BGH,
Urt. v. 26.6.2008 - 3 StR 182/08
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 182/08
vom
26. Juni 2008
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 26.
Juni 2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der
Bundesanwaltschaft,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des
Landgerichts Osnabrück vom 2. November 2007 mit den
Feststellungen aufgehoben.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil mit
den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen Bedrohung verurteilt worden ist;
b) im Gesamtstrafenausspruch.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bedrohung und wegen
vorsätzlicher Körperverletzung zu einer
Gesamtgeldstrafe in Höhe von 70 Tagessätzen zu je 40
Euro verurteilt. Hiergegen richten sich die Revisionen der
Staatsanwaltschaft, die eine Verurteilung wegen schweren Raubes, und
die des Angeklagten, der mit der allgemeinen Sachrüge einen
Freispruch anstrebt. Das vom Generalbundesanwalt vertretene
Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat in vollem Umfang Erfolg, das
des Angeklagten führt lediglich zur Aufhebung der Verurteilung
wegen Bedrohung.
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I.
1. Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
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Der Angeklagte hatte vor geraumer Zeit seinen Laptop zur Reparatur in
das Computerfachgeschäft des Geschädigten, des Zeugen
M. , gebracht. Am Tattag erschien er erneut in dem Ladenlokal. Zwischen
dem Angeklagten und dem Zeugen kam es alsbald zu einem Wortgefecht und
der Aufforderung des sehr impulsiven Angeklagten, ihm einen neuen
Laptop zu geben, da - was nicht zutraf - der Zeuge das Gerät
des Angeklagten beschädigt habe. Daraufhin legte der Zeuge M.
den Laptop des Angeklagten auf den Verkaufstresen und forderte ihn auf,
das Geschäft zu verlassen. Der Angeklagte nahm ein auf dem
Tresen liegendes kleines Messer an sich und hielt es dem
Geschädigten kurz an den Bauch. Nachdem der Angeklagte wieder
vom Zeugen abgelassen hatte, nahm er einen IBM-Laptop zum Verkaufspreis
von 899 Euro aus einem Regal und verließ damit das
Ladenlokal. Der Zeuge M. folgte ihm sogleich nach und ergriff, als er
den Angeklagten auf dem Gehweg erreicht hatte, das Notebook, um es dem
Angeklagten wieder zu entwinden. Dieser versetzte dem Zeugen nunmehr
einen Stoß mit dem Kopf, wodurch dieser eine blutende
Platzwunde an der Oberlippe erlitt. Das Gezerre um das Notebook setzte
sich fort, bis der Angeklagte davon abließ, weil er sein
Interesse daran verloren hatte und sich entfernte.
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2. Das Landgericht hat die Handlungen des Angeklagten lediglich als
Bedrohung und als Körperverletzung gewertet. Wegen eines
Wegnahmedeliktes hat es den Angeklagten nicht verurteilt, da ein
solches nicht vollendet sondern nur versucht worden und der Angeklagte
von einem Versuch strafbefreiend zurückgetreten sei.
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II.
Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft führt zur Aufhebung
des Urteils.
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1. Das Landgericht hat seiner Prüfung, ob die Wegnahme des
Laptops vollendet war, als der Angeklagte von dem Gegenstand
abließ, einen zu engen Maßstab zugrunde gelegt. Die
Annahme, die Wegnahmehandlung sei nicht vollendet gewesen,
hält deshalb rechtlicher Prüfung nicht stand.
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Nach der Rechtsprechung ist die zur Vollendung des Diebstahls
führende Wegnahme dann vollzogen, wenn fremder Gewahrsam
gebrochen und neuer Gewahrsam begründet ist. Für die
Frage des Wechsels der tatsächlichen Sachherrschaft ist
entscheidend, dass der Täter die Herrschaft über die
Sache derart erlangt, dass er sie ohne Behinderung durch den alten
Gewahrsamsinhaber ausüben kann (BGHSt 16, 271, 273 ff.) und
dieser über die Sache nicht mehr verfügen kann, ohne
seinerseits die Verfügungsgewalt des Täters zu
brechen (Fischer, StGB 55. Aufl. § 242 Rdn. 17 m. w. N.). Ob
dies der Fall ist, richtet sich nach den Anschauungen des
täglichen Lebens (BGHSt 23, 254, 255). Einen bereits
gesicherten Gewahrsam setzt die Tatvollendung nicht voraus.
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Hiervon ausgehend lässt die Rechtsprechung bei handlichen und
leicht beweglichen Sachen regelmäßig schon ein
Ergreifen und Festhalten bzw. das offene Wegtragen des Gegenstands als
Wegnahmehandlung genügen und weist in Fällen, in
denen der Täter einen leicht zu transportierenden Gegenstand
an sich gebracht hat, einer Person jedenfalls dann die
ausschließ-liche Sachherrschaft zu, wenn sie den
umschlossenen Herrschaftsbereich des Gewahrsamsinhabers verlassen hat
(vgl. BGH bei Dallinger MDR 1967, 896; BGHR StGB § 242 Abs. 1
Wegnahme 1; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2005, 140, 141; Ruß in LK
11. Aufl. § 242 Rdn. 42). Daran ändert auch
grundsätzlich die Beobachtung des auf frischer Tat betroffenen
Täters nichts, da der Diebstahl
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keine heimliche Tat ist. Die Entdeckung des Täters gibt
vielmehr nur die Möglichkeit, ihm die Sache wieder abzunehmen
(vgl. BGHR StGB aaO).
Diese Grundsätze zugrunde gelegt, war die Wegnahme des Laptops
jedenfalls spätestens vollendet, nachdem der Angeklagte mit
ihm in der Hand das Ladenlokal und damit den Herrschaftsbereich des
Gewahrsamsinhabers verlassen hatte. Dem steht - anders als dies das
Landgericht meint (UA S. 19) - nicht entgegen, dass der Angeklagte den
Gegenstand offen wegtrug und nicht am Körper oder in einer
mitgeführten Tasche verborgen hatte. Dass der Angeklagte die
alleinige tatsächliche Herrschaft über den Gegenstand
hier bereits durch das bloße körperliche Ergreifen
und Fortschaffen des Gegenstands erlangt hatte, ergibt sich schon
daraus, dass der Ladeninhaber seine Verfügungsgewalt nur noch
gegen den Willen des Angeklagten und unter Anwendung von
körperlicher Gewalt wiederherstellen konnte (vgl. BGH MDR
aaO). Die Verteidigung seines Besitzes durch den bisherigen
Gewahrsamsinhaber erfuhr durch das Fortschaffen des Gegenstands aus
seinem Herrschaftsbereich eine zusätzliche Erschwernis. Dem
Umstand, dass es dem Angeklagten lediglich gelungen war, sich mit dem
Laptop nur wenige Schritte von dem Ladenlokal zu entfernen, kommt
deshalb in einem Fall wie dem vorliegenden keine entscheidende
Bedeutung zu.
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2. Der Rechtsfehler führt auf die Revision der
Staatsanwaltschaft zur Aufhebung des Urteils insgesamt. Obwohl die
Feststellungen eine vollendete Wegnahme und damit einen vollendeten
Diebstahl tragen, kann der Senat in der Sache nicht selbst entscheiden,
da auch eine Verurteilung des Angeklagten wegen räuberischen
Diebstahls nach §§ 252, 249 StGB in Betracht kommt.
Insoweit bedarf es jedenfalls zur subjektiven Tatseite weitere
Feststellungen. Der Aufhebung unterliegt wegen des nicht
ausschließbaren sachlichen Zusammenhangs mit der
Wegnahmehandlung auch die Verurteilung des Angeklagten we-
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gen Bedrohung. Der neue Tatrichter wird deshalb Gelegenheit haben, den
Sachverhalt auch unter dem Gesichtspunkt einer Raubtat nach
§§ 249, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB zu prüfen.
III.
Das Rechtsmittel des Angeklagten führt zur Aufhebung der
Verurteilung wegen Bedrohung.
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Die getroffenen Feststellungen belegen weder das Vorliegen der
objektiven noch der subjektiven Voraussetzungen des § 241 Abs.
1 StGB. Entgegen § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO geben die
Urteilsgründe nicht die für erwiesen erachteten
Tatsachen an, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden
werden; eine Subsumtion wird nicht vorgenommen.
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Das Urteil lässt weder erkennen, mit der Begehung welchen
Verbrechens der Angeklagte den Zeugen M. bedroht hat, noch, aus welchen
Umständen sich das Landgericht eine Überzeugung von
dem Vorsatz des Angeklagten bei dessen Messereinsatz gebildet hat. Das
bloße Halten eines kleinen
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Messers vor den Bauch des Geschädigten kann auch die Bedrohung
nur mit einem Vergehen, z. B. einer Körperverletzung sein
(vgl. zur subjektiven Seite BGHSt 17, 307 ff.;
Träger/Schluckebier in LK 11. Aufl. § 241 Rdn. 14 m.
w. N.).
Becker Miebach Sost-Scheible
RiBGH Dr. Schäfer befindet sich
im Urlaub und ist daher gehindert
zu unterschreiben.
Graf Becker |