BGH,
Urt. v. 27.7.2005 - 2 StR 241/05
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 241/05
vom
27.7.2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
27.07.2005,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Otten,
Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Bundesanwalt in der Verhandlung,
Staatsanwalt bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
für den Angeklagten G.
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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I. Auf die Revisionen der Angeklagten A. und H.
wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 18. Juni
2004, auch soweit es den Mitangeklagten G. betrifft, mit
den Feststellungen aufgehoben.
II. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete
Urteil hinsichtlich der Angeklagten H.
und G. im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben, soweit
das Landgericht keine Entscheidung über den Verfall des
Wertersatzes getroffen hat.
III. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten der
Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts
Aachen zurückverwiesen.
IV. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft wird
verworfen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten H. und G. wegen unerlaubter Einfuhr
von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatein-
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heit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer
Menge in jeweils 25 Fällen sowie den Angeklagten A. wegen
Beihilfe zum
unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge in 25
Fällen schuldig gesprochen. Den Angeklagten H. hat es zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe
von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und dessen
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Der Angeklagte G.
ist unter Einbeziehung früherer Urteile zu einer
Einheitsjugendstrafe von zwei
Jahren und sechs Monaten, der Angeklagte A. zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe
von einem Jahr verurteilt worden.
Nach den Feststellungen erwarben die Angeklagten H. und
G. , beide selbst Rauschgiftkonsumenten, im Zeitraum Anfang Oktober
2003 bis zum 5. Januar 2004 in den Niederlanden jeweils auf eigene
Rechnung
in 25 Fällen mindestens 50 g Marihuana, der Angeklagte H.
gelegentlich
auch 100 g mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 20 %, das sie
mit dem Bus über die Grenze nach Deutschland
einführten, hier portionierten,
und - jeder für sich - teils verkauften, teils selbst
konsumierten. Der Angeklagte
H. veräußerte seine Ware in Portionen von 1,6-1,7 g,
der Angeklagte
G. in solchen von 1,3-1,4 g zum Preis von 10 € so lange, bis
sie den Einkaufspreis
von 165-200 € für jeweils 50 g eingenommen hatten.
Das übrige
Rauschgift konsumierten sie selbst. Der Angeklagte A. war den
Angeklagten
H. und G. in dem Zeitraum Mitte November 2003 bis zum
5. Januar 2004 als sogenannter "Läufer" beim Absatz des
Rauschgifts behilflich,
indem er in 25 Fällen mehr als die Hälfte der von
diesen jeweils getätigten
Verkäufe abwickelte, wofür er täglich 1-2 g
Marihuana zum Eigenkonsum erhielt.
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Die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der
Angeklagten H.
und A. führen - auch hinsichtlich des nicht revidierenden
Mitangeklagten
G. - zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache.
Die auf die unterbliebene Anordnung des Verfalles bzw. des Verfalles
des Wertersatzes bezüglich der Angeklagten H. und G. wirksam
beschränkte, vom Generalbundesanwalt nur teilweise vertretene
Revision der
Staatsanwaltschaft führt zu dem aus dem Urteilstenor
ersichtlichen Teilerfolg.
A) Revisionen der Angeklagten H. und A.
Der Schuldspruch hält rechtlicher
Überprüfung nicht stand.
Die bisherigen Feststellungen tragen nicht die Verurteilung wegen
tateinheitlich
zur Einfuhr begangenen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge (H. ) bzw. wegen Beihilfe dazu (A. ). Zwar hat
der Angeklagte H. den Verbrechenstatbestand der Einfuhr von
Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge, § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, verwirklicht,
indem er in 25 Fällen jeweils mindestens 50 g Marihuana mit
einem Wirkstoffgehalt
von zumindest 20 % THC eingeführt hat. Die demnach jeweils
eingeführte
Mindestmenge von 10 mg THC überstieg den bei 7,5 mg THC
liegenden
Grenzwert der nicht geringen Menge (BGHSt 42, 1 ff.).
Das gilt jedoch nicht hinsichtlich des nur bezüglich eines
Teils der eingeführten
Menge tateinheitlich begangenen Handeltreibens. Unter Zugrundelegung
eines von der Jugendkammer angenommenen Mindesteinkaufspreises
von 165 € pro 50 g und des Verkaufspreises von 10 €
für 1,6 g hätte der Angeklagte
H. mit dem Verkauf von 26,4 g den von ihm eingesetzten Einkaufspreis
wieder eingenommen, die restlichen 23,6 g wären zum Eigenkonsum
bestimmt gewesen. Der Mitangeklagte G. hätte bei einem
Verkaufs-
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preis von 10 € für 1,3 g sogar lediglich 21,45 g
verkaufen müssen, um den Einkaufspreis
zu realisieren, während ihm 28,55 g zum Eigenkonsum zur
Verfügung
gestanden hätten. Angesichts des von der Jugendkammer
angenommenen
Wirkstoffgehalts von 20 % hätten die Angeklagten H. und
G. nur mit 5,28 g bzw. 4,29 g THC und damit unterhalb der nicht geringen
Menge Handel getrieben, der Angeklagte A. hätte nur in diesem
Umfang
Beihilfe geleistet.
Die gemäß § 357 StPO auch auf den nicht
revidierenden Angeklagten
G. zu erstreckende Aufhebung des Schuldspruchs führt zum
Fortfall der
Rechtsfolgenaussprüche.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes
hin:
Das Landgericht wird genauere Feststellungen zur jeweils
eingeführten
Rauschgiftmenge (UA S. 20: "der Angeklagte H. gelegentlich auch
100 g Marihuana") und zum einerseits für den Handel,
andererseits für den
Eigenkonsum bestimmten Anteil des in den Niederlanden erworbenen
Marihuanas
zu treffen haben, um beurteilen zu können, ob und
gegebenenfalls in wieviel
Fällen der Verbrechenstatbestand des § 29 a Abs. 1
Nr. 2 BtMG in der Alternative
des Handeltreibens verwirklicht ist. In diesem Zusammenhang wird
auch das Konsumverhalten der Angeklagten während des hier
maßgeblichen
Zeitraums genauer aufzuklären sein. Bei der Abgrenzung
zwischen Mit- und
Nebentäterschaft wird der Tatrichter zu bedenken haben,
daß die Angeklagten
- wenn ihr eigener Rauschgiftvorrat gerade erschöpft war -
wechselseitig über
den Vorrat des jeweils anderen verfügen konnten (UA S. 20).
Sollte der neu
entscheidende Tatrichter wiederum Nebentäterschaft annehmen,
wird er zu
prüfen haben, ob und in welchem Umfang sich die Angeklagten H.
und G. gegenseitig Beihilfe zum Handeltreiben geleistet haben (z. B.
durch
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Zurverfügungstellung der Wohnung zwecks Aufbewahrung und
Portionierung
des Rauschgifts).
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B) Revision der Staatsanwaltschaft
Soweit die Staatsanwaltschaft beanstandet, daß die
sichergestellten
Geldbeträge (140 € des Angeklagten H. und 237,40
€ des Angeklagten
G. ) nicht gemäß § 73 StGB für
verfallen erklärt wurden, übersieht sie,
daß die
Angeklagten sich ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolles vom 18.
Juni
2004 mit der außergerichtlichen Einziehung dieser
Beiträge einverstanden erklärt
haben.
Rechtsfehlerhaft unterlassen hat die Jugendkammer hingegen die
Prüfung,
ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine Entscheidung nach
§ 73 a
StGB bezüglich der von den Angeklagten erzielten
Verkaufserlöse vorliegen.
Dies wird der neu entscheidende Tatrichter nachzuholen und dabei auch zu
erwägen haben, ob eine Verfallsanordnung für die
Angeklagten eine unbillige
Härte im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB bedeuten
würde oder ob in Ausübung
des durch § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB eingeräumten
Ermessens von einem
Verfall ganz oder teilweise abgesehen werden soll (vgl. Senatsurteil vom
19.01.2005 - 2 StR 402/04).
Rissing-van Saan Otten RiBGH Rothfuß
ist wegen Urlaubsabwesenheit
an
der Unterschrift
gehindert.
Rissing-van Saan
Roggenbuck Appl |