BGH,
Urt. v. 27.10.2009 - 5 StR 296/09
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung : ja
StGB § 66b
Zur Anwendbarkeit der Vorschrift des § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB
(im Anschluss an BGHSt 52, 205).
BGH, Urteil vom 27. Oktober 2009 - 5 StR 296/09
LG Berlin -
5 StR 296/09
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 27. Oktober 2009
in der Strafsache
gegen
wegen nachträglicher Anordnung der Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27.
Oktober 2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal,
Richter Prof. Dr. König
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Sch. ,
Rechtsanwalt R.
als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
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für Recht erkannt:
Die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin
vom 24. Februar 2009 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.
- Von Rechts wegen -
G r ü n d e
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Das Landgericht hat die nachträgliche Unterbringung des
Verurteilten in der Sicherungsverwahrung gemäß
§ 66b Abs. 1 Satz 2 StGB angeordnet. Der Verurteilte hat gegen
dieses Urteil Revision eingelegt, mit der er die Verletzung formellen
und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat keinen
Erfolg.
I.
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
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1. Der Verurteilte ist schon mehrfach bestraft worden.
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a) Erstmals wurde er 1978 in der DDR wegen
„Rowdytums“ zu einer achtmonatigen Haftstrafe
verurteilt. Drei Wochen nach vollständiger
Verbüßung dieser Strafe wurde er wiederum wegen
„Rowdytums“ zu „17 Monaten
Haft“ verurteilt. Es folgte am 27. November 1981 eine
Verurteilung zu einer
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Bewährungsstrafe wegen Urkundenfälschung in
Tateinheit mit versuchtem Betrug. Nach Erlass dieser Strafe kam es am
25. August 1983 zu einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von
einem Jahr wegen Hehlerei, die der Verurteilte bis Dezember 1984
verbüßte.
b) Am 5. Oktober 1987 verurteilte ihn das Stadtgericht Berlin wegen
eines am 26. Dezember 1986 begangenen versuchten Mordes zu einer
Freiheitsstrafe von zwölf Jahren. Dem lag folgendes Geschehen
zugrunde:
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Der Verurteilte geriet mit einem Arbeitskollegen im Aufenthaltsraum in
einen Streit, wobei er von seinem Kontrahenten geohrfeigt wurde.
Hierüber wütend geworden zog er sich in den
angrenzenden Heizungskeller zurück, wo er zunächst
seine Tätigkeit als Heizer aufnahm. Nicht mehr konkret
feststellbare Zeit später kehrte er jedoch mit einer auf 600
bis 800 Grad Celsius erhitzten Schürstange in den
Aufenthaltsraum zurück und durchbohrte damit den in einem
Sessel sitzenden Kollegen im linken Unterbauch.
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Nach Verbüßung von zwei Dritteln der erkannten
Strafe ist der Verurteilte am 21. Dezember 1994 unter
Reststrafaussetzung zur Bewährung entlassen worden.
c) Am 13. Dezember 1996 tötete der Verurteilte seine Ehefrau.
Der Tat war eine mehrjährige äußerst
spannungsreich geführte Beziehung vorausgegangen. Nach einer
Trennung war der Verurteilte Anfang Dezember 1996 auf Betreiben seiner
Ehefrau wieder bei dieser eingezogen. Schon nach wenigen Tagen
verschlechterte sich die Stimmung zwischen beiden erneut. Am Tattag
wurde der Verurteilte von seiner Ehefrau aufgefordert, aus der Wohnung
zu „verschwinden“. Hierauf und auf ihre
Beschimpfungen reagierte er „gereizt und
verzweifelt“. Nach kurzzeitiger Versöhnung und
einverständlichem Geschlechtsverkehr geriet die Ehefrau
wiederum in Wut über den Verurteilten und verlangte abermals
von ihm, die Wohnung zu verlassen. Nun konnte der Verurteilte den
ständigen Wechsel von Zuwendung und Ab-
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lehnung nicht mehr ertragen. Er schubste seine Frau so heftig, dass sie
zu Boden fiel. Dann setzte er sich auf sie und fixierte ihre Arme. Als
sie lachte und ihn weiter beschimpfte, würgte er sie mit
beiden Händen so kraftvoll, dass schon nach wenigen Sekunden
Bewusstlosigkeit und schließlich der Tod eintraten. Der
Verurteilte hielt das Opfer fünf Minuten im
Würgegriff, um es „seinen Schmerz fühlen zu
lassen“.
Aufgrund dieser Tat ist er am 4. Juli 1997 durch das Landgericht Berlin
zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren wegen Totschlags verurteilt
worden.
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d) Seit seiner Selbststellung am 15. Dezember 1996 befand sich der
Verurteilte ununterbrochen in Haft. Therapeutische Maßnahmen
erfolgten während des Strafvollzugs im Wesentlichen deshalb
nicht, weil er entsprechende Angebote nicht wahrnahm.
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Im Strafvollzug wurden gegen den Verurteilten disziplinarische
Maßnahmen infolge dort „üblicher
Beleidigungen gegen Bedienstete der Justizvollzugsanstalt oder
geringfügigerer körperlicher Auseinandersetzungen mit
Mitgefangenen“ getroffen. Jeweils wegen
vorsätzlicher Körperverletzung zum Nachteil von
Mitgefangenen wurde er im Jahr 2003 zu einer Freiheitsstrafe von drei
Monaten und im Jahr 2008 zu einer Geldstrafe verurteilt.
2. Das Landgericht ist sachverständig beraten zu der
Überzeugung gelangt, dass der Verurteilte gefährlich
sei, da er eine intensive Neigung zu Gewalttaten aufweise. Die von ihm
ausgehende Gefahr sei zwar schon in dem 1997 geführten
Verfahren erkennbar gewesen. Damals sei die Anordnung der
Sicherungsverwahrung aber rechtlich nicht möglich gewesen,
weil die Vorschrift des § 66 Abs. 3 StGB noch nicht gegolten
habe.
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II.
Die Verfahrensrügen versagen aus den Gründen der
Antragsschrift des Generalbundesanwalts. Die
Maßregelanordnung gemäß § 66b
Abs. 1 Satz 1, 2 StGB hält auch der sachlichrechtlichen
Überprüfung stand.
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1. Das Landgericht hat die formellen Voraussetzungen des § 66b
Abs. 1 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB zu Recht bejaht. In
Übereinstimmung mit § 66b Abs. 1 Satz 1 StGB n.F. hat
es dabei hinsichtlich der Voraussetzungen des § 66 StGB allein
auf die zum Zeitpunkt seiner Entscheidung geltende Rechtslage
abgestellt (vgl. BGHSt 52, 205, 207). Der Verurteilte ist wegen
Totschlags und damit wegen einer Tat im Sinne des § 66b Abs. 1
Satz 1 StGB zu einer zwei Jahre übersteigenden Freiheitsstrafe
verurteilt. 1987 war er durch ein Gericht der DDR bereits wegen einer
Katalogtat - versuchter Mord - zu einer Freiheitsstrafe von
zwölf Jahren verurteilt worden. Angesichts des zugrunde
liegenden Lebenssachverhalts und der hierzu mitgeteilten
Verfahrenstatsachen ist diese Verurteilung ohne Weiteres
berücksichtigungsfähig (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl.
§ 66 Rdn. 22). Von der Strafe verbüßte der
Verurteilte acht Jahre, ohne dass er sich im Zeitraum zwischen dieser
Tat und der Anlasstat für einen Zeitraum von fünf
Jahren auf freiem Fuß befand.
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2. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht einen Hang des Verurteilten zur
Begehung schwerer Straftaten sowie seine Gefährlichkeit
für die Allgemeinheit festgestellt. Die
Gefährlichkeitsprognose hat es auf eine umfassende
Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Verurteilten
unter besonderer Berücksichtigung seiner Vorverurteilungen
gestützt. Dabei hat es sich an den individuell bedeutsamen
Bedingungsfaktoren für die bisherige Delinquenz, deren
Fortbestand, der fehlenden Kompensation durch protektive
Umstände und dem Gewicht dieser Faktoren in
zukünftigen Risikosituationen ausgerichtet. Die bei der
Darstellung der Gutachten der beiden Sachverständigen
erörterten Ergebnisse der operationalisierten
Prognoseinstrumente (PCL-R und
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HCR 20) hat es ersichtlich nur zur vollständigen Erfassung der
Beurteilungsaspekte verwandt, ohne dass es dem hierdurch erlangten
empirischen Wissen bzw. dem statistischen Rückfallrisiko
gegenüber den individuell bedeutsamen Faktoren zu viel
Bedeutung beigemessen hätte (vgl. BVerfG - Kammer - NJW 2009,
980, 982; BGHSt 50, 121, 130 f.; BGH StV 2008, 300; 301; NStZ 2009,
323; NStZ-RR 2009, 75; Boetticher/Dittmann/Nedopil/Nowara/Wolf NStZ
2009, 478).
Auf der Grundlage der Gutachten der beiden Sachverständigen
hat das Landgericht nachvollziehbar ausgeführt, dass der Hang
des Verurteilten zur Begehung schwerwiegender Taten aus seiner
dissozialen Persönlichkeitsstörung erwachse. Er
erlebe vermehrt Wut- und Zornausbrüche, die in Verbindung mit
einem Mangel an Affektsteuerung, Selbstreflexion und Empathie sowie der
fehlenden Kompetenz zum Umgang mit sozialen Konflikten auch
für die Zukunft erwarten ließen, dass sich bei
Auseinandersetzungen ein aggressiver Impuls ungehemmt Bahn breche.
Sowohl bei der zum Nachteil seiner Ehefrau begangenen Anlasstat - die
zwar auch einige Züge einer Affekttat getragen habe, aber
elementar von den in seiner Persönlichkeitsstruktur wurzelnden
Reaktionsmustern bestimmt gewesen sei - als auch bei dem im Jahr 1987
verübten versuchten Mord seien diese Mechanismen wirksam
geworden. Die Taten seien daher symptomatisch für den
festgestellten Hang. Auch die Entwicklung während des
Strafvollzugs hat das Landgericht in hinreichender Weise - keine
Behandlung während des Vollzugs, aktuelle Sicht auf die eigene
Delinquenz und ihre Ursachen, fehlender Veränderungswille - in
die Gesamtbewertung der Gefährlichkeit einbezogen.
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Eine Neigung zu Eigentums- oder Vermögensdelikten hat es
hingegen nicht festgestellt.
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3. Die Anordnung ist auch im Übrigen durch § 66b Abs.
1 StGB gedeckt.
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Das Landgericht hat freilich neue Tatsachen im Sinne des § 66b
Abs. 1 Satz 1 StGB, das heißt solche, die erst nach der
Anlassverurteilung entstanden sind oder vom Richter des
Ausgangsverfahrens nicht erkannt werden konnten und auf eine erhebliche
Gefährlichkeit hinweisen (BGHSt 50, 180, 187; 275, 278; 373,
378; 52, 213, 215 ff.; BGHR StGB § 66b Neue Tatsachen 5),
nicht feststellen können. Denn das strafrechtlich relevante
Fehlverhalten während des Vollzugs sei jedenfalls Ausfluss des
schon bei der Anlassverurteilung zutage getretenen
Gefährdungspotenzials des Verurteilten. Von den Vorgutachtern
in den Verfahren wegen der beiden Kapitalverbrechen sei zwar nicht die
Diagnose einer dissozialen Persönlichkeitsstörung
gestellt, aber das entsprechende Persönlichkeitsbild klar
beschrieben worden.
19
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Das Landgericht hat seine Entscheidung auf § 66b Abs. 1 Satz 2
StGB gestützt. Danach kann materieller Anlass für die
nachträgliche Anordnung der Maßregel auch sein, dass
die vom Verurteilten ausgehende Gefahr zur Zeit der Verurteilung zwar
schon erkennbar gewesen ist, Sicherungsverwahrung seinerzeit aber aus
rechtlichen Gründen nicht angeordnet werden konnte. Die
Entscheidung ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalls
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Die sachlichen Voraussetzungen des § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB
hat das Landgericht zutreffend angenommen. Gegen den Verurteilten
konnte bei der Verurteilung vom 4. Juli 1997 aus rechtlichen
Gründen keine Sicherungsverwahrung angeordnet werden. Denn die
formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 1, 2 StGB waren nicht
erfüllt. Mit fehlerfreien Erwägungen ist das
Landgericht davon ausgegangen, dass es zur Zeit der Anlassverurteilung
der nach § 66 Abs. 1 StGB erforderlichen zweiten
Vorverurteilung mit Symptomcharakter (vgl. BGH StV 2007, 633; NStZ
2008, 453) ermangelte. Erst der durch das Gesetz zur
Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen
gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 (BGBl I S. 160)
mit Wirkung zum 31. Januar 1998 - und damit nach der Anlassverurteilung
- eingeführte
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§ 66 Abs. 3 Satz 1 StGB schuf die Möglichkeit der
Anordnung der Maßregel bei der Begehung von nur zwei
Symptomtaten (vgl. BGH NJW 2006, 3154).
Die Verurteilung vom 25. August 1983 zu Freiheitsstrafe von einem Jahr
wegen Hehlerei konnte zur Begründung der formellen
Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 StGB nicht herangezogen
werden. Denn ihr wohnt kein Symptomcharakter für den Hang des
Verurteilten zur Begehung schwerer Gewaltdelikte inne.
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Die zweite Verurteilung wegen Rowdytums zu „17 Monaten
Haft“ schied als relevante Vorverurteilung schon aus formalen
Gründen aus. Denn zwischen der zugrunde liegenden Tat und dem
versuchten Mord als nächster Symptomtat war
„Rückfallverjährung“ (§
66 Abs. 4 Satz 3 und 4 StGB) eingetreten. Das erschließt sich
letztlich aus dem Gesamtzusammenhang des angefochtenen Urteils, das
sonst hinsichtlich der Bezeichnung maßgeblicher Fristen sehr
genau abgefasst, danach auch in diesem Punkt nicht als
lückenhaft anzusehen ist. Daher bedarf die Frage keiner
weiteren Vertiefung, ob - was fern liegt - eine derartige
Vorverurteilung mit ihrem Strafmaß - ungeachtet der Frage
ihrer Verwertbarkeit gemäß § 64a Abs. 3
Satz 2, § 51 BZRG - überhaupt als Symptomtat
für die Anordnung von Sicherungsverwahrung herangezogen werden
durfte.
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Die Verurteilung erfolgte spätestens im Jahr 1979, die
Verbüßung war danach, wie die Revision selbst
einräumt, schon etwa Mitte 1980 erledigt.
Anschließend befand sich der Verurteilte, unterbrochen nur
von der einjährigen Strafvollstreckung aufgrund der
Verurteilung wegen Hehlerei, bis zur ersten entscheidenden Tatbegehung
am 26. Dezember 1986 mehr als fünf Jahre auf freiem
Fuß (§ 66 Abs. 4 Satz 4 StGB). Die zwischenzeitlich
begangenen Taten der Urkundenfälschung (in Tateinheit mit
versuchtem Betrug) und Hehlerei, derentwegen er in den Jahren 1981 und
1983 verurteilt worden ist, unterbrechen den Lauf der Frist nach
§ 66 Abs. 4 Satz 3 StGB nicht, weil es sich bei ihnen nicht um
Symptomtaten handelt und hinsichtlich der Verur-
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teilung aus dem Jahr 1981 die Strafgrenze von einem Jahr nicht erreicht
ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 1989 - 3 StR 150/89, insoweit
in BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 4 nicht abgedruckt; Fischer aaO
§ 66 Rdn. 20).
b) Die - verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende (BVerfG - Kammer -
NJW 2009, 980, 981; BGHSt 52, 205, 209 ff. mit Anm. Peglau NJW 2008,
1634) - Regelung des § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB beansprucht
zunächst Gültigkeit für solche sogenannten
„Altfälle“, in denen bis zum 29. Juli 2004
aufgrund fehlender bzw. eingeschränkter Anwendbarkeit des
Rechts der Sicherungsverwahrung auf im Beitrittsgebiet begangene Taten
Sicherungsverwahrung nicht angeordnet werden konnte (zur historischen
Entwicklung BVerfG - Kammer - NJW 2009, 980, 982). Ferner erfasst sie
ohne weitere Einschränkung Taten, die die Voraussetzungen des
mit Wirkung zum 31. Januar 1998 (BGBl I S. 160) in Kraft gesetzten
§ 66 Abs. 3 StGB erfüllten, aber vor dessen
Inkrafttreten begangen bzw. vor der mit Wirkung zum 29. Juli 2004
erfolgten Streichung des Art. 1a Abs. 2 EGStGB durch das Gesetz zur
Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung
(BGBl I S. 1838) abgeurteilt wurden.
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Vorliegend wurden die Taten vor dem Inkrafttreten des § 66
Abs. 3 StGB begangen und abgeurteilt. Sie bilden damit einen
Teilkomplex der letztgenannten Fallgruppe. Es besteht kein Anlass,
§ 66b Abs. 1 Satz 2 StGB in dem Sinne einengend zu
interpretieren, dass die Vorschrift lediglich Fälle erfasst,
in denen die Norm, welche die Anordnung von Sicherungsverwahrung
gestattet, bei Aburteilung prinzipiell schon in Kraft war und lediglich
aufgrund räumlicher und/oder zeitlicher Begrenzung auf den
Verurteilten nicht anzuwenden war (so möglicherweise
Rissing-van Saan/Peglau in LK 12. Aufl. § 66b Rdn. 125, 127;
wie hier Jehle in Satzger/Schmitt/Widmaier, StGB 2009 § 66b
Rdn. 19).
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(1) Eine derartige Einschränkung ist dem Wortlaut des
§ 66b Abs. 1 Satz 2 StGB nicht zu entnehmen. Sie
würde dem Willen des Gesetzgebers
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und den von ihm verfolgten Schutzzwecken widersprechen. Wie sich aus
den Gesetzesmaterialien eindeutig ergibt (Beschlussempfehlung und
Bericht des Rechtsausschusses - BTDrucks. 16/4740 S. 22 f.), wollte der
Gesetzgeber gerade auch diese Fallgruppe erfassen. Der auf eine engere
Gesetzesfassung abzielende Änderungsantrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen (BT-Drucks. 16/4740 S. 18)
vermochte sich im Gesetzgebungsverfahren nicht durchzusetzen.
(2) Sachgründe für eine unterschiedliche Behandlung
der in Frage stehenden Gruppen von
„Altfällen“ sind nicht vorhanden.
Namentlich ist eine einengende Interpretation im bezeichneten Sinn
nicht unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes geboten, sondern
würde im Gegenteil - auch von Verfassungs wegen - nicht zu
rechtfertigende Widersprüche bewirken. Denn das Vertrauen auf
den Nichtbestand einer § 66 Abs. 3 StGB entsprechenden
Regelung verdient jedenfalls keinen höheren Schutz als das
Vertrauen in den anderen „Altfällen“. So
war im Einigungsvertrag für im Beitrittsgebiet begangene
„Alttaten“ ein Vertrauenstatbestand in Bezug auf
den Ausschluss der Sicherungsverwahrung geschaffen und in der Folge
durch den Gesetzgeber mehrfach bestätigt worden. Trotz des
hierdurch begründeten schutzwürdigen Vertrauens
„der höchsten Stufe“ (BVerfG - Kammer -
NJW 2009, 980, 982, im Anschluss an Peglau NJW 2008, 1634) ist der
durch § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB eingeräumte Vorrang
des Schutzes der Rechtsgemeinschaft vor einzelnen besonders
gefährlichen Tätern als überragendes
Gemeinwohlinteresse verfassungsrechtlich anerkannt worden (BVerfG aaO;
BGHSt 52, 205, 211 f.; zur Abwägung vgl. auch BVerfGE 109,
133, 186; 109, 190, 236; BVerfG - Kammer - NJW 2006, 3483, 3484). Die
Abwägung kann in Fällen wie dem hier zu beurteilenden
nicht abweichend ausfallen.
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(3) Die Anwendbarkeit des § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB auf die
vorliegende Fallkonstellation lässt sich zudem bereits
eindeutig aus der Grundsatzentscheidung des Senats zur Frage der
Verfassungsmäßigkeit der Norm entnehmen (BGHSt 52,
205, 209). Die Entscheidung betraf zwar einen
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im Beitrittsgebiet abgeurteilten „Altfall“, der
indes vor Inkrafttreten der allein die Sicherungsverwahrung
ermöglichenden Vorschrift des § 66 Abs. 3 StGB
abgeurteilt worden war. Wollte man die Norm nur auf Fälle
besonderer räumlicher und zeitlicher Ausnahmen von der
generell gegebenen Möglichkeit der Verhängung von
Sicherungsverwahrung beschränken, hätte
nachträgliche Sicherungsverwahrung gegen den damals
betroffenen Verurteilten genauso wenig angeordnet werden
dürfen wie gegen einen zur selben Zeit in den alten
Ländern Abgeurteilten.
c) Zur Wahrung des Grundsatzes der
Verhältnismäßigkeit ist der
Anwendungsbereich des § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB - noch
über die für die Anordnung nachträglicher
Sicherungsverwahrung generell bestehenden engen Grenzen hinaus -
besonders stark einzuschränken. Die notwendige
Beschränkung ist innerhalb des Kreises derjenigen
Verurteilten, die die sachlichen Voraussetzungen für die
nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung i.V.m.
§ 66b Abs. 1 Satz 2 StGB erfüllen, nach
Gefährlichkeitsaspekten (zur Abgrenzung vgl. BGHR StGB
§ 66b Abs. 1 Satz 2 Voraussetzungen 2; BGH StraFo 2008, 435,
436) vorzunehmen. Danach kann die Regelung nur in besonderen
Ausnahmefällen einiger weniger hochgefährlicher
Täter angewendet werden (BVerfG - Kammer - NJW 2009, 980, 982
m.w.N.). Der verfassungsrechtlich zwingend erforderlichen restriktiven
Handhabung der Vorschrift des § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB ist
dabei schon durch eine entsprechende Prüfung der
Antragstellung durch die Staatsanwaltschaften Rechnung zu tragen.
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Die genannten einschränkenden Voraussetzungen sind indes im
vorliegenden Fall zweier schwerer Kapitalverbrechen fraglos
erfüllt.
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Basdorf Raum Brause
Schaal König |