BGH,
Urt. v. 25.10.2000 - 2 StR 242/00
StGB § 176 a Abs. 1 Nr. 1
Der Senat hält auch nach der Neufassung der Sexualdelikte
durch das 6. Strafrechtsreformgesetz an der Definition des Begriffs
Beischlaf, so wie sie in ständiger Rechtsprechung seit BGHSt
16, 175 ff. erfolgt ist, fest. Danach ist mit dem Eindringen des
männlichen Gliedes in den Scheidenvorhof der Tatbestand des
Beischlafs erfüllt.
BGH, Urt. vom 25. Oktober 2000 - 2 StR 242/00 - LG Bad Kreuznach
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 242/00
vom
25. Oktober 2000
in der Strafsache gegen
wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung
vom 4. Oktober 2000 in der Sitzung am 25. Oktober 2000, an denen
teilgenommen haben: Vizepräsident des Bundesgerichtshofes Dr.
Jähnke als Vorsitzender, die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Otten, die Richter am Bundesgerichtshof Rothfuß, Prof.
Dr. Fischer, die Richterin am Bundesgerichtshof Elf als beisitzende
Richter, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der
Bundesanwaltschaft, Rechtsanwältin in der Verhandlung als
Verteidigerin, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bad
Kreuznach vom 16. Februar 2000 wird verworfen.
2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den
Nebenklägerinnen in der Revisionsinstanz entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
I.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen
Mißbrauchs von Kindern in 13 Fällen sowie wegen
schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern in 26
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren
verurteilt und die Sicherungsverwahrung angeordnet.
Mit seiner Revision rügt er die Verletzung formellen und
materiellen Rechts. Als Verfahrensverstoß macht er die
Verletzung von § 265 StPO geltend. Im übrigen
beanstandet er im Rahmen der Sachbeschwerde die Annahme
uneingeschränkter Schuldfähigkeit, das Bejahen des
Merkmals Beischlaf sowie die Anordnung der Sicherungsverwahrung.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
II.
Zum Fall II.3. der Urteilsgründe stellt das Landgericht fest,
der Angeklagte habe im Jahre 1996 mit der am 14. Januar 1990 geborenen
R. den Geschlechtsverkehr vollzogen, indem er seinen Penis in den
Scheidenvorhof des Mädchens einführte. Das
Landgericht bewertet dieses Tatgeschehen als einen Fall des vollzogenen
Beischlafs und somit als ein Regelbeispiel im Sinne von § 176
Abs. 3 Nr. 1 StGB a.F.. Ebenso sieht es in den Fällen II.20.
und 21. den Verbrechenstatbestand des § 176 a Abs. 1 Nr. 1
StGB n.F. als erfüllt an, weil der Angeklagte 1999 zweimal in
den Scheidenvorhof der 10-jährigen L. eindrang. Diese
Auslegung steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung
zum Tatbestandsmerkmal Beischlaf (BGHSt 16, 175 ff.; 37, 153, 154; BGH,
Beschl. v. 21. August 1996 - 2 StR 285/96, bei Miebach NStZ 1997, 120).
Den dagegen im Schrifttum erhobenen Einwänden (Lenckner in
Schönke/Schröder 25. Aufl. [1997] § 173 Rdn.
3; Maurach/Schroeder/Maiwald Strafrecht BT 1, 8. Aufl. [1995]
§ 17 Rdn. 34; Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. [1999]
§ 176 a Rdn. 4; wohl auch Horn SK-StGB § 177 Rdn. 26)
folgt der Senat nicht.
Der Senat hält an der Definition des Begriffs Beischlaf auch
nach der Neufassung der Sexualdelikte durch das 6.
Strafrechtsreformgesetz fest. Mit dem Eindringen des Gliedes in den
Scheidenvorhof ist der Tatbestand des Beischlafs erfüllt.
Entsprechend hat auch der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes
entschieden (Beschl. v. 18. August 2000 - 3 StR 146/00).
Das ergibt sich auch aus dem Wortlaut des § 176 a Abs. 1 Nr. 1
StGB. Danach ist Beischlaf ein Fall des Eindringens in den
Körper. In den Körper der Tatopfer ist der Angeklagte
hier jeweils eingedrungen. Es kommt - auch mit Rücksicht auf
die für das Tatopfer kaum zumutbaren
Feststellungsschwierigkeiten - nicht darauf an, in welchem
Ausmaß dies geschehen ist. Hierfür spricht ferner
die Entstehungsgeschichte des 6. Strafrechtsreformgesetzes. Die
Auslegung, welche der Begriff des Beischlafs in der Rechtsprechung
gefunden hatte, war dem Gesetzgeber bekannt. Aber obwohl er das
Sexualstrafrecht tiefgreifend umgestaltet hat, sah er keinen
Anlaß, diese Rechtsprechung in Frage zu stellen.
III.
Auch im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Jähnke Otten Rothfuß
Fischer Elf |