BGH,
Urt. v. 22.11.2007 - 3 StR 348/07
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 348/07
vom
22.11.2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1. Bandenhandels mit Betäubungsmitteln u. a.
zu 2. Bandenhandels mit Betäubungsmitteln
zu 3. Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
- 2 -
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
22.11.2007, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Becker
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
Pfister,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger der Angeklagten Z. K. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten B. K. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten E. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
- 3 -
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des
Landgerichts Oldenburg vom 29. November 2006,
a) betreffend die Angeklagten Z. K. und B. K.
aa) in den Schuldsprüchen dahin geändert, dass die
Angeklagten der Bandeneinfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Bandenhandel mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei
Fällen schuldig sind und die Angeklagte Z. K. darüber
hinaus der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist;
bb) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit von
einer Verfallsanordnung abgesehen worden ist;
b) betreffend den Angeklagten E. mit den Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen
- 4 -
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagte Z. K. wegen
bandenmäßigen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei
Fällen sowie wegen Einfuhr von und Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Gegen den Angeklagten B. K. hat es wegen
bandenmäßigen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei
Fällen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren erkannt
und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Den
Angeklagten E. hat es wegen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und
sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf zahlreiche
Verfahrensrügen und sachlich-rechtliche Beanstandungen
gestützte Revision der Staatsanwaltschaft. Sie beanstandet,
dass der Angeklagte E. nicht und die Angeklagte Z. K. nicht in allen
Fällen wegen bandenmäßiger Begehungsweise
verurteilt worden sind; sie wendet sich im Übrigen gegen die
Höhe der erkannten Strafen, bezüglich des Angeklagten
B. K. auch gegen die Strafaussetzung zur Bewährung, sowie
gegen das Absehen von der Festsetzung von Wertersatzverfall. Das
Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg.
1
I.
Das Landgericht hat festgestellt:
2
Die Angeklagte Z. K. erklärte sich dem gesondert verfolgten
Betäubungsmittelhändler A. gegenüber bereit,
für einen Kurierlohn von
3
- 5 -
3.000 € und 1.000 € Spesen pro Fahrt Drogentabletten
aus Holland über Deutschland in die Türkei zu
transportieren. Sie nahm Ende März 2005 in Hengelo von A.
20.000 Ecstasy-Tabletten entgegen, die sie in einem Kraftfahrzeug,
gesteuert von einem Komplizen A. s, nach Frankfurt am Main mitnahm und
von da aus mit einem Reisebus nach Istanbul verbrachte. Am dortigen
Busbahnhof nahm A. das Rauschgift in Empfang (Tat 1 - abgeurteilt als
täterschaftliche Einfuhr und täterschaftliches
Handeltreiben der Angeklagten Z. K. ).
Ende April 2005 bestellte A. die Angeklagte wieder nach Holland. Auf
sein Betreiben überredete die Angeklagte ihren Ehemann B. K.
sie als Fahrer zu begleiten, indem sie ihm einen Lohn von jeweils 2.000
€ für jeden Transport in Aussicht stellte. Dies wurde
von A. bei einem Treffen in Eindhoven bestätigt. Beide
Angeklagte waren bereit, dem A. zukünftig für
Transporte zur Verfügung zu stehen. Sie verbrachten im
Kraftfahrzeug des Angeklagten B. K. mindestens 10 Kilo
Ecstasy-Tabletten nach Frankfurt am Main. Von dort aus transportierte
die Angeklagte Z. K. das Rauschgift mit einem Reisebus nach Istanbul
und übergab es dort wiederum an A. (Tat 2 - abgeurteilt als
täterschaftlicher Bandenhandel der Angeklagten Z. und B. K. ).
4
Ende Oktober 2005 wurden die beiden Angeklagten K. von A. nach
Amsterdam bestellt. Dort erhielten sie von A. und dem Angeklagten E.
mindestens 15 Kilo Ecstasy-Tabletten. Das Rauschgift war von dem
Angeklagten E. "organisiert" worden, der den zum Kauf notwendigen
Geldbetrag zumindest teilweise dem A. als Darlehen zur
Verfügung gestellt hatte. Die Angeklagten K. fuhren mit den
Tabletten gemeinsam nach Frankfurt, von wo aus die Angeklagte Z. K.
wieder mit einem Reisebus nach Istanbul fuhr und die
Betäubungsmittel einer Vertrauten des A. übergab (Tat
5
- 6 -
3 - abgeurteilt als täterschaftlicher Bandenhandel der
Angeklagten Z. und B. K. sowie als Handeltreiben des Angeklagten E. ).
Im Dezember 2005 fuhr die Angeklagte Z. K. wieder in die Niederlande.
Ihr Ehemann hatte keine Zeit zur Begleitung, stellte aber sein Fahrzeug
zur Verfügung, das von Ki. , der Schwester der Angeklagten K.
, gesteuert wurde. Außerdem bemühte er sich
telefonisch um die Organisation der Kurierfahrt. Der Angeklagte E.
lotste die beiden Frauen telefonisch zu einem Treffpunkt nach Oss, wo
26,78 Kilo Ecstasy-Tabletten mit einem durchschnittlichen
Wirkstoffgehalt von 28,1 % MDMA in das Kraftfahrzeug eingeladen wurden.
Das Rauschgift hatte der Angeklagte E. organisiert. Der gesondert
verfolgte A. war bei der Übergabe nicht anwesend, da er sich
in der Türkei befand. Die Drogen sollten zuerst nach
Bremerhaven gebracht werden. Auf der Fahrt dorthin wurden die
Angeklagte Z. K. und ihre Fahrerin nach Überschreiten der
Grenze in Deutschland festgenommen (Tat 4 - abgeurteilt als
täterschaftlicher Bandenhandel der Angeklagten Z. und B. K.
sowie als Handeltreiben des Angeklagten E. ).
6
Das Landgericht hat weder feststellen können, dass sich der
Angeklagte E. mit A. auf die fortgesetzte Begehung weiterer Taten
verständigt hatte, noch sich davon überzeugen
können, "wieviel" Kurierlohn die Angeklagten für die
Fahrten tatsächlich erhalten hatten.
7
II. Die Angeklagten K.
1. Die Verfahrensrügen der Staatsanwaltschaft bleiben ohne
Erfolg.
8
- 7 -
a) Soweit die Revision (RB S. 10-65) unter dem Aspekt einer Verletzung
von § 254 Abs. 1, § 261 StPO beanstandet, das
Landgericht habe seinem Urteil die vor der Polizei abgelegten
Geständnisse der beiden Angeklagten K. zugrunde gelegt, obwohl
diese nicht in zulässiger Weise in die Hauptverhandlung
eingeführt worden seien, zeigt sie keinen Rechtsfehler auf. Es
ist nicht bewiesen, dass die Geständnisse im Wege des
Urkundsbeweises Gegenstand der Hauptverhandlung geworden sind. Zwar
sind die polizeilichen Aussagen nach der Sitzungsniederschrift
"verlesen" worden; indes haben sich die Angeklagten nach der Verlesung
jeweils "dazu" erklärt, was für eine Verlesung zum
Zwecke des Vorhalts und eine sich anschließende Einlassung
der Angeklagten in der Hauptverhandlung spricht. Auch die
Formulierungen in den Urteilsgründen, die Angeklagten
hätten ihre geständigen Einlassungen im
Ermittlungsverfahren jeweils in der Hauptverhandlung als richtig
bestätigt, lassen es als möglich erscheinen, dass
allein die - nach Vorhalt der polizeilichen Geständnisse - in
der Hauptverhandlung gemachten Angaben der Angeklagten Grundlage des
Urteils geworden sind. Eine weitergehende Aufklärung ist ohne
die im Revisionsverfahren nicht zulässige Rekonstruktion der
Hauptverhandlung nicht möglich.
9
b) Die Beschwerdeführerin sieht zum Vorteil der Angeklagten Z.
K. § 261 StPO als verletzt an (RB S. 65-90), weil sich das
Landgericht mit dem Inhalt von zwei gegen den gesondert verfolgten A.
ergangenen Haftbefehlen des Amtsgerichts Oldenburg, die in der
Hauptverhandlung verlesen worden sind, sowie mit den in der
Hauptverhandlung erörterten Haftdaten des Angeklagten E. in
den Urteilsgründen nicht auseinandergesetzt hat, obwohl sich
dies im Hinblick auf die vom Landgericht angenommenen Voraussetzungen
des § 31 BtMG aufgedrängt hätte. Die
Rüge hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler
die Anwendung des § 31 BtMG darauf gestützt, dass die
Angeklagte mit ihren Angaben die bereits vorhandenen Erkenntnisse
10
- 8 -
über den gesondert verfolgten A. bekräftigt hatte.
Mit den Haftbefehlen und den Haftdaten musste sich das Urteil deshalb
nicht auseinandersetzen.
c) Auch die weitere Rüge einer Verletzung von § 261
StPO (RB S. 91-125) versagt. Der Inhalt des Gesprächs zwischen
den Angeklagten K. , dessen Aufzeichnung in die Hauptverhandlung
eingeführt wurde, ist für die Bemessung der Strafe
der Angeklagten Z. K. nicht von solcher Bedeutung, dass das Landgericht
verpflichtet gewesen wäre, sich in den Urteilsgründen
mit ihm auseinanderzusetzen.
11
d) Soweit die Revision mit dem Ziel einer höheren Bestrafung
beider Angeklagter beanstandet, das Landgericht habe einen Beweisantrag
fehlerhaft abgelehnt (RB S. 138-155), bleibt sie ebenfalls ohne Erfolg.
Die erstrebte Vernehmung des Ermittlungsrichters über die
Aussage der Ki. hätte, was die Beschwerdeführerin
selbst einräumt, nur ein Indiz für die
Glaubhaftigkeit der Aussagen des gesondert verfolgten A. erbringen
können. Das Landgericht hätte dem A. auch dann nicht
geglaubt, wenn der Ermittlungsrichter über die Angaben der Ki.
vor ihm berichtet hätte. Es hat deshalb den Beweisantrag
zutreffend wegen Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache abgelehnt.
12
2. Soweit sich die Revision mit sachlich-rechtlichen Beanstandungen
gegen den Schuldspruch wendet, zeigt sie ebenfalls keinen Rechtsfehler
zum Vorteil der Angeklagten auf. Die in diesem Zusammenhang wiederholte
Rüge, die Beweiswürdigung beruhe auf nicht
ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung
eingeführten Beweismitteln (RB S 156-168), ist für
die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge
irrelevant.
13
- 9 -
Jedoch ist der Schuldspruch zu Gunsten der Angeklagten zu
ändern (§ 301 StPO). Das Landgericht hat die Taten
der Angeklagten rechtsfehlerhaft jeweils als täterschaftlich
begangenes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln eingeordnet.
14
Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht ausgeführt,
das Verhalten der Angeklagten Z. K. stelle sich insgesamt nur als
Unterstützungshandlung dar; sie sei als Kurierin jeweils
"zitiert" worden, habe einen geplanten Transportweg genommen, die
Drogen seien ihr unmittelbar nach ihrer Ankunft abgenommen worden.
Diese Einschätzung hat das Landgericht erkennbar auch
bezüglich des Angeklagten B. K. vertreten, wenn es
ausführt, dieser habe sich "im geringsten Umfang an den
Rauschgiftgeschäften" beteiligt. Es hat die Angeklagten
gleichwohl "wegen der Weite des Tatbestandes" jeweils als
Täter des Handeltreibens verurteilt. Damit hat das Landgericht
Kriterien zur Abgrenzung des vollendeten Handeltreibens vom Versuch
oder der Vorbereitungshandlung (vgl. dazu BGHSt 50, 252; vorausgehend
BGH NJW 2005, 1589) rechtsfehlerhaft auf die Abgrenzung von
Täterschaft und Beihilfe angewendet und zudem verkannt, dass
nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs "schlichte"
Kuriere nur als Gehilfen des Handeltreibens anzusehen sind (vgl. zur
Entwicklung der Rechtsprechung Winkler NStZ 2007, 317 m. zahlr. N.).
Nach den Feststellungen stellt sich die Tat der Angeklagten Z. K. im
Fall 1 deshalb nur als Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge dar. In den
Fällen 2 bis 4 haben sich die Angeklagten der Bandeneinfuhr
von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit
mit Beihilfe zum Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge schuldig gemacht. Auch soweit die Angeklagte Z. K. in
diesen Fällen Aktivitäten entwickelte, um ihren
15
- 10 -
Ehemann zur Teilnahme an den Taten zu bewegen, ist sie nur Gehilfin
beim Handeltreiben, da sie dadurch lediglich einen Kurier anwarb.
3. Die Strafaussprüche haben Bestand. Das Landgericht ist in
den Fällen, in denen das Rauschgift nicht sichergestellt
werden konnte, erkennbar davon ausgegangen, dass das
Betäubungsmittel von vergleichbarer Qualität war wie
das im Fall 4 sichergestellte. Zwar hat es den Wirkstoffgehalt in
diesen Fällen nicht ausdrücklich festgestellt, jedoch
bei der Strafzumessung berücksichtigt, dass die Angeklagten
"riesige Mengen" transportiert haben. Die Annahme der Voraussetzungen
des § 31 BtMG wird von den Feststellungen getragen. Zu der von
der Revision vermissten Benennung einer Strafe, die das Landgericht
ohne Anwendung von § 31 BtMG verhängt hätte,
bestand keine rechtliche Veranlassung.
16
Die verhängten Strafen sind zwar sehr mild; entgegen der
Auffassung des Generalbundesanwalts verfehlen sie den Zweck gerechten
Schuldausgleichs indes noch nicht. Letztlich überschreitet
auch die Entscheidung, die Vollstreckung der gegen den Angeklagten B.
K. verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung
auszusetzen, nicht den dem Tatrichter insoweit eingeräumten
weiten Spielraum.
17
Der Strafausspruch hält auch unter Berücksichtigung
des zu Gunsten der Angeklagten geänderten Schuldspruchs
rechtlicher Überprüfung Stand. Der Strafrahmen, aus
dem das Landgericht die Strafe jeweils entnommen hat, ist
unverändert geblieben. Es kann ausgeschlossen werden, dass es
noch niedrigere Einzelstrafen oder niedrigere Gesamtstrafen festgesetzt
hätte, wenn es das tateinheitlich neben der Einfuhr
verwirklichte Delikt zutreffend als Beihilfe zum Handeltreiben
eingeordnet hätte.
18
- 11 -
4. Das Urteil hält rechtlicher Nachprüfung nicht
Stand, soweit das Landgericht von einer Verfallsentscheidung abgesehen
hat.
19
Der Kurier erlangt den Kurierlohn für die Tat. Dieser
unterliegt daher nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB dem Verfall und
bei Vermischung dem Wertersatzverfall gemäß
§ 73 a StGB (BGH, Beschl. vom 16. November 2001 - 3 StR
371/01, insoweit in StV 2002, 254 nicht abgedruckt). Nach den
Feststellungen des Landgerichts sollte die Angeklagte Z. K.
für jeden Rauschgifttransport 3.000 € erhalten. Dem
Angeklagten B. K. wurden für jede Fahrt 2.000 €
versprochen. Das Landgericht hätte deshalb feststellen
müssen, ob und wie viel die Angeklagten tatsächlich
erhalten haben. Soweit das Landgericht einerseits ausführt, es
habe nicht festgestellt werden können, wie viel Geld die
Angeklagten tatsächlich erlangt haben (UA S. 9), andererseits
aber darlegt, es habe nicht feststellen können, dass in dem
Vermögen der Angeklagten Z. K. aus den Taten etwas verblieben
sei (UA S. 27), findet dies in der Beweiswürdigung keine
hinreichende Rechtfertigung und blendet rechtsfehlerhaft die
Möglichkeit einer Schätzung gemäß
§ 73 b StGB aus. Dass die Angeklagten ohne sofortige
Entlohnung mehrere umfangreiche, erfolgreiche
Betäubungsmitteltransporte durchgeführt
hätten, widerspräche - wie der Senat aus der
Befassung mit solchen Fällen weiß - jeder
Lebenserfahrung. Umstände, die gegen die Zahlung der
vereinbarten Entlohnung (bei der Angeklagten Z. K. 9.000 €
für drei, bei dem Angeklagten B. K. 4.000 €
für zwei erfolgreich durchgeführte Kurierfahrten)
sprechen könnten, sind nicht festgestellt. Warum eine
Schätzung des von den Angeklagten erlangten Kurierlohns nicht
möglich gewesen wäre, teilt das Urteil nicht mit.
20
Erst auf der Grundlage einer entsprechenden Feststellung oder
Schätzung ist zu entscheiden und nachprüfbar zu
begründen, ob die Anordnung des Verfalls oder
Wertersatzverfalls nicht anzuordnen ist, weil er eine unbillige
Härte
21
- 12 -
wäre, oder ob der Wert des Erlangten im Vermögen des
Betroffenen nicht mehr vorhanden ist und Anlass besteht, das sodann
eröffnete Ermessen dahingehend auszuüben, von einer
Anordnung abzusehen (§ 73 c Abs. 1 StGB). Die bisherigen
Feststellungen lassen weder das eine noch das andere als nahe liegend
erscheinen. Danach befindet sich im gemeinsamen Eigentum der
Angeklagten ein Eigenheim.
III. Der Angeklagte E.
Auf die Verfahrensrügen (RB S. 125-126, 126-138) kommt es
nicht an, da das Urteil bereits auf die sachlich-rechtliche
Beanstandung aufgehoben werden muss. Das Landgericht hat nicht
erörtert, ob der Angeklagte sich auch wegen Beteiligung an der
Einfuhr der Betäubungsmittel strafbar gemacht hat, obwohl die
Feststellungen hierzu Veranlassung geben. Danach hat der Angeklagte in
den Fällen 3 und 4 das Rauschgift jeweils "organisiert", im
Fall 3 sogar teilweise vorfinanziert und war bei der Übergabe
an die Kuriere jeweils beteiligt. Seine Kenntnis von der Route, die die
Kuriere zu nehmen hatten, und seine Beteiligung an der Einfuhr des
Rauschgifts nach Deutschland liegen damit nahe.
22
- 13 -
Der neue Tatrichter wird auch zu prüfen haben, ob und wie viel
der Angeklagte aus seinen Taten erlangt hat. Die bisherigen
Feststellungen drängen zu dieser Erörterung, nachdem
der Angeklagte im Fall 3 das Rauschgift teilweise vorfinanziert hatte
und dieses in der Türkei erkennbar in den Verkehr gelangt ist.
23
Becker Miebach Pfister
Hubert Schäfer |