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BGH, Urteil vom 26. August 2004 - 4 StR 236/04


Entscheidungstext  
 
BGH, Urt. v. 26.8.2004 - 4 StR 236/04
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 236/04
 vom
26. August 2004

in der Strafsache
gegen

1.
2.

 
wegen des Verdachts des Totschlags
 
- 2 -


Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 26. August
2004, an der teilgenommen haben:
 Vor sitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr . Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Prof. Dr. Kuckein,
Athing,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
 als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
 als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt  für den Angeklagten
Ahmer S.
 als Verteidiger,
Rechtsanwalt  für den
Nebenkläger Mohamed K.
 als Nebenkläger-Vertreter,
Justizangestellte
 als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
 
für Recht erkannt:
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1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Neben-
klägers gegen das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom
5. Dezember 2003 werden verworfen.

2. Die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und
die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendi-
gen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen. Der Ne-
benkläger trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Die in
dem Revisionsverfahren gegen den Angeklagten Ahmer
S. entstandenen gerichtlichen Auslagen tragen die
Staatskasse und der Nebenkläger je zur Hälfte.

Von Rechts wegen


Gründe:


Das Landgericht hat die Angeklagten von dem Vorwurf des Totschlags
freigesprochen. Mit ihr en gegen beide Angeklagten gerichteten Revisionen, die
vom Generalbundesanwalt vertreten werden, r ügt die Staatsanwaltschaft die
Verletzung sachlichen Rechts. Der Nebenkläger erstrebt mit seiner auf die
Sachrüge gestützten Revision die Verurteilung des Angeklagten Ahmer S.
wegen Totschlags.


Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.
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I.


Die zugelassene Anklage hatte dem zur Tatzeit etwa 49 Jahre alten
Angeklagten Nejeim S. und dessen Sohn, dem zur Tatzeit zwischen 18 und
20 Jahre alten Ahmer S. , zur Last gelegt, gemeinschaftlich den in der Asyl-
bewerberunterkunft in A.  wohnenden Ihab E. getötet zu haben.


1. Das Landgericht hat zu dem Tatvorwur f im wesentlichen folgendes
festgestellt:


Am 1. Januar 2003 wollten die Angeklagten Ahmed Ka. aufsuchen,
der mit Ihab E. und mit einem weiteren Asylbewerber in einem Zimmer des
Asylbewerberheims wohnte, um Ahmed Ka. auf seine entgegen einer ge-
troffenen Absprache nicht zurückgezahlten Schulden anzusprechen, die er aus
Einkäufen in dem von der Familie S. betr iebenen Lebensmittelgeschäft hat-
te. Nach mehrmaligem Klopfen eines der Angeklagten öffnete Ihab E. die
Zimmertür . Er war über die Störung durch die Angeklagten und über die zuvor
von ihm ver nommene Äußerung, Ahmed Ka. verstecke sich, verär gert. Die
Angeklagten verlangten, Ihab E. möge Ahmed Ka. ausrichten, daß er
sich wegen der Schulden melden solle. Nach einem Wortwechsel mit dem An-
geklagten Nejeim S. schlug Ihab E. diesem "mit einem Messer , einem
anderen Gegenstand oder mit - was eher unwahrscheinlich erscheint - der ge-
ballten Faust" gegen den Kopf und fügte dem Angeklagten eine sofort blutende
Verletzung oberhalb des linken Auges zu.
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Der Angeklagte Ahmer S. sah das breitflächig über das Gesicht sei-
nes Vaters r innende Blut, stürzte sich auf Ihab E. und drängte diesen in das
Zimmer zurück. Im Verlauf des wechselseitig geführten Kampfes, stach der An-
geklagte Ahmer S. mit einem Bowiemesser auf Ihab E. ein. Der Ange-
klagte Nejeim S. kam hinzu, schlug mit einer Bratpfanne nach Ihab E. ,
möglicherweise ohne diesen zu treffen, und wur de nach "wenigen, mit mäßiger
Kraft geführten Schlägen" von einem Heimbewohner aus dem Zimmer gezo-
gen. Der Angeklagte Ahmer S. ließ von Ihab E. ab, als dessen Gegen-
wehr "merklich nachgelassen hatte", und meldete wenige Minuten später bei
der Notrufzentrale eine Messerstecherei mit Verletzten.


 Ihab E. erlitt neben anderen Verletzungen, unter anderem einer wei-
teren Stich- und einer Schnittverletzung, zwei jeweils etwa 13 cm tiefe Stichver-
letzungen, an deren Folgen er verstar b. Beide wären jeweils für sich genom-
men tödlich gewesen, hatten Ihab E. "jedoch nicht sofort in seiner Angriffs-,
bzw. Verteidigungsfähigkeit" beeinträchtigt.


2. Nach Auffassung des Landgerichts sind der bei dem Angeklagten
Ahmer S. anzunehmende Totschlag und die bei dem Angeklagten Nejeim
S. , der möglicherweise von dem Messereinsatz seines Sohnes keine Kennt-
nis hatte, anzunehmende versuchte gefährliche Körperverletzung jeweils nach
dem Zweifelsgrundsatz gemäß § 32 StGB durch Nothilfe bzw. Notwehr gerecht-
fertigt, weil insoweit keine eindeutigen Feststellungen getroffen werden konn-
ten. Insbesondere seien folgende Sachverhaltsvarianten nicht auszuschließen:


Der Angeklagte Nejeim S. fühlte sich dur ch die lautstar ken und - aus
seiner Sicht - ihm gegenüber respektlosen Äußerungen Ihab E. s verletzt
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und forderte diesen auf, "sich zusammenzureißen" und zu beruhigen. Ihab
E. ging einen Schritt zurück in die Wohnung, nahm dort das Bowiemesser
oder einen ander en Gegenstand und schlug mit dem Griffstück des Messers
oder dem anderen Gegenstand nach dem Kopf des Angeklagten Nejeim
S. , der zunächst vor Schreck erstarrte. Der Angeklagte Ahmer S. er-
schrak, "stürzte sich auf den noch in Schlagreichweite stehenden und weiterhin
mit dem Messer/Gegenstand bewaffneten E. , um diesen - zumindest auch -
an einem weiteren Schlag oder erneuten Angriff zu hindern und den E. 'aus-
zuschalten' ", und drängte diesen in das Zimmer zurück.


Möglicherweise gelang es dem Angeklagten Ahmer S. im Verlauf des
Kampfes, bei dem keiner der Beteiligten eine eindeutige Überlegenheit hatte,
Ihab E. "das Bowiemesser zu entwenden oder aber er zog das - in diesem
Falle mitgeführte - Messer selbst oder er nahm einfach das in dem Zimmer he-
rumliegende Messer in die Hand". Sofern der Angeklagte Ahmer S. das
Messer selbst mitführte, war Ihab E. noch im Besitz des Gegenstandes, mit
dem er auf den Angeklagten Nejeim S. eingeschlagen hatte. Der Angeklagte
Ahmer S. stach "während des unvermindert andauernden Kampfes" minde-
stens zweimal in kurzer zeitlicher Abfolge auf den stehenden Ihab E. ein,
der dadurch die beiden tödlichen Stichver letzungen erlitt, über die Bettkante
seines am Ende des Zimmers stehenden Bettes stolperte und rücklings auf das
Bett fiel. "In seiner Wehrhaftigkeit durch die erlittenen Stichverletzungen nicht
merklich beeinträchtigt", schlug Ihab E. nach dem Angeklagten Ahmer S. ,
der möglicherweise "noch ein- oder zweimal in Richtung des auf dem Bett lie-
genden“ Ihab E. einstach. Der Angeklagte Nejeim S. war „kurz bevor,
während oder kurz nachdem“ Ihab E. auf das Bett gestürzt war, hinzuge-
kommen.
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II.


Die Freisprüche halten sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.


Spricht der Tatrichter den Angeklagten fr ei, weil er Zweifel an dessen
Täterschaft oder Schuld nicht zu über winden vermag, so ist das durch das Re-
visionsgericht hinzunehmen, denn die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sa-
che des Tatrichters. Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unter liegt in-
soweit nur, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlau-
fen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich,
unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfah-
rungssätze verstößt ( BGHSt 17, 382, 385; 29, 18, 20).


Rechtlich zu beanstanden sind die Beweiserwägungen ferner dann,
wenn sie erkennen lassen, daß das Gericht überspannte Anforderungen an die
zur Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung gestellt hat (st. Rspr .; vgl.
BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 5, Überzeugungsbildung 25).


Das angefochtene Urteil weist derartige Mängel nicht auf. Das Landge-
richt hat das Ergebnis der Beweisaufnahme entgegen der Auffassung der Re-
visionen umfassend dargestellt und gewürdigt. Es hat schlüssig und nachvoll-
ziehbar dargelegt, warum es sich von der Schuld der Angeklagten nicht mit der
zur Verurteilung erforderlichen Gewißheit hat überzeugen können. Wenn si-
cher e Feststellungen zu Einzelheiten des inneren oder äußeren Geschehens
trotz Ausschöpfung aller verfügbaren Beweismittel und Beweisanzeichen nicht
getroffen wer den können, so darf sich das nicht zu Lasten des Angeklagten
auswirken. Es ist vielmehr von der für den Angeklagten günstigsten Möglichkeit
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auszugehen, die nach den gesamten Umständen in Betracht kommt (vgl.
BGHSt 35, 305; BGH NJW 1991, 503, 504 m.w.N.). Dies gilt auch dann, wenn -
wie hier - aus tatsächlichen Gründen die Vor aussetzungen des § 32 StGB nicht
eindeutig auszuschließen sind, weil nach dem Er gebnis der Beweisaufnahme
begründete Zweifel bleiben, ob die Tat gerechtfertigt ist oder nicht (vgl. BGHSt
10, 373, 374; BGH StV 1986, 6 [zur Putativnotwehr]; Spendel in LK StGB
11. Aufl. § 32 Rdn. 349 m.w.N.):


1. Fr eispruch des Angeklagten Ahmer S.


a) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei unter Anwendung des Zweifels-
satzes angenommen, daß für den Angeklagten Ahmer S. eine Nothilfelage
und im weiteren Verlauf der Auseinander setzung auch eine Notwehrlage be-
stand. Ihab E. handelte - entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft -
rechtswidrig, als er dem Angeklagten Nejeim S. den zu einer stark blutenden
Verletzung führenden Schlag an den Kopf versetzte. Ein rechtswidriger Angriff
der Angeklagten gegen Ihab E. kann in dem Klingeln an der Zimmertür und
der nachfolgenden Bitte, einem Mitbewohner eine Nachr icht zu übermitteln,
nicht gesehen werden. Daß es sich dabei um ein rechtlich erlaubtes Tun han-
delt, ziehen Nebenkläger und Generalbundesanwalt auch nicht in Zweifel.


Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ist aber auch die An-
nahme des Landgerichts rechtlich nicht zu beanstanden, daß zum Zeitpunkt
des Eingreifens des Angeklagten Ahmer S. von Ihab E. eine Bedrohung
„zumindest für den Nejeim S. “ nicht auszuschließen sei, weil nicht unwahr-
scheinlich sei, daß Ihab E. ohne das Eingreifen des Angeklagten Ahmer
S. "einen oder mehrere weitere Schläge" ausgeführt hätte. Diese Annahme
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ist durch die zur Per sönlichkeit des Tatopfers getroffenen Feststellungen hin-
reichend belegt. Im Jahre 1999 wurde der damals zwanzigjährige Ihab E.
wegen gefährlicher Körperverletzung, die er mit einem Küchenmesser began-
gen hatte, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Der vom Landgericht daraus und
aus Bekundungen von Mitbewohnern des Asylbewerberheims zu Vor fällen, bei
denen Ihab E. aggr essiv r eagierte, tätlich wurde und mit dem Einsatz eines
Messers drohte, gezogene Schluß, daß Ihab E. sich bereits durch geringe
Anlässe zu Gewaltausbrüchen hinreißen ließ, ist möglich und liegt nach dem
Ergebnis der Beweisaufnahme nahe.


Ein Erörterungsmangel liegt entgegen der Auffassung der Revision des
Nebenklägers auch nicht darin, daß sich das Landgericht nicht mit der Mög-
lichkeit auseinandergesetzt hat, daß Ihab E. den Angeklagten Nejeim S.
mit dem Schlag lediglich disziplinieren wollte, so daß angesichts der blutenden
Verletzung aus seiner Sicht weitere Schläge nicht mehr erforderlich war en.
Umstände, die hierfür sprechen könnten und die dem Landgericht die Über-
zeugung hätten vermitteln können, daß Ihab E. seinen Angriff - für die
Angeklagten erkennbar - zu dem Zeitpunkt des Eingreifens des Angeklagten
Ahmer S. bereits beendet hatte, lassen sich den Urteilsgründen nicht
entnehmen. Daß sich der Angeklagte Ahmer S. nicht darauf berufen hat,
daß Ihab E. erneut zuschlagen wollte, steht der Annahme einer nicht
ausschließbaren Nothilfelage nicht entgegen, denn der Angeklagte, dem das
Geschehen möglicherweise nur noch sehr eingeschränkt bewusst war, hat sich
dahin eingelassen, er habe an das weitere Geschehen nach der Verletzung
seines Vaters keine Erinnerung.
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Die Verlagerung des Geschehens in das Zimmer bildete keine den
rechtswidrigen Angriff beendende Zäsur. Vielmehr r ichtete sich der rechtwidri-
ge Angr iff nunmehr (auch) gegen den Angeklagten Ahmer S. , denn Ihab E.
schlug nicht ausschließbar zu Beginn und im weiteren Verlauf der Auseinan-
der setzung in dem Zimmer auf den, wovon zu seinen Gunsten auszugehen ist,
mit Verteidigungswillen handelnden Angeklagten Ahmer S. ein. Dabei war
Ihab E. nicht ausschließbar immer noch bewaffnet. Auch insoweit sind die
Schlüsse, die das Landgericht aus dem Beweisergebnis - soweit es die Wech-
selseitigkeit der Kampfhandlungen betrifft, aus Bekundungen des Zeugen
M. - gezogen hat, möglich und deshalb vom Revisionsgericht hinzuneh-
men.


 b) Die Erwägungen des Landgerichts zur Erforderlichkeit der Verteidi-
gungshandlungen des Angeklagten Ahmer S. weisen ebenfalls keinen den
Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler auf.


Ob eine Verteidigungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 StGB er forder-
lich ist, hängt im wesentlichen von Art und Maß des Angriffs ab. Grundsätzlich
dar f der Angegriffene das Abwehrmittel wählen, das eine sofortige und endgül-
tige Beseitigung der Gefahr erwarten läßt (vgl. BGHSt 25, 229, 230; BGH NStZ
1996, 29 jeweils m. N.). Er muß sich nicht mit der Anwendung weniger gefährli-
cher Verteidigungsmittel begnügen, wenn der en Abwehrwirkung zweifelhaft ist.
Wann eine weniger gefährliche Abwehr geeignet ist, die Gefahr zweifelsfrei zu
beseitigen, hängt von der jeweiligen "Kampflage" ab (BGHR StGB § 32 Abs. 2
Erforderlichkeit 5). Demgemäß ist auch der Einsatz eines Messers nicht von
vornherein unzulässig. Er kann aber nur das letzte Mittel der Verteidigung sein.
In der Regel ist der Angegriffene gehalten, den Gebrauch des Messers zu-
 
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nächst anzudrohen oder, sofern dies nicht ausreicht, wenn möglich, vor dem
tödlichen einen weniger gefährlichen Einsatz zu versuchen (BGHSt 26, 256,
258; BGHR StGB § 32 Abs. 2 Erforderlichkeit 1, Verteidigung 1; BGH NStZ
1996, 29). Das Landgericht hat dies nicht verkannt. Es hat im einzelnen darge-
legt, daß nach dem Beweisergebnis eine Kampflage nicht auszuschließen ist,
bei der eine weniger gefähr liche Abwehr, insbesondere eine Androhung des
Einsatzes des Messers, nicht geeignet war, die Gefahr zweifelsfrei zu beseiti-
gen. Die von den Beschwerdeführern hiergegen erhobenen Einwendungen
greifen nicht durch.


aa) Das Verhalten der Angeklagten im Flur war entgegen der Auffas-
sung des Generalbundesanwalts nach den hierzu getroffenen Feststellungen
keine „auch rechtlich relevante Beeinträchtigung der Rechtssphäre des E. “,
die zu einer Notwehrbeschränkung führte. Daß die Angeklagten anklopften, um
Ahmed Ka. wegen nicht beglichener Schulden anzusprechen, und daß sie
Ihab E. veranlassen wollten, dem ebenfalls in dem Zimmer wohnenden Ah-
med Ka. eine Nachricht zu übermitteln, ist sozialethisch nicht zu missbilligen
(vgl. BGH NStZ 2003, 425, 428 m.N.). Ein für den Umfang des Notwehrr echts
bedeutsames Vorverhalten, das von Rechts wegen vorwerfbar ist, läge darin
nur dann, wenn das Ver halten der Angeklagten seinem Gewicht nach einer
schweren Beleidigung gleichkäme (vgl. BGHSt 42, 97, 101). Das ist aber er-
sichtlich nicht der Fall.


bb) Soweit der Nebenkläger geltend macht, der Angeklagte Ahmer S.
hätte sich, nachdem er Ihab E. in das Zimmer zurückgedrängt hatte, auf
Schutzwehr beschränken müssen, stellt die Revision auf eine Kampflage ab,
die nach dem Beweisergebnis zwar nicht ausgeschlossen, aber nicht, wie für
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eine Verurteilung des Angeklagten erfor derlich, sicher festgestellt ist. Nach der
ebenfalls nicht ausschließbaren Kampflage, von der zugunsten des Anklagten
auszugehen ist, war der Messereinsatz nach dem bei der Beurteilung der
Kampflage heranzuziehenden Kräfteverhältnis (BGH NStZ 2003, 425, 427) ob-
jektiv erforderlich. Ihab E. war dem Angeklagten Ahmer S. nach den Aus-
führungen des hierzu gehörten Sachverständigen möglicher weise körperlich
überlegen. Er schlug in dem Zimmer nicht ausschließbar sogleich auf den An-
geklagten ein und ließ auch im weiteren Verlauf des Kampfes bis zu dessen
Ende nicht von ihm ab. Dabei hielt er, wovon zu seinen Gunsten auszugehen
ist, weiterhin den Gegenstand in der Faust, mit dem er zuvor Nejeim S. ver-
letzt hatte. Ob nur die Gefahr vergleichbarer (erheblicher) Verletzungen be-
stand oder ob darüber hinaus ein das Leben gefährdender Angriff vorlag, ist
entgegen der Auffassung der Revision des Nebenklägers ohne Belang. Eine
Abwägung der betroffenen Rechtsgüter findet bei der Notwehr grundsätzlich
nicht statt (vgl. BGH NStZ 2003, 425, 427 m. N.); ein Fall des Missbrauchs des
Notwehrrechts wegen geringen Gewichts des angegr iffenen Rechtsguts (vgl.
BGH aaO) liegt nicht vor.


2. Freispruch des Angeklagten Nejeim S. :


Aus den genannten Gründen hält auch der nur von der Revision der
Staatsanwaltschaft angegriffene Freispruch des Angeklagten Nejeim S. recht-
licher Nachpr üfung stand. Die Schläge mit der Bratpfanne gegen Ihab
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E. , sind durch Nothilfe gerechtfertigt, denn der Angeklagte hat sie nicht
auschließbar zu einem Zeitpunkt geführt, als für seinen Sohn, dem er damit
helfen wollte, noch eine Notwehrlage bestand.


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