BGH,
Urt. v. 24.7.2001 - 1 StR 192/01
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 192/01
vom
24. Juli 2001
in der Strafsache gegen
wegen Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24.
Juli 2001, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am
Bundesgerichtshof Dr. Schäfer und die Richter am
Bundesgerichtshof Dr. Wahl, Dr. Boetticher, Hebenstreit, Schaal,
Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt als
Verteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts
München II vom 9. Januar 2001 wird als unbegründet
verworfen.
Die Kosten dieses Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch
erwachsenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen Untreue und wegen
Betrugs in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von 3
Jahren und 9 Monaten. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer zu
Ungunsten des Angeklagten eingelegten, wirksam beschränkten
und mit der Sachrüge begründeten Revision gegen Teile
des Rechtsfolgenausspruchs. Sie erstrebt eine höhere
Einzelstrafe wegen Untreue und in der Folge eine höhere
Gesamtstrafe. Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel
bleibt ohne Erfolg.
1. Über Jahrzehnte hinweg war der zur Tatzeit 62 Jahre alte
Angeklagte ein erfolgreicher Geschäftsmann im Bereich des
Leasing und des Vertriebs von Großcomputern sowie mit einem
CD-ROM-Verlag. 1994 verlegte er sein Betätigungsfeld auf den
Kauf, die Erschließung und die Vermarktung von Immobilien in
der Umgebung von D. und M. sowie die Erstellung und den Betrieb einer
Golfanlage in der Nähe von D. . Damit geriet er in
Vermögensverfall. Dies verschleierte der Angeklagte in seinem
persönlichen Umfeld und stellte sich weiter als erfolgreicher,
vermögender und zahlungsfähiger
Geschäftsmann dar. Vor diesem Hintergrund kam es nach den
Feststellungen des Landgerichts zu folgenden Vorgängen:
Mitte April 1996 vertraute der Zeuge R. dem vermeintlich reichen
Angeklagten 3,1 Mio. DM an zur sicheren Anlage bei hoher Gewinnerwartung
- Verdoppelung des Kapitals in sechs Monaten - in
"Finanzinvestmentgeschäfte". Nach Überweisung der 3,1
Mio. DM entschloß sich der Angeklagte, diesen Betrag nicht
wie versprochen anzulegen, sondern für sich zu verwenden, "um
andere Löcher zu stopfen", etwa zur Schuldentilgung beim
Finanzamt. Zur Rückzahlung war er, wie er wußte, in
absehbarer Zeit nicht in der Lage. Ausgehend vom Regelstrafrahmen des
§ 266 Abs. 1 StGB verhängte die Strafkammer
hierfür wegen Untreue eine Einzelstrafe von 3 Jahren
Freiheitsstrafe.
Zur - wie vom Angeklagten versprochen - risikofreien, aber
hochrentierlichen Kapitalanlage, angeblich in Geschäfte mit
kanadischen Schuldverschreibungen vor dem Hintergrund von
Bankgarantien, erlangte der Angeklagte von den Zeugen H. und B. am 30.
August 1996 per Scheck jeweils weitere 215.000, DM. Wie vom Angeklagten
in diesen beiden Fällen von vorneherein beabsichtigt,
verwendete er das Geld ebenfalls für sich. Hierfür
erkannte das Landgericht wegen Betrugs - rechtskräftig - auf
Einzelstrafen von jeweils 9 Monaten Freiheitsstrafe.
2. Die Beschwerdeführerin meint, im Fall 1 liege ein besonders
schwerer Fall der Untreue gemäß §§
266 Abs. 1, Abs. 2, 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB vor. Bei einem Schaden von
3,1 Mio. DM liege ein Vermögensverlust großen
Ausmaßes vor. Die Festsetzung einer Freiheitsstrafe von 3
Jahren sei angesichts des Strafrahmens von 6 Monaten bis 10 Jahren
Freiheitsstrafe zu gering.
3. Gegen die Strafbemessung des Landgerichts im Fall 1 ist von Rechts
wegen nichts einzuwenden.
a) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters.
Das Revisionsgericht kann nur eingreifen, wenn Rechtsfehler vorliegen.
Das ist namentlich dann der Fall, wenn der Tatrichter fehlerhafte
Erwägungen anstellt oder wenn erforderliche
Erwägungen oder Wertungen unterblieben sind und das Urteil auf
dem Mangel beruhen kann, oder wenn sich die Strafe nicht im Rahmen des
Schuldangemessenen hält. Eine ins einzelne gehende
Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen.
b) Die Strafkammer hat das Vorliegen eines - nicht benannten -
besonders schweren Falls gemäß dem zur Tatzeit
geltenden § 266 Abs. 2 StGB aF (vor dem Inkrafttreten des 6.
Strafrechtsreformgesetzes am 1. April 1998) rechtsfehlerfrei verneint.
Die Tatrichter haben die außerordentliche Höhe des
Schadens ausdrücklich hervorgehoben. Die Strafkammer verweist
dann auf das Geständnis und die Schuldeinsicht des
Angeklagten, auf das übersteigerte Gewinnstreben und die
Leichtfertigkeit der Opfer, die ihm die Tat erleichterten, auf das
vorgerückte Lebensalter des Angeklagten, in dem er nun nach
jahrzehntelanger erfolgreicher beruflicher Tätigkeit vor einem
Scherbenhaufen steht sowie auf die bereits länger
zurückliegende Tatzeit. Die Kammer konnte
schließlich vor diesem Hintergrund "kein so deutliches
Übergewicht der straferschwerenden Umstände
feststellen, daß der Regelstrafrahmen von 1 Monat bis zu 5
Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe unangemessen mild und nicht
ausreichend wäre". Dies ist frei von Rechtsfehlern.
Da somit ein besonders schwerer Fall bereits nach der zur Tatzeit
geltenden Fassung des § 266 StGB nicht vorliegt, ist
für eine Anwendung des § 266 Abs. 2 nF (in der ab 1.
April 1998 geltenden Fassung des 6. Strafrechtsreformgesetzes) i.V.m.
§ 263 Abs. 3 StGB mit seinen Regelbeispielen kein Raum mehr,
auch wenn die Mindeststrafe für den besonders schweren Fall
nach neuem Recht niedriger ist (vgl. BGH, Beschluß vom 28.
Februar 2001 - 2 StR 509/00).
c) Der Rechtsfolgenausspruch läßt - soweit er
angegriffen wurde - auch sonst keinen den Angeklagten
begünstigenden oder beschwerenden (§ 301 StPO)
sachlich-rechtlichen Mangel erkennen.
Schäfer Wahl Boetticher Hebenstreit Schaal
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