BGH,
Urt. v. 27.2.2008 - 2 StR 603/07
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 603/07
vom
27.2.2008
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
27.2.2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan,
der Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl und
Prof. Dr. Schmitt,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
der Nebenkläger A. in Person,
Rechtsanwalt
als Nebenklägervertreter,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Nebenklägers
wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 25. Juli 2007
mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als
Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer
Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Dagegen wenden
sich die vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der
Staatsanwaltschaft und die Revision des Nebenklägers mit der
Sachrüge. Beide Revisionen beanstanden die Verneinung des
Mordmerkmals Heimtücke und die Annahme einer erheblich
verminderten Schuldfähigkeit. Die Beschränkung der
Revision der Staatsanwaltschaft auf die subjektive Tatseite des
Mordmerkmals der Heimtücke und die Bejahung der
Voraussetzungen des § 21 StGB ist unwirksam, weil die
bisherigen Urteilsfeststellungen eine objektive Heimtückelage
nicht tragen (siehe unten unter II. 1.), so dass schon eine
tragfähige Grundlage für die Prüfung der
subjektiven Merkmale der Heimtücke fehlt.
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Die Rechtsmittel haben in vollem Umfang Erfolg.
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I.
Das Landgericht hat festgestellt:
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Die als Kind pakistanischer Einwanderer in Frankfurt am Main geborene
und aufgewachsene A. heiratete den Angeklagten im August 2004 in
Pakistan. Die Ehe war von den Eltern arrangiert worden. Der Angeklagte
kam im November 2005 nach Deutschland. Die finanzielle Situation des
jungen Paares war angespannt, auch kam es im Zusammenleben der beiden
zu Problemen und Streitereien. Der Angeklagte, der ab März
2006 einen Sprach- und Integrationskurs besuchte, machte die
Hausarbeit, während A. an der Universität Frankfurt
Betriebswirtschaft studierte. A. hielt den Angeklagten für
„nicht vorzeigbar“. Sie traf weiterhin ihre Freunde
und nahm heimlich ein intimes Verhältnis mit einem
früheren Schulfreund, N., wieder auf. Der Angeklagte glaubte,
dass sich die Eheprobleme lösen würden, wenn er erst
einmal Geld verdiene. Am Sonntag, dem 12. November 2006, nahm er
vormittags, als A. unter der Dusche war, deren Mobiltelefon zur Hand
und schaute sich ihre SMS-Kontakte an. Dabei stellte er fest, dass
seine Ehefrau einen Freund und mit diesem außerehelichen
Geschlechtsverkehr hatte. Der Angeklagte versuchte, die SMS-Nachrichten
als Beweismittel auf sein eigenes Mobiltelefon zu überspielen,
um sie seinem Schwiegervater zeigen zu können. Das gelang ihm
nicht.
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Am Nachmittag trank der Angeklagte mit seinen Schwiegereltern Tee, ohne
sie über seine Entdeckung zu informieren. Auf dem
Rückweg rief er zweimal bei N. an. Als er um 20.00 Uhr nach
Hause kam, saß seine Ehefrau im Wohnzimmer vor dem Fernseher.
Der Angeklagte aß zunächst etwas, ohne Hunger zu
haben, dann sprach er seine Ehefrau auf die SMS-Nachrichten an. Sie
sagte nur „Du hast richtig gelesen: das ist mein Sonnen-
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schein und mein Prinz“. Der Angeklagte war wütend
und traurig und rang in den folgenden Stunden mit sich selbst. Er kam
auf die Idee, A. mit einem Baumwollseil, das man in Pakistan als
Hosengürtel benutzt, zu erdrosseln. Da sich in seiner aus
Pakistan mitgebrachten Kleidung ein solcher Gürtel befand,
verließ er die Wohnung und ging erst treppabwärts,
bis ihm einfiel, dass die Sachen auf dem Dachboden lagen. Er begab sich
nach oben, wo er das Seil fand und in seiner Hosentasche verbarg. Er
ging dann durch das Wohnzimmer in das Schlafzimmer und legte sich ins
Bett, das Seil legte er unter das Kopfkissen.
Als A. gegen 23.00 Uhr ins Bett kam und ihre Schlafmaske aufsetzte,
stellte sich der Angeklagte schlafend. Gegen 6.30 Uhr am Montagmorgen
stand er nach durchwachter Nacht auf, nahm das Seil und ging in das
Wohnzimmer. Er trank etwas Wasser. Aufgrund seiner
Übermüdung konnte er den Impuls zur Tötung
seiner Ehefrau kaum mehr kontrollieren. Gegen 7.00 Uhr nahm er das Seil
doppelt, machte eine Schlinge und wollte seine Frau nunmehr erdrosseln.
Er machte sich keine Gedanken über Einzelheiten der
Tatbegehung. Er öffnete die Schlafzimmertür und
machte das Licht an. A. saß aufrecht im Bett und wandte ihm
den Kopf zu. Ihre Schlafmaske hatte sie abgelegt. Sie fragte,
„Warum hast Du das Licht angemacht?“ und dann, als
sie das Seil sah, „Was machst Du mit dem Seil?“.
Der Angeklagte ging zu ihr, warf ihr die Schlinge über den
Kopf und zog das Seil von vorne mit voller Kraft zu. Sie versuchte in
letzter Sekunde, die Schlinge abzuwehren, konnte aber nur noch eine
oder mehrere Fingerkuppen zwischen Seil und Hals bekommen. Nach
fünf, spätestens zehn Sekunden wurde sie
ohnmächtig und nach fünf, spätestens zehn
Minuten trat der Tod ein.
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Der Angeklagte legte den Oberkörper von A. zurück
aufs Bett und nahm das Seil von ihrem Hals. Danach schrieb er mit
grünem Filzstift
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an die Wand im Wohnzimmer „Putzen, Kochen ja wohl, Ich bin in
Deutschland nicht für die Haus Arbeit gekommen - 0 . Mein
Prinz. Mein Sonnenschein? Ja Wohl!“. Er aß einen
Toast, rasierte sich, zog sich an und räumte die Wohnung auf.
Als er die Betten machen wollte, realisierte er, dass A. tot ist. Er
deckte sie zu, weinte, spülte seinen Ehering in der Toilette
herunter und ging zur Polizei, wo er die Tat anzeigte.
Das Landgericht hat das Tatgeschehen als Totschlag gewertet. Das
Vorliegen von Mordmerkmalen, insbesondere von Heimtücke und
niedrigen Beweggründen, hat es ausgeschlossen. Hinsichtlich
des Mordmerkmals der Heimtücke hat es ausgeführt,
dass der Angeklagte aufgrund eines schwerwiegenden Affekts die Arg- und
Wehrlosigkeit des Opfers nicht erkannt und nicht bewusst ausgenutzt
habe. Die affektbedingte tiefgreifende Bewusstseinsstörung
habe seine Fähigkeit, sein Handeln
einsichtsgemäß zu steuern, erheblich vermindert.
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II.
Die Ausführungen zum Mordmerkmal der Heimtücke und
die Annahme einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit
halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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1. Das angefochtene Urteil enthält keine
abschließende Bewertung der Frage, ob objektiv eine
Heimtückesituation vorlag. Das ist vorliegend fehlerhaft. Nach
den bisherigen Feststellungen ist Heimtücke nicht ohne
weiteres anzunehmen. Der Tatrichter hat dies letztlich offen gelassen,
weil er meinte, jedenfalls die subjektive Seite des Mordmerkmals
verneinen zu können (UA S. 23). Da die hierfür
gegebene Begründung nicht trägt (siehe unten unter
2.), kommt es darauf an, ob das Tatopfer bei Beginn des Angriffs noch
arglos war. Dagegen könnte hier sprechen, dass es das zu einer
Schlinge geknotete Seil in den Händen des Angeklagten gesehen
hatte. Heimtückisches Handeln wäre dann
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nur zu bejahen, wenn die Zeitspanne zwischen dem Erkennen der Gefahr
und dem unmittelbaren Angriff so kurz war, dass dem Tatopfer keine
Möglichkeit blieb, dem Angriff irgendwie zu begegnen (st.
Rspr., vgl. BGH NStZ 2006, 96; NStZ-RR 2005, 309; NStZ-RR 2004, 14, 16
jeweils m. w. N.). Diese Möglichkeit hat der Tatrichter
lediglich nicht ausgeschlossen (UA S. 20); dies reicht nicht, um zu
Lasten des Angeklagten eine objektive Heimtückesituation
zugrunde zu legen. Möglicherweise hatte die fehlende
Klärung der objektiven Heimtückesituation auch
Auswirkungen auf die Bewertung der subjektiven Vorstellungen des
Angeklagten. Der neue Tatrichter wird sich eine Überzeugung
vom Vorhandensein einer objektiven Heimtückesituation aufgrund
des gesamten Ergebnisses der Beweisaufnahme zu bilden haben. Angaben
des Angeklagten, für deren Richtigkeit keine zureichenden
Anhaltspunkte bestehen und deren Wahrheitsgehalt fraglich ist, sind
nicht ohne weiteres als unwiderlegt hinzunehmen und der Entscheidung
zugrunde legen, nur weil es für das Gegenteil keine
unmittelbaren Beweise gibt (vgl. BGHSt 34, 29, 34; BGHR StPO §
261 Einlassung 6 und Überzeugungsbildung 29; BGH NStZ 2002,
48).
2. Der Tatbestand des Heimtückemordes setzt in subjektiver
Hinsicht voraus, dass der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit des
Tatopfers erkennt und sich bewusst ist, dass er diese zur Tat ausnutzt.
Hierfür genügt es, dass der Täter die Arg-
und Wehrlosigkeit in ihrer Bedeutung für die hilfslose Lage
des Angegriffenen und die Ausführung der Tat in dem Sinne
erfasst, dass er sich bewusst ist, einen durch seine Ahnungslosigkeit
gegenüber einem Angriff schutzlosen Menschen zu
überraschen (BGH NStZ 2003, 535; 1999, 506 f.; NStZ-RR 2000,
166 f.). Dabei steht nicht jede affektive Erregung der Annahme eines
Ausnutzungsbewusstseins in diesem Sinne entgegen. Kommt der Tatrichter
zu dem Ergebnis, dass der Täter die für die
Heimtücke maßgeblichen Umstände aufgrund
seiner Erregung nicht in sein Bewusstsein aufgenommen hat, so muss er
die Beweisanzeichen dafür darlegen und würdigen.
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Eine solche umfassende Würdigung hat das Landgericht nicht
vorgenommen. Es hat die Annahme einer affektiv bedingten Erregung
ersichtlich allein auf die vorhergehenden Feststellungen zur erheblich
verminderten Schuldfähigkeit infolge einer affektiv bedingten
tiefgreifenden Bewusstseinsstörung gestützt.
Für die Annahme der subjektiven Seite des
Heimtückemords kommt es aber nicht auf das Vorliegen oder
Nichtvorliegen der rechtlichen Voraussetzungen des § 21 StGB
an, sondern darauf, ob und gegebenenfalls welche tatsächlichen
Auswirkungen die affektive Erregung auf die
Erkenntnisfähigkeit des Angeklagten in der Tatsituation und
auf sein Bewusstsein hatte (BGH NStZ 2003, 535; NStZ-RR 2000, 166 f.).
Bei erhaltener Einsichtsfähigkeit ist die Fähigkeit
des Täters, die Tatsituation in ihrem Bedeutungsgehalt
für das Opfer realistisch wahrzunehmen und
einzuschätzen, im Regelfall nicht beeinträchtigt
(vgl. Dannhorn NStZ 2007, 297, 299).
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Gegen die Annahme der Sachverständigen und ihr folgend des
Landgerichts, das Wahrnehmungsfeld des Angeklagten sei zum Tatzeitpunkt
so sehr eingeschränkt gewesen, dass er nicht in der Lage
gewesen sei, sich Gedanken über Einzelheiten der Tatbegehung
zu machen, spricht bereits der Umstand, dass der Angeklagte am
Tatmorgen das Seil aus dem Schlafzimmer mit ins Wohnzimmer nahm und
dort doppelt zur Schlinge legte.
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Abgesehen davon sind die Feststellungen zur erheblich verminderten
Schuldfähigkeit hier aber auch schon deshalb nicht geeignet,
das fehlende Ausnutzungsbewusstsein zu belegen, weil sie ihrerseits -
wie noch auszuführen ist - die Annahme erheblich verminderter
Steuerungsfähigkeit nicht tragen. Angesichts der vom
Landgericht vorgenommenen Verknüpfung zwischen den
Feststellungen zur affektbedingten tiefgreifenden
Bewusstseinsstörung im Sinne von § 21 StGB und den
subjektiven Voraussetzungen des Heimtückemordmerkmals kann
nicht ausgeschlossen werden, dass Rechtsfehler zum Ausmaß
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des Affekts sich auch auf die Beurteilung des affektbedingten Fehlens
des Ausnutzungsbewusstseins ausgewirkt haben.
Der neue Tatrichter wird auch zu prüfen haben, ob dem
Angeklagten - unabhängig vom Vorhandensein eines Affekts -
möglicherweise aufgrund der sonstigen Umstände das
Ausnutzungsbewusstsein gefehlt hat, zumal nach den jetzigen
Feststellungen eine objektive Heimtückesituation nicht sicher
festgestellt ist.
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3. Eine affektive Erregung stellt bei vorsätzlichen
Tötungsdelikten, bei denen
gefühlsmäßige Regungen eine Rolle spielen,
eher den Normalfall dar. Ob die affektive Erregung einen solchen Grad
erreicht hat, dass sie zu einer tiefgreifenden
Bewusstseinsstörung geführt hat, kann deshalb nur
anhand von tat- und täterbezogenen Merkmalen beurteilt werden,
die als Indizien für und gegen die Annahme eines
schuldrelevanten Affekts sprechen können. Diese Indizien sind
dabei im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu beurteilen (st.
Rspr.; vgl. BGH NStZ-RR 2004, 234, 235 m. w. N.). Diese
Gesamtwürdigung hat das Landgericht nicht selbst vorgenommen,
es ist vielmehr den Ausführungen der Sachverständigen
H. gefolgt, dass der Angeklagte die ihm persönlichkeitsfremde
Tat begangen habe, „nachdem sich bei ihm während der
einjährigen konfliktbeladenen Ehe mit A. eine affektive
Grundspannung aufgebaut gehabt habe und dann plötzlich und
überraschend sein Lebenskonzept zusammengebrochen sei.
Getriggert durch die ständige Wiederholung der
auslösenden Worte seiner Ehefrau `Sonnenschein` und `Prinz`
habe er den sich über die Anlaufzeit von mehreren Stunden
immer mehr aufstauenden Tatimpuls auf Grund der
Übermüdung nach durchwachter Nacht am frühen
Morgen kaum mehr kontrollieren können, so dass der Tatimpuls
durchgebrochen sei und er die Tötung begangen habe“
(UA S. 22).
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Diese Urteilsausführungen lassen besorgen, dass die
Sachverständige und ihr folgend das Landgericht sich nur
unvollständig mit den festgestellten Tatsachen
auseinandergesetzt und der Annahme eines Affekts
möglicherweise entgegenstehende Umstände
außer acht gelassen haben. Der Angeklagte sah bis zur
Entdeckung des außerehelichen Verhältnisses seiner
Ehefrau seine E-heprobleme als lösbar an. Dass sein
Persönlichkeitsgefüge vor der Entdeckung der
verräterischen SMS auf dem Mobiltelefon seiner Ehefrau
aufgrund von E-hekonflikten bereits erschüttert war, ist den
Feststellungen nicht zu entnehmen, wenn auch möglicherweise
der Gewichtsverlust des Angeklagten während der Ehe
dafür sprechen könnte. Der Angeklagte hat versucht,
die SMS-Nachrichten als Beweismittel auf sein eigenes Mobiltelefon zu
überspielen und sich die Telefonnummer des N. notiert, was
für ein umsichtiges Verhalten spricht, und hat sich am
Nachmittag des Sonntags „normal“ verhalten. Das
Seil zur Tötung seiner Ehefrau hat er am Abend vor der Tat vom
Dachboden geholt, heimlich ins Schlafzimmer gebracht, dort unter seinem
Kissen verborgen, am Morgen mit ins Wohnzimmer genommen und dort zur
Schlinge geformt. Dies kann ein Anzeichen dafür sein, dass er
die Tat geplant und nicht spontan infolge einer affektiven
Bewusstseinsstörung gehandelt hat. Dass er aufgrund einer
Ü-bermüdung nach einer durchwachten Nacht kaum mehr
in der Lage gewesen sein sollte, den Tatimpuls zu kontrollieren, liegt
nicht nahe und hätte näher ausgeführt werden
müssen. Gegen eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung
kann ferner ein rationales und umsichtiges Verhalten nach der Tat
sprechen, insbesondere dann, wenn Anzeichen für eine den
Affektabbau begleitende schwere seelische Erschütterung des
Täters fehlen. Dazu verhält sich das Urteil nicht.
Auch eine detaillierte Erinnerung kann ein Gegenindiz gegen eine solche
Beeinträchtigung sein.
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4. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass der neue Tatrichter,
falls er erneut Mordmerkmale verneinen und eine erheblich verminderte
Schuldfä-
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higkeit des Angeklagten bejahen sollte, die Ablehnung eines minder
schweren Falls des Totschlags (§ 213 StGB)
ausführlicher als bisher zu begründen haben wird. Das
junge Alter des Tatopfers darf im Übrigen nicht
strafschärfend gewertet werden, weil das Leben Wertabstufungen
nicht zugänglich ist (BGHR StGB § 46 Abs. 2
Tatauswirkungen 8; BGH, Beschluss vom 15. November 1995 - 2 StR 555/95).
Rissing-van Saan Rothfuß Roggenbuck
RiBGH Dr. Appl ist Schmitt
urlaubsbedingt orts-
abwesend und deshalb
an der Unterschrift
gehindert.
Rissing-van Saan |