BGH,
Urt. v. 27.9.2002 - 5 StR 97/02
5 StR 97/02
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 27. September 2002
in der Strafsache gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat aufgrund der
Hauptverhandlung vom 26. und 27. September 2002, an der teilgenommen
haben: Vorsitzende Richterin Harms, Richter Dr. Raum, Richter Dr.
Brause, Richter Schaal, Richter Hubert als beisitzende Richter,
Bundesanwalt Bundesanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle, am 27. September 2002 für Recht
erkannt:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Oldenburg vom 25. September 2001
a) dahin abgeändert, daß der Angeklagte der
Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 80
Fällen, der versuchten Steuerhinterziehung in Tateinheit mit
Urkundenfälschung in 113 Fällen sowie der
Urkundenfälschung in 135 Fällen schuldig ist und
b) im Strafausspruch aufgehoben, soweit der Angeklagte zu Geldstrafen
verurteilt worden ist.
II. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
III. Die Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen.
IV. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Jedoch werden die Revisionsgebühr um ein Drittel
ermäßigt und der Staatskasse ein Drittel der durch
dieses Rechtsmittel im Revisionsrechtszug entstandenen notwendigen
Auslagen des Angeklagten auferlegt. Die Staatskasse trägt die
Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die hierdurch dem
Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen.
- Von Rechts wegen -
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Umsatzsteuerhinterziehung in
81 Fällen und wegen versuchter Umsatzsteuerhinterziehung in
247 Fällen, jeweils in Tateinheit mit
Urkundenfälschung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben
Jahren verurteilt sowie zugleich wegen der Umsatzsteuerhinterziehung in
81 Fällen eine Gesamtgeldstrafe von 500 Tagessätzen
à 40 DM verhängt. Gegen dieses Urteil hat der
Angeklagte in vollem Umfang Rechtsmittel eingelegt. Die
Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihrer - vom Generalbundesanwalt
vertretenen - Revision die Anordnung der Sicherungsverwahrung gegen den
Angeklagten. Das Rechtsmittel des Angeklagten hat in dem aus dem
Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg; die Revision der
Staatsanwaltschaft ist unbegründet.
I.
Nach den Feststellungen wollte sich der Angeklagte im September/Oktober
1999 durch die ungerechtfertigte Geltendmachung tatsächlich
nicht angefallener Vorsteuern innerhalb kurzer Zeit bei
Finanzämtern einen Betrag von 1 Mio. DM verschaffen. Hierzu
meldete er zunächst bei einer Vielzahl von
Finanzämtern im Bundesgebiet fiktive
Grundstücksgesellschaften bürgerlichen Rechts an, um
für diese die Zuteilung von Steuernummern zu erreichen. Die
Anmeldung dieser Gesellschaften nahm er unter der Firma der ebenfalls
nicht existierenden "DOS Steuerberatungs-GmbH" vor und
übersandte dabei den Finanzämtern neben weiteren
Geschäftsunterlagen fingierte Gesellschaftsverträge
und Vollmachten, auf denen er als Unterschriften der angeblichen
Gesellschafter jeweils unleserliche Namenszeichen selbst angebracht
hatte. Sodann reichte er bei den Finanzämtern für die
Monate von Januar bis August 1999 - zum Großteil gleichzeitig
- mit in gleicher Weise unleserlichen Namenszeichen unterzeichnete
Umsatzsteuervoranmeldungen mit erfundenen Umsätzen und
Vorsteuern ein. Mit diesen Steueranmeldungen wollte er eine Erstattung
des sich jeweils nach den dort gemachten Angaben ergebenden,
tatsächlich aber nicht bestehenden Umsatzsteuerguthabens
erreichen. Insgesamt kam es bei von ihm geltend gemachten
Erstattungsansprüchen in Höhe von ca. 3,2 Mio. DM zu
Erstattungen von mehr als 750.000 DM an den Angeklagten.
II.
Die Revision des Angeklagten führt zur Änderung des
Schuldspruchs und zur Aufhebung der gegen ihn verhängten
Geldstrafen.
1. Der Verurteilung des Angeklagten wegen Steuerhinterziehung steht
nicht entgegen, daß er Steuererstattungen für
Scheinfirmen geltend machte; auch Fälle, in denen die Existenz
eines Unternehmens nur vorgetäuscht wird, für das
sodann ohne Bezug auf reale Vorgänge fingierte
Umsätze angemeldet und Vorsteuererstattungen begehrt werden,
sind als Steuerhinterziehung (und nicht als Betrug) zu beurteilen
(BGHSt 40, 109).
§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO knüpft für die
Tatbestandsverwirklichung an die Täuschung der
Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen
an, durch die Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte
Steuervorteile erlangt werden. Steuervorteile in diesem Sinne sind nach
§ 370 Abs. 4 Satz 2 AO auch Steuervergütungen, die
aufgrund eines steuerrechtlich erheblichen Verhaltens dem
Täter von der Finanzverwaltung zu Unrecht gewährt
oder belassen werden (BGH aaO S. 111). Hierzu gehört auch die
Erstattung angeblicher Vorsteuern, weil sie sich nach steuerrechtlichen
Grundsätzen richtet (§§ 37, 218 AO), ohne
daß es im einzelnen darauf ankommt, welche
tatsächlichen Verhältnisse zugrunde liegen. Zudem ist
der durch § 370 AO geschützte Anspruch des
Steuergläubigers auf den vollen Ertrag der Umsatzsteuer (vgl.
BGHSt 36, 100, 102 m.w.N.) unabhängig davon betroffen und
beeinträchtigt, ob einer geltend gemachten Vergütung
ein gegenüber dem Rechnungsempfänger
tatsächlich bewirkter Umsatz zugrunde liegt oder ob die
Vorsteuererstattung aufgrund einer Täuschung der
Finanzbehörden ohne Umsatz erfolgt (BGHSt 40, 109, 111).
2. Eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Steuerhinterziehung wegen
Einreichung falscher Umsatzsteuervoranmeldungen wird - entgegen der
Ansicht der Revision - auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß
die eingereichten Steueranmeldungen nur mit einem unleserlichen
Namenszeichen versehen waren.
Eine Steuererklärung muß grundsätzlich der
gesetzlich vorgeschriebenen Form genügen. Wie sich aus
§ 150 Abs. 3 Satz 1 AO ergibt, hängt es dabei von den
Steuergesetzen ab, ob der Steuerpflichtige die Steuererklärung
eigenhändig zu unterschreiben hat. Eine eigenhändige
Unterschrift ist bei Umsatzsteuervoranmeldungen (vgl. § 18
Abs. 1 UStG) im Gegensatz zu Umsatzsteuerjahreserklärungen
(§ 18 Abs. 3 Satz 3 UStG) nicht erforderlich (vgl. Brockmeyer
in Klein, AO 7. Aufl. § 150 Rdn. 12).
Die im amtlichen Vordruck der Steueranmeldung zur Wahrheitsversicherung
vorgesehene Unterschrift (vgl. § 150 Abs. 2 Satz 2 AO) wurde
vom Angeklagten jeweils geleistet. Hierfür wird eine
Lesbarkeit des Namenszuges nicht gefordert; es genügt ein
individueller Schriftzug mit charakteristischen Merkmalen (vgl. BGH NJW
1997, 3380, 3381; NJW 1987, 1333, 1334; BB 1970, 52), so daß
eine Unterscheidungsmöglichkeit gegenüber anderen
Unterschriften gewährleistet ist (vgl. BGHSt 12, 317). Auf der
Grundlage der vom Landgericht getroffenen Feststellungen ist der vom
Angeklagten angebrachte Schriftzug hier zwar nicht als lesbare, dennoch
aber als gültige Unterschrift anzusehen.
Im übrigen könnte selbst das Fehlen der gesetzlich
vorgeschriebenen Unterschrift dem Vorliegen von Angaben im Sinne von
§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht entgegenstehen.
Zwar ist eine Steuererklärung, welche die gesetzlich
vorgeschriebene Unterschrift nicht enthält, unwirksam, weil
durch sie ein ordnungsgemäßes Veranlagungsverfahren
nicht in Gang gesetzt werden kann (vgl. BFH BStBl II 1999, 203; BFH/NV
2002, 963). Zweck der eigenhändigen Unterschrift im Sinne von
§ 150 Abs. 3 AO ist nach ständiger Rechtsprechung
nämlich die erkennbare Übernahme der Verantwortung
für die der Erklärung zugrundeliegenden
tatsächlichen Angaben durch den Steuerpflichtigen (vgl. BFH/NV
1998, 8; BFH BStBl II 1999, 203, 204). Die Eigenhändigkeit der
Unterschriftsleistung soll dem Steuerpflichtigen die Bedeutung seiner
Steuererklärung als Wissenserklärung bewußt
machen (BFH BStBl II 1999, 203, 204).
Der Mangel einer fehlenden Unterschrift ist aber dann steuerrechtlich
unbeachtlich, wenn auf eine solche Steuererklärung hin
trotzdem ein wirksamer Steuerbescheid ergeht (BFH/NV 2002, 963;
Tipke/Kruse, AO 16. Aufl. § 150 Rdn. 31). Dasselbe gilt, wenn
- wie hier - eine zu einer Steuervergütung führende
Steueranmeldung erst durch eine Zustimmung des Finanzamts nach
§ 168 Satz 2 AO einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt
der Nachprüfung gleichsteht (vgl. BFH/NV 2002, 963).
Für eine Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO ist
der Mangel der fehlenden Unterschrift darüber hinaus
grundsätzlich bereits dann unbeachtlich, wenn eine
Steuererklärung zum Zwecke der Steuerverkürzung oder
der Erlangung ungerechtfertigter Steuervorteile eingesetzt werden soll.
§ 370 AO setzt nämlich tatbestandlich keine wirksame
Steuererklärung voraus, sondern lediglich Bekundungen zu den
genannten Zwecken, die sogar mündlich oder schlüssig
gemacht werden können (vgl. BGHSt 25, 190, 203; Kohlmann,
Steuerstrafrecht 7. Aufl. § 370 AO Rdn. 21 f.).
Solche Bekundungen liegen hier vor in der Angabe tatsächlich
nicht vorhandener Umsätze und Vorsteuern im Rahmen von
Umsatzsteuervoranmeldungen. Diese Bekundungen dienten der Erlangung
ungerechtfertigter Steuererstattungen und hatten in Form von
Auszahlungen in Höhe von mehr als 750.000 DM sogar Erfolg. Es
ist daher - unabhängig von der Frage der Unterschriftsleistung
- ohne Bedeutung, daß die von dem Angeklagten eingereichten
Steueranmeldungen schon per se keine ordnungsgemäßen
Steuererklärungen darstellen, weil sie sich auf nicht
existente Firmen sowie fingierte Umsätze und Vorsteuern
beziehen.
3. Auch die Schuldsprüche wegen Urkundenfälschung
lassen keinen Rechtsfehler erkennen; die Tatsache, daß die
Namenszüge unter den eingereichten Steueranmeldungen und den
sonstigen bei den Finanzämtern eingereichten
Schriftstücken unleserlich waren, steht auch einer
Urkundenfälschung nicht entgegen.
Eine unechte Urkunde im Sinne des § 267 StGB stellt derjenige
her, der über deren Aussteller täuscht. Zurecht sieht
das Landgericht hier eine solche Täuschung durch den
Angeklagten. Indem er Steuererklärungen sowie
Gesellschaftsverträge und sonstige Firmendokumente
für tatsächlich nicht existierende Firmen und unter
Bezugnahme auf unbeteiligte Personen erstellte und bei
Finanzämtern einreichte, täuschte er die
Finanzbehörden über die Aussteller der
Schriftstücke. Die Unterschrift erweckte dabei -
unabhängig von der Frage, ob sie leserlich war oder nicht -
jeweils den Anschein, daß die entsprechende Urkunde von dem
Organ der Gesellschaft stammte, die in dem Dokument als Absender
bezeichnet war.
Zutreffend ist das Landgericht hinsichtlich der
Urkundenfälschung auch von Tatmehrheit ausgegangen. Ohne
Rechtsfehler hat es die Erstellung der einzelnen Urkunden stets als
selbständige Tat gewertet, weil gegenüber den
betroffenen Finanzämtern jeweils eine neue falsche Urkunde mit
einem selbständigen Erklärungswert abgegeben wurde.
Da die verschiedenen Urkunden an jeweils unterschiedliche
Finanzämter als Adressaten versandt wurden, kommt auch eine
von der Revision des Angeklagten behauptete Klammerwirkung nicht in
Betracht.
4. Soweit das Landgericht den Angeklagten allerdings wegen vollendeter
Umsatzsteuerhinterziehung in 81 Fällen verurteilt hat, bedarf
der Schuldspruch der Änderung. In den Fällen 267 und
269 der Urteilsgründe liegt entgegen der Ansicht des
Landgerichts keine vollendete Umsatzsteuerhinterziehung vor, weil es
nach den Urteilsfeststellungen nicht zu einer Erstattung von Vorsteuern
gekommen ist. Da diese beiden Umsatzsteuervoranmeldungen zu einer
Steuervergütung geführt hätten,
hätte es einer Zustimmung der Finanzbehörde bedurft,
damit die Steueranmeldungen einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt
der Nachprüfung gleichgestanden hätten (§
168 Satz 2 AO). Eine solche Zustimmung der Finanzbehörde ist
aber nach den Feststellungen nicht erfolgt.
Zu einer Auszahlung eines vermeintlichen Umsatzsteuerguthabens ist es
dagegen - ohne daß dies vom Landgericht ausgeurteilt wurde -
im Fall 174 der Urteilsgründe gekommen. Deshalb ist der
Angeklagte nur in 80 Fällen der vollendeten, dafür
aber in einem weiteren Fall der versuchten Steuerhinterziehung, jeweils
in Tateinheit mit Urkundenfälschung, schuldig zu sprechen.
5. In den 135 Fällen, in denen der Angeklagte sich unter
Vorlage gefälschter Firmenunterlagen bei verschiedenen
Finanzämtern lediglich eine Steuernummer erteilen
ließ, unter der später unzutreffende
Steuererklärungen abgegeben werden sollten, ohne daß
es in der Folge zur Einreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen kam,
hält der Schuldspruch wegen versuchter Steuerhinterziehung
rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Der Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO setzt unrichtige oder
unvollständige Angaben gegenüber
Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen
voraus. Tatsachen sind dann steuerlich erheblich, wenn sie zur
Ausfüllung eines Besteuerungstatbestands herangezogen werden
müssen und damit Grund und Höhe des Steueranspruchs
oder des Steuervorteils beeinflussen oder wenn sie die
Finanzbehörden zur Einwirkung auf den Steueranspruch sonst
veranlassen könnten (vgl. Franzen/Gast/Joecks,
Steuerstrafrecht 5. Aufl. § 370 Rdn. 130).
Soweit der Angeklagte durch falsche Angaben gegenüber dem
Finanzamt (zunächst) nur die Erteilung einer Steuernummer
erstrebte, hat er damit keine Angaben zu steuerlich erheblichen
Tatsachen gemacht. Die Schwelle zum Versuch der Steuerhinterziehung
wird in solchen Fällen erst dann überschritten, wenn
eine falsche Steuererklärung beim Finanzamt eingereicht wird.
Hierzu war es in den genannten 135 Fällen nicht mehr gekommen.
Die bloße Einreichung falscher Urkunden, um eine Steuernummer
zu erlangen, stellt sich hinsichtlich der geplanten Steuerhinterziehung
als bloße Vorbereitungshandlung dar. Insoweit liegt allein
eine Urkundenfälschung nach § 267 StGB vor. Der Senat
ändert deshalb in diesen Fällen den Schuldspruch
dergestalt ab, daß jeweils die tateinheitlich mit
Urkundenfälschung ausgeurteilte versuchte Steuerhinterziehung
entfällt.
6. Die Änderung des Schuldspruchs nötigt indes nicht
zu einer Aufhebung des Ausspruchs über die verhängten
Freiheitsstrafen. Das Landgericht hat bei der Strafzumessung jeweils
danach differenziert, ob eine Umsatzsteuervoranmeldung eingereicht
wurde oder nicht. Während es in den Fällen einer (im
Ergebnis erfolglosen) auf eine Vorsteuererstattung gerichteten
Steueranmeldung eine Freiheitsstrafe von einem Jahr verhängt
hat, wurde in den Fällen ohne Einreichung einer
Steueranmeldung eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten festgesetzt. Da
bereits die Mindeststrafe der zugleich vorliegenden
Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 3 StGB sechs Monate
beträgt, konnte das Landgericht hier keine niedrigere Strafe
verhängen. Von dem Regelstrafrahmen des besonders schweren
Falles abzuweichen, bestand im vorliegenden Fall kein Grund.
Im Hinblick auf die Vielzahl der Einzeltaten und den straffen
Zusammenzug der Einzelstrafen innerhalb einer Tatserie
schließt der Senat auch aus, daß sich die
Schuldspruchänderung in den Fällen 267 und 269 der
Urteilsgründe zum Vorteil des Angeklagten auf die
Höhe der Gesamtstrafe auswirken könnte. Hinsichtlich
der Einzelstrafen setzt der Senat für diese Fälle in
entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die vom
Landgericht einheitlich für alle jeweils gleichartigen Taten
verhängten Einzelstrafen von einem Jahr als Freiheitsstrafen
fest. Im Fall 174 der Urteilsgründe verbleibt es hingegen bei
der vom Landgericht verhängten Strafe von einem Jahr
Freiheitsstrafe. Obwohl insoweit statt der vom Landgericht angenommenen
versuchten eine vollendete Steuerhinterziehung vorliegt, ist eine
Änderung der hierfür verhängten Strafe zum
Nachteil des Angeklagten ausgeschlossen (vgl. § 331 Abs. 1
StPO), weil die Staatsanwaltschaft ihre Revision auf die Ablehnung der
Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung beschränkt hat.
7. Keinen Bestand haben dagegen die vom Landgericht wegen 81
Fällen der (vollendeten) Steuerhinterziehung in Tateinheit mit
Steuerhinterziehung gemäß § 41 StGB
verhängten Geldstrafen. Zwar ermöglicht die Regelung
des § 41 StGB, wenn dies unter Berücksichtigung der
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des
Täters angebracht ist, diesen nicht nur an der Freiheit,
sondern auch am Vermögen zu strafen. Insbesondere bei
längeren Freiheitsstrafen ist dies aber nur dann ausnahmsweise
angebracht, wenn der Täter über nennenswerte eigene
Einkünfte verfügt. Allein in diesen Fällen
läßt sich der Strafzweck einer zusätzlichen
Vermögenseinbuße erreichen (vgl. BGHR StGB 41
Bereicherung 1). Anderenfalls liefe die Verhängung einer
gesondert festgesetzten Geldstrafe darauf hinaus, daß diese
entweder durch Dritte beglichen oder im Wege der Ersatzfreiheitsstrafe
vollstreckt wird. Im vorliegenden Fall schließt der Senat auf
der Grundlage der landgerichtlichen Feststellungen aus, daß
der hochverschuldete Angeklagte über solche Einnahmequellen
verfügt, welche die Verhängung einer Geldstrafe neben
der längeren Gesamtfreiheitsstrafe rechtfertigen
könnten.
III.
Die wirksam auf die Ablehnung der Maßregel der
Sicherungsverwahrung beschränkte (vgl. BGHSt 7, 101; BGH NStZ
1994, 280, 281) Revision der Staatsanwaltschaft bleibt ohne Erfolg. Das
Landgericht hat bereits rechtsfehlerfrei das Vorliegen eines Hanges im
Sinne des § 66 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 3 StGB verneint. Es hat
dabei dem Umstand Gewicht beigemessen, daß der Angeklagte die
Straftaten letztlich deshalb begangen hat, um seine Flucht vor der
drohenden Freiheitsstrafe finanzieren zu können. Diese hier
vom Landgericht festgestellte Motivlage spricht für eine Tat,
die aus einer aktuellen persönlichen Situation des Angeklagten
erwachsen ist.
Das Landgericht ist dabei auch zurecht von der Einschätzung
des Sachverständigen abgewichen, weil dieser den Hang des
Angeklagten im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB im Ergebnis
letztlich mit dessen Wertindifferenz begründet hat. Dieser
Gesichtspunkt ist aber nicht tragfähig (BGHR StGB §
66 Abs. 1 Hang 10). Vielmehr kann auch ohne eine entsprechende
Gewissensausbildung allein die Furcht vor Strafe - insbesondere bei
Taten wie der Steuerhinterziehung - den notwendigen Gesetzesgehorsam
bewirken. Deshalb reicht eine sich aus dem Fehlen einer moralischen
Verankerung ergebende Tatneigung für die Annahme eines Hanges,
der von der Rechtsprechung (BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 1, 4)
als eingeschliffener innerer Zustand definiert wird, nicht aus.
Insoweit hat das Landgericht zutreffend ausgeführt,
daß der Angeklagte als ein kühl Vor- und Nachteile
abwägender Vermögensstraftäter durch den
Vollzug einer längeren Freiheitsstrafe zu beeindrucken sein
wird. Erst wenn dieses Mittel versagt, wird sich die
Einschätzung, der Angeklagte werde um seiner
persönlichen Bereicherung willen regelmäßig
das Risiko einer Straftat eingehen, rechtfertigen lassen. Das
Landgericht hat sich daher im Hinblick auf das vom
Sachverständigen geschilderte Persönlichkeitsprofil
des Angeklagten nicht davon überzeugen können,
daß schon jetzt ein Hang im Sinne des § 66 Abs. 1
Nr. 3 StGB angenommen werden kann. Dies ist - auch wenn dies in den
Gründen der landgerichtlichen Entscheidung ebensowenig
unterschieden wird wie von der Beschwerdeführerin - keine
Frage der Ermessensausübung im Sinne des § 66 Abs. 2
StGB, sondern betrifft die vorgelagerte Feststellung eines Hanges im
Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB (vgl. BGH, Urt. vom 21.
März 2002 - 5 StR 14/02).
Harms Raum Brause Schaal Hubert
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