BGH,
Urt. v. 24.4.2003 - 3 StR 181/02
3 StR 181/02
StPO § 244 Abs. 2
Ein Tatrichter ist - auch auf der Grundlage der Entscheidung BGHSt 45,
203, 208 - regelmäßig nicht verpflichtet, einen
Zeugen, der von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht, zu
befragen, ob er gleichwohl in die Verwertung früherer Aussagen
einwilligt, sofern nicht im Einzelfall besondere Hinweise auf eine
solche Bereitschaft gegeben sind.
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom
24. April 2003
in der Strafsache gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u. a.Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat
in der Sitzung vom 24. April 2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Tolksdorf, die
Richter am Bundesgerichtshof Winkler, Pfister, von Lienen, Becker als
beisitzende Richter, Bundesanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hannover
vom 17. Dezember 2001 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 76
Fällen sowie wegen unerlaubter Ausübung der
tatsächlichen Gewalt über eine halbautomatische
Selbstladekurzwaffe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren
verurteilt und den Verfall eines Geldbetrags von einer Million DM
angeordnet. Nach den Feststellungen belieferte der Angeklagte seinen
Bekannten Holger L. in 20 Fällen mit je einem Kilogramm Kokain
und in einem weiteren Fall mit zwei Kilogramm Kokain zum Preis von
70.000 DM pro Kilogramm. Nachdem der Angeklagte nicht mehr nach
außen als Lieferant in Erscheinung treten wollte,
beschränkte er sich in weiteren 55 Fällen darauf, den
Bezug der von Holger L. wöchentlich benötigten Menge
von einem Kilogramm jeweils zu vermitteln, und erhielt dafür
eine Provision von je 10.000 DM. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung
wurde ein Revolver samt Munition gefunden. Der Angeklagte hat den
Waffenbesitz zugegeben, aber die ihm zur Last gelegten
Kokaingeschäfte mit Holger L. bestritten. Allerdings hat er
eingeräumt, mit diesem andere Kokaingeschäfte, auch
im Kilobereich, aber in geringerem Gesamtumfang und unter anderen
Umständen, gemacht zu haben.
Das Verfahren war ursprünglich gegen zehn Angeklagte im Umfeld
einer Hell´s Angels Gruppe, darunter der Angeklagte K. sowie
die damals noch miteinander verheirateten Mitangeklagten Holger und
Sonja L. , gerichtet. In einer ersten Hauptverhandlung in der Zeit vom
20. April 2001 bis 15. Mai 2001 wurden acht der Angeklagten
abgeurteilt, nachdem sie Geständnisse abgelegt hatten. Einer
von ihnen war Holger L. , dessen Verurteilung vom 25. April 2001
rechtskräftig geworden ist. Gegen den Angeklagten K. und die
Mitangeklagte Sonja L. wurde ab 14. August 2001 eine zweite
Hauptverhandlung durchgeführt. In dieser machte Sonja L. als
Angeklagte umfassende Angaben, unter anderem auch über die
Ablegung eines Geständnisses von Holger L. im ersten
Durchgang. Holger L. wurde am 17. August 2001 als Zeuge vorgeladen,
machte jedoch von seinem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52
StPO Gebrauch. Danach wurde das Verfahren gegen Sonja L. abgetrennt und
diese unter Anwendung des § 31 Nr. 1 BtMG wegen Beihilfe zum
Handeltreiben in nicht geringer Menge in zehn Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten, ausgesetzt zur
Bewährung, verurteilt. Das Verfahren ist sodann gegen den
Angeklagten K. allein fortgeführt worden. Auf entsprechende
Beweisanträge wurden Sonja und Holger L. als Zeugen geladen.
Sonja L. , deren Verurteilung noch nicht rechtskräftig
geworden war, machte von ihrem Auskunftsverweigerungsrecht und Holger
L. von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Das Landgericht
stützt die Verurteilung des Angeklagten im wesentlichen auf
die Angaben, die Sonja L. als Mitangeklagte in der damals gegen beide
gemeinsam geführten Hauptverhandlung gemacht hatte.
Die auf zahlreiche Verfahrensrügen und die Sachrüge
gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
I. Verfahrensrügen:
1. Im Abschnitt "I. Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften"
befaßt sich die Revisionsbegründung unter Ziff. 1.
ausführlich mit dem Zustandekommen und der Verwertung des
Geständnisses des früheren Mitangeklagten Holger L.
und den hierzu gestellten Beweisanträgen. Soweit dem konkrete
Verfahrensrügen im Sinne des § 344 Abs. 2 StPO zu
entnehmen sind, bemerkt der Senat:
a) Mit der Revisionsbegründung unter I. 1. c) dd) wird
beanstandet, das Landgericht hätte entweder eine
Beweiserhebung über die Angaben von Holger L. zulassen oder
insgesamt unterlassen müssen. Es erscheint schon fraglich, ob
es sich um eine zulässige Verfahrensrüge handelt, da
nicht dargelegt wird, in welcher der beiden Alternativen die Verletzung
von Verfahrensrecht gesehen wird. Aber selbst wenn man dem die
Rüge der unzulässigen Verwertung des
Geständnisses auf Grund des Berichts der Zeugin Sonja L.
entnimmt, die als Mitangeklagte von Holger L. in der ersten
Hauptverhandlung das Geständnis miterlebt und nunmehr - als
Mitangeklagte in der zweiten Hauptverhandlung - darüber
berichtet hatte, ist der Bestand des Urteils nicht gefährdet.
Dabei kann offenbleiben, ob diese Verwertung mit § 252 StPO
unvereinbar war, wie der Generalbundesanwalt dargelegt hat, oder ob
unter den besonderen Umständen der vorliegenden
Verfahrensgestaltung, bei der das Geständnis Gegenstand der
ersten Hauptverhandlung geworden war und somit ohne weiteres der
Verurteilung des Angeklagten hätte zu Grunde gelegt werden
dürfen, wenn diese bereits in diesem Verfahrensstadium
hätte erfolgen können, nicht etwas anderes gelten
kann, zumal alle Verfahrensbeteiligte der zweiten Hauptverhandlung,
soweit sie auch bei der ersten dabei waren, das Geständnis
miterlebt haben. Jedenfalls kann der Senat ausschließen,
daß ohne die Berücksichtigung des
Geständnisses und der Verurteilung von Holger L. die
Glaubwürdigkeit der Aussage der Zeugin Sonja L. anders
beurteilt worden wäre. Die Strafkammer hat nämlich in
einer eingehenden Beweiswürdigung so zahlreiche und gewichtige
Anzeichen für die Richtigkeit ihrer Angaben gefunden,
daß sie für ihre Überzeugung der weiteren
Bestätigung durch das Geständnis von Holger L. nicht
bedurfte:
aa) Das Landgericht hat zunächst die Entstehungsgeschichte der
belastenden Aussage von Sonja L. eingehend dargelegt, wonach ihre
verwerteten Angaben als Mitangeklagte auf ihre polizeilichen
Zeugenaussagen zurückgehen. Damals war die Kriminalpolizei an
sie herangetreten, als bereits anderweitige Ermittlungen und
Telefonüberwachungsmaßnahmen liefen, um sie von der
- ersichtlich bereits durch die vorhandenen Ermittlungsergebnisse
gerechtfertigten - Verhaftung ihres damaligen Ehemannes Holger L. zu
unterrichten und ihre Aussagebereitschaft als Zeugin zu
prüfen. Sie hat sich sodann zu einer Aussage als Zeugin
entschlossen, ohne bereits selbst im Verdacht zu stehen. Erst im Rahmen
ihrer eigenen Schilderung hat sie sich wegen einzelner
Beihilfehandlungen selbst belastet. Diese Entstehungsgeschichte der
Aussage ist mit der von der Revision angeführten
Beweiskonstellation der Entscheidung des 1. Strafsenats vom 15. Januar
2003 (1 StR 464/02) nicht vergleichbar, bei der die belastende Aussage
eines Mitangeklagten erstmals im Rahmen einer verfahrensbeendenden
Absprache in einer Hauptverhandlung zustande gekommen war. Sie
erforderte auch keine verstärkte Auseinandersetzung damit, ob
und inwieweit die Angaben durch die Milderungsmöglichkeiten
nach § 31 BtMG veranlaßt gewesen sein
könnten. Das Landgericht hat weiter berücksichtigt,
daß die Angaben von Sonja L. als Mitangeklagte - wie in dem
angefochtenen Urteil näher ausgeführt ist - mit denen
bei ihrer polizeilichen Zeugenvernehmung übereinstimmten; sie
seien zudem detailreich und mit
plastischen Schilderungen verbunden; insgesamt machten sie nicht den
Eindruck einer zurechtgelegten Geschichte.
bb) Schließlich hat die Strafkammer auch darauf abgestellt,
daß der Angeklagte eingeräumt hat, mit Holger L. im
Kilogrammbereich Kokaingeschäfte getätigt zu haben.
Damit hat er seine strafbare Verstrickung in den Drogenhandel im Kern
bestätigt, auch wenn er abweichende Schilderungen zu Umfang
und Abwicklung der Geschäfte gegeben hat. Deshalb hat das
Landgericht - zu Recht - in der eigenen Aussage des Angeklagten
erhebliche Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Belastung der
Zeugin im Hinblick auf die Geschäfte zwischen ihm und Holger
L. gesehen.
cc) Wesentliches Gewicht hat die Strafkammer dem Umstand beigemessen,
daß die Angaben vielfach durch andere Beweismittel
bestätigt werden. Mehrere von ihr als Abnehmer von Holger L.
bezeichnete Personen, nämlich die Abnehmer G. , H. und S.
haben ihre Angaben bestätigt und entsprechende
Geständnisse abgelegt, die zu ihrer Verurteilung
führten. Auch die Belastung weiterer Abnehmer, Kö.
und N. , ist von einem Zeugen bestätigt worden.
Schließlich stimmen Details ihrer Schilderung mit
Erkenntnissen aus der Telefonüberwachung überein.
Dabei kommt der Aussage des Zeugen S. ein ganz besonderes Gewicht zu.
Dieser hat erklärt, daß er mit Holger L. befreundet
gewesen und mit ihm häufig im Clubhaus der "Hell´s
Angels" zusammengetroffen sei, während ihm seine damalige Frau
Sonja L. "nicht sonderlich sympathisch" gewesen wäre, da sie
Holger L. schlecht behandelt habe. Trotz seiner bekundeten Freundschaft
zu Holger L. und seiner kritischen Haltung gegenüber Sonja L.
hat dieser Zeuge bestätigt, daß ihre Angaben
über dessen umfangreichen Handel mit Kokain zutreffend gewesen
seien und er selbst zehn Kilogramm Kokain von ihm bezogen habe (UA S.
21, 22). Angesichts des hohen Beweiswertes der Aussage dieses
kritischen Zeugen für die Bestätigung der
Gesamtaussage der Mitangeklagten Sonja L. kann ausgeschlossen werden,
daß die Strafkammer ohne Berücksichtigung des
pauschalen, nur auf die eigene Tatbeteiligung beschränkten
Geständnisses von Holger L. und seiner darauf beruhenden
Verurteilung zu einer anderen Beurteilung der Glaubwürdigkeit
von Sonja L. gelangt wäre.
b) Es kann offen bleiben, ob das Landgericht eine Beweiserhebung
über die Motive und die Vorgespräche mit Verteidiger
und Mitgliedern des Gerichts, die letztlich zu dem Geständnis
des früheren Mitangeklagten Holger L. in der gegen ihn
gerichteten Hauptverhandlung geführt haben (vgl.
Revisionsbegründung I. 1. c) cc)), mit der Begründung
ablehnen durfte, hierdurch werde das Verwertungsverbot nach §
252 StPO umgangen, was allerdings wegen der engen Verzahnung der
Aussagegegenstände zumindest sehr nahe liegt und unter dem
Gesichtspunkt ihrer Trennbarkeit allenfalls für die
Gespräche mit dem Verteidiger anders gesehen werden
könnte. Denn auch auf der insoweit vermißten
Beweisaufnahme beruht das Urteil nicht. Da - wie oben dargelegt - die
Beweiswürdigung des Landgerichts zu keinem anderen Ergebnis
geführt hätte, wenn die Verurteilung und das
Geständnis von Holger L. als Bestätigung der
Glaubwürdigkeit der Aussage von Sonja L. weggedacht werden
würde, kommt es auch nicht auf die Beweiserhebung an, durch
die die Relativierung des Beweiswertes dieses Geständnisses
erreicht werden sollte.
c) Die Aufklärungsrüge unter I. 1. c) bb) der
Revisionsbegründung, das Gericht habe es unterlassen, Holger
L. zu befragen, ob er nicht trotz seiner Aussageverweigerung in die
Verwertung seiner früheren Angaben als Angeklagter
einzuwilligen bereit war, ist unzulässig. In
zulässiger Form ist die Rüge nach § 244 Abs.
2 StPO nur erhoben, wenn die Revision die Tatsache, die das Gericht zu
ermitteln unterlassen hat, und das Beweismittel bezeichnet, dessen sich
der Tatrichter hätte bedienen sollen. Daran fehlt es, da
konkrete Beweistatsachen und Beweismittel insoweit nicht benannt
werden. Die Einholung der Zustimmungserklärung zu einer
Verwertung selbst stellt noch keine Beweisführung dar, sondern
soll eine solche erst ermöglichen. Daß hiermit die
Verwertung der bereits gemachten Aussage der Mitangeklagten Sonja L. zu
dem Geständnis des Holger L. in der ersten Hauptverhandlung
erreicht werden sollte, kann dem Revisionsvortrag nicht entnommen
werden, zumal die Verwertung eben dieser Angaben beanstandet wird.
Im übrigen wäre die Rüge auch
unbegründet. Dabei kann der Senat offenlassen, ob er der
Entscheidung des 4. Strafsenats in BGHSt 45, 203 folgen würde,
wonach die Geltendmachung des Zeugnisverweigerungsrechts nach
§ 252 StPO durch einen Zeugen die Verwertung einer
früheren, auch nichtrichterlichen, Vernehmung nicht hindert,
wenn der Zeuge sie gestattet (BGHSt 45, 203, 208). Jedenfalls ist ein
Tatgericht auch auf der Grundlage dieser Entscheidung
regelmäßig nicht verpflichtet, einen Zeugen, der von
seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht, zu befragen, ob er
gleichwohl in die Verwertung früherer Aussagen einwilligt,
sofern nicht im Einzelfall besondere Hinweise auf eine solche
Bereitschaft gegeben sind. Solche sind hier weder vorgetragen noch
ersichtlich. Vielmehr war Holger L. zweimal als Zeuge geladen und hat
jedesmal die Aussage verweigert (zunächst am 17. August 2001
und auf Grund eines Beweisantrages der Verteidigung erneut am 15.
November 2001).
2. Auch die Rüge, das Landgericht habe gerichts- und
allgemeinkundige Tatsachen ohne ordnungsgemäße
Einführung in die Hauptverhandlung verwertet, hat im Ergebnis
keinen Erfolg.
a) Auf der - in ihrer Absolutheit allerdings bedenklichen -
Erwägung der Strafkammer, daß
Kokaingeschäfte "immer" zunächst in geringeren Mengen
beginnen, bevor sie sich in den Kilogrammbereich steigern (UA S. 23),
beruht das Urteil ersichtlich nicht. Weder im festgestellten
Sachverhalt noch in der Beweiswürdigung geht das Landgericht
davon aus, daß der Angeklagte vor den angeklagten und
abgeurteilten Kilogeschäften schon vorher kleinere Mengen
gehandelt habe. Daß seine Einlassung, er habe, wenn auch
anderweitig, im Kilogrammbereich mit Kokain Geschäfte gemacht,
Anhaltspunkte für eine Bestätigung der Aussage von
Sonja L. bietet, durfte die Strafkammer allein aus dieser Angabe
folgern.
b) Die von der Strafkammer ihrer Überzeugungsbildung
zugrundegelegten Annahmen für den Wirkstoffgehalt des
gehandelten Kokains sind unter den gegebenen Umständen bereits
in einem solchen Maße erkennbar allgemeinkundig,
daß ihre Zugrundelegung nicht überraschen kann und
einen vorherigen Hinweis nicht erforderte. Im übrigen kann bei
der zu Gunsten des Angeklagten sehr niedrig angesetzten
Schätzung eines Wirkstoffgehalts von nur 30 % KHC in
Anbetracht der ständigen Geschäftsbeziehung im
Kilogrammbereich ausgeschlossen werden, daß der Angeklagte
hierdurch benachteiligt wurde (vgl. Weber, BtMG 2. Aufl. Anhang A
Wirkstoffgehalte Kokain). Auch die Revisionsbegründung konnte
insoweit nicht aufzeigen, welcher konkrete Beweis für einen
niedrigeren Wert hätte angetreten werden können.
c) Die Annahme einer Wertsteigerung seit Erwerb des Immobilienbesitzes
des Angeklagten (UA S. 30) ist nicht zur Schätzung des
Betrages des Verfalls von Wertersatz in Höhe des aus den
Straftaten Erlangten, sondern nur im Rahmen der Billigkeitsentscheidung
nach § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB für die
Prüfung herangezogen worden, inwieweit der Wert des Erlangten
nicht mehr im Vermögen des Angeklagten vorhanden ist. Es kann
offenbleiben, ob es sich hierbei nicht schon um erkennbar
allgemeinkundige Tatsachen handelte; jedenfalls ist nicht bewiesen,
daß eine Erörterung in der Hauptverhandlung
unterblieben wäre. Aus den Urteilsgründen ergibt sich
vielmehr, daß zum Wert der Immobilien sogar eine
Beweisaufnahme stattgefunden hatte. Dies legt nahe, daß auch
eine Erörterung dieser Gesichtspunkte erfolgte.
Protokollierungspflichtig war eine solche Erörterung nicht
(vgl. BGHSt 36, 354).
3. Die Rüge, das Landgericht habe seinem Urteil Angaben des
Zeugen He. zugrunde gelegt, obgleich dieser nicht zur Sache ausgesagt
habe, ist entsprechend der Erörterung in der Hauptverhandlung
offensichtlich unbegründet. Dasselbe gilt für den
Beweisantrag auf Vernehmung eines Steuerfahnders sowie für den
Beweisantrag zum Inhalt von zwei SMS-Nachrichten von Sonja L. an ihren
Schwager Stefan L. .
II. Sachrüge:
Die Nachprüfung des Urteils hat auch keinen
sachlich-rechtlichen Fehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die
insoweit von der Revision erhobenen Einwendungen sind nicht berechtigt.
1. Es besteht nicht die Beweissituation "Aussage gegen Aussage" im
eigentlichen Sinne, bei der ein seine Schuld im Kern bestreitender
Angeklagter allein durch die Aussage eines einzelnen Zeugen belastet
wird (vgl. Sander StV 2000, 45, 46). Vielmehr wird die Situation
dadurch geprägt, daß die Zeugin zu
Kokaingeschäften einer Vielzahl von Beteiligten mit dem
Hintergrund einer "Hell´s Angels"-Gruppe ausgesagt hatte,
nachdem bereits auf Grund anderweitiger Ermittlungen ein Verdacht
entstanden und eine Telefonüberwachung geschaltet war. Diese
Aussage, die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in dem den Angeklagten
belastenden Teil in den Blick genommen werden muß, ist aber,
wie oben unter I. 1. a) näher dargelegt, auf mehrfache Weise
bestätigt worden. Ihr steht die Einlassung des Angeklagten
auch nicht in vollem Umfang entgegen. Er hat immerhin
eingeräumt, Kokaingeschäfte mit Holger L. im
Kilobereich getätigt zu haben. Es kommt hinzu, daß
der Einlassung des Angeklagten K. auch deswegen geringeres Gewicht
zukommt, weil es sich nicht um eine eigentliche, mündlich vor
Gericht abgegebene Aussage, sondern um eine schriftliche
Verteidigererklärung handelte, die erst im Laufe des zweiten
Hauptverhandlungsdurchgangs in Kenntnis des wesentlichen Teils des
Beweisergebnisses abgegeben worden ist und die sich der Angeklagte
lediglich als Einlassung zu eigen machte (vgl. Eisenberg/Pincus JZ
2003, 397, 399, 403). Bei dieser Sachlage kann von einer
Beweissituation "Aussage gegen Aussage", die nach der Rechtsprechung
erheblich erhöhte Anforderungen an die
Beweiswürdigung auslöst (st. Rspr., vgl. BGHR StPO
§ 261 Beweiswürdigung 23), nicht ausgegangen werden.
Im übrigen würde die von der Strafkammer vorgenommene
eingehende und nicht zu beanstandende Würdigung der
belastenden Angaben der Mitangeklagten Sonja L. auch diesen
erhöhten Anforderungen entsprechen.
2. Die Strafkammer hat bei der Beweiswürdigung durchaus
gesehen und erörtert, daß die Zeugin später
in dem nur noch gegen den Angeklagten geführten Strafverfahren
von ihrem Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO Gebrauch
gemacht hat (UA S. 16). Wenn sie hieraus in Anbetracht der
Entstehungsgeschichte und der vielfältigen
Bestätigungen ihrer Angaben nicht den Schluß gezogen
hat, ihre früheren Angaben seien falsch gewesen, ist diese
tatrichterliche Würdigung aus Rechtsgründen nicht zu
beanstanden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß auch
die früheren Aussagen von Sonja L. als Zeugin vor der Polizei
oder als Angeklagte in der Hauptverhandlung, wenn sie bewußt
wahrheitswidrige Belastungen enthalten hätten, strafbar
gewesen wären.
Tolksdorf Winkler Pfister Becker Richter am Bundesgerichtshof von
Lienen ist infolge Erkrankung an der Unterzeichnung gehindert. |