BGH,
Urt. v. 22.2.2001 - 4 StR 421/00
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 421/00
vom
22. Februar 2001
in der Strafsache gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Bankrotts u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22.
Februar 2001, an der teilgenommen haben: Richter am Bundesgerichtshof
Maatz als Vorsitzender Richter, die Richter am Bundesgerichtshof Dr.
Kuckein, Athing, die Richterin am Bundesgerichtshof Solin-Stojanovic
und der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann, als beisitzende
Richter Bundesanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
1.
Auf die Revisionen der Angeklagten Max Frank N. und Ingrid Emma M. wird
das Urteil des Landgerichts Hagen vom 3. April 2000 in den
Schuldsprüchen dahin geändert, daß ihre
Verurteilung wegen Vereitelns der Zwangsvollstreckung entfällt.
2. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten Max Frank N. und
Ingrid Emma M. sowie die Revisionen der Angeklagten Helga N. und
Dimitrios M. werden verworfen.
3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten Max Frank N. und Ingrid Emma M.
jeweils des Bankrotts in Tateinheit mit Vereiteln der
Zwangsvollstreckung sowie der fahrlässigen falschen
Versicherung an Eides Statt schuldig gesprochen; es hat gegen den
Angeklagten N. eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und gegen die
Angeklagte M. eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und vier
Monaten verhängt. Die Angeklagten Helga N. und Dimitrios M.
hat das Landgericht jeweils der Beihilfe zum Bankrott schuldig
gesprochen; es hat die Angeklagte N. zu drei Jahren, den Angeklagten M.
zu drei Jahren und vier Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.
Die Angeklagten rügen mit ihren Revisionen die Verletzung
formellen und materiellen Rechts. Die Rechtsmittel der Angeklagten Max
Frank N. und Ingrid Emma M. führen lediglich zu
Schuldspruchänderungen, die der Beschränkung des
Verfahrens durch den Senat nach § 154 a Abs. 2 StPO Rechnung
tragen. Im übrigen haben sie und die Rechtsmittel der
Angeklagten Helga N. und Dimitrios M. keinen Erfolg.
I.
Die Angeklagten Max Frank N. und Ingrid Emma M. , die ihren im Jahre
1987 verstorbenen Vater je zur Hälfte beerbt hatten,
verkauften am 17. Oktober 1991 durch notariellen Vertrag in Leipzig
belegene Grundstücke zu einem Preis von 12.662.580 DM an eine
Immobiliengesellschaft. Als Eigentümer dieser
Grundstücke war im Grundbuch seit Ende 1956 ihr Vater Max
Erich N. eingetragen, dem die damals landwirtschaftlich genutzten
Grundstücke aus dem Bodenreformfond übertragen worden
waren. Seine Eintragung war bestehen geblieben, obwohl der Rat der
Stadt Leipzig nach der Übersiedlung der Familie N. in die
Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1957 die
Rückführung der Grundstücke in den
Bodenreformfond beschlossen hatte.
Am 7. Oktober 1992 wurde auf den von dem beurkundenden Notar am 1. Juli
1992 gestellten Antrag eine Auflassungsvormerkung zu Gunsten der
Immobiliengesellschaft in das Grundbuch eingetragen. Mit Schreiben vom
27. November 1992 beantragte der Notar die Umschreibung des Eigentums
auf die Käuferin. Hiergegen legte der Freistaat Sachsen
Widerspruch ein und beantragte die Eintragung einer vorrangigen
Vormerkung zu seinen Gunsten. Antrag und Widerspruch des Freistaates
Sachsen wies das Amtsgericht Leipzig durch Beschluß vom 2.
März 1993 zurück. Nach der Umschreibung des Eigentums
an den Bodenreformgrundstücken auf die Käuferin wurde
der auf ein Notaranderkonto eingezahlte Kaufpreis bis auf einen
geringen Restbetrag, der nach Abschluß des Notaranderkontos
überwiesen wurde, am 8. März 1993 zu gleichen Teilen
an die Angeklagten Max Frank N. und Ingrid Emma M. ausgekehrt.
Das Landgericht Leipzig wies die Beschwerde des Freistaats Sachsen
gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Leipzig durch
Beschluß vom 13. Juli 1993 zurück. Zur
Begründung führte es u.a. aus, dem Fiskus stehe nur
noch der gemäß Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2
i. V. m. § 11 EGBGB gegen die Erben gerichtete Anspruch des
vormals Berechtigten zu, deren Haftung sich auf die in dem Vertrag zu
ihren Gunsten vereinbarte Leistung beschränke. Abschriften
dieses Beschlusses gingen den Angeklagten Max Frank N. und Ingrid Emma
M. spätestens am 16. Juli 1993 zu. "Spätestens zu
diesem Zeitpunkt" war ihnen und ihren Ehepartnern, den Angeklagten
Helga N. und Dimitrios M. , "bewußt, daß die
konkrete Gefahr bestand, daß der Freistaat Sachsen die
Rückzahlung des erhaltenen Kaufpreises gegen sie geltend
machen werde." Der Angeklagte N. hatte von dem an ihn ausgezahlten
Kaufpreisanteil bereits einen erheblichen Betrag u.a. für den
Erwerb eines Hauses, eines Autos und die Zahlung von Anwaltshonoraren
ausgegeben. Ferner hatte er einen Teil seiner Sparguthaben zur
Sicherung von Krediten Dritter verpfändet. Sein am 16. Juli
1993 noch vorhandenes, nicht mit Rechten Dritter belastetes
Vermögen (Spar- und Festgeldguthaben) hatte einen Wert von
3.122.880 DM. Die Angeklagte M. verfügte noch über
Spar- und Festgeldguthaben, Wertpapiere und Bargeld im Gesamtwert von
5.863.176 DM.
Die Angeklagten wollten "jede denkbare Möglichkeit der
Vollstreckung" in diese Vermögenswerte unterbinden. Da die
Bank, bei der der noch vorhandene Erlös aus dem
Grundstücksgeschäft im wesentlichen angelegt war, zu
einer vorzeitigen Auflösung der Anlagen nicht bereit war,
entschlossen sie sich, "das gesamte Vermögen der jeweiligen
Erben auf deren Ehepartner im Wege der Schenkung zu
übertragen", wobei sie "wußten und wollten,
daß die Erben durch die
Vermögensübertragungen an die Ehepartner
zahlungsunfähig wurden, da das übertragene
Vermögen nahezu das gesamte Vermögen der Erben
ausmachte". Die Schenkungsabreden wurden - mit Ausnahme der Abtretung
des nicht verpfändeten Anteils eines Wachstumssparkontos des
Angeklagten N. , die erst fünf Tage später erfolgte -
am 16. Juli 1993 durch Übertragung der jeweiligen
Vermögenswerte auf die Angeklagten Helga N. und Dimitrios M.
vollzogen. Diese übertrugen die ihnen zugewendeten Forderungen
treuhänderisch auf Rechtsanwalt B. , der die Angeklagten auf
die Möglichkeit des Zugriffs auf das Vermögen der
Beschenkten nach dem Anfechtungsgesetz hingewiesen hatte. Die
anschließende Verpfändung dieser
Vermögenswerte zur Sicherung von Krediten, die von der
Angeklagten Helga N. und den Angeklagten Ingrid Emma und Dimitrios M.
aufgenommen wurden, erfolgte, um so eine "weitergehende Sicherung vor
dem aufgrund des Anfechtungsgesetzes drohenden Zugriff" zu erreichen.
Die Angeklagten Max Frank N. und Ingrid Emma M. wurden auf die am 24.
Februar 1995 vom Freistaat Sachsen beim Landgericht Bochum erhobene
Klage als Gesamtschuldner zur Zahlung von 12.838.723,29 DM nebst Zinsen
verurteilt. Ihre Berufung wurde vom Oberlandesgericht Hamm unter
Abänderung der Zinsforderung zurückgewiesen; der
Bundesgerichtshof nahm die Revision nicht zur Entscheidung an.
Bei dem Angeklagten N. konnten im Wege der Zwangsvollstreckung
lediglich 107.967,96 DM beigetrieben werden. Die Zwangsversteigerung
seines Hauses verlief wegen vorrangiger Gläubiger fruchtlos.
Die gegen die Angeklagte M. durchgeführten
Vollstreckungsmaßnahmen hatten keinen Erfolg.
Vor dem Amtsgericht Wetter gaben der Angeklagte N. am 12. August 1996
und die Angeklagte Ingrid Emma M. am 25. September 1996
(ergänzend am 17. Dezember 1996) die eidesstattliche
Versicherung ab. Hierbei machten sie jeweils unzutreffende Angaben.
II.
Die Verfahrensbeschwerden der Angeklagten greifen nicht durch. Soweit
die Beschwerdeführer die auszugsweise Verlesung des
Schriftsatzes des früheren Verteidigers der Angeklagten Ingrid
Emma M. , Rechtsanwalt B. , an die Staatsanwaltschaft vom 4. Dezember
1997 "zum Zwecke des Beweises" rügen, bemerkt der Senat
ergänzend zu den Ausführungen des
Generalbundesanwalts in seinen Antragsschriften:
Es kann dahinstehen, ob die Rügen, mit denen unter anderem ein
Verstoß gegen § 250 Satz 2 StPO geltend gemacht
wird, zulässig sind (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Sie
sind jedenfalls unbegründet, weil das Urteil nicht auf dem
behaupteten Verfahrensverstoß beruht. Das Landgericht hat
seine Feststellungen nämlich nicht auf den Inhalt des
verlesenen Schriftsatzes, sondern auf die von den Angeklagten zu der
unentgeltlichen Übertragung der Vermögenswerte "nach
Vorhalt von Schriftsätzen des ehemaligen Verteidigers der
Angeklagten M. " abgegebenen Erklärungen gestützt.
Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl.
Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 250 Rdn.
14).
III.
Auf die Sachbeschwerden der Anklagten Max Frank N. und Ingrid Emma M.
sind die sie betreffenden Schuldsprüche jeweils dahin zu
ändern, daß die Verurteilung wegen Vereitelns der
Zwangsvollstreckung entfällt. Der Senat hat diesen Vorwurf in
der Hauptverhandlung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts
gemäß § 154 a Abs. 2 StPO von der
Verfolgung ausgenommen.
Im übrigen halten die Schuldsprüche rechtlicher
Nachprüfung stand. Der näheren Erörterung
bedürfen nur die Revisionsangriffe gegen die Anwendung des
Bankrottatbestandes des § 283 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StGB:
1. Daß die Angeklagten Max Frank N. und Ingrid Emma M. nach
den Feststellungen keine selbständige wirtschaftliche,
insbesondere auch keine unternehmerische, Tätigkeit
ausgeübt haben, hindert nicht die Anwendung des § 283
Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StGB.
a) Soweit die Beschwerdeführer meinen, nach Sinn und Zweck der
Konkursdelikte sei im Hinblick auf den Schutz der
Einzelzwangsvollstreckung in das Vermögen von Verbrauchern
durch § 288 StGB eine Beschränkung des
Anwendungsbereichs des § 283 StGB auf Täter geboten,
die sich selbständig wirtschaftlich betätigen, steht
einer solchen Auslegung schon der Wortlaut dieser Vorschrift entgegen.
Danach können Täter zwar nur Schuldner, also Personen
sein, die einem anderen zu einer vermögenswerten Leistung oder
zur Duldung einer Zwangsvollstreckung verpflichtet sind
(Lackner/Kühl StGB 23. Aufl. § 283 Rdn. 2; Tiedemann
in LK 11. Aufl. Vor § 283 Rdn. 60 m.w.N.). Dies gilt aber auch
für Nichtkaufleute, soweit sich aus einzelnen
Tatbestandsvarianten (vgl. Abs. 1 Nr. 5 und 7) nichts anderes ergibt.
Deshalb kann im übrigen jeder Schuldner Täter sein
(vgl. Kindhäuser in NK-StGB vor § 283 Rdn. 40;
Lackner/Kühl aaO; Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 54;
Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. Vor § 283 Rdn. 18;
Moosmayer, Einfluß der Insolvenzordnung 1999 auf das
Insolvenzstrafrecht S. 58, Weyand, Insolvenzdelikte 4. Aufl. S. 37).
Damit werden auch Privatkonkurse erfaßt, denn auch die zur
Tatzeit geltende Konkursordnung sah keineswegs nur Kaufleute als
potentielle Gemeinschuldner (Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 11,
59). Daher lassen die nunmehr geltenden ausdrücklichen
Regelungen des Insolvenzverfahrens über das Vermögen
von natürlichen Personen (§§ 11 Abs. 1, 304
Abs.1 InsO) entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer
keinen Rückschluß auf den Anwendungsbereich des
§ 283 StGB zu. Mit der Einführung des
Verbraucherinsolvenzverfahrens (§§ 304 ff. InsO) ist
vielmehr lediglich faktisch eine Erweiterung des Täterkreises
verbunden (vgl. Lackner/Kühl aaO; Bieneck StV 1999, 43;
Moosmayer aaO S. 63, 112, 172; Weyand aaO).
b) Der Anwendung des § 283 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StGB steht
auch nicht entgegen, daß durch die Bankrotthandlungen im
Ergebnis lediglich die Befriedigung eines "singulären
Anspruchs" vereitelt werden sollte. Auch dann, wenn nur ein
Gläubiger vorhanden ist, ist die Anwendung des
Bankrottatbestandes des § 283 StGB nach Sinn und Zweck des
Konkursstrafrechtes nicht ausgeschlossen. Zwar gilt als
geschütztes Rechtsgut der Konkursstraftatbestände -
neben überindividuellen Interessen (vgl. Samson in SK-StGB Vor
§ 283 Rdn. 3; Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 53;
Tröndle/Fischer aaO Vor § 283 Rdn. 3) - in erster
Linie die Sicherung der Konkursmasse im Interesse der gesamten
Gläubigerschaft (vgl. BGHSt 28, 371, 373; Krause NStZ 1999,
161, 162; Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 45 m.w.N.). An der
Durchführung des Konkursverfahrens kann aber auch bei
Vorhandensein nur eines Gläubigers ein rechtlich
geschütztes Interesse bestehen (so schon RGZ 11, 40, 42; vgl.
ferner RGSt 39, 326, 327; 41, 309, 314; Stree in
Schönke/Schröder StGB 25. Aufl. Vor
§§ 283 ff. Rdn. 2; Tiedemann aaO vor § 283
Rdn. 45). Daß der einzige Gläubiger eines Schuldners
seine Forderung auch im Wege der Einzelzwangsvollstreckung befriedigen
kann und insoweit durch § 288 StGB geschützt ist,
macht die Vorschrift des § 283 StGB nicht unanwendbar. Zwar
überschneiden sich die Anwendungsbereiche der
§§ 283, 288 StGB; jedoch haben sie einen
unterschiedlichen Regelungsgehalt. So setzt § 283 Abs. 2 StGB
u.a. voraus, daß die Bankrotthandlung zur
Zahlungsunfähigkeit führt. Der Tatbestand des
§ 288 StGB, der lediglich das Recht des einzelnen
Gläubigers auf Befriedigung schützt und die
Einzelvollstreckung in bestimmte Sachen und Rechte betrifft (vgl. BGHSt
16, 330, 334), ist dagegen auch dann erfüllt, wenn der
Schuldner auch nach der Vereitelungshandlung noch
zahlungsfähig ist.
2. Als Beiseiteschaffen im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB
hat das Landgericht zutreffend die Übertragung der bei ihnen
am 16. Juli 1993 noch vorhandenen Vermögenswerte durch die
Angeklagten Max Frank N. und Ingrid Emma M. an ihre Ehepartner
gewertet. Auch die Annahme, die Angeklagten hätten dadurch,
"wie von ihnen gewollt," ihre Zahlungsunfähigkeit
herbeigeführt, wird von den Feststellungen getragen.
Nach dem zur Tatzeit geltenden Konkursrecht (zur Anwendbarkeit analog
§ 2 StGB vgl. Bieneck StV 1999, 43), ist unter
Zahlungsfähigkeit das nach außen in Erscheinung
tretende, auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende, voraussichtlich
dauernde Unvermögen des Schuldners zu verstehen, seine sofort
zu erfüllenden Geldschulden noch im wesentlichen zu
befriedigen (BGHR StGB § 283 Abs. 1
Zahlungsunfähigkeit 1 und 2; Tröndle/Fischer aaO Vor
§ 283 Rdn. 8 m.N.). Die Zahlungsunfähigkeit ist in
der Regel durch eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der
fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten und der zu ihrer
Tilgung vorhandenen oder herbeizuschaffenden Mittel festzustellen (BGH
aaO; Krause aaO S.165). Eine solche Gegenüberstellung
enthält das Urteil zwar nicht. Bei der Höhe der
Forderung des Freistaates Sachsen gegen die Angeklagten Max Frank N.
und Ingrid Emma M. läßt sich den zu den
Vermögensverhältnissen der Angeklagten getroffenen
Feststellungen jedoch ohne weiteres entnehmen, daß das
Beiseiteschaffen der Vermögenswerte, nämlich ihres
gesamten liquiden Vermögens, spätestens zum Zeitpunkt
der Klageerhebung durch den Freistaat Sachsen zur
Zahlungsunfähigkeit geführt hatte.
Bereits am 16. Juli 1993 stand dem Freistaat Sachsen nach Art. 233
§ 16 Abs. 2 Satz 2 EGBGB ein fälliger auf Geldzahlung
gerichteter Anspruch zu und nicht lediglich, wie die Revisionen meinen,
ein noch auszuübendes Wahlrecht zwischen den in Art. 233
§ 11 Abs. 3 geregelten Ansprüchen. Die von den
Angeklagten Max Frank N. und Ingrid Emma M. hinsichtlich der
Bodenreformgrundstücke vorgenommenen Verfügungen sind
nach Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 1 EGBGB seit dem Inkrafttreten
des 2. Vermögensrechtsänderungsgesetzes vom 14. Juli
1992 wirksam. Infolgedessen war der sich aus Art. 233 § 11
EGBGB für den Freistaat Sachsen ergebende Anspruch nicht
zunächst auf unentgeltliche Auflassung, ersatzweise auf
Zahlung des Verkehrswertes gerichtet, sondern sogleich auf Zahlung
eines auf die Höhe des erzielten
Veräußerungserlöses beschränkten
Betrages (vgl. BGH VIZ 1998, 150; 1999,176, 177 und 616; 2000, 613).
Dieser Anspruch war gemäß § 271 Abs. 1 BGB
sofort fällig.
Soweit ferner für die Berücksichtigung
fälliger Verbindlichkeiten bei der Feststellung der
Zahlungsunfähigkeit nach dem zur Tatzeit geltenden
Rechtszustand erforderlich war, daß sie ernsthaft geltend
gemacht werden, war dies nach den Feststellungen jedenfalls seit dem
Scheitern der Vergleichsverhandlungen der Fall; nach § 17 Abs.
2 InSO kommt es nunmehr darauf nicht mehr an (Tröndle/Fischer
aaO Vor § 283 Rdn. 9 a. E.).
Die Angeklagten Max Frank N. und Ingrid Emma M. waren infolge der
Übertragung der Vermögenswerte auf ihre Ehepartner
nicht mehr in der Lage, die gegen sie bestehenden Zahlungsforderungen
im wesentlichen zu erfüllen. Bei der Beurteilung ihrer
Zahlungsfähigkeit müssen die von ihnen beiseite
geschafften Vermögenswerte außer Betracht bleiben.
Insoweit kann dahinstehen, ob dies bei der Feststellung der
Zahlungsunfähigkeit im Falle des § 283 Abs. 2 StGB
auch dann gilt, wenn der Zugriff der Gläubiger durch
Beiseiteschaffen oder Verheimlichen von Vermögenswerten
lediglich erschwert ist (OLG Frankfurt NStZ 1997, 551; Bieneck in
Müller-Gugenberger/Bieneck Wirtschaftsstrafrecht 3. Aufl.
§ 76 Rdn. 43; a.A Krause NStZ 1999, 161). Die Angeklagten
haben ihre Vermögenswerte nämlich nicht nur faktisch
entzogen. Vielmehr waren die Vermögensübertragungen,
mit denen die Schenkungsabreden dinglich vollzogen wurden
(§§ 516 Abs. 1, 518 Abs. 1 Nr. 2 BGB), wirksam. Zwar
bestand die Möglichkeit der Anfechtung dieser
Rechtsgeschäfte nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AnfG durch den
Gläubiger oder durch den Konkursverwalter nach dem zur Tatzeit
geltenden § 31 Nr. 1 KO. Die
Gläubigerbenachteiligungsabsicht, die mit den dinglichen
Vollzugsgeschäften verfolgt wurde, hatte aber unter den hier
gegebenen Umständen nicht auch deren Unwirksamkeit nach
§§ 134, 138 BGB zur Folge. Im Verhältnis zu
den Gläubigern gehen nämlich die
Anfechtungstatbestände grundsätzlich vor (vgl. BGHZ
56, 339, 355; 130, 314, 330 f.; BGH ZIP 1996, 1475; Huber AnfG 9. Aufl.
§ 1 Rdn. 66; Jaeger/Henckel KO 9. Aufl. § 29 Rdn. 200
ff., jew. m.w.N.).
Daher standen den Angeklagten die beiseite geschafften
Vermögenswerte, wie beabsichtigt, nicht mehr als liquide
Mittel zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten zur
Verfügung und sind deshalb bei Aufstellung eines
Liquiditätsstatus nicht zu berücksichtigen.
Schließlich belegen die Feststellungen auch hinreichend die
als objektive Bedingung der Strafbarkeit nach § 283 Abs. 6
StGB erforderliche Zahlungseinstellung, die spätestens mit dem
Scheitern der ersten Vollstreckungsversuche für den Freistaat
Sachsen - und damit jedenfalls einem Gläubiger, was ausreicht
(BGH NJW 1991, 980, 981) - erkennbar geworden ist. Auch der insoweit
erforderliche äußere Zusammenhang zwischen
Bankrotthandlung und Zahlungseinstellung (BGHSt 28, 231, 234;
Tröndle/Fischer aaO Vor § 283 Rdn. 17 m.N.) ist
gegeben; denn die Forderung des Freistaates Sachsen bestand bereits vor
den Bankrotthandlungen und auch noch zum Zeitpunkt der
Zahlungseinstellung (vgl. BGHSt 1, 186, 191; BGH GA 1953, 73; BGH bei
Holtz MDR 1981, 454).
V.
Die Überprüfung der Strafaussprüche hat
keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.
Insbesondere weist die Erwägung des Landgerichts, die
"Verschleierungsmaßnahmen" der Angeklagten nach dem 16. Juli
1993 müßten sich "in erheblichem Maße
strafschärfend" auswirken, einen Rechtsfehler, namentlich
einen Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB, nicht auf.
Zwar haben die Angeklagten den Tatbestand des § 283 Abs. 2 i.
V. m. Abs. 1 Nr. 1 StGB durch das Beiseiteschaffen der
Vermögensgegenstände verwirklicht, wobei die
Tathandlungen der Angeklagten Helga N. und Dimitrios M. lediglich als
Beihilfe hierzu strafbar sind. Dies steht aber der Wertung des
Landgerichts nicht entgegen, die "hartnäckigen
Verschleierungshandlungen", nämlich die nach dem 16. Juli 1993
im Anschluß an das Beiseiteschaffen der
Vermögenswerte durchgeführten
Vermögensverschiebungen, verdeutlichten "eine grobe und
verfestigte rechtsfeindliche Gesinnung." Vielmehr hat das Landgericht
damit lediglich den bei der Tat aufgewendeten Willen (§ 46
Abs. 2 Satz 2 StGB), namentlich die verbrecherische Energie und die
Handlungsintensität, strafschärfend
berücksichtigt. Dies ist rechtlich unbedenklich (vgl. BGH NStZ
1996, 398, 399).
Die Verfahrensbeschränkung, die der Senat bei den Angeklagten
Max Frank N. und Ingrid Emma M. vorgenommen hat, hat im Ergebnis keine
Auswirkungen auf die gegen sie wegen Bankrotts verhängten
Einzelstrafen. Zwar entfällt die tateinheitliche Verurteilung
wegen Vereitelns der Zwangsvollstreckung. Entgegen der Auffassung der
Beschwerdeführer belegen die Feststellungen aber,
daß die Angeklagten durch die Bankrotthandlungen zugleich
auch den Tatbestand des § 288 Abs. 1 StGB verwirklicht haben.
Insbesondere drohte ihnen bereits am 16. Juli 1993 die
Zwangsvollstreckung, denn die nachhaltigen Bemühungen des
Freistaates Sachsen, die Eigentumsumschreibung zu verhindern,
ließen auf die Absicht schließen, nach deren
Scheitern wegen der Zahlungsforderung die Vollstreckung zu betreiben
(vgl. BGH bei Holtz MDR 1977, 638; Tröndle/Fischer aaO
§ 288 Rdn. 4). Eine wegen Fehlens eines rechtzeitig gestellten
Strafantrages - wie möglicherweise hier - nicht verfolgbare
Tatbestandserfüllung kann, wenn auch mit geringerem Gewicht,
berücksichtigt werden (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2
Tatumstände 9, 12). Der Senat schließt aus,
daß das Landgericht wegen des Bankrotts jeweils mildere
Strafen verhängt hätte, wenn es vom Fehlen eines
wirksamen Strafantrages ausge-
gangen wäre, zumal es die Verwirklichung des § 288
StGB nicht ausdrücklich strafschärfend gewertet hat.
Maatz Kuckein Athing
Solin-Stojanovic Ernemann |