BGH,
Urt. v. 29.4.2004 - 4 StR 586/03
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 586/03
vom
29.4.2004
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29.
April
2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Richter am Landgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil
des Landgerichts Saarbrücken vom 24. April 2003 im
Ausspruch über den Verfall mit den Feststellungen insoweit
aufgehoben, als die Anordnung des Wertersatzverfalls
eines 25.000 Euro übersteigenden Betrages
unterblieben ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen
bandenmäßigen Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht
Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt und den
Verfall (richtig: Ersatzverfall)
von 25.000 Euro angeordnet. Das Urteil ist zum Schuld- und zum
Strafausspruch rechtskräftig, nachdem der Senat die Revision
des Angeklagten
durch Beschluß vom 9. März 2004 als
unbegründet verworfen hat. Die Staatsanwaltschaft
wendet sich mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten,
auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision
allein gegen die Höhe
des Verfallsbetrages. Das wirksam beschränkte - vom
Generalbundesanwalt
vertretene - Rechtsmittel hat Erfolg.
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1. Nach den Feststellungen war der Angeklagte die bestimmende Person
in einer aus insgesamt vier Tätern bestehenden
Betäubungsmittelhändlerbande,
die im Zeitraum von Anfang Januar 2001 bis Mitte April 2002 bei
insgesamt
acht Beschaffungsfahrten 271 kg Haschisch aus den Niederlanden in die
Bundesrepublik Deutschland einführte und den Stoff hier bis
auf die bei der
letzten Beschaffungsfahrt sichergestellten 11 kg gewinnbringend
weiterverkaufte.
Der Verkaufspreis betrug mindestens 3.000 DM pro Kilogramm, woraus
sich ein Gesamtverkaufspreis von mindestens 780.000 DM errechnet.
Gleichwohl
hat das Landgericht die Anordnung des Wertersatzverfalls in Anwendung
der Ermessensvorschrift des § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB
auf 25.000 Euro
beschränkt. Diesen Betrag hat es errechnet aus dem
hälftigen Eigenkapitalanteil
von 75.000 DM an dem vom Angeklagten gemeinsam mit seiner Ehefrau im
Dezember 2001 für 320.000 DM erworbenen Einfamilienhaus und
Baugrundstück
sowie dem Erlös von ca. 5.900 Euro aus der
Veräußerung des Pkw des
Angeklagten; "wie der Angeklagte die über 25.000 Euro
hinausgehenden Beträge
verwandt" habe, habe nicht festgestellt werden können (UA 14).
2. Die Beschränkung des Wertersatzverfalls auf den Betrag von
25.000 Euro hält der rechtlichen Nachprüfung nicht
stand, weil die Grundlagen
für die Ermessensentscheidung nicht genügend dargetan
sind.
So fehlt es bereits an der Feststellung, in welchem Umfang der
Angeklagte
bzw. die Tätergruppe tatsächlich
Verkaufserlöse aus den
Betäubungsmittelgeschäften
"erlangt" hat. Solche Feststellungen - gegebenenfalls im Wege
der Schätzung (§ 73 b StGB) - zu treffen, war schon
deshalb veranlaßt, weil
nach §§ 73 Abs. 1, 73 a StGB die Anordnung des
Verfalls (des Wertersatzes)
des gesamten Verkaufserlöses aus den
Betäubungsmittelgeschäften obligato-
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risch ist, soweit nicht die Härtevorschrift des § 73
c Abs. 1 StGB entgegensteht.
Insoweit kommt hier ein Absehen von der vollständigen
Abschöpfung des Verkaufserlöses
- wie vom Landgericht auch angenommen - allein unter dem Gesichtspunkt
der Härtevorschrift des § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt.
StGB in Betracht.
Für die Anwendbarkeit dieser Ermessensvorschrift kommt es
darauf an,
ob der Wert des Erlangten noch im Vermögen des Angeklagten
vorhanden ist.
Die entsprechende Beurteilung setzt die Feststellung der
Vermögensverhältnisse
voraus (vgl. BGH, Urt. v. 27. März 2003 - 5 StR 434/02, StraFo
2003, 283). Denn eine Ermessensentscheidung nach § 73 c Abs. 1
Satz 2
StGB scheidet grundsätzlich aus, solange und soweit der
Angeklagte über
Vermögen verfügt, das wertmäßig
nicht hinter dem aus den Straftaten Erlangten
zurückbleibt (BGHR StGB § 73 c Wert 2).
Als Beurteilungsgrundlage genügte vorliegend die Feststellung
nicht,
daß der Angeklagte zusammen mit seiner Ehefrau das von ihnen
bewohnte
Einfamilienhaus sowie ein weiteres Baugrundstück mit einer
Gesamtfläche von
etwa 2800 qm im Dezember 2001 je zur Hälfte zu einem Kaufpreis
von
320.000 DM erworben hat, der Kaufpreis in Höhe von 245.000 DM
über ein
Darlehen finanziert und die restlichen 75.000 DM bar bezahlt wurden.
Anstatt
auf den Kaufpreis abzustellen, hätte vielmehr der Verkehrswert
des Einfamilienhauses
und des Baugrundstücks festgestellt und - abzüglich
vorhandener
Belastungen - als vorhandenes Vermögen berücksichtigt
werden müssen
(BGHSt 48, 40, 43; BGHR aaO). Schon mit Blick darauf, daß es
sich nach den
vom Landgericht getroffenen Feststellungen um ein sehr gepflegtes
Anwesen
mit Sauna, Garage, Werkstatt, Carport, See und Grillpavillon handelte,
lag es
zumindest nicht fern, daß der Verkehrswert im Zeitpunkt der
Urteilsfällung
deutlich über dem beim Erwerb vereinbarten Kaufpreis lag. Auch
durfte das
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Landgericht bei der Bewertung des Eigenkapitalanteils in Höhe
der Barzahlung
von 75.000 DM als (vorhandenes) Vermögen des Angeklagten nicht
ohne weiteres
nur die Hälfte berücksichtigen und dabei auf den auf
ihn entfallenden
hälftigen Eigentumsanteil am Grundstück abstellen.
Dies wird den tatsächlichen
Gegebenheiten jedenfalls dann nicht gerecht, wenn diese Barzahlung -
was angesichts der Betäubungsmittelumsätze des
Angeklagten naheliegt - aus
seinem Vermögen geflossen ist. Ob überhaupt und
bejahendenfalls in welchem
Umfang nach Billigkeitsgesichtspunkten von der Anordnung des an sich
für
verfallen zu erklärenden Betrages abzusehen gerechtfertigt
oder geboten sein
kann, hängt aber nicht allein von der rechtlichen Zuordnung
von Vermögenswerten,
sondern in erster Linie von den wirtschaftlichen Folgen für
den Angeklagten
ab (BGHSt aaO).
3. Danach hebt der Senat das angefochtene Urteil insoweit auf, als das
Landgericht davon abgesehen hat, einen höheren als den
für sich genommen
rechtsfehlerfrei festgesetzten Betrag von 25.000 Euro als Wertersatz
für verfallen
zu erklären.
Der neue Tatrichter wird zunächst den Wert des aus den
abgeurteilten
Straftaten Erlangten festzustellen haben. Alsdann sind die
wirtschaftlichen
Verhältnisse des Angeklagten aufzuklären. Auf der
Grundlage dieser Feststellungen
wird über die Anordnung des Wertersatzverfalls nach billigem
Ermessen
zu entscheiden sein. In diesem Zusammenhang kann - unbeschadet
gesamtschuldnerischer
Haftung aller Tatbeteiligten (vgl. BGH, Beschluß vom
10. September 2002 - 1 StR 281/02 - und Urteil vom 12. August 2003 - 1
StR
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127/03) - für die Ermessensentscheidung von Bedeutung sein,
welcher Anteil
an dem Verkaufserlös dem Angeklagten selbst zugeflossen ist.
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Sost-Scheible |