BGH,
Urt. v. 23.1.2002 - 5 StR 130/01
StPO § 55 Abs. 1; § 338 Nr. 1
GVG § 192 Abs. 2 und Abs. 3
1. Auf Besetzungsmängel in der Person eines später
durch einen Ergänzungsrichter abgelösten Richters ist
der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 1 StPO nicht
anwendbar.
2. Die Feststellung der Verhinderung eines Schöffen durch den
Strafkammervorsitzenden mit der Folge des Eintritts des
Ergänzungsschöffen ist vom Revisionsgericht nicht nur
auf Willkür zu überprüfen
(Ergänzung von BGHSt 35, 366).
3. Hat ein Zeuge, dem nach § 55 StPO ein umfassendes
Auskunftsverweigerungsrecht zugebilligt wird, berechtigterweise die
Beantwortung von Fragen der Verteidigung verweigert, bleiben seine
übrigen Angaben
bei gebotener kritischer Würdigung seines Aussageverhaltens
verwertbar.
BGH, Urt. vom 23. Januar 2002 - 5 StR 130/01
LG Berlin -
5 StR 130/01
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 23. Januar 2002
in der Strafsache gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen Bestechung (zu 1) und Bestechlichkeit (zu 2 bis 5)
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat in der Sitzung vom 22.
und 23. Januar 2002, an der teilgenommen haben: Vorsitzende Richterin
Harms, Richter Basdorf, Richterin Dr. Gerhardt, Richter Dr. Brause,
Richter Schaal als beisitzende Richter, Oberstaatsanwalt beim
Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt E
für K , Rechtsanwälte S und B für P ,
Rechtsanwältin Z für R , Rechtsanwältin M
für Sc , Rechtsanwalt Mi für L als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle, am 23. Januar 2002 für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten gegen das
Urteil des Landgerichts Berlin vom 10. Dezember 1999 werden verworfen.
Jeder Angeklagte trägt die Kosten seiner Revision. Die
Staatskasse trägt die Kosten der Revisionen der
Staatsanwaltschaft und den Angeklagten hierdurch etwa entstandene
notwendige Auslagen.
- Von Rechts wegen -
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten K wegen Bestechung in acht
Fällen verurteilt; es hat gegen ihn in Anwendung des
§ 55 StGB zwei Gesamtfreiheitsstrafen von zwei Jahren und von
einem Jahr verhängt. Die Vollstreckung der
Gesamtfreiheitsstrafen wurde nicht zur Bewährung ausgesetzt;
daneben blieben anderweits rechtskräftig verhängte
zäsurbegründende Geldstrafen bestehen. Das
Landgericht hat ferner die Angeklagten P und Sc jeweils wegen
Bestechlichkeit in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung
ausgesetzt worden ist; die Angeklagten R und L hat es jeweils wegen
Bestechlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten,
verbüßt durch Untersuchungshaft, verurteilt. Alle
Angeklagten wurden von weiteren gleichen Anklagevorwürfen
freigesprochen.
A.
Der in der Türkei geborene Angeklagte K betrieb von Herbst
1993 bis Frühjahr 1997 in Berlin-Wedding eine Fahrschule mit
zahlreichen, vornehmlich türkischstämmigen
Fahrschülern. Für Geldbeträge meist zwischen
1.500 und 2.000 DM erteilte er Führerscheinbewerbern, die -
vielfach wegen unzulänglicher Deutschkenntnisse, aber auch
wegen intellektueller Defizite oder wegen Zeitmangels - Probleme mit
dem Erlernen der für die theoretische Fahrprüfung
notwendigen Kenntnisse hatten, "Garantiezusa-gen" für das
Bestehen der theoretischen Fahrprüfung. Um diese zu
erfüllen, kam K ab Sommer 1994 mit den übrigen
Angeklagten, die Fahrprüfer bei der Technischen
Prüfstelle für den Kraftfahrzeugverkehr des
Kraftfahrzeugüberwachungsvereins Berlin (DEKRA) waren, -
daneben noch mit weiteren dort tätigen Fahrprüfern -
überein, daß diese ihm gegen das Versprechen von
Geldzahlungen über jeweils 300 bis 500 DM die Manipulation
mündlicher Theorieprüfungen mit von den Kenntnissen
unabhängigem Prüfungserfolg zugunsten von ihm
angemeldeter Fahrschüler zusagten. Sämtliche
Anklagevorwürfe haben entsprechende konkret bezeichnete
Einzelfälle zum Gegenstand; acht zwischen Mai 1995 und
Dezember 1996 begangene Fälle sind Gegenstand der
Verurteilungen K s wegen Bestechung und jeweils eines der anderen
Angeklagten wegen Bestechlichkeit.
B.
Die unbeschränkten Revisionen aller fünf Angeklagter
sind ebenso offensichtlich (vgl. BGHR StPO § 349 Abs. 2 StPO
Verwerfung 6) unbegründet wie die Revisionen der
Staatsanwaltschaft, die beschränkt sind auf die
Nachprüfung sämtlicher Freisprüche, ferner
der Rechtsfolgenaussprüche zum Nachteil der vier wegen
Bestechlichkeit verurteilten Angeklagten. Auch der Generalbundesanwalt
vertritt die Revisionen der Staatsanwaltschaft nicht. Zur
Begründung kann sich der Senat auf die im Ergebnis umfassend
zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in den
Antragsschriften vom 19. Juli 2001 beziehen, zu denen er lediglich
folgendes ergänzend bemerkt.
I. Verfahrensrügen
1. Am 22. Sitzungstag stellte die Strafkammervorsitzende die
(dauerhafte) Verhinderung eines bis dahin an der Hauptverhandlung
mitwirkenden Schöffen durch länger andauernde
Erkrankung fest; für ihn trat ein
Ergänzungsschöffe ein, der dann als Schöffe
bei der Urteilsfindung mitgewirkt hat. Mit auf § 338 Nr. 1
StPO gestützten Besetzungsrügen machen drei
Angeklagte geltend, der ursprüngliche Schöffe sei
bereits an den ersten 21 Sitzungstagen teilweise krankheitsbedingt
verhandlungsunfähig gewesen; einer der
Revisionsführer beanstandet auch die Ablösung dieses
Schöffen. Die Rügen können keinen Erfolg
haben.
a) Sinn und Zweck des absoluten Revisionsgrundes des § 338 Nr.
1 StPO sowie die entsprechenden Regelungen unter Nrn. 2 und 3 der
Vorschrift machen deutlich, daß als erkennendes Gericht im
Sinne des § 338 Nr. 1 StPO ausschließlich die
Gerichtsbesetzung anzusehen ist, die das mit der Revision angefochtene
Urteil gefällt hat (vgl. Hanack in Löwe/Rosenberg,
StPO 25. Aufl. § 338 Rdn. 8; Kuckein in KK 4. Aufl. §
338 Rdn. 23). Allein für diese Richter hat zu gelten,
daß in ihrer Person während der gesamten Dauer der
Hauptverhandlung kein Besetzungsmangel vorliegen darf (vgl. BGH bei
Dallinger MDR 1954, 151). Auf Besetzungsmängel in der Person
eines später durch einen Ergänzungsrichter
(§ 192 GVG) abgelösten Richters ist der absolute
Revisionsgrund daher ebensowenig anwendbar wie auf solche bei einem bis
zur Urteilsfindung nicht eingetretenen Ergänzungsrichter.
Aus einer Verhandlungsunfähigkeit des später wegen
Krankheit ausgeschiedenen Schöffen während seiner
Mitwirkung an der Hauptverhandlung könnte daher allenfalls ein
relativer Revisionsgrund hergeleitet werden, wenn dieser
Schöffe im Zustand der Verhandlungsunfähigkeit an
einer Entscheidung mitgewirkt hätte, die sich - ohne in
fehlerfreier Besetzung bestätigt worden zu sein - auf die
Urteilsfindung ausgewirkt hätte. An entsprechendem nach
§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO unerläßlichem
Revisionsvorbringen fehlt es. Abgesehen davon sind nicht einmal
hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine
Verhandlungsunfähigkeit des ausgeschiedenen Schöffen
vor seiner Erkrankung ersichtlich.
b) Die Erkrankung wiederum gab der Strafkammervorsitzenden
Anlaß, den Schöffen als verhindert ablösen
zu lassen (§ 192 Abs. 2 und 3, § 77 Abs. 3 Satz 3,
§ 54 Abs. 1 und 3 GVG). Willkür
läßt ihre Entscheidung nicht erkennen. Dieser
eingeschränkte revisionsgerichtliche
Prüfungsmaßstab kann hier nicht anders gelten als im
Fall der Feststellung der Verhinderung eines Schöffen vor
Beginn der Hauptverhandlung, für den dies aus der Regelung in
§ 54 Abs. 3 Satz 1, § 77 Abs. 1 GVG, § 336
Satz 2 StPO folgt (Hanack in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl.
§ 338 Rdn. 37; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45.
Aufl. § 192 GVG Rdn. 7; noch offengeblieben in BGHSt 35, 366,
373).
2. Auch die auf § 338 Nr. 8 StPO und auf Verletzung des
§ 261 StPO gestützten Verfahrensrügen von
drei Angeklagten im Zusammenhang mit der Befragung der Zeugin T bleiben
erfolglos. Diese Zeugin, der das Landgericht ein umfassendes
Auskunftsverweigerungsrecht aus § 55 StPO zugebilligt hat, die
indes nach entsprechender Belehrung zunächst zur Sache
ausgesagt hatte, weigerte sich im Verlauf ihrer Vernehmung unter
Berufung auf das Auskunftsverweigerungsrecht, weiterhin Fragen der
Verteidigung zu beantworten.
Nach dem Revisionsvorbringen ist nicht ersichtlich, daß das
Landgericht der Zeugin, die selbst wegen ähnlicher
Vorwürfe wie der Angeklagte K im Zusammenhang mit der DEKRA
tatverdächtig, zudem als Sekretärin seiner Fahrschule
teilnahmeverdächtig war, zu Unrecht ein zum
Aussageverweigerungsrecht verdichtetes Auskunftsverweigerungsrecht nach
§ 55 StPO zugebilligt hätte (vgl. BGHSt 43, 321, 325
f.; Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 55 Rdn. 2
m.w.N.). Die Zeugin war damit, auch nachdem sie auf eine
Aussageverweigerung zunächst verzichtet hatte, befugt, ohne
Angabe von Gründen die Beantwortung sämtlicher Fragen
der Verteidiger zu verweigern (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner
aaO § 55 Rdn. 12; § 52 Rdn. 15; Dahs in
Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 55 Rdn. 17). Deren
und der Angeklagten eigenes Fragerecht (Art. 6 Abs. 3 Buchst. d MRK;
Art. 14 Abs. 3 Buchst. e IPbürgR; vgl. dazu BGHSt 46, 93, 94
ff.) muß dem Schutz des Zeugen vor erzwungener
Selbstbelastung ("nemo tenetur se ipsum accusare"; Art. 14 Abs. 3
Buchst. g IPbürgR; vgl. dazu BVerfGE 38, 105, 113; BGHSt 42,
139, 151 ff. m.w.N.; Rieß in Löwe/Rosenberg, StPO
25. Aufl. Einl. Abschn. I Rdn. 88, 96) nachstehen.
Im übrigen haben die Verteidiger das Angebot, über
das Gericht Fragen an die Zeugin zu richten, nicht genutzt (UA S. 49;
Beschluß des Landgerichts vom 30. August 1999, Bl. 64, 67/PB
V). Der unbegründete Antrag, die Zeugin zur Beantwortung
bestimmter unmittelbar von den Verteidigern formulierter Fragen zu
zwingen, schloß nicht den Antrag ein, das Gericht
möge diese Fragen als eigene stellen. Dies gilt umso mehr, als
die Verteidigung ausdrücklich das bloße
Einräumen der Möglichkeit einer Übernahme
ihrer Fragen durch das Gericht anstelle der - notfalls auch zwangsweise
- begehrten Durchsetzung ihres eigenen Fragerechts als
unzulässig erachtet hatte. Zudem ist eine zulässige
Aufklärungsrüge, mit der das Unterlassen der
Übernahme von Verteidigerfragen durch das Gericht im
Revisionsverfahren beanstandet werden müßte, in
diesem Zusammenhang nicht erhoben worden.
Die Prozeßsituation steht im Spannungsfeld zwischen dem
Schutz des Zeugen vor erzwungener Selbstbelastung auf der einen und dem
Fragerecht von Angeklagtem und Verteidigung auf der anderen Seite. Ein
Verbot, die Angaben eines so die Aussage teilweise verweigernden Zeugen
zum Nachteil des hierdurch in der aktiven Wahrnehmung seines
Fragerechts beeinträchtigten Angeklagten zu verwerten,
läßt sich indes aus dessen Recht auf ein faires
Verfahren nicht herleiten. Dieses Ergebnis folgt maßgeblich
aus der Bedeutung der Wahrheitsermittlung im Strafverfahren. Allerdings
ist der Tatrichter verpflichtet, ein solches Aussageverhalten im Rahmen
der Beweiswürdigung bei der Beurteilung der Aussage des
betreffenden Zeugen kritisch zu bewerten (vgl. BGH NStZ 2001, 440;
allgemein zur Verwertbarkeit BGHR StPO § 55 Abs. 1
Auskunftsverweigerung 8; Rengier NStZ 1998, 47, 48). Nach dem
Gesamtzusammenhang des Urteils ist nicht zu besorgen, daß der
Tatrichter dieser Verpflichtung im Rahmen seiner
Beweiswürdigung letztlich nicht genügt hätte.
3. Die auf Ablehnung von Beweisanträgen auf Vernehmung eines
sprachwissenschaftlichen Sachverständigen gestützten
Verfahrensrügen der Staatsanwaltschaft scheitern bereits an
§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Für die hinreichende
Beurteilung der Geeignetheit des Beweismittels (§ 244 Abs. 3
Satz 2, Abs. 4 StPO) hätte es - bezogen auf jeden
Prüfling, dessen Sprachkundigkeit sachverständig zu
untersuchen begehrt wurde - einer genauen Bezeichnung hierfür
relevanter besonders tatzeitnaher aktenkundiger Erkenntnisse -
gegebenenfalls aus Prüfungsunterlagen und Vernehmungen -
bedurft. Die pauschale Bezugnahme auf in der Anklage angegebene
Fundstellen in dem abgelehnten Antrag ist jedenfalls im Rahmen der
Revisionsbegründung insoweit offensichtlich
unzulänglich (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2
Beweisantragsrecht 5).
II. Sachrügen
1. Die sachlichrechtliche Überprüfung der
Beweiswürdigung gibt insgesamt keinen Anlaß zu
durchgreifenden Bedenken. Dies gilt letztlich auch, soweit die
Staatsanwaltschaft beanstandet, daß das Landgericht trotz
Feststellung länger andauernder allgemeiner
Unrechtsvereinbarungen zwischen dem Angeklagten K auf der einen und den
übrigen Angeklagten auf der anderen Seite nur in den
Fällen zur Verurteilung gelangt ist, an die sich der
geständige Angeklagte K konkret sicher erinnern konnte und bei
denen zugleich gravierende Indizien für eine
tatsächlich erfolgte Prüfungsmanipulation vorlagen.
a) Die überaus vorsichtige und zurückhaltende
Beweiswürdigung des Tatrichters war geprägt von der
dem Zusammenhang des Urteils ausreichend deutlich zu entnehmenden
erheblichen Schwierigkeit der gesamten Beweislage. Diese war
mitbeeinflußt von unterschiedlichen Interessen des
Angeklagten K auf der einen, der übrigen Angeklagten auf der
anderen Seite, und ersichtlich auch von unterschiedlichen, nicht stets
am Ziel der Wahrheitsfindung orientierten Eigeninteressen verschiedener
Beweispersonen. Zwar erfuhr das Pauschalgeständnis des
Angeklagten K zahlreiche Stützungen, nicht zuletzt durch die
Feststellungen über weitgehende
Manipulationsmöglichkeiten, wie sie im Organisationsbereich
der DEKRA eröffnet waren. Auch konnten generelle
Falschbezichtigungsmotive des Angeklagten K rechtsfehlerfrei als
fernliegend angesehen werden. Indes waren massive Bedenken gegen die
Detailgenauigkeit seiner Angaben berechtigt, da er einerseits -
ersichtlich aufschneiderisch - angab, "99 Prozent" der in
Zahlungslisten enthaltenen Fahrschüler hätten eine
manipulierte Prüfung erhalten, an die einzelnen Personen
andererseits dann keine oder nur vage Erinnerungen hatte. Bei dieser
Ausgangslage war eine nähere Konkretisierung seiner pauschalen
Angaben, die zur zuverlässigen Überzeugungsbildung
für die Ausführung bestimmter Bestechungstaten
ausgereicht hätte, nur schwer zu erreichen. Die
sachlichrechtliche Prüfung durch den Senat ergibt in diesem
Zusammenhang keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür,
daß der Tatrichter insoweit vorhandene aussichtsreiche
Beweismittel unerschöpft gelassen hätte.
Ohnehin bestand zusätzlicher Anlaß zu kritischer
Würdigung - ohne daß der Tatrichter deshalb gehalten
gewesen wäre, dem Geständnis insgesamt zu
mißtrauen - im Blick auf die besondere
Geständnismotivation des Angeklagten K , der ersichtlich durch
seine Aussagebereitschaft eine weitere Inhaftierung zu verhindern
suchte; dies gilt zumal im Blick auf das gesamte Prozeß- und
Begleitverhalten dieses Angeklagten, insbesondere im Zusammenhang mit
seinem schließlich erfolgten eigenmächtigen
Ausbleiben aus der weiteren Hauptverhandlung. Der Gesamtzusammenhang
des Urteils läßt hinreichend deutlich erkennen,
daß der Tatrichter sich bei seiner im Detail besonders
zurückhaltenden Überzeugungsbildung auch von solchen
berechtigten Überlegungen hat leiten lassen.
b) Auch in Fällen der hier vorliegenden Art mag freilich eine
tatrichterliche Überzeugung von einem über die
Einzelfallindividualisierbarkeit hinausgehenden, im Wege der
Schätzung zu ermittelnden Mindestschuldumfang in Betracht zu
ziehen sein, was zur Aburteilung einer unter Beachtung des
Zweifelsgrundsatzes zu bestimmenden Mindestzahl weiterer von der
Anklage erfaßter Einzelfälle auf wahldeutiger
Tatsachengrundlage führen kann (vgl. für allerdings
ganz unterschiedliche Fälle BGHSt 40, 374, 376 f.; 42, 107,
109 f.; BGH NStZ 1997, 280; wistra 1999, 426). Dies wäre
namentlich zum Nachteil des an sämtlichen in Betracht zu
ziehenden Taten mitbeteiligten Angeklagten K nicht undenkbar gewesen.
Indes war das Landgericht hier nicht gehalten, eine solche
Schätzung vorzunehmen. Insbesondere vor dem Hintergrund der
Umstände des Geständnisses des Angeklagten K und
seines sonstigen Verhaltens ist es vom Revisionsgericht hinzunehmen,
daß der Tatrichter bei seiner ihm obliegenden
Überzeugungsbildung den Angaben dieses Angeklagten mit
Zurückhaltung begegnet ist und eine weitergehende Verurteilung
im Wege der Schätzung allein auf der Grundlage seines
weitgehend pauschalen Geständnisses nicht vorgenommen hat.
Da im übrigen gravierende Indizien für eine
Prüfungsmanipulation nicht gegeben waren, fehlte es an einer
hinreichenden Schätzungsgrundlage. Anlaß zu
revisionsgerichtlicher Korrektur des
Beweiswürdigungsergebnisses, namentlich zum Nachteil der
Angeklagten, bestand umso weniger angesichts eines vor den
festgestellten Tathintergründen eher milden, aber nicht etwa
ersichtlich unausgewogenen Gesamtergebnisses.
c) Die Konkretisierungsanforderungen, die der Tatrichter bei
Feststellung jeder einzelnen Tat vorausgesetzt hat, und seine daraus
folgende strikte Orientierung an den angeklagten Einzelfällen
sind hier zudem vom Revisionsgericht umso mehr hinzunehmen, da die
Taten nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des
Korruptionsbekämpfungsgesetzes vom 13. August 1997 (BGBl. I
2038) zu beurteilen waren (§ 2 Abs. 3 StGB). Nach altem Recht
bestanden noch strengere Anforderungen an die Bestimmtheit der
Diensthandlung, die mit der Vorteilsgewährung an den
Amtsträger zusammenhing (vgl. Tröndle/Fischer, StGB
50. Aufl. § 331 Rdn. 21 ff.; Bauer/Gmel in LK 11. Aufl.
§§ 331 - 338 - Nachtrag - Rdn. 7 ff.;
Dölling ZStW 112 [2000], 334, 343 f.).
2. Die Schuldsprüche sind rechtsfehlerfrei. Die bestochenen
DEKRA-Fahrprüfer waren Amtsträger
gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB
(vgl. BGHSt 42, 230, 233).
Auch die Rechtsfolgenaussprüche sind aus
Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Namentlich im Blick auf
die lange Dauer der Untersuchungs-
haft bei allen vier wegen Bestechlichkeit verurteilten Angeklagten
können die Einwände der Staatsanwaltschaft gegen die
jeweiligen Rechtsfolgenaussprüche keinen Erfolg haben.
Harms Basdorf Gerhardt
Brause Schaal |