BGH,
Urt. v. 27.6.2002 - 4 StR 28/02
4 StR 28/02
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
vom
27. Juni 2002
in der Strafsache gegen
wegen Bestechlichkeit u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat in der Sitzung vom 27.
Juni 2002, an der teilgenommen haben: Vorsitzende Richterin am
Bundesgerichtshof Dr. Tepperwien, Richter am Bundesgerichtshof Dr.
Kuckein, Athing, Richterinnen am Bundesgerichtshof Solin-Stojanovic,
Sost-Scheible als beisitzende Richter, Oberstaatsanwältin beim
Bundesgerichtshof als Vertreterin der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt
als Verteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
1.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des
Landgerichts B. vom 22. Dezember 2000 im Fall B II 5 (Dienstreise nach
K. ) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
allgemeine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten
"Schußwaffenbesitzes" in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb
von Munition zu einer Geldstrafe verurteilt. Vom Vorwurf der
Bestechlichkeit in zwei Fällen hat es ihn teils aus
tatsächlichen, teils aus rechtlichen Gründen
freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer auf die
Freisprechung des Angeklagten beschränkten Revision die
Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel, das vom
Generalbundesanwalt nur hinsichtlich der Sachbeschwerde vertreten wird,
hat den aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im
übrigen ist es unbegründet.
I.
Soweit der Angeklagte freigesprochen wurde hat das Landgericht folgende
Feststellungen getroffen:
Der Angeklagte war als Leitender Städtischer
Verwaltungsdirektor Leiter des Liegenschaftsamts der Stadt B. und in
dieser Funktion u.a. maßgeblich in die Anbahnung und
Abwicklung von Wirtschaftsförderungsprojekten der Stadt
eingebunden, wenn der Erwerb oder der Verkauf von städtischen
Grundstücken anstand. Sowohl bei der Anbahnung als auch bei
der Durchführung solcher Verträge war es
üblich, daß sich die Vertreter der Stadt und
(mögliche) Investoren bei Verhandlungen und Besprechungen
gegenseitig, etwa zu Geschäftsessen, einluden. Bei der Stadt
B. war für derartige Ausgaben eigens ein sog.
"Wirtschaftsförderungsrepräsentationsfond"
eingerichtet.
Mit den K. Investoren Br. und T. stand die Stadt B. im Rahmen eines
großen Wirtschaftsförderungsprojekts (Bebauung eines
städtischen Grundstücks mit einem Hotel der
Vier-Sterne-Kategorie) bereits in vertraglicher Beziehung.
Außerdem beteiligten sich Br. und T. an einem
Investorenwettbewerb, der von der Stadt im Zusammenhang mit der
geplanten Bebauung eines weiteren Geländes ausgeschrieben war.
Diese Verbindungen waren Anlaß für zwei
Dienstreisen, die der Angeklagte im Mai 1994 und im September 1994
jeweils in Begleitung eines weiteren Amtsträgers der Stadt B.
nach Be. und nach K. unternahm, um sich mit T. und Br. zu Besprechungen
zu treffen. Bei diesen Dienstreisen kam es zu diversen Einladungen der
Vertreter der Stadt durch die Investoren.
In Be. bezahlten T. und Br. zunächst an einer Hotelbar
alkoholische Getränke, u.a. die vom Angeklagten konsumierten
fünf Glas Bier. Eine anschließend in einem Bistro
angefallene Rechnung beglichen die Vertreter der Stadt B. . Einer
weiteren Einladung der Investoren in einen Nachtclub leisteten die
Amtsträger ebenfalls Folge, wobei sie zunächst nicht
erkannten, daß es sich bei dem Club um einen
bordellähnlichen Betrieb handelte. T. und Br. verfolgten mit
dieser Einladung die Absicht, die Beamten in eine verfängliche
Situation zu bringen und durch die Bezahlung etwaiger in Anspruch
genommener Dienste von Prostituierten zu veranlassen, sich bei
künftigen, insbesondere die Abwicklung des Hotelprojekts
betreffenden, Entscheidungen zu ihren Gunsten zu verwenden. Nachdem der
Angeklagte den Charakter des Etablissements erkannt hatte,
verließ er nach dem Verzehr von zwei bis drei Glas Bier, die
die Investoren bezahlten, die Bar, ohne die Dienste von Prostituierten
entgegenzunehmen. Er fuhr mit Br. , der sich in Begleitung von zwei
Prostituierten aus dem Nachtclub befand, zurück zum Hotel. Man
hielt sich zunächst noch gemeinsam an der Hotelbar auf, bevor
sich Br. mit einer Prostituierten auf sein Zimmer zurückzog.
Das Angebot der zweiten Prostituierten, den Angeklagten auf dessen
Zimmer zu begleiten, lehnte dieser ab. Seine Zeche an der Hotelbar
bezahlte der Angeklagte selbst.
In K. luden die Investoren die Amtsträger zunächst
zum Mittagessen in ein Restaurant ein. Wiederum in der Absicht, die
Beamten durch die Inanspruchnahme von Bordelleistungen auf Kosten der
Investoren zu bestechen, um so deren begünstigende
Einflußnahme bei künftigen Investitionen zu
erreichen, besuchte man anschließend gemeinsamen einen sog.
"Sauna-Club", in welchem T. sofort Champagner bestellte. Als sich
alsbald "Damen" hinzugesellten, war dem Angeklagten klar, daß
es sich auch bei diesem Club um ein Bordell handelte. Er erkannte zudem
die Absicht der Investoren, ihn zur Inanspruchnahme von
Bordelleistungen zu animieren und diese zu bezahlen. Trotzdem verblieb
er in dem Etablissement und trank noch Bier und Mineralwasser.
Außerdem begab er sich mit einer Prostituierten für
eine halbe Stunde auf deren Zimmer. Er fragte sie danach, wieviel sie
bekomme und sie antwortete, "sie bekomme 150 DM, was aber sicherlich
von den anderen Herren übernommen werde". Darauf antwortete
der Angeklagte, der die Situation gegen Ende der Begegnung mit der
Prostituierten als heikel und peinlich empfand, daß er das
nicht wolle und händigte ihr 150 DM aus. Er verließ
kurz darauf - nach einer Verweildauer von ca. drei Stunden - den
Saunaclub, ohne sich um die Bezahlung der insgesamt in Anspruch
genommenen Leistungen zu kümmern.
II.
Die Verfahrensrüge dringt nicht durch. Zu Unrecht macht die
Revision geltend, die Strafkammer habe gegen § 245 Abs. 1,
§ 244 Abs. 2 StPO verstoßen, weil sie dem Zeugen Br.
rechtsfehlerhaft ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht nach
§ 55 StPO, auf welches sich dieser berufen habe,
eingeräumt und deshalb von dessen erneuter Ladung und
Vernehmung zur Sache abgesehen habe. Die Wertung der Strafkammer,
daß es keine für das vorliegende Strafverfahren
bedeutsame Frage gebe, die der Zeuge, dessen eigenes
Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Vorteilsgewährung
in den verfahrensgegenständlichen Fällen am 23.
Oktober 1998 gemäß § 153 a Abs. 1 StPO von
der Staatsanwaltschaft endgültig eingestellt worden war,
beantworten könne, ohne sich selbst der
Vorteilsgewährung oder der Bestechung in (mindestens zwei)
weiteren Fällen zu belasten, ist nicht zu beanstanden.
Die tatsächliche Beurteilung der Verfolgungsgefahr ist eine
Ermessensentscheidung des Tatrichters, die das Revisionsgericht nur
darauf zu überprüfen hat, ob dem Tatrichter
Rechtsfehler unterlaufen sind (BGHSt 10, 104, 105; 43, 321, 326).
Solche sind nicht ersichtlich.
Die Strafkammer hat den Umfang des Auskunftsverweigerungsrechts des
Zeugen nicht verkannt. Zwar ist in § 55 StPO nur von der
Auskunftsverweigerung auf einzelne Fragen die Rede. Jedoch kann ein
Zeuge die Auskunft dann insgesamt verweigern, wenn seine Aussage mit
seinem etwaigen strafbaren Verhalten in so engem Zusammenhang steht,
daß eine Trennung nicht möglich ist (BGH StV 1987,
328, 329; BGHR StPO § 55 Abs. 1 Verfolgung 1). Von einem
solchen Zusammenhang geht das Landgericht in rechtlich nicht zu
beanstandender Weise aus. Es hat rechtsfehlerfrei festgestellt,
daß die Bestechung der Geschäftspartner zur
"Geschäftsdevise" der Investoren T. und Br. gehörte.
Die Wertung der Strafkammer, die wahrheitsgemäße
Beantwortung von Fragen zu den verfahrensgegenständlichen
Tatkomplexen könnte Rückschlüsse auf ein
systematisches, vom Zeugen mit initiiertes Tatverhalten bereits in
früherer Zeit und damit auf weitere, von der Einstellung nach
§ 153 a StPO nicht erfaßte Straftaten zulassen,
entbehrt deshalb angesichts der sichergestellten Bewirtungsbelege vom
Januar 1994 und Januar 1995 nicht jeder Tatsachengrundlage und ist vom
Revisionsgericht hinzunehmen (vgl. BGH NJW 1957, 551, 552).
Mögliche weitere einschlägige Taten des Zeugen Br.
aus den Jahren 1994 und 1995 sind entgegen der Auffassung der
Beschwerdeführerin auch nicht verjährt. Die
Strafkammer hat insoweit die Reichweite der Unterbrechungswirkung der
Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichtes B. vom 24. August 1998
gemäß § 78 c Abs. 1 Nr. 4 StGB zutreffend
beurteilt. Das entscheidende Kriterium für die sachliche
Reichweite der Unterbrechungshandlung ist der Verfolgungswille der
Strafverfolgungsbehörde, dessen Bestimmung sich
maßgeblich danach richtet, was mit der richterlichen Handlung
bezweckt wird (vgl. BGHR StGB § 78 Abs. 1 Tat 3; § 78
c Abs. 1 Nr. 4 Durchsuchung 1 m.w.N.). Diesen Grundsätzen ist
die Strafkammer gefolgt. Nach dem Wortlaut der Durchsuchungsanordnung
bezog sich der Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft auf die
Gesamtheit der korruptiven Verflechtungen des Zeugen mit Vertretern der
Stadt B. im Rahmen bestehender oder in Anbahnung begriffener
Geschäftsbeziehungen. Der Einleitung eines neuen
Ermittlungsverfahrens gegen den Zeugen Br. stünde deshalb auch
kein Verfahrenshindernis entgegen.
III.
Während der Freispruch in Fall 1 (Be. ) im Ergebnis auch
sachlich-rechtlicher Nachprüfung standhält, begegnen
die Ausführungen, mit denen das Landgericht in Fall 2 (K. )
ein strafbares Verhalten verneint, durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
1. Komplex Be.
Ein Ermessensbeamter, der sich einen Vorteil versprechen
läßt oder einen solchen annimmt, macht sich nur dann
der Bestechlichkeit schuldig, wenn er sich durch sein Verhalten
ausdrücklich oder stillschweigend bereit zeigt, bei seiner
zukünftigen Entscheidung nicht ausschließlich
sachliche Gesichtspunkte walten zu lassen, sondern der
Rücksicht auf den Vorteil Raum zu geben. Bei der
Prüfung, ob eine Unrechtsvereinbarung dieser Art vorliegt, ist
zu bedenken, daß nicht jeder aus Anlaß oder bei
Gelegenheit einer Diensthandlung gewährte Vorteil zu dem Zweck
gegeben sein muß, das weitere dienstliche Verhalten des
Amtsträgers in unerlaubter Weise zu beeinflussen, sondern
daß er seinen Grund in den Regeln des sozialen Verkehrs und
der Höflichkeit haben kann (BGHSt 15, 239, 251 f.).
Gemessen an diesen Grundsätzen liegt auf der Hand,
daß die von den Investoren übernommene Bezahlung von
fünf Glas Bier an der Hotelbar ein vom Tatbestand des
§ 332 StGB bzw. des § 331 StGB nicht
erfaßtes, dem Anlaß des Zusammentreffens und der
sozialen Stellung des Angeklagten adäquates gesellschaftliches
Verhalten darstellt (vgl. auch BGHSt 31, 264, 279). Dies wird umso
deutlicher als bei Gegenbesuchen der Investoren entsprechende
Einladungen seitens der Stadt B. erfolgten.
Im Ergebnis nichts anderes gilt für die zwei bis drei Glas
Bier, die der Angeklagte im Club R. getrunken hat und deren Bezahlung
ebenfalls von den Investoren übernommen worden ist. Zwar
stellt die Einladung zum Besuch eines Bordells, keine einem
Amtsträger gegenüber angemessene
"Höflichkeitsgeste" dar. Sie war hier von den Investoren auch
nicht als solche gedacht, sondern diente dem Ziel, die B.
Amtsträger in eine verfängliche Situation zu bringen
und sie durch die Bezahlung in Anspruch genommener Dienste von
Prostituierten zu veranlassen, insbesondere das Hotelprojekt "H. " im
Sinne der Investoren zu fördern.
In Be. hat sich der Angeklagte einen Bordellbesuch jedoch weder
versprechen lassen, noch hat er eine derartige Einladung angenommen.
Vielmehr hat er, nachdem er den Charakter der Bar erkannt hat, keine
weiteren Getränke bestellt, sondern den Club "unter dem
Eindruck eindeutiger Annäherungsversuche einiger Damen" - wenn
auch nicht sofort, so doch einige Zeit später - verlassen,
obwohl sich einer der Investoren bemühte, ihn zum Bleiben zu
bewegen. Indem er sich damit den Korrumpierungsversuchen der
Investoren, die auf die Inanspruchnahme der bordellspezifischen
Leistungen gerichtet waren, entzogen hat, ist die in § 332
StGB vorausgesetzte Unrechtsvereinbarung nicht zustandegekommen.
Sie kann auch nicht darin gesehen werden, daß der Angeklagte
- nunmehr in Kenntnis des bordellartigen Charakters des Nachtclubs -
davon abgesehen hat, den Investoren die von diesen nach ihrer Auskunft
bereits beglichene Zeche für zwei bis drei Glas Bier zu
erstatten. Sowohl für die Investoren als auch für
einen Außenstehenden war dieses Verhalten nicht geeignet, den
Eindruck der Käuflichkeit zu erwecken, sondern es bietet - der
Einlassung des Angeklagten zu seinen subjektiven Vorstellungen
entsprechend - das Bild eines Amtsträgers, der eine
verfängliche Situation beenden will, ohne die Gegenseite,
deren anrüchige Geschäftspraktiken ihm zu diesem
Zeitpunkt noch nicht bekannt waren, vor den Kopf zu stoßen
und eine bis dahin gedeihliche geschäftliche Zusammenarbeit
für die Zukunft zu belasten. Das Vertrauen der
Öffentlichkeit in die Lauterkeit der Amtsführung, das
geschütztes Rechtsgut der Bestechungstatbestände ist
(BGH NStZ 1985, 497, 499 m.w.N.; BGHR StGB § 332 Abs. 1 Satz 1
Vorteil 6; NStZ 2001, 425, 426), war damit nicht gefährdet.
Eine tatbestandsmäßige Unrechtsvereinbarung liegt
daher insoweit nicht vor.
Auch aus dem anschließenden Verhalten des Angeklagten an
jenem Abend ergibt sich nichts anderes. Zwar würde allein die
Inanspruchnahme eines von einem Geschäftspartner bezahlten
"Begleitservice" auch ohne die Gewährung weiterer
Dienstleistungen mit sexuellem Bezug entgegen der Auffassung des
Landgerichts einen Vorteil im Sinne der Bestechungstatbestände
darstellen. Nach seiner vom Landgericht für unwiderlegt
erachteten Einlassung hat der Angeklagte den nachfolgenden, relativ
kurzen Aufenthalt an der Hotelbar in Begleitung des Investors Br. und
zweier Prostituierter jedoch nicht als eine ihm zugewendete geldwerte
Leistung erkannt, weil Br. die Prostituierten als "seine
Gäste" bezeichnet hatte. Danach fehlte es dem Angeklagten im
Zeitpunkt der Annahme des Vorteils jedenfalls an einem entsprechenden
Vorteilsbewußtsein (vgl. BGH NJW 1989, 914, 915). Nach
Erkennen seines Irrtums hat der Angeklagte - entsprechend seiner
Einlassung - den Kontakt zu den Prostituierten unter Begleichung der
noch offenen Getränkerechnung an der Hotelbar
unverzüglich abgebrochen; ihm angebotene sexuelle Dienste auf
seinem Zimmer hat er abgelehnt.
Der Beschwerdeführerin ist einzuräumen, daß
die Glaubhaftigkeit der Einlassung des Angeklagten, auf die sich die
Feststellungen des Landgerichts in wesentlichen Teilen
stützen, angesichts des späteren Verhaltens des
Angeklagten in K. zweifelhaft erscheint. Da die Darstellung des
Angeklagten vor dem Hintergrund des von den Investoren mit allen
Mitteln verfolgten Konzepts, Amtsträger in
verfängliche Situationen zu verwickeln, nicht
gänzlich lebensfremd ist, entgegenstehende Zeugenaussagen
nicht zur Verfügung stehen und immerhin denkbar erscheint,
daß der Angeklagte erst bei einem weiteren Zusammentreffen
mit den Investoren in K. den Verlockungen eines Bordellbesuchs erlegen
ist, stellt die Wertung des Landgerichts jedoch eine mögliche
und damit der revisionsrechtlichen Überprüfung
entzogene Beweiswürdigung dar.
2. Komplex K.
Soweit das Landgericht den Freispruch damit begründet hat, dem
Angeklagten könne nicht mit der für eine Verurteilung
ausreichenden Sicherheit widerlegt werden, daß dieser die
Dienste der von ihm in Anspruch genommenen Prostituierten letztlich
doch selbst bezahlt und deshalb keinen Vorteil im Sinne der
Bestechungstatbestände angenommen hat, greift diese
Überlegung zu kurz. Die Revision rügt mit Recht, das
Landgericht habe nicht geprüft, ob der Angeklagte den
Tatbestand des § 332 bzw. des § 331 StGB nicht in der
Weise verwirklicht hat, daß er sich von den Investoren einen
in der Bezahlung sexueller Leistungen durch eine Prostituierte
liegenden Vorteil hat versprechen lassen. Eine solche Prüfung
drängte sich nach den zu diesem Tatkomplex getroffenen
Feststellungen auf.
Eine Tat in der Tatbestandsalternative des Sichversprechenlassens ist
bereits vollendet, wenn der Amtsträger dem Versprechenden
seine Bestechlichkeit nach außen ausdrücklich oder
schlüssig zu erkennen gibt (BGHR StGB § 332 Abs. 1
Konkurrenzen 7; BGH NJW 1989, 914, 915; Cramer in
Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 331 Rdn.
31; Tröndle/Fischer 50. Aufl. § 331 Rdn. 19). Es
kommt nicht darauf an, ob der versprochene oder geforderte Vorteil
tatsächlich angenommen wurde. Für die Vollendung der
Tat in der Begehungsform des Sichversprechenlassens ist vielmehr allein
maßgeblich, daß eine Unrechtsvereinbarung zwischen
den Beteiligten zustandegekommen ist. Ob das Verhalten eines
Amtsträgers auf ein entsprechendes Angebot als konkludente
Zustimmung, d.h. als eine auf den Abschluß einer
Unrechtsvereinbarung gerichtete Willenserklärung auszulegen
ist, richtet sich nach den den Beteiligten bekannten Umständen
des Einzelfalles (vgl. Tröndle/Fischer aaO).
Dies zugrundegelegt, liegt es nach den getroffenen Feststellungen nahe,
daß die Unrechtsvereinbarung zwischen dem Angeklagten und den
Investoren bereits zustandegekommen war, als der Angeklagte erkannte,
daß er "hinsichtlich des Verzehrs und sonstiger Leistungen in
dem Bordellbetrieb auf Kosten der Investoren eingeladen" war (UA 38),
gleichwohl weiter dort verblieb, Getränke zu sich nahm und
sich schließlich mit der Prostituierten in das
Séparée zurückzog. Nicht nur hatten die
Investoren - konkludent - ein Angebot zu einem kostenlosen
Bordellbesuch abgegeben, sondern der Angeklagte bot durch sein
Verhalten für Außenstehende auch das Bild, diese
Leistungen in Anspruch nehmen zu wollen. So wurde der Aufenthalt des
Angeklagten im Séparée von Anwesenden mit den
Worten kommentiert "Da kann man mal sehen, wenn es etwas umsonst gibt
...". In Anbetracht der vorausgegangenen einschlägigen
Ereignisse in Be. lagen die anrüchigen
Geschäftsmethoden der Investoren und die mit deren Angebot
verbundenen korruptiven Absichten nunmehr für den Angeklagten
offen zu Tage. Auch der erforderliche Bezug der Tathandlung zu
hinreichend bestimmten Diensthandlungen des Angeklagten im Rahmen der
zwischen den Beteiligten bestehenden bzw. in Anbahnung begriffenen
Geschäftsbeziehungen lag vor (vgl. BGHR StGB § 332
Abs. 1 Satz 1 Unrechtsvereinbarung 2 und 4). Selbst wenn man mit dem
Landgericht zugunsten des Angeklagten unterstellt, daß er
später die Prostituierte selbst entlohnte, "weil er die
Situation wenigstens gegen Ende seiner Begegnung mit der Prostituierten
als heikel und peinlich empfunden hat" (UA 60), schließt dies
die Tatbestandsverwirklichung nicht aus, da die Vollendung des
Tatbestands in der Alternative des Sichversprechenlassens, wie
dargelegt, nicht die spätere Annahme des versprochenen
Vorteils voraussetzt (vgl. BGH NJW 1989, 914, 915). Das Vertrauen der
Öffentlichkeit in die Lauterkeit der Amtsführung ist
vielmehr bereits durch die vorausgegangene Unrechtsvereinbarung
gefährdet.
Der Senat kann in der Sache gleichwohl nicht selbst entscheiden, weil
die Strafkammer keine Feststellungen zur subjektiven Tatseite getroffen
hat. Der neue Tatrichter wird insoweit zu beachten haben, daß
ein Ermessensbeamter dann vorsätzlich im Sinne des §
332 StGB handelt, wenn er sich bewußt ist, er erwecke durch
sein Tun nach außen hin den Anschein der
Käuflichkeit und im Zeitpunkt des Sichversprechenlassens
gewillt war, den versprochenen Vorteil auch anzunehmen (vgl. BGH NJW
1989, 914, 916; einschränkend Kuhlen in NK-StGB 11. Lfg.
§ 331 Rdn. 28 ff.).Ob eine etwaige Bezahlung der
Prostituierten durch den Angeklagten angesichts des Umstandes,
daß er dies den Investoren nicht offenbart hat, geeignet sein
kann, seinen Annahmewillen im Zeitpunkt des Sichversprechenlassens des
Vorteils in Zweifel zu ziehen, wird der neue Tatrichter zu entscheiden
haben.
Wegen des engen Zusammenhangs der objektiven und subjektiven Tatseite
sieht der Senat von der Möglichkeit ab, die an sich
rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum
äußeren Tatgeschehen aufrechtzuerhalten. Eine durch
die bisherigen Feststellungen nicht eingeschränkte, umfassende
eigene Sachprüfung durch den neuen Tatrichter ist vielmehr
hier vorzugswürdig (vgl. auch BGH, Beschluß vom 14.
Mai 2002 - 5 StR 138/02).
IV.
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an ein
anderes Landgericht zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2
StPO).
Tepperwien Kuckein Athing Solin-Stojanovic Sost-Scheible
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