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BGH, Urteil vom 27. Mai 2004 - 4 StR 41/04


Entscheidungstext  
 
BGH, Urt. v. 27.5.2004 - 4 StR 41/04
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 41/04
vom
27.05.2004
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27.05.2004,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Kuckein,
Athing,
Richterinnen am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanovi,
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil
des Landgerichts Dortmund vom 18. August 2003 wird
verworfen.
2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten
im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen
hat die Staatskasse zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses
Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision, mit der sie die Verletzung
materiellen Rechts rügt. Sie beanstandet, daß das Landgericht den
Angeklagten nicht wegen bandenmäßiger Begehungsweise (§ 30 a Abs. 1
BtMG) verurteilt und ihm nicht - strafschärfend - gewerbsmäßiges Handeln zur
Last gelegt hat. Das - vom Generalbundesanwalt nicht vertretene - Rechtsmittel
hat keinen Erfolg.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts befand sich der Angeklagte
im Frühjahr des Jahres 2002 in einem aktuellen finanziellen Engpaß. Er
wandte sich deshalb telefonisch hilfesuchend an seinen ehemaligen Schulkameraden
Hatem B. , der in Brasilien lebt und mit Abu K. zu einer Tätergruppe
gehörte, die über Kuriere aus Brasilien Kokain in die Bundesrepublik
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Deutschland einführte. Die Kuriere übergaben das Rauschgift u.a. an Jamal
A. und Mohamad Kassem Ah. , die es hier verkauften. Der Angeklagte
selbst war nicht in die Tätergruppe eingebunden. Er beabsichtigte, einmal ein
größeres Geschäft mit Abu K. als "Direktabnehmer" zu tätigen, um so einen
größeren Gewinn zu erzielen und damit seinen finanziellen Engpaß zu beenden.
Danach wollte er sogleich seine Rauschgiftgeschäfte beenden. Hatem
B. leitete die Telefonnummer des Angeklagten an Abu K. weiter, der
den Angeklagten Mitte Juni 2002 anrief. Der Angeklagte teilte ihm seine finanziellen
Probleme mit und erbat von ihm 2.000 US-Dollar. Abu K. sagte dem
Angeklagten jedoch das Geld nicht zu, sondern bat ihn seinerseits um Mithilfe,
den Diebstahl von ihm in Deutschland gestohlenen sechs bis neun Kilogramm
Kokain aufzuklären. Das tat der Angeklagte auch. Als er Abu K. dann bat,
ihm finanziell zu helfen, versprach dieser, sich wieder bei ihm zu melden. Etwa
zwei Wochen später erhielt der Angeklagte einen Anruf von Jamal A. . Er verabredete
sich mit ihm, und es kam zu drei Verkaufsgeschäften von Kokain zwischen
Jamal A. und dem Angeklagten. Es folgten - bis zum 21. Juli 2002 -
zwei weitere solche Geschäfte zwischen Mohamad Kassem Ah. und dem Angeklagten.
Sie betrafen insgesamt Handelsmengen zwischen 1/2 und 2 kg Kokaingemisch
(Wirkstoffgehalt: mindestens 60 % Kokainhydrochlorid). Das
Rauschgift verkaufte der Angeklagte im wesentlichen jeweils mit Gewinnerzielungsabsicht
weiter.
2. Das Landgericht hat das Tatgeschehen als unerlaubtes Handeltreiben
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) in
fünf Fällen gewürdigt und ausgeführt, daß bandenmäßiges Handeltreiben
(§ 30 a Abs. 1 BtMG) nicht vorliege, weil nicht habe festgestellt werden können,
daß der Angeklagte als Mitglied der brasilianischen Täterbande agiert
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habe bzw. er in eine andere bandenmäßige Organisation eingebunden gewesen
sei. Ein willentlicher Zusammenschluß des Angeklagten mit einer Person
oder mehreren Personen nach entsprechender ausdrücklicher oder stillschweigender
Abrede sei nicht ersichtlich. Es fehle auch an einem übergeordneten
Bandeninteresse sowie dem Willen, sich für eine gewisse Dauer zur Begehung
von Straftaten zusammenzuschließen. Der Angeklagte habe sich möglichst mit
nur einem einzigen größeren "Kokaindeal" sanieren wollen, um dann sogleich
wieder aus dem Drogenmilieu auszusteigen. Es fehlten jegliche Erkenntnisse
über eine irgendwie geartete bandenmäßige Organisationsstruktur. Für den
Angeklagten habe bei sämtlichen nachfolgenden Drogengeschäften vielmehr
allein sein eigenes wirtschaftliches Interesse im Vordergrund gestanden.
3. Diese Wertung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar hat das
Landgericht einen nicht mehr zutreffenden rechtlichen Maßstab angelegt; denn
nach der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs
vom 22. März 2001 - GSSt 1/00 (= BGHSt 46, 321 ff.) ist für den
Bandenbegriff u. a. ein Tätigwerden in einem "übergeordneten Bandeninteresse"
nicht mehr erforderlich. Dies gilt auch für das bandenmäßige Handeltreiben
mit Betäubungsmitteln (vgl. BGH NStZ 2002, 375, 376; BGH, Urt. v.
22. April 2004 - 3 StR 28/04). Die Strafkammer hat jedoch rechtsfehlerfrei dargelegt,
daß dem Angeklagten eine auf eine gewisse Dauer angelegte Verbindung
zu (mindestens zwei) anderen Personen zu künftiger gemeinsamer Deliktsbegehung
nicht nachgewiesen werden kann. Diese Voraussetzung zur Annahme
einer Bande ist auch nach der geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
erforderlich (vgl. BGHSt 46, 321, 329; BGH StV 2001, 407;
BGH, Urt. v. 11. September 2003 - 1 StR 146/03). Soweit die Staatsanwaltschaft
aufgrund einer eigenen Würdigung zu dem Ergebnis kommt, der Ange-
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klagte sei Mitglied der Bande um Abu K. gewesen, kann sie damit im Revisionsverfahren
nicht gehört werden. Das gleiche gilt für ihre Vermutung, der
Angeklagte könne mit seinem Geschäftspartner Ali Z. und anderen eine
Bande gebildet haben.
4. Auch soweit die Staatsanwaltschaft rügt, die Strafkammer habe Veranlassung
gehabt, bei der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten zu erörtern,
ob er gewerbsmäßig gehandelt hat, hat sie keinen Erfolg. Gewerbsmäßig
handelt, wer sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle
von einiger Dauer und einigem Umfang verschaffen will (vgl. BGHR
BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1, gewerbsmäßig 1, 5; Weber BtMG 2. Aufl. § 29
Rdn. 1362 m.w.N.). Nach den Feststellungen beabsichtigte der Angeklagte,
einmal ein größeres Geschäft mit erheblichem Gewinn zu tätigen (UA 7, 15).
Daß er - etwa später - einen auf Wiederholung gerichteten Tatwillen hatte und
sich eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer verschaffen wollte,
hat das Landgericht nicht feststellen können. Mit ihrem Argument, der Angeklagte
habe sich in einem akuten "finanziellen Engpaß" befunden und aus
"wirtschaftlichem Interesse" gehandelt, kann die Beschwerdeführerin ein gewerbsmäßiges
Handeln nicht belegen.
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Da die Revision der Staatsanwaltschaft weder zu Lasten noch zugunsten
des Angeklagten (§ 301 StPO) einen durchgreifenden Rechtsfehler hat
erkennen lassen, ist sie als unbegründet zu verwerfen.
Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanovi Sost-Scheible



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