich demnach nicht um eine -
wie für die Frage der Verjährung von der Kammer
durchgehend angenommene - nachträgliche Zahlung handeln,
sodass das Urteil insoweit unklar bleibt. Ist die Zahlung indessen
ausnahmsweise im Vorhinein erfolgt, ist nicht ausgeschlossen, dass sie
(teilweise) für Verordnungen im Jahr 1994 bestimmt war, sodass
insoweit auch die materielle Beendigung nicht vor 1994 eingetreten sein
kann.
31
III.
Der Teilfreispruch des Angeklagten Dr. P. hinsichtlich des Tatkomplexes
„Augenlinsen“ hält sachlich-rechtlicher
Überprüfung nicht stand.
32
- 14 -
1. Das Landgericht hat den Angeklagten Dr. P. aus
tatsächlichen Gründen von den
Betrugsvorwürfen freigesprochen, da es weder irrtumsbedingte
Vermögensverfügungen seitens der
Leistungsträger noch einen entsprechenden
„Täuschungsvorsatz“ des Angeklagten habe
feststellen können (UA S. 50). Den Mitarbeitern der
Kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen habe
jegliche Vorstellung über die Berechtigung der Höhe
der geltend gemachten Kosten für die Augenlinsen gefehlt, da
insoweit keine Überprüfungen vorgenommen worden seien
(UA S. 20 f.). Nach den Urteilsfeststellungen vertrat man bei der
Kassenärztlichen Vereinigung die Auffassung, die
Überprüfungspflicht für diese Kosten treffe
die Krankenkassen (UA S. 35 f.). Die Krankenkassen
überprüften die Abrechnungen aber nur bei
außergewöhnlichen Abweichungen bzw. stichprobenartig
oder unterzogen diejenigen eines Arztes insgesamt einer
Wirtschaftlichkeitsprüfung. Teilweise wurde dies damit
gerechtfertigt, dass man bei den Krankenkassen der Ansicht war, die
Kassenärztliche Vereinigung würde auch die geltend
gemachten Sachkosten überprüfen (UA S. 37 f.).
Angesichts dieser Prüfungspraxis habe nicht festgestellt
werden können, dass der Angeklagte Dr. P. davon ausging, die
Kassenärztliche Vereinigung oder die Krankenkassen
nähmen Kontrollen vor (UA S. 21, 39).
33
2. Das Landgericht hat mit rechtsfehlerhafter Begründung das
Vorliegen eines Irrtums verneint. Ob beim Verfügenden ein
Irrtum erregt oder unterhalten wurde, ist zwar Tatfrage (vgl. BGH NStZ
2000, 375); die Ausführungen im Urteil zum fehlenden Irrtum
gehen jedoch schon im rechtlichen Ausgangspunkt fehl. Das Landgericht
hat nicht bedacht, dass es jedenfalls bei dem - hier gegebenen -
standardisierten, auf Massenerledigung angelegten Abrechnungsverfahren
nicht erforderlich ist, dass der jeweilige Mitarbeiter hinsichtlich
jeder einzelnen geltend gemachten Position die positive Vorstellung
hatte, sie sei der Höhe nach berechtigt; vielmehr
genügt die stillschweigende Annahme, die ihm vorliegende
Abrechnung sei insgesamt „in Ordnung“ (vgl. BGHSt
2, 325, 326; 24,
34
- 15 -
386, 389; Tiedemann in LK 11. Aufl. § 263 Rdn. 79, 83). Daher
setzt ein Irrtum nicht voraus, dass tatsächlich eine
Überprüfung der Abrechnungen im Einzelfall
durchgeführt wurde. Dies ergibt sich hier gerade aus der
besonderen Stellung von Kassenärzten; denn das ihnen durch die
Kassenarztzulassung entgegengebrachte Vertrauen rechtfertigt
erwartungsgemäß die Herabsetzung des
Prüfungsumfangs seitens der Leistungsträger.
Vor diesem Hintergrund ist insbesondere der Schluss des Landgerichts
vom Prüfungsumfang bei den betroffenen Krankenkassen darauf,
dass bei deren Mitarbeitern kein Irrtum erregt worden sei, nicht
nachvollziehbar. So legen etwa stichprobenartige Kontrollen den Schluss
auf eine selbstverständliche Erwartungshaltung des jeweiligen
Mitarbeiters bei den nicht kontrollierten Vorgängen dahin
nahe, dass die angesetzten Kosten auch tatsächlich angefallen
sind. Auch ist sachlogische Voraussetzung für die - den
Krankenkassen regelmäßig vorbehaltene -
Wirtschaftlichkeitsprüfung, dass Prüfungsgegenstand
nur tatsächlich erbrachte Leistungen und angefallene Kosten
sind (vgl. BSG MedR 1995, 245, 248; Herffs, Der Abrechnungsbetrug des
Vertragsarztes Diss. 2002 S. 74).
35
Inwieweit das Landgericht daneben das Fehlen eines Irrtums bei den
Mitarbeitern der Kassenärztlichen Vereinigung
tragfähig begründet hat, braucht der Senat nicht zu
entscheiden (vgl. hierzu Herffs aaO S. 60 ff.). Für die
Krankenkassen gilt jedenfalls, dass diese nach den
Urteilsfeststellungen nicht wie der Kassenärztlichen
Vereinigung nachgeordnete Zahlstellen zu beurteilen sind, die ohne
eigene Prüfungskompetenz etwaige dortige Entscheidungen nur
zahlungstechnisch abwickeln (zu dieser - hier nicht vorliegenden -
Fallkonstellation vgl. den in der Gegenerklärung zitierten
Beschluss des 5. Strafsenats vom 11.10.2004 - 5 StR 389/04 [NStZ 2005,
157]).
36
- 16 -
3. Auch soweit das Landgericht den Vorsatz beim Angeklagten Dr. P.
verneint hat, begegnen die Ausführungen im Urteil - bereits
für sich gesehen - durchgreifenden Bedenken.
37
Zunächst wird die Vorstellung des Angeklagten nur unter dem
Gesichtspunkt des direkten Vorsatzes, nicht des bedingten Vorsatzes
erörtert. Das Urteil verhält sich nicht dazu, ob der
Angeklagte Fehlvorstellungen bei den Mitarbeitern der
Leistungsträger für möglich hielt und sich
um seines finanziellen Vorteils willen hiermit abfand (vgl. BGHSt 36,
1, 9 f.; BGH NStZ 1999, 32, 34). Darüber hinaus
könnte einer bestimmten Prüfungspraxis für
den Vorsatz überhaupt nur dann Bedeutung zukommen, wenn sie in
die Vorstellung des Angeklagten, was das Urteil nicht
erörtert, auf irgendeine Weise Eingang fand.
38
IV.
Für die neue Hauptverhandlung sieht der Senat Anlass zu den
folgenden Hinweisen:
39
1. Ob die von den drei Angeklagten bezogenen Medikamente unter die
(jeweils) einschlägige Sprechstundenbedarfsvereinbarung
fielen, ist entgegen der Auffassung der Kammer (UA S. 24 f.) im
Ergebnis unerheblich. Die Möglichkeit der Verordnung von
Sprechstundenbedarf - hier Operationsbedarf - zu Lasten der
Krankenkassen ergibt sich aus derartigen Vereinbarungen auf der
Grundlage von § 83 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wonach die
Kassenärztlichen Vereinigungen mit den zuständigen
Verbänden der Kassen Gesamtverträge über die
vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder
schließen; was als Sprechstundenbedarf
verordnungsfähig ist, kann dabei in den Vereinbarungen,
insbesondere in den Anlagen, definiert werden (vgl. Dahm in Rieger
[Hrsg.], Lexikon des Arztrechts 2. Aufl. 13. Lfg. Ordnungsziff. 4940
Rdn. 9, 15).
40
- 17 -
Die Strafbarkeit wegen Untreue hängt allerdings im Ergebnis
weder vom im Wege der Vertragsauslegung zu ermittelnden Inhalt der
einschlägigen Sprechstundenbedarfsvereinbarung noch von der
Anwendung des Verbringungsverbots nach § 73 AMG in den
für den Tatzeitraum geltenden Fassungen vom 27. April 1993 und
19. Oktober 1994 ab. Die Vertretungsmacht des Kassen- bzw.
Vertragsarztes geht sehr weit. Der Apotheker, der sich an die
ärztliche Verordnung hält, ist in seinem Vertrauen
auf Bezahlung des Kaufpreises durch die Krankenkasse geschützt
(vgl. BSG SozR 3-2500 § 132a Nr. 3). Er ist im Grundsatz nicht
verpflichtet, zu überprüfen, ob die
ärztliche Verordnung sachlich richtig ist. Die jeweilige
Krankenkasse kann dem Apotheker Einwendungen, die die
ärztliche Verordnung betreffen, regelmäßig
nicht entgegenhalten (vgl. BSGE 77, 194, 206; Senat, Beschluss vom 27.
April 2004 - 1 StR 165/03 - Umdruck S. 11). Aber selbst wenn sich hier
die Vertretungsmacht (vgl. BGHSt 49, 17, 19, 23 f.; BSGE aaO 200) nicht
auf die Verordnung der Produkte Cellugel und Wydase als
Sprechstundenbedarf bezogen hätte, hätten die
Angeklagten zwar als Vertreter ohne Vertretungsmacht i.S.v. §
177 Abs. 1 BGB gehandelt. Dann wäre das jeweilige
Geschäft jedoch durch die nachträgliche Zahlung
seitens der zuständigen AOK oder der Barmer Ersatzkasse
genehmigt worden, wobei sich die Genehmigung
naturgemäß nicht auf den von den Angeklagten gerade
verschwiegenen Rabattanteil hätte beziehen können. An
der Strafbarkeit eines derartigen Verhaltens nach § 266 Abs. 1
StGB würde sich hierdurch - abgesehen davon, dass der
Treubruchs- anstelle des Missbrauchstatbestands einschlägig
wäre - nichts ändern. Sollten sich die Angeklagten
sogar bewusst über die ihnen zustehende Vertretungsmacht
hinweggesetzt haben, um die jeweilige Kasse zur Zahlung zu veranlassen,
könnte dies freilich bei der Strafzumessung zu ihren Lasten
gewertet werden.
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2. Was den Tatkomplex „Augenlinsen“ anbelangt, hat
die Kammer nicht feststellen können, welche der
patientenbezogenen Abrechnungen Augenlin-
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sen, die R. an den Angeklagten Dr. P. geliefert hatte, und welche
Augenlinsen seiner sechs anderen Lieferanten betrafen. Da alle nicht
mit einer speziellen Identifizierungsnummer versehen waren, war die
Zuordnung der Augenlinsen, hinsichtlich derer Kick-back-Zahlungen
erfolgten, zu den Abrechnungen nicht möglich (UA S. 39). Die
Kammer hat somit letztlich nicht feststellen können,
gegenüber welchen Krankenkassen - allein die vierte
Quartalsabrechnung aus 1996 betraf 30 Kassen (UA S. 36) -
überhöhte Kosten abgerechnet wurden.
Sollten sich von dem nunmehr zur Entscheidung berufenen Tatgericht
hinsichtlich des Tatkomplexes „Augenlinsen“ erneut
keine Feststellungen zu konkret geschädigten Kassen treffen
lassen, stellt dies keinen Mangel des Urteils dar, der dessen Bestand
gefährden würde (vgl. Senat, Beschluss vom 27. April
2004 - 1 StR 165/03 - Umdruck S. 7 f.). Auch dann ist die
Beweisaufnahme aber wiederum auf die regelhaften internen
Abläufe bei der Kassenärztlichen Vereinigung und den
Kassen zu erstrecken (aaO S. 6), wobei es sich, da einerseits eine
Vielzahl von Kassen als Geschädigte in Betracht kommt,
andererseits die Geschädigten nicht mehr zu ermitteln sind,
nur um exemplarische Beweiserhebungen für die
Überzeugungsbildung des Tatgerichts handeln kann. Da es um
standardisierte, auf Massenerledigung angelegte Abrechnungsverfahren
geht, sind die Anforderungen an die Aufklärungspflicht (vgl.
§ 244 Abs. 2 StPO) nicht zu überspannen. Was die
Frage anbelangt, wie der Gesamtschaden auf die Tathandlungen zu
verteilen ist, wird gegebenenfalls eine Schätzung anhand der
prozentualen Gewinnmarge erforderlich sein.
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3. Dem Beschleunigungsgebot nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK wird hier
besondere Bedeutung zukommen, obwohl es sich nicht um eine Haftsache
handelt.
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Nack Boetticher Kolz
Hebenstreit Elf |