BGH,
Urt. v. 28.1.2003 - 1 StR 393/02
1 StR 393/02
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom
28. Januar 2003
in der Strafsache gegen
wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei u. a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat in der Sitzung vom 28.
Januar 2003, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am
Bundesgerichtshof Nack und die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Wahl,
Schluckebier, Dr. Kolz, die Richterin am Bundesgerichtshof Elf,
Bundesanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt als
Verteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Mosbach vom 25. April 2002 mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben,
a) soweit die Angeklagte hinsichtlich der Fälle II. 2. B der
Urteilsgründe wegen versuchter Geldwäsche in zwei
Fällen verurteilt worden ist;
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete
Urteil
a) im Schuldspruch hinsichtlich der Fälle II. 1. a bis d der
Urteilsgründe dahin abgeändert, daß die
Angeklagte der gewerbsmäßigen Bandenhehlerei in vier
Fällen schuldig ist;
b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit
aa) die Angeklagte hinsichtlich der Fälle II. 2. B der
Urteilsgründe wegen versuchter Geldwäsche in zwei
Fällen verurteilt worden ist;
bb) das Landgericht in diesen Fällen von einer
Verfallsanordnung abgesehen hat;
c) im gesamten verbleibenden Strafausspruch mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
4. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen
gewerbsmäßiger Hehlerei in vier Fällen,
Bestechung in zehn Fällen und wegen versuchter
Geldwäsche in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitstrafe
von zwei Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung
verurteilt. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagte und die
Staatsanwaltschaft die Verletzung sachlichen Rechts. Beide Rechtmittel
haben teilweise Erfolg.
I.
Die Revision der Angeklagten:
Die Verurteilung wegen versuchter Geldwäsche in zwei
Fällen hat keinen Bestand.
1. Nach den dazu getroffenen Feststellungen erhielt die Angeklagte von
H. zwei Schecks in Nennbeträgen von DM 20.300 und DM
24.706,84, die sie auf dem Sparkonto ihres minderjährigen
Sohnes gutschreiben ließ. Anschließend zahlte sie
die Geldbeträge nach Abzug einer Provision in bar an H. aus.
Dabei ging sie davon aus, daß die Schecks aus
"betrügerischen" oder "illegalen" Geschäften stammten.
Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen versuchter
Geldwäsche nicht. Auch wenn die Angeklagte eine legale
Herkunft der Schecks ausschloß, ist die Feststellung
konkreter Umstände erforderlich, aus denen sich in groben
Zügen bei rechtlich richtiger Bewertung durch die Angeklagte
eine Katalogtat des Geldwäschetatbestandes als Vortat ergibt
(vgl. BGHSt 43, 158, 165; BGH StV 2000, 67). Daran fehlt es hier.
2. Die Sache unterliegt insoweit insgesamt der Aufhebung, da der Senat
nicht ausschließen kann, daß ergänzende
Feststellungen zur Vorstellung der Angeklagten von der Vortat,
namentlich durch Vernehmung des H. als Zeugen, noch möglich
sind.
3. Im übrigen hat die Revision der Angeklagten keinen
Rechtsfehler zu ihrem Nachteil aufgedeckt.
4. Die Aufhebung des Schuldspruchs bezüglich der
Geldwäschedelikte erfaßt die insoweit
verhängten Einzelstrafen und zieht die Aufhebung des
Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich. Die
übrigen Einzelstrafen können auf die Revision der
Angeklagten bestehen bleiben.
II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft:
1. Soweit die Angeklagte wegen versuchter Geldwäsche
verurteilt worden ist, wirkt die Revision der Staatsanwaltschaft auch
zu ihren Gunsten (§ 301 StPO). In der
Revisionsrechtfertigungsschrift der Staatsanwaltschaft finden sich
insoweit zwar ausschließlich Ausführungen zur
Nichtanordnung des Verfalls, was darauf hindeutet, daß die
Beschwerdeführerin ihr Rechtsmittel auf die unterbliebene
Verfallsanordnung beschränken wollte. Eine solche
Beschränkung des Rechtsmittels ist grundsätzlich
möglich (vgl. BGH NStZ 1999, 560; NStZ-RR 1997, 270),
wäre hier aber unwirksam, weil auf der Grundlage der
unzureichenden Feststellungen zur Haupttat der Verfall nicht angeordnet
werden durfte (vgl. BGHR StPO § 344 Abs.1
Beschränkung 12). Im übrigen liegt ein Antrag, der
die Beschränkung klargestellt hätte, seitens der
Beschwerdeführerin nicht vor.
2. a) Zu Recht beanstandet die Staatsanwaltschaft, daß
hinsichtlich der Fälle II. 1. a bis d der
Urteilsgründe eine Verurteilung der Angeklagten wegen
gewerbsmäßiger Bandenhehlerei nach § 260a
Abs.1 StGB hätte erfolgen müssen.
Nach den Feststellungen kannte ihr damaliger Lebensgefährte
und frühere Mitangeklagte M. einen potentiellen Abnehmer
für Hehlerware in Jugoslawien namens Z. . Mit diesem
vereinbarten die Angeklagte und M. im November 2000 in der Zukunft
wiederholt im einzelnen noch nicht feststehende Lieferungen
"heißer", also gestohlener oder sonst
unrechtmäßig erlangter Ware von Deutschland nach
Jugoslawien zu organisieren und dort über Z. abzusetzen. Dabei
planten alle Beteiligten, sich durch wiederholte Begehung solcher Taten
eine Einnahmequelle von einigem Gewicht und einiger Dauer zu
erschließen. In Ausführung dieses Tatplanes kam es
zu den vier unter II. 1. a bis c der Urteilsgründe
näher aufgeführten Lieferungen von Mobiltelefonen und
Computeranlagen nebst Zubehör an Z. . Die Lieferung eines
Internet-Routers (II. 1. d) scheiterte, weil M. auf dem Weg nach
Jugoslawien bei einer Grenzkontrolle aufgegriffen und das
Gerät sichergestellt wurde.
Aufgrund dieser Feststellungen zu der zwischen allen Beteiligten im
November 2000 getroffenen Vereinbarung bildeten die Angeklagte, M. und
Z. eine Bande. Auf die Mitwirkung mehrerer Bandenmitglieder am Tatort
kommt es nicht an (vgl. BGHR StGB § 260a Bande 1; BGH NStZ
1995, 85). Die Beteiligten einschließlich des Z. verfolgten
auch ein gemeinsames Bandeninteresse. Eine Trennung zwischen einem aus
jeweils zwei Mitgliedern bestehenden "Bezugssystem" einerseits und
einem aus M. und Z. gebildeten "Absatzsystem" lag schon nach dem im
November 2000 von allen drei Beteiligten gefaßten Tatplan mit
im einzelnen abgesprochener Aufgabenteilung nicht vor. Hinzu kommt,
daß Z. die Geldmittel zum Ankauf des Hehlgutes zur
Verfügung stellte und damit auch in das "Bezugssystem"
eingebunden war.
b) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. §
265 StPO steht nicht entgegen, da die Taten als
gewerbsmäßige Bandenhehlerei angeklagt waren.
3. Hinsichtlich der Verurteilung wegen Bestechung in zehn
Fällen (II. 2. A. a bis f der Urteilsgründe) macht
die Staatsanwaltschaft zutreffend die fehlerhafte Erörterung
des Vorliegens besonders schwerer Fälle der Bestechung nach
§ 335 Abs. 2 Nr. 3 StGB geltend.
Nach den insoweit getroffenen Feststellungen lebte die Angeklagte bei
ihrem Vater, der eine Fahrschule betrieb, in der sie als
kaufmännische Angestellte mitarbeitete. Um Einfluß
auf den Verlauf der schriftlichen Fahrprüfungen zu gewinnen,
bedachte die Angeklagte die Mitarbeiter der
TÜV-Außenstelle B. - dort vornehmlich den
Fahrprüfer P. - mit Geschenken. Außerdem lud sie P.
und dessen Freundin viermal zum Essen ein, wobei sie jeweils die
Rechnung beglich. Wie von der Angeklagten beabsichtigt, entstand
infolge der im einzelnen von der Kammer näher festgestellten
Zuwendungen zu dem Fahrprüfer P. ein persönliches
Verhältnis, aufgrund dessen es dieser der Angeklagten
gestattete, jugoslawischen Fahrschülern während der
schriftlichen Prüfung Hilfestellung zu leisten. Durch diese
Vorgehensweise bestanden selbst "aussichtslose Fälle" die
Fahrprüfung. Da sich dies in interessierten Kreisen
herumsprach, erreichte die Angeklagte ihr Ziel, den Zulauf von
jugoslawischen Fahrschülern zu erhöhen und so den
Umsatz der Fahrschule zu verbessern.
Dieser Sachverhalt erfüllt ohne weiteres die Voraussetzungen
gewerbsmäßigen Handelns im Sinne von § 335
Abs. 2 Nr. 3 StGB. Hierfür genügt, daß die
Tat mittelbar als Einahmequelle dient (BGHR StGB § 335 Abs. 2
Nr.3 Gewerbsmäßig 1). Das war hier der Fall, nachdem
die Angeklagte selbst wirtschaftlich von der Fahrschule ihres Vaters
abhing. Hinzu kommt, daß sie auch unmittelbar
persönlich von den Bestechungshandlungen profitierte, weil sie
für die durch den Fahrprüfer pflichtwirdrig
gestattete "Betreuung" der Prüflinge von diesen eine
"Gebühr" in Höhe von jeweils DM 600 verlangte und
auch erhielt.
Die Kammer hat die Annahme besonders schwerer Fälle nach
§ 335 Abs. 2 Nr. 3 StGB verneint. Sie hat im Zusammenhang
damit ausgeführt, das Tätigwerden der Angeklagten zur
Sicherung ihrer eigenen und der Existenz ihres Vaters weise "in die
Richtung" gewerbsmäßiger Begehungsweise. Bei dieser
Sachlage kann der Senat nicht ausschließen, daß die
Kammer die Voraussetzungen für das Vorliegen des
Regelbeispiels nach § 335 Abs. 2 Nr. 3 StGB verkannt hat und
bei Beachtung der oben genannten Grundsätze zu einer anderen
Beurteilung des Schuldumfanges gelangt wäre.
4. Die Revision der Staatsanwaltschaft zieht die Aufhebung der
verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe nach sich. Die
zum Schuldspruch bezüglich der Hehlerei- und
Bestechungsdelikte rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen
können bestehen bleiben.
5. Die nunmehr berufene Strafkammer wird im Falle einer erneuten
Verurteilung wegen versuchter Geldwäsche zu prüfen
haben, ob ein Verfall der von der Angeklagten einbehaltenen Provisionen
in Betracht kommt.
Nack Wahl Schluckebier Kolz Elf |