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BGH, Urteil vom 22. März 2002 - 2 StR 517/01


Entscheidungstext  
 
BGH, Urt. v. 22.3.2000 - 3 StR 10/00
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 10/00
vom
22. März 2000
in der Strafsache gegen
wegen Beihilfe zum Mord
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. März 2000, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Kutzer, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Miebach, Winkler, Pfister, von Lienen als beisitzende Richter, Bundesanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt als Verteidiger, Rechtsanwalt als Vertreter der Nebenkläger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Nebenkläger wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 16. Juni 1999, soweit es den Angeklagten Ö. betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die
Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Mord zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts; er sei allenfalls wegen versuchter Beihilfe zum Totschlag zu verurteilen. Seine Revision erweist sich als unbegründet. Die Eltern des Mordopfers beanstanden als Nebenkläger die Verletzung materiellen Rechts und erstreben - nach neuer Verhandlung - eine Verurteilung des Angeklagten wegen Anstiftung zum Habgier- und Heimtücke-Mord. Ihr Rechtsmittel hat Erfolg.
I. Den getroffenen Feststellungen zufolge drängte die Mitangeklagte G. über längere Zeit ihren Liebhaber O. , ihren Ehemann Sven G. zu töten. O. erklärte sich schließlich bereit, ihn erschießen zu lassen. Er hatte vor, den damals 20jährigen A. für die Tötung zu gewinnen. O. weihte daraufhin den Angeklagten in diesen Plan ein. Dieser sollte ihm helfen, A. zur Tatausführung zu überreden. O. wußte um dessen gutes, "brüderliches" Verhältnis zu A. und hoffte, dieser würde auf seinen "großen Bruder" hören.
Nachdem der Angeklagte den A. darauf angesprochen hatte, O. wolle ihn sprechen, kam es zu einem Treffen in einem italienischen Eiscafé am 22. September 1996, bei dem O. , die Mitangeklagte, der Angeklagte und A. anwesend waren. O. erklärte, die Mitangeklagte, die von ihrem Mann ständig mißhandelt werde, müsse vor diesem geschützt und deren Mann getötet werden. O. fragte A. , ob er jemanden kenne, der einen anderen für Geld zusammenschlagen würde. Als Belohnung stellte er 70.000 bis 80.000 DM sowie seinen BMW in Aussicht, die sich A. dabei verdienen könne. Außerdem versprach er, sich nach einer deutschen Frau umzusehen, die er heiraten könne, um in Deutschland zu bleiben. A. ging zunächst auf diese Angebote nicht ein, sondern antwortete, daß er sich umhören werde.
Zu viert fuhr man anschließend zum Wohnhaus der Eheleute G. , um sich die örtlichen Gegebenheiten näher anzusehen. Auf der Fahrt wiederholte O. , daß Sven G. getötet werden sollte. Der Angeklagte war sehr empört über die Mißhandlungen der Mitangeklagten. Unterwegs entnahm er dem Handschuhfach die spätere Tatwaffe und zeigte sie dem Zeugen A. . Am Wohnhaus des späteren Tatopfers angekommen machte sich
A. einige Notizen und schrieb das von der Mitangeklagten genannte Kennzeichen des Fahrzeuges des Sven G. auf. O. wies darauf hin, daß dies ein ruhiger Ort sei, hier könne man den Mann der Mitangeklagten niedermachen.
An diesem Nachmittag redete der Angeklagte dem A. zu, daß er die Sache doch selbst erledigen sollte, bevor ein anderer soviel Geld verdiene. Er sei doch ein starker junger Mann und es werde gut für ihn gesorgt werden. Er werde heiraten und in Deutschland Arbeiter sein.
Später setzte O. den Angeklagten und A. vor einem Arbeiterwohnheim ab. Dort legte der Angeklagte seine Hand auf die Schulter des
A. und sagte, daß er sich auf ihn verlasse. A. sagte zu diesem Zeitpunkt weder zu, Sven G. zu töten, noch sich deswegen wieder bei O. zu melden.
Zwei Tage später setzte sich O. erneut mit A. in Verbindung, holte diesen gegen 19.00 Uhr ab und eröffnete ihm, daß Sven G. an diesem Abend unter Ausnutzung des Überraschungsmoments beim Verlassen des Grundstücks getötet werden sollte. Am Grundstück des späteren Tatopfers angekommen, kamen A. erneut Bedenken. O. bestand jedoch darauf, daß Sven G. an diesem Tag sterben müsse. A. redete er zu, er sei doch ein Mann und werde das schon schaffen. Er redete solange auf den noch immer zögernden A. ein, bis dieser sich bereiterklärte, Sven G. wie geplant zu erschießen. Dabei dachte A. an die Worte des Angeklagten, er sei doch jung und stark und solle sich das viele Geld lieber selbst verdienen, bevor es ein anderer bekomme, und erhoffte sich die in Aussicht gestellte finanzielle Belohnung. Außerdem dachte er, O. werde auch sein Versprechen einlösen, ihm die Heirat mit einer deutschen Staatsangehörigen zu vermitteln.
Als gegen 22.50 Uhr Sven G. mit seinem Fahrzeug die Einfahrt des Grundstückes verließ und auf die am Haus vorbeiführende Straße einbog, wurde er von A. , dem O. zuvor die Pistole übergeben hatte, erschossen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord verurteilt. O. und A. sind wegen gemeinschaftlichen Mordes rechtskräftig verurteilt, O. zu lebenslanger Freiheitsstrafe, A. zu acht Jahren Jugendstrafe. Die Revision der Mitangeklagten G. , die in dem angefochtenen Urteil wegen gemeinschaftlichen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, hat der Senat mit Beschluß vom heutigen Tag gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
II. Revision der Nebenkläger Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision der Nebenkläger erstrebt - nach neuer Verhandlung - die Verurteilung des Angeklagten wegen Anstiftung zum Habgier- und Heimtücke-Mord.
Die Begründung, mit der das Landgericht Anstiftung abgelehnt und Beihilfe angenommen hat, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Ausführungen zu einer gemeinschaftlich begangenen Anstiftung und zur Abgrenzung von Beihilfe zur Anstiftung fehlen.
Das Landgericht hat die Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord damit begründet, daß die Worte des Angeklagten bei der Entscheidung zur Tat bei A. fortgewirkt hätten. Zwar habe sich A. erst am Tattag aufgrund weiteren Zuredens durch den Zeugen O. endgültig entschlossen. Dennoch hätten ihn dabei die Worte des Angeklagten beeinflußt. Dieser habe jedenfalls mit bedingtem Vorsatz gehandelt, da er mindestens für möglich hielt, daß Sven G. getötet werden sollte, dies habe er auch in Kauf genommen. Der Angeklagte habe auch gewußt, daß A. eine beträchtliche Geldsumme als Belohnung für die Tat erhalten sollte und insofern aus Habgier handelte, wenngleich dieses Merkmal bei dem Angeklagten persönlich gefehlt habe.
Eine Anstiftung durch den Angeklagten hat die Kammer dagegen nicht festgestellt. Dessen Tatbeitrag sei nicht allein entscheidend gewesen. Auch mangele es bei dem Angeklagten am eigenen Interesse hinsichtlich des Taterfolges. Es sei nicht ersichtlich, daß sich der Angeklagte vom Gelingen der Tat irgendwelche Vorteile versprochen habe.
Die Bejahung einer Anstiftung setzt indes weder voraus, daß der Tatbeitrag "allein" entscheidend war, noch, daß der Täter ein eigenes Interesse am Taterfolg hat. Mit seiner gegenteiligen Auffassung hat sich das Schwurgericht den Blick für die rechtlich zutreffende Beurteilung der Tatbeteiligung des Angeklagten verstellt.
1. Anstiftung im Sinne des § 26 StGB ist die vorsätzliche Bestimmung eines anderen zur Begehung einer vorsätzlichen rechtswidrigen Tat. Unter Bestimmen ist die Einflußnahme auf den Willen eines anderen zu verstehen, die diesen zu dem im Gesetz beschriebenen Verhalten bringt. In welcher Form und durch welche Mittel die Einflußnahme erfolgt, ist gleich (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. vom 20. Januar 2000 - 4 StR 400/99; zum Abdruck in BGHSt bestimmt).
Der Zeuge O. hat A. vorsätzlich zur Ermordung des Sven G.
bestimmt. An der rechtlichen Qualifikation dieser Handlung als Anstiftung ändert sich nichts dadurch, daß O. wegen gemeinschaftlich mit A. begangenen Mordes verurteilt ist und die Anstiftung in dem Mord als der schwereren Tat aufgeht (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. vor § 25 Rdn. 12).
Auch der Angeklagte hat auf den Willen des A. Einfluß genommen. Er wußte, daß er aufgrund seines brüderlichen Verhältnisses großen Einfluß auf A. ausübt. Er hat kurz nach dem Gespräch im Eiscafé und der ersten Anstiftungshandlung durch O. zweimal eindringlich auf den erkennbar unentschlossenen A. durch Worte und Gesten eingewirkt und ihn dabei nachhaltig auf die materiellen Vorteile angesprochen. Er hat den Heranwachsenden A. an "seiner Ehre gepackt": Dieser sei jung und stark, er verlasse sich auf ihn. Während O. zunächst A. nur gefragt hatte, ob er sich nach einem Täter umsehen könne, hat der Angeklagte ihm nahegelegt, die Tat um ihrer Vorteile für ihn selbst willen zu begehen; er war es auch, der A. die spätere Tatwaffe zeigte. Der Angeklagte hat durch diese Tatbeiträge
- zusammen mit der Einflußnahme durch O. - auch in A. den Tatentschluß hervorgerufen, so daß eine rechtliche Prüfung unter dem Gesichtspunkt einer gemeinschaftlich begangenen Anstiftung (vgl. Roxin in LK 11. Aufl. § 26 Rdn. 104 m.w.Nachw.) vorgenommen werden mußte.
Dem steht nicht entgegen, daß der Angeklagte seine Tatbeiträge zunächst in Abwesenheit und ohne sichere Kenntnis des O. geleistet hat, der nur hoffte, daß der Angeklagte ihm helfen werde, A. zuzureden und dieser auf den Angeklagten hören würde. Denn der Zeuge O. hatte den Angeklagten nicht nur in den Tatplan eingeweiht, sondern auch in Gegenwart des Angeklagten dem A. den lukrativen Vorschlag zur Tatbegehung gemacht. Später bei der Fahrt zu viert entnahm der Angeklagte - im Beisein des Zeugen O. - dem Handschuhfach die spätere Tatwaffe und zeigte sie dem A. . Anschließend fuhren alle weiter zum Wohnhaus des Tatopfers, wo weitere Einzelheiten besprochen und von A. notiert wurden. Danach konnte der Angeklagte davon ausgehen, daß der Zeuge O. weiter auf den bis dahin noch nicht zur Tat entschlossenen A. einwirken würde, wie auch O. dem Verhalten des Angeklagten entnehmen konnte, daß dieser ihn weiter unterstützen würde. Bei dieser Sachverhaltsgestaltung scheidet Nebentäterschaft (vgl. dazu Roxin aaO Rdn. 106) aus.
2. Die Tatbeiträge des Angeklagten waren auch mitursächlich dafür, daß der Zeuge A. sich zur Tat entschloß und diese ausführte. Entgegen der Auffassung des Landgerichts muß die Willensbeeinflussung nicht die alleinige Ursache für das Verhalten des Täters sein, vielmehr genügt bloße Mitursächlichkeit (st. Rspr.; BGH NStZ 1994, 29, 30). Daß A. die Tat erst zwei Tage nach den Tatbeiträgen des Angeklagten und schließlich auf unmittelbaren erneuten Druck des O. begangen hat, ändert nichts an der Mitursächlichkeit, da bei der Entschlußfassung das Zureden des Angeklagten noch fortwirkte und ihn mitbeeinflußt hat. Daß A. nach den Anstiftungshandlungen des Angeklagten zunächst noch schwankend war, steht nicht entgegen (vgl. Tröndle/Fischer, aaO § 26 Rdn. 3; BGH bei Dallinger MDR 1970, 730). Daß A. noch zur Tat unentschlossen war, nicht aber, daß der Angeklagte den Eindruck gewinnen konnte, dieser lehne es endgültig ab, Sven G. zu erschießen, ergibt sich aus den Aussagen aller drei Beteiligten.
3. Zur Beurteilung, welche Form der Teilnahme vorliegt, kommt gerade in Grenzfällen einer umfassenden Auseinandersetzung mit der subjektiven Seite besondere Bedeutung zu. Nach den getroffenen Feststellungen hätten nicht nur die Voraussetzungen der Beihilfe, sondern auch die der Anstiftung und die einer Beihilfe zur Anstiftung unter dem Blickwinkel der Willensrichtung des Angeklagten erörtert werden müssen.
Eine solche Prüfung hat der Tatrichter nicht vorgenommen. Er hat sich vielmehr auf die Feststellung beschränkt, daß dem Angeklagten ein eigenes Interesse am Taterfolg gefehlt habe und deshalb Anstiftung ausscheide. Indes kommt es bei der Anstiftung auf eine solche Motivation nicht an; Anstifter kann auch sein, wer kein ideelles oder materielles Interesse am Taterfolg hat. Nicht erkennbar berücksichtigt hat das Landgericht insoweit, daß der Angeklagte aus Solidarität mit O. (UA S. 51), dem Bruder seines Arbeitgebers, gehandelt und deshalb durchaus auch ein eigenes Interesse gehabt haben könnte.
Nicht erörtert in diesem Zusammenhang hat das Schwurgericht, ob sich der Tatbeitrag des Angeklagten nur als Beihilfe zur Anstiftung des O. darstellen könnte (vgl. BGH NStZ 1996, 562, 563 m.w.Nachw.; Roxin aaO § 26 Rdn. 110; a.A. Cramer in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 27 Rdn. 18). Beihilfe zur Anstiftung hätte vorgelegen, wenn der Angeklagte mit seinen Tatbeiträgen im wesentlichen (nur) die Anstiftungshandlung des O. hätte unterstützen wollen. Gehilfe zur Anstiftung ist der, dessen Willen von dem des anderen an der Anstiftung Beteiligten abhängt, der also seinen Willen dem Willen des anderen in einer Weise unterwirft, daß er ihm anheim stellt, ob es zur Anstiftung kommen soll oder nicht (vgl. BGH MDR 1953, 400). Zwar hat das Landgericht in der Hauptverhandlung einen rechtlichen Hinweis gegeben, daß auch eine Verurteilung wegen Beihilfe zur Anstiftung in Betracht kommt (Bl. 38 Protokollband). In den Urteilsgründen fehlen indes Ausführungen sowohl zu den äußeren als auch insbesondere zu den subjektiven Voraussetzungen. Zwar ist Beihilfe zur Anstiftung als Beihilfe zur Haupttat zu bestrafen. Gleichwohl war eine umfassende Prüfung der Willensrichtung des Angeklagten vorzunehmen, denn dies war im Hinblick auf die Abgrenzung zur Anstiftung unerläßlich.
Zur Bestimmung der Teilnahmeform kann auch die Vorstellung des Teilnehmers von der Verwirklichung der Haupttat von Bedeutung sein. Insoweit führt das Landgericht aus, der Angeklagte habe mit bedingtem Vorsatz gehandelt, da er für möglich hielt, daß Sven G. getötet werden sollte und er dies auch "in Kauf genommen" (UA S. 61, 51) habe. Nicht ausdrücklich wird erwähnt, ob der Angeklagte den Tod des Sven G. "billigend" in Kauf genommen hat. Zwar mag die Billigung des Tötungserfolges aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe naheliegen, gleichwohl hätte sie auch in diesem Zusammenhang ausdrücklich erörtert werden müssen, da sich daraus Anhaltspunkte für die subjektive Tatseite ergeben konnten.
4. Der neue Tatrichter wird insoweit auch die Feststellungen zum bedingten Vorsatz erneut überprüfen und gegebenenfalls ergänzen müssen. Dabei wird er in seine Prüfung einzubeziehen haben, daß schon nach den bisher getroffenen Feststellungen Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß dem Angeklagten auch ein Heimtückemord zugerechnet werden könnte mit der Folge, daß unter diesem Blickwinkel dann eine Strafrahmenmilderung gemäß § 28 StGB nicht mehr in Betracht käme.
III. Revision des Angeklagten
Der Angeklagte beanstandet die Verletzung formellen und materiellen Rechts; allenfalls käme eine Verurteilung wegen versuchter Beihilfe zum Totschlag in Betracht.
1. Soweit er rügt, die im Rahmen der Schlußplädoyers gestellten elf Hilfsbeweisanträge seien rechtsfehlerhaft beschieden worden, die Behandlung von drei Protokollierungsanträgen, bei denen das Gericht von ihrer inhaltlichen Richtigkeit ausgeht, sei rechtsfehlerhaft gewesen, die Überzeugungsbildung der Strafkammer sei nicht nachvollziehbar, die Strafkammer habe bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen A. die Grenze des ihr eingeräumten Ermessens überschritten und eine offensichtlich fehlerhafte Beweiswürdigung vorgenommen, insbesondere den Grundsatz in dubio pro reo unberücksichtigt gelassen und wesentliche Strafzumessungsgründe seien nicht geprüft worden, hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Senat verweist auf die zutreffenden Ausführungen in der Stellungnahme des Generalbundesanwalts.
Der Erörterung bedürfen - soweit einzelne Beschwerden nicht schon im Rahmen der Revision der Nebenkläger mitbehandelt worden sind - nur noch folgende Punkte:
2. Die Revision ist der Auffassung, die getroffenen Feststellungen belegten nicht die Mitursächlichkeit des Tatbeitrages des Angeklagten, da nähere Feststellungen dazu fehlten, mit welcher Intensität der Zeuge O. , unmittelbar bevor A. schließlich den Tatentschluß gefaßt hatte, auf diesen eingewirkt habe. Aufgrund überholender Kausalität läge allenfalls eine versuchte Beihilfe vor.
Demgegenüber hat das Landgericht festgestellt, daß O. den A. gegen 19.00 Uhr abholte und bis zur Tat nach 22.50 Uhr mit diesem zusammen war, die Einzelheiten der Tat mit ihm besprach und solange auf ihn einredete, bis sich dieser zur Tat entschloß. Daß gleichwohl der Tatbeitrag des Angeklagten noch mitursächlich war, belegt die vom Landgericht rechtsfehlerfrei als glaubhaft gewürdigte Aussage des Zeugen A. , er habe bei der Fassung des Tatentschlusses an die Worte des Angeklagten gedacht.
Anhaltspunkte dafür, daß der Angeklagte geglaubt haben könnte, sein Tatbeitrag werde - zwei Tage später - nicht mehr fortwirken, liegen nicht vor.
3. Der Beschwerdeführer beanstandet, daß die Strafkammer nicht erörtert habe, ob nur eine Beihilfe zur Anstiftung vorgelegen habe. Insoweit verweist der Senat auf seine entsprechenden Ausführungen im Rahmen des Rechtsmittels der Nebenkläger. Beihilfe zur Anstiftung ist als Beihilfe zur Haupttat zu bestrafen; so ist der Angeklagte auch verurteilt worden. Die rechtliche Qualifizierung der Tatbeiträge des Angeklagten als Beihilfe zur Anstiftung würde sich im übrigen nicht auf den Strafausspruch auswirken, da der Unrechtsgehalt seines Tuns unverändert bliebe.
4. Der Beschwerdeführer trägt vor, daß der Angeklagte bei seinem Einreden auf den Zeugen A. noch nicht gewußt habe, wie die Tat genau durchgeführt werde sollte, da die Tatmodalitäten, insbesondere die Vorbereitungen für einen Heimtückemord erst unmittelbar vor der Tat zwischen O. und A. abgesprochen worden seien. Auch habe der Angeklagte nicht gewußt, daß O. selbst Mittäter des Mordes sein würde. Deshalb habe nur eine Verurteilung wegen (versuchter) Beihilfe zum Totschlag erfolgen dürfen.
Der Angeklagte hat A. zur Tatbegehung gerade im Hinblick auf die hohe Belohnung aufgefordert, die dieser erhalten sollte. Deshalb hat die Kammer zutreffend das Mordmerkmal der Habgier bei A. angenommen, es dem Angeklagten zugerechnet und den Strafrahmen gemäß §§ 28 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB gemildert. Ausdrücklich nicht zugerechnet hat es das Mordmerkmal der Heimtücke. An der rechtlichen Bewertung des Tatbeitrags des Angeklagten ändert sich auch nichts dadurch, daß der Zeuge O. entgegen seiner ursprünglichen Absicht nicht Anstifter blieb, sondern Mittäter eines Mordes wurde.
5. Soweit der Angeklagte rügt, daß die ausländerrechtlichen Folgen der Verurteilung bei der Strafzumessung zugunsten des Angeklagten hätten berücksichtigt werden müssen, verweist der Senat auf seinen Beschluß NStZ 1999, 240.
Kutzer Miebach WinkleazBGH, Urt. v. 22.3.2002 - 2 StR 517/01
2 StR 517/01
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom
22. März 2002
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen Mordes u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat aufgrund der Verhandlung vom 20. März 2002 in der Sitzung am 22. März 2002, an der teilgenommen haben: Vizepräsident des Bundesgerichtshofes Dr. Jähnke als Vorsitzender, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. h.c. Detter, Rothfuß, Prof. Dr. Fischer, die Richterin am Bundesgerichtshof Elf als beisitzende Richter, Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwältin , Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 12. Juli 2001 werden verworfen.
2. Der Angeklagte M. hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägern hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
3. Hinsichtlich des Angeklagten G. wird von der Auferlegung von Kosten abgesehen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen Mordes in Tatmehrheit mit Aussetzung und mit gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu lebenslanger Gesamtfreiheitsstrafe, den Angeklagten G. wegen Mordes in Tatmehrheit mit Aussetzung und wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von neun Jahren verurteilt und beide Angeklagte vom weitergehenden Vorwurf des versuchten schweren Raubs freigesprochen.
Die gegen diese Verurteilung gerichteten, vom Angeklagten G. auf eine Verfahrensrüge und die Sachrüge, vom Angeklagten M. auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten bleiben ohne Erfolg.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts nahmen die Angeklagten zusammen mit etwa 30 weiteren jungen Rußland-Deutschen am Tattag am einem Grillfest teil, welches ein Cousin des Angeklagten M. aus Anlaß seines Geburtstags in einer zu diesem Zweck gemieteten gemeindlichen Grillhütte veranstaltete. Der Angeklagte G. sah in dem ihm intellektuell deutlich unterlegenen, aber älteren Angeklagten M. ein Vorbild, zu dem er aufschaute; beide fühlten sich aufgrund verschiedener Probleme als "Verlierer" der Übersiedlung ihrer Familien von Rußland nach Deutschland; sie befanden sich in gereizter Stimmung.
Das spätere Tatopfer, der 30-jährige T., der sich bereits am Nachmittag zusammen mit Freunden an dem Grillplatz aufgehalten hatte, begab sich gegen Mitternacht in die Hütte, um dort mitzufeiern. Er wies zu diesem Zeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von 1,92 %o auf und war stark angetrunken. Er wurde von den Anwesenden weggeschickt; daraufhin setzte er sich in der Nähe der Hütte auf einen Holzstapel. Die beiden Angeklagten gingen zu ihm hin; der Angeklagte M. stellte den T. nochmals zur Rede und erklärte ihm, er habe bei der Feier nichts zu suchen. T., der sich vor dem Angeklagten M. fürchtete, erhob sich kurze Zeit später, um nach Hause zu gehen; der Angeklagte M. begleitete ihn ein Stück durch den Wald bis zu einer in der Nähe vorbeiführenden Straße; hierbei bemerkte er, daß T. hilflos und ängstlich war. Auf dem Rückweg zur Hütte traf er den Angeklagten G.; er forderte diesen auf, mit ihm zu T. zurückzugehen. Er kündigte an, er werde T. schlagen, und fragte den G., ob dieser ein Messer habe. Er handelte dabei aufgrund seiner allgemein gereizten Grundstimmung und um G. zu imponieren. Der Angeklagte G. war sofort einverstanden; beide begaben sich wieder zu T. Der Angeklagte M. stellte sich neben diesen; ohne Vorwarnung schlug er dem völlig ahnungslosen T. mit einer Drehbewegung seinen Ellbogen wuchtig gegen den Kopf, so daß T. sofort zu Boden fiel. Dann trat er ihm mit seinen schweren Schuhen mehrmals wuchtig an den Kopf, in Gesicht und Bauch und schlug ihm mit der Faust mehrmals so stark in das Gesicht, daß seine Hand anschwoll; T. wurde hierdurch bewußtlos. Der Angeklagte G. stand hierbei etwa 2 m entfernt; beide Angeklagten wußten, daß die Mißhandlungen lebensgefährlich waren.
Aufgrund eines neuen Entschlusses schleppten sie den bewußtlosen T. nun von der Straße weg zu einem nahegelegenen Gartengrundstück; dann schleiften sie ihn durch den Garten und legten ihn am hinteren Ende des Gartens ab. Sie wußten hierbei, daß aufgrund der vorangegangenen Mißhandlungen eine konkrete Gefahr für T. bestand, eine dauerhafte Hirnschädigung zu erleiden, und daß es ausgeschlossen war, daß T. zur Nachtzeit in dem dunklen Garten von Dritten gefunden werden würde; dies bezweckten sie.
Die Angeklagten begaben sich daraufhin zu der Grillhütte zurück und feierten weiter. Nach zehn Minuten gingen beide auf Vorschlag des M. erneut zu T. zurück, um dessen Mobiltelefon zu holen. Nicht geklärt werden konnte, ob sie sich dies zueignen oder nur T. daran hindern wollten, unter Umständen Hilfe herbeizurufen. Als sie bei T. ankamen, bemerkten sie, daß dieser soeben zu sich kam und sich aufrichten wollte. M. trat ihm daraufhin mit Einverständnis des G. zweimal mit voller Wucht ins Gesicht, so daß er erneut bewußtlos wurde.
Nun beschlossen die Angeklagten, T. zu töten, um die Aufdeckung der früheren Mißhandlungen zu verhindern. Auf den Vorschlag des M. zogen sie T. durch eine Öffnung des Zaunes, der den Garten von dem dahinter verlaufenden Bahnkörper trennte, und schleiften ihn über das Schotterbett bis auf die Schienen, wobei T. massive Schürfwunden an Brust und Bauch erlitt. Die Angeklagten legten den bewußtlosen T. sodann so auf die Schienen, daß sein Hals auf einer Schiene, ein Fuß auf der anderen Schiene lag. Da M. nicht abwarten wollte, bis ein Zug kam, fragte er G., ob dieser ein Messer habe, da er T. in Stücke schneiden wolle. Hiervon sah er mit der Bemerkung ab, es komme sowieso bald ein Zug. Der Angeklagte M. trat nun das bäuchlings auf den Schienen liegende Opfer dreimal mit voller Wucht von oben auf das Genick; hierbei wurde der auf der Schiene liegende Hals des Opfers fast um ein Drittel verlängert; T. erlitt schwerste Verletzungen des Halses und des Gesichts. Der Angeklagte G., der Turnschuhe trug, trat gleichfalls, wenngleich mit weniger Wucht, auf den Rücken des Opfers, um dem Angeklagten M. zu zeigen, daß er sich an der Tat beteilige. Während er die Taschen des sterbenden T. durchsuchte, stieß er mehrmals mit dem Fuß gegen das Opfer, um zu prüfen, ob T. noch lebte.
Die Angeklagten wuschen sich daraufhin in einem Bach; M. zog sein blutverschmiertes Hemd aus; dann begaben sie sich zur Grillhütte zurück, wo sie weiter ausgelassen feierten und tanzten. Gegen 1.30 Uhr wurden sie von dem Gastgeber zu den Eltern des Angeklagten M. gefahren, wo dieser wohnte. Sie erklärten der Mutter des M. ihre blutverschmierte Kleidung mit angeblichen Stürzen im Wald; anschließend aßen sie noch und tranken Tee; um 3.00 Uhr versuchte M. telefonisch, das Handy des T. zu verkaufen.
Das Tatopfer verstarb wenige Minuten, nachdem die Angeklagten den Tatort verlassen hatten, an seinen schweren Verletzungen. Am Folgetag wurde der Angeklagte G. von anderen Partygästen, die Verdacht geschöpft hatten, befragt und schließlich der Polizei übergeben.
Das Landgericht hat angenommen, beide Angeklagten seien zur Tatzeit uneingeschränkt schuldfähig gewesen. Konkrete Trinkmengen der Angeklagten konnte das Landgericht nicht feststellen; eine aufgrund deutlicher Alkoholisierung eingetretene Enthemmung hat es zu ihren Gunsten berücksichtigt.
2. Revision des Angeklagten M. :
a) Der Schuldspruch hält rechtlicher Überprüfung stand. Das Landgericht hat zutreffend die erste Mißhandlung auf der Straße sowie die weiteren Tritte gegen das Tatopfer nach Rückkehr in den Garten jeweils als gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 gewertet, das Verbringen in den Garten als Aussetzung gemäß § 221 Abs. 1 Nr. 1 StGB sowie das Verbringen auf den Bahndamm und die dortigen Gewalthandlungen als Mord zur Verdeckung der vorausgegangenen anderen Straftaten.
Die Einwendungen der Revision gegen diese Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses greifen im Ergebnis nicht durch. Der Annahme einer natürlichen Handlungseinheit zwischen der Aussetzung und dem nachfolgenden Geschehen steht die Zäsur entgegen, welche dadurch eintrat, daß die Angeklagten die Mißhandlung des Opfers zunächst als beendet betrachteten und sich zu der Hütte zurückbegaben; ihr erneuter Aufbruch nach zehn Minuten erfolgte aufgrund eines völlig neuen Tatentschlusses. Mit dem Verlassen des Opfers, das die Angeklagten in Kenntnis der hierdurch eingetretenen konkreten Gefährdung auf das Gartengrundstück verbracht hatten, war der Tatbestand der Aussetzung vollendet; auf die Dauer der hilflosen Lage kommt es hierbei nicht an, wenn die von § 221 Abs. 1 StGB vorausgesetzte Gefahr eingetreten ist; dies hat das Landgericht rechtsfehlerfrei bejaht.
Zu einem rechtlich einheitlichen Gesamtgeschehen - mit der Folge eines Zurücktretens sowohl der Aussetzung als auch der zweiten Körperverletzung hinter den Tatbestand des Mords - wurden die Taten entgegen der Ansicht der Revision auch nicht dadurch, daß die hilflose Lage bis zur Rückkehr der Angeklagten und bis zum Beginn der erneuten Mißhandlungen noch andauerte; auch dem steht entgegen, daß diese Handlungen auf einem neuen Tatentschluß beruhten. Schließlich sind auch die zweite gefährliche Körperverletzung sowie die nachfolgenden Tötungshandlungen nicht zur natürlichen Handlungseinheit verbunden. Anders als in den von der Revision angesprochenen Fällen, in welchen innerhalb eines zusammenhängenden Geschehens der zunächst nur auf Verletzung des Opfers gerichtete Vorsatz des Täters in einen Tötungsvorsatz "umschlägt", war auch hier das äußerliche Geschehen - wenn auch nur kurz - unterbrochen. Die Angeklagten waren zu dem Opfer zurückgekehrt, um diesem sein Mobiltelefon wegzunehmen; die Fußtritte durch den Angeklagten M. erfolgten zur Umsetzung dieser Absicht und alsbald bei der Ankunft bei T., als die Angeklagten bemerkten, daß dieser gerade wieder zu sich kam (UA S. 18). Erst danach gab der Umstand, daß T. schon so rasch wieder zum Bewußtsein gekommen war, "den beiden Angeklagten zu denken und ließ ihnen keine Ruhe" (UA S. 18); erst jetzt entschlossen sie sich, den T. zu töten, um eine Aufdeckung der vorausgegangenen Taten zu verhindern. Diese neue Tat beruhte überdies auf dem Entschluß mittäterschaftlicher Tatbegehung, während zuvor der Angeklagte G. nur als Gehilfe an der Körperverletzung beteiligt war. Auf der Grundlage dieser Feststellungen ist das Landgericht hier - entgegen der Ansicht der Revision und des Generalbundesanwalts - zutreffend zur Annahme von Tatmehrheit gelangt.
Dasselbe gilt entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts auch für das Verhältnis der ersten Körperverletzung zur nachfolgenden Aussetzung; auch diese beruhte auf einem neuen, nunmehr mittäterschaftlichen Tatentschluß. Daß das Verbringen des Opfers in den Garten seinerseits gleichfalls eine (weitere) Körperverletzung darstellte, worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat, verbindet diese mit der vorausgegangenen nicht zur Tateinheit.
b) Auch der Strafausspruch hält rechtlicher Überprüfung stand. Die Annahme, der Angeklagte habe im Zustand uneingeschränkter Steuerungsfähigkeit gehandelt, ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
Genaue Trinkmengen des Angeklagten M. vermochte das Landgericht nicht festzustellen. Dieser hatte gegenüber dem Sachverständigen erklärt, er wisse nicht mehr, wieviel er getrunken habe. In der Hauptverhandlung gab er - wie bei seiner richterlichen Vernehmung - an, er habe fünf bis sechs Flaschen Bier und fünf bis sechs Becher mit Wodka sowie "etwas Sekt" ab 20.30 Uhr getrunken. Weder der Mitangeklagte G. noch die Zeugen konnten verläßliche Angaben zum Alkoholkonsum des Angeklagten machen; mehrere Zeugen sowie der Mitangeklagte erklärten, der Angeklagte M. sei zwar alkoholisiert gewesen, habe sich jedoch "normal" verhalten. Hiernach war der Angeklagte durchweg voll orientiert; eine Zeugin berichtete, er habe (nach der Tat) getanzt, "als ob er fliege".
Das Landgericht hat die Trinkmengenangaben des Angeklagten als insgesamt nicht glaubhaft angesehen und sich hierbei auch auf eine Berechnung durch den Sachverständigen Prof. Dr. B. gestützt (UA S. 48). Diese Berechnung durch den Sachverständigen, der das Landgericht sich angeschlossen hat, war jedoch unvollständig. Das Landgericht hätte zusätzlich zu der Errechnung einer höchstmöglichen BAK die gebotene Kontrollrechnung vornehmen müssen.
Die Ausführungen des Tatrichters schließen jedoch aus, daß auf diesem Fehler die Verneinung der Voraussetzungen des § 21 StGB beruht. Bei zutreffender Kontrollrechnung hätte sich eine mögliche Alkoholisierung des Angeklagten in einer Spanne von ca. 2,0 bis 4,0 %o ergeben. Hieraus folgte jedoch nicht eine Pflicht des Tatrichters, die angegebene Trinkmenge nun - mit den höchstmöglichen Blutalkoholkonzentration-Werten - zugunsten des Angeklagten zu unterstellen. Vielmehr hat das Landgericht zutreffend eine umfassende Würdigung aller anderen Beweisanzeichen - eigene Einlassung des Angeklagten beim Sachverständigen sowie des Mitangeklagten, Aussagen der Zeugen, Leistungsverhalten des Angeklagten bei der Tat sowie sein Nachtatverhalten - vorgenommen; es ist auf dieser Grundlage zu dem Ergebnis gelangt, daß die Trinkmengenangaben des Angeklagten zu hoch und daher unglaubhaft waren. Auf dieser Grundlage und unter Heranziehung des psychiatrischen Gutachtens des zweiten Sachverständigen hat das Landgericht im Ergebnis ohne durchgreifenden Rechtsfehler angenommen, der Angeklagte sei zwar deutlich alkoholisiert und zur Tatzeit daher auch enthemmt gewesen; eine zur erheblichen Einschränkung der Steuerungsfähigkeit führende Alkoholisierung habe jedoch bei dem trinkgewohnten Angeklagten ebenso wie beim Mitangeklagten nicht vorgelegen. Hierbei hat sich das Landgericht eingehend sowohl mit dem vor und bei der Tat gezeigten Leistungsverhalten als auch mit seinem Verhalten nach der Tat - sowohl während der Feier als auch kurz darauf in der elterlichen Wohnung - und den vom Sachverständigen Prof. Dr. R. untersuchten, später aufgetretenen psychischen Reaktionen auf die Tat auseinandergesetzt. Diese tatrichterliche Würdigung weist Rechtsfehler nicht auf, so daß die Einwendungen der Revision im Ergebnis nicht durchgreifen.
3. Revision des Angeklagten G. :
a) Die Verfahrensrüge ist unbegründet, soweit sie unter dem Gesichtspunkt des § 244 Abs. 2 StPO meint, das Landgericht habe ein - nicht beantragtes - zweites Spurengutachten einholen müssen, um die Frage zu klären, ob eine auf dem Rücken des Tatopfers gefundene Trittspur von dem Turnschuh des Angeklagten G. stamme. Die Jugendkammer ist zur ihrer Überzeugung, der Angeklagte G. habe das Opfer einmal getreten, aufgrund seiner Einlassung gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. R. und der Einlassung des Mitangeklagten M. gelangt (UA S. 35, 37); dieses Beweisergebnis hat sie durch die Ausführungen des Sachverständigen F. zur Spurenverursachung bestätigt gesehen. Mit dem Umstand, daß dessen in der Hauptverhandlung erstattetes Gutachten vom Ergebnis seines - nicht verlesenen - vorbereitenden schriftlichen Gutachtens abwich, hat sich das Landgericht auseinandergesetzt (UA S. 37); dies läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens drängte sich daher nicht auf. Auch unter dem Gesichtspunkt des § 261 StPO zeigt die Rüge Rechtsfehler nicht auf. Soweit die Revision meint, die Äußerungen des Angeklagten gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. R., er habe "auch ein bißchen getreten" (UA S. 37), hätte im Hinblick auf mögliche Sprachschwierigkeiten anders gewürdigt werden müssen, setzt sie nur eine eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Landgerichts.
Im übrigen könnte der Schuldspruch auf der von der Revision gerügten Verletzung der Aufklärungspflicht nicht beruhen. Der Tötungsvorsatz des Angeklagten G. ergab sich ohne weiteres schon daraus, daß er im vom gemeinsamen Vorsatz getragenen Zusammenwirken mit dem Angeklagten M. das Tatopfer aus dem Gartengrundstück auf den Bahndamm schleppte und dort so auf die Schienen legte, daß es von dem nächsten - von beiden Angeklagten erwarteten - Zug getötet würde. Darauf, ob der Angeklagte diesen Vorsatz noch durch einen Tritt gegen das bewußtlose Opfer "dokumentierte" (UA S. 62), kam es daher nicht an. Daß der Tod des Opfers nicht durch einen Zug verursacht wurde, sondern alsbald schon aufgrund der vorausgehenden schweren Verletzungen eintrat, stellt sich als unerhebliche Abweichung des Kausalverlaufs dar.
b) Auch in sachlich-rechtlicher Hinsicht weist die Verurteilung keine den Angeklagten G. beschwerenden Rechtsfehler auf. Für die Beurteilung der Konkurrenzfrage gilt das oben zur Revision des Angeklagten M. Ausgeführte.
Jähnke Detter Rothfuß
Fischer Elf r Pfister von Lienen



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