BGH,
Urt. v. 26.4.2001 - 4 StR 264/00
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 264/00
vom
26. April 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Verdachts der Untreue bzw. der Anstiftung zur Untreue
- 2 -
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 26.
April
2001, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Meyer-Goßner,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Kuckein,
Athing,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanovic
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt in der Verhandlung,
Staatsanwalt bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten K. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
- 3 -
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil
des Landgerichts Bochum vom 20. Januar 2000 wird
verworfen.
2. Die Kosten des Rechtsmittels und die den Angeklagten
im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen
hat die Staatskasse zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten vom Vorwurf der Untreue bzw. der
Anstiftung dazu (Angeklagte T. ) freigesprochen. Die vom
Generalbundesanwalt
nicht vertretene, auf Verfahrensbeanstandungen und die Sachrüge
gestützte Revision der Staatsanwaltschaft gegen dieses Urteil
hat keinen Erfolg.
I.
1. Nach den Feststellungen bildeten im angeklagten Tatzeitraum
(30. Juni 1994 bis 22. September 1995) der Angeklagte B. - damals
Stadtdirektor der Stadt Bochum - als Vorsitzender, der Angeklagte Dr.
Br.
als stellvertretender Vorsitzender und der Angeklagte K. als
Schatzmeister - jeweils ehrenamtlich - den
geschäftsführenden Vorstand des
- 4 -
Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Kreisverband Bochum e.V.; die Angeklagte
T. war hauptamtliche Kreisgeschäftsführerin.
Als der Kreisverband das von ihm in Bochum betriebene Altenpflegeheim
erweiterte, suchte die mit der Bauabwicklung betraute Angeklagte T.
nach einem Baugrundstück für sich selbst. Zu diesem
Zweck wandte sie
sich an die Stadt Bochum mit der Bitte, ihr ein städtisches
Grundstück, das an
das Altenheim, in dem sich die DRK-Geschäftsstelle - ihr
Arbeitsplatz - befand,
angrenzte, zu verkaufen oder ihr an dem Grundstück ein
Erbbaurecht einzuräumen,
weil ihre “stete Präsenz” in der
Nähe des Altenheims erforderlich sei.
Die zuständigen Ausschüsse der Stadt Bochum lehnten
dies jedoch ab. Die
Stadt schlug vielmehr vor, “dem Kreisverband [des DRK] das
Grundstück mit
der Auflage (zu übereignen), das Kaufgrundstück
Mitarbeitern im Wege des
Erbbaurechts zur Verfügung zu stellen” (UA 16).
Daraufhin wurde am 30. Juni
1994 zwischen dem DRK-Kreisverband (vertreten durch den Angeklagten B.
, der zugleich als Vertreter des Angeklagten Dr. Br. handelte) und
der Stadt Bochum, vorbehaltlich der Genehmigung durch die
Mitgliederversammlung
des DRK-Kreisverbandes, ein notarieller Kaufvertrag über das
etwa
900 qm große Grundstück abgeschlossen. Der Kaufpreis
in Höhe von
171,07 DM/qm (= insgesamt 154.480.- DM) wurde im Juli 1994/Januar 1995
vom Kreisverband bezahlt.
Nach § 7 des Kaufvertrages hatte sich der Kreisverband dazu
verpflichtet
“das Kaufgrundstück mit einem Ein- bis
Zweifamilien-Wohnhaus für seine
Mitarbeiter zu bebauen bzw. bebauen zu lassen und es auf Dauer
ausschließlich
für Wohnzwecke zu verwenden”, wozu ein Erbbaurecht
eingeräumt werden
durfte (UA 26). Der DRK-Landesverband überprüfte die
Konditionen der Ver-
5 -
träge und forderte Änderungen des
Erbbaurechtsvertrages, der mit der Angeklagten
T. und der - für das DRK ehrenamtlich tätigen -
ehemaligen
Kreisgeschäftsführerin M. abgeschlossen werden
sollte, um auszuschließen,
daß die Gemeinnützigkeit des Kreisverbandes
gefährdet wurde. Im
November/Dezember 1994 stimmten die Mitgliederversammlung des
Kreisverbandes
und der DRK-Landesvorstand dem Kaufvertrag und der
Erbbaurechtsbestellung
zu. Der Vertrag über die Bestellung des Erbbaurechts wurde -
mit
den vom Landesvorstand gewünschten Änderungen - am
18. Mai 1995 geschlossen,
wobei der DRK-Kreisverband durch die Angeklagten B. und
K. vertreten wurde. Er sah u.a. einen Erbbauzins von jährlich
6,84 DM/qm
(= 4 % des Grundstückskaufpreises) mit Wertsicherungsklausel,
eine Laufzeit
von 99 Jahren, ein gegenseitiges Vorkaufsrecht und einen
Heimfallanspruch
vor Ablauf der Vertragsdauer nach dem Ableben der
Längstlebenden der beiden
Erbbauberechtigten (T. und M. ) vor, wobei insoweit
eine Vergütung in Höhe von 85 % des Verkehrswertes
für das Erbbaurecht
vereinbart wurde. Bezüglich der Zahlung eines Entgelts
für die tatsächliche
Nutzung vom Zeitpunkt der Inbesitznahme des Grundstücks (Juli
1994) bis zur
Eintragung des Erbbaurechts (22. September 1995) enthält der
Vertrag keine
Regelung.
Das zuständige Finanzamt Bochum vertritt die Auffassung, der
DRKKreisverband
sei u.a. wegen des verfahrensgegenständlichen
Grundstücksgeschäfts
nicht mehr gemeinnützig im Sinne der §§ 52
ff. AO; es hat die Zahlung
von Körperschaftssteuer nachgefordert. Das dagegen
eingeleitete Einspruchsverfahren
ist noch nicht abgeschlossen.
- 6 -
2. Das Landgericht hat die Angeklagten “aus
tatsächlichen und rechtlichen
Gründen” (UA 45) freigesprochen. Es hat
offengelassen, ob die Angeklagten
B. , Dr. Br. und K. die ihnen oblegene
Vermögensbetreuungspflicht
im Rahmen des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages
objektiv verletzt haben; jedenfalls hätten sie nicht
vorsätzlich pflichtwidrig
gehandelt. Zudem sei dem zu betreuenden Vermögen durch das
Handeln
der Angeklagten kein Nachteil zugefügt worden; denn der
Grundstückskauf sei
für den DRK-Kreisverband vorteilhaft gewesen und die
Gemeinnützigkeit des
Kreisverbandes sei durch das Grundstücksgeschäft
nicht berührt worden (UA
52, 64 ff.). Auf jeden Fall hätten die genannten Angeklagten
die Gefahr des
Entzugs der Gemeinnützigkeit nicht billigend in Kauf genommen.
Durch den Abschluß des Erbbaurechtsvertrages hätten
die drei Angeklagten
ihre Vermögensbetreuungspflicht nicht verletzt; denn die
Vertragsbedingungen
seien - auch im Hinblick auf die zeitweilige unentgeltliche
Überlassung
des Grundstücks - ausgeglichen gewesen und hätten die
Erbbauberechtigten
nicht unangemessen begünstigt. Auch insoweit hätten
die genannten
Angeklagten keinen Untreuevorsatz gehabt.
Da es an einer vorsätzlich begangenen Haupttat fehle, scheide
eine Anstiftung
zur Untreue durch die Angeklagte T. aus; Anhaltspunkte für eine
in (mittelbarer) Täterschaft durch die Angeklagte begangene
Untreue lägen
nicht vor.
- 7 -
II.
Die Revision ist offensichtlich unbegründet.
1. Die von der Staatsanwaltschaft erhobenen Verfahrensrügen
greifen
- wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift an den Senat vom 24.
August
2000 im einzelnen dargelegt hat - nicht durch. Auch die
Sachrüge, mit der
sich die Beschwerdeführerin hauptsächlich gegen die
Beweiswürdigung des
Landgerichts wendet, hat keinen Erfolg. Durchgreifende Rechtsfehler
zugunsten
der Angeklagten bei der Beweiswürdigung, die ein Eingreifen
des Revisionsgerichts
rechtfertigen könnten, zeigt weder die Revision auf noch sind
sie
sonst ersichtlich. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat
auch
insoweit auf die zutreffenden Ausführungen in der Zuschrift
des Generalbundesanwalts
Bezug.
- 8 -
2. Die von der Strafkammer vorgenommene rechtliche Bewertung des
rechtsfehlerfrei festgestellten Sachverhalts hält ebenfalls
revisionsrechtlicher
Nachprüfung stand. Soweit das Landgericht die Angeklagten aus
subjektiven
Gründen freigesprochen hat, ist dies aus
Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Meyer-Goßner Kuckein Athing
Solin-Stojanovic Ernemann |