BGH,
Urt. v. 29.6.2006 - 5 StR 485/05
Nachschlagewerk ja
BGHSt nein
Veröffentlichung ja
StPO § 26a Abs. 1 Nr. 2
StGB § 266 Abs. 1
1. Zur Anwendung von § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO bei Vorbefassung
des Gerichts nach Abtrennung von Verfahren gegen Tatbeteiligte und
deren gesonderter Aburteilung.
2. Kommt es durch Schmiergeldzahlungen an einen Treupflichtigen zur
Ausschaltung des Wettbewerbs, liegt es nahe, dass Preise vereinbart
werden, die unter Wettbewerbsbedingungen nicht erzielbar
wären. In diesem Fall ist die Annahme eines
Vermögensnachteils in Höhe sachfremder oder unter
Wettbewerbsbedingungen nicht ohne weiteres durchsetzbarer
Rechnungsposten gerechtfertigt.
BGH, Urteil vom 29.06.2006 - 5 StR 485/05 - Landgericht Wuppertal -
5 StR 485/05
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 29.6.2006
in der Strafsache
gegen
- Adhäsionsklägerin: G. W. mbH Wuppertal, vertreten
durch den Geschäftsführer -
wegen Untreue u. a.
- 2 -
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der
Hauptverhandlung vom 27. und 29.06.2006, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin M. ,
Rechtsanwalt E.
als Verteidiger,
Rechtsanwalt P.
als Vertreter der Adhäsionsklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
- 3 -
in der Sitzung vom 29.06.2006 für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Wuppertal vom 29.06.2004 aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte im Fall II. 6 der Urteilsgründe wegen
Untreue verurteilt worden ist,
b) im Einzelstrafausspruch im Fall II. 5 der Urteilsgründe,
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe,
d) im Ausspruch über die Adhäsionsentscheidung.
2. Der Angeklagte wird im Fall II. 6 der Urteilsgründe
freigesprochen. Insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des
Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten.
3. Von der Entscheidung über den Adhäsionsantrag wird
abgesehen. Insoweit trägt die Staatskasse die gerichtlichen
Auslagen.
4. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
5. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung über
die Bildung einer Einzelstrafe (Fall II. 5 der Urteilsgründe)
und einer Gesamtstrafe und über die verbleibenden Kosten der
Revision an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
- Von Rechts wegen -
- 4 -
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in vier
Fällen und wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und ihn im
Übrigen freigesprochen. Zudem hat es den Angeklagten
verurteilt, an die Adhäsionsklägerin 1.511.378,73
Euro nebst 4% Zinsen seit dem 25. Februar 2003 zu zahlen. Die Revision
des Angeklagten erzielt den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im
Übrigen ist sie unbegründet.
1
I.
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
2
Der Angeklagte war „kaufmännischer“
Geschäftsführer der
Adhäsionsklägerin G. W. mbH Wuppertal (nachfolgend:
GWG). In dieser war der Angeklagte maßgeblich an der Vergabe
von zwei großen Bauaufträgen und dem Ankauf von zwei
Grundstücken beteiligt. Dabei handelte es sich um die Vergabe
von Generalunternehmeraufträgen an das Bauunternehmen H. G.
GmbH und Co. KG (nachfolgend: G. KG) zur Errichtung des vierten
Bauabschnitts eines von der H. -Stiftung geplanten Altenwohnheims mit
einem Auftragsvolumen von ca. 30 Mio. DM (nachfolgend: Projekt H.
-Stiftung) und zur Errichtung eines von der D. -Stiftung geplanten
Wohnquartiers für betreutes Altenwohnen mit einem
Auftragsvolumen von ca. 28 Mio. DM (nachfolgend: Projekt D. -Stiftung).
Die Grundstücksaufkäufe betrafen zum einen ein
Grundstück in der Wuppertaler Tannenbergstraße
(nachfolgend: Grundstück Tannenbergstraße) zur
Errichtung von etwa 200 Studentenwohnungen für etwa 7,1 Mio.
DM und zum anderen ein Grundstück der ehemaligen B. -Brauerei
in Wuppertal zur städtebaulichen Entwicklung
3
- 5 -
des brachliegenden Geländes zum Preis von 7,7 Mio. DM
(nachfolgend: Grundstück B. ).
Der Angeklagte ließ sich bei der Auftragsvergabe und den
Grundstücksankäufen wesentlich von erheblichen
Zuwendungen des gesondert Verfolgten K. leiten. K. - ein
frühpensionierter ehemaliger Oberamtsanwalt, in Wuppertal als
„Mister 10 %“ bekannt - war bereits seit geraumer
Zeit erfolgreich im Immobilien- und Baugeschäft tätig
und hatte seit Beginn der 80er Jahre durch die Investition in
größere Bauprojekte mit der G. KG Kontakt bekommen,
von der er für die Beauftragung jeweils verdeckte Provisionen
erhielt. K. wurde im Vorstand der H. -Stiftung und der D. -Stiftung
auch tätig, um in dieser Funktion bei zukünftigen
Bauvorhaben für eine Auftragsvergabe an die G. KG zu sorgen
und damit weitere Provisionen zu verdienen. Aus demselben Beweggrund
unterhielt K. auch jahrelang enge Beziehungen zu dem Angeklagten, dem
ursprünglich mitangeklagten gesondert abgeurteilten
„technischen“ Geschäftsführer der
GWG S. und dem ebenfalls ursprünglich mitangeklagten gesondert
abgeurteilten Prokuristen der GWG St. . K. kam es dabei darauf an,
diese durch großzügige Zuwendungen zu einer ihm
nützlichen Geschäftspolitik der GWG zu bewegen. Der
Angeklagte erhielt von K. in den Jahren 1995 bis 1998
Bargeldzuwendungen von insgesamt 150.000 DM und Sachzuwendungen in Form
von Reisen, Uhren etc. im Wert von insgesamt ca. 125.000 DM. Der
Angeklagte gab diese Zuwendungen in seinen Steuererklärungen
für die jeweiligen Jahre nicht an und verkürzte
hierdurch Einkommensteuern in Höhe von insgesamt etwa 130.000
DM.
4
Die zwischen G. und K. vereinbarten Provisionen für die
Bauvorhaben H. -Stiftung und D. -Stiftung in Höhe von 5 % der
Auftragssumme hat das Landgericht als Mindestschaden der GWG im Rahmen
der ohne Wettbewerb erfolgten Auftragsvergabe gewertet. Nach Auffassung
des Landgerichts handelt es sich dabei um einen sachfremden
5
- 6 -
Rechnungsposten, der bei wettbewerbskonformer Vergabe nicht in die
Kal-kulation der G. KG eingeflossen wäre und deshalb letztlich
von der GWG nicht hätte getragen werden müssen. Das
Landgericht hat bei dem Angeklagten, der keine positive Kenntnis von
der Provisionsabsprache zwischen G. und K. hatte, bedingten Vorsatz
hinsichtlich der Höhe des Vermögensnachteils
angenommen.
Betreffend das Grundstück Tannenbergstraße hatte K.
ein Gutachten über den Verkehrswert in Auftrag gegeben, das
unter Ansetzung nicht angefallener Baunebenkosten in Höhe von
2,2 Mio. DM einen Wert von 7,1 Mio. DM auswies. Etwa ein Jahr vor dem
schließlich zu diesem Preis erfolgten Ankauf des
Grundstücks durch die GWG hatte ein anderes Unternehmen das
Grundstück zum Preis von 6,1 Mio. DM erwerben wollen; der
Verkäufer war auch zu einem Verkauf zu diesem Preis bereit.
Die Differenz zwischen beiden Kaufpreisen hat das Landgericht als vom
Eventualvorsatz des Angeklagten erfassten Mindestschaden gewertet.
6
Der Verkäufer des Grundstücks B. , der gesondert
Verfolgte Z. , ein Geschäftsfreund K. s, war im Jahr 1995 in
finanziellen Schwierigkeiten und stand kurz vor der Insolvenz, nachdem
ihm die finanzierende Deutsche Bank gedroht hatte, die Kredite
für dieses Projekt zu kündigen. Z. hatte das
Grundstück bereits 1993 der GWG zum Kauf angeboten, woraufhin
die GWG die Prüfung einer städtebaulichen Entwicklung
des Geländes beschloss. Auf Druck K. s, der dem Angeklagten
die finanziellen Schwierigkeiten seines Freundes Z. beschrieb und wegen
dessen drohender Insolvenz zur Eile drängte, wurde im
März 1995 der notarielle Kaufvertrag über das
Grundstück B. zu dem von der Deutschen Bank vorgegebenen
Kaufpreis von 7,7 Mio. DM geschlossen; die Deutsche Bank war Inhaberin
einer auf dem Grundstück lastenden Grundschuld über 6
Mio. DM. Das Landgericht hat eine Verletzung der
Vermögensbetreuungspflicht durch
7
- 7 -
den Angeklagten darin gesehen, dass dieser beim
Grundstücksankauf nicht bis zum Eintritt der
Zahlungsunfähigkeit Z. s zugewartet und sich dadurch einer
günstigeren Ankaufsmöglichkeit begeben hat. Der GWG
sei hierdurch ein Mindestvermögensnachteil von 2 Mio. DM
entstanden, weil um mindestens diesen Betrag der Kaufpreis bei
längerem Zuwarten günstiger ausgefallen wäre.
II.
Die Revision hat mit der Sachrüge nur teilweise Erfolg.
8
1. Zu den Verfahrensrügen
9
a) Der von der Revision geltend gemachte absolute Revisi-onsgrund nach
§ 338 Nr. 3 StPO wegen etwa unrechtmäßiger
Verwerfung eines Ablehnungsgesuchs nach § 26a Abs. 1 Nr. 2
StPO liegt nicht vor.
10
aa) Der Rüge liegt im Wesentlichen folgender Verfahrensgang
zugrunde:
11
Ursprünglich wurde wegen der Vorwürfe im Zusammenhang
mit Schmiergeldzahlungen K. s gegen sieben Angeklagte verhandelt: den
Angeklagten sowie die früheren Mitangeklagten S. , St. , K. ,
G. , Pi. und Sch. . K. und Sch. wurde dabei u. a. eine Beteiligung an
Untreuetaten des Angeklagten vorgeworfen. Nachdem K. ein umfassendes
Geständnis abgelegt hatte, hat die Wirtschaftsstrafkammer das
Verfahren gegen ihn im November 2003 abgetrennt und ihn u. a. wegen
Anstiftung zu vier vom Angeklagten begangenen Untreuetaten verurteilt.
Kurz zuvor war bereits das Verfahren gegen den früheren
Mitangeklagten Pi. abgetrennt worden. Im Zusammenhang mit der
beabsichtigten Abtrennung des Verfahrens gegen K. wies der Vorsitzende
in einem Rechtsgespräch ausdrücklich darauf hin, dass
die Feststellungen der Straf-
12
- 8 -
kammer in diesem abgetrennten Verfahren nicht verbindlich für
die verbleibenden Mitangeklagten seien, insbesondere weil ein solches
Urteil auf der geständigen Einlassung K. s beruhe; eine
Abtrennung werde aber nicht erfolgen, wenn die Verteidigung deshalb ein
Ablehnungsgesuch stelle.
Im März 2004 lehnten der Angeklagte und der damalige
Mitangeklagte S. sämtliche Mitglieder der erkennenden
Wirtschaftsstrafkammer mit der Begründung ab, nach Abtrennung
des Verfahrens gegen den Mitangeklagten Sch. am 1. März 2004
(55. Verhandlungstag) sei dieser am 23. März 2004 wegen
Beihilfe zu zwei vom Angeklagten und S. begangenen Untreuetaten
(Projekte H. -Stiftung und D. -Stiftung) verurteilt worden; dies
begründe - auch vor dem Hintergrund des im Oktober 2003
geführten Rechtsgesprächs - die Besorgnis der
Befangenheit, weil sich die Kammer notwendigerweise schon eine
Überzeugung von der Begehung einer Haupttat durch den
Angeklagten und S. habe machen müssen und dies der Vorsitzende
auch bei seiner mündlichen Urteilsbegründung in
Sachen Sch. deutlich erklärt habe. Zudem habe der Vorsitzende
in einem weiteren abgetrennten Verfahren gegen den Mitangeklagten G.
durch Erörterung von Verfallsbeträgen deutlich
gemacht, dass er auch in diesem Verfahren vom Vorliegen einer
Untreuehandlung durch den Angeklagten ausgehe.
13
Die Befangenheitsanträge wurden von der Wirtschaftsstrafkammer
gemäß § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO als
unzulässig zurückgewiesen, weil die
Begründung aus zwingenden rechtlichen Gründen zur
Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs ungeeignet sei, was dem Fehlen
einer Begründung gleichstehe: Sachlich begründete
Entscheidungen in abgetrennten Verfahren nach mehr als 50
Hauptverhandlungstage andauernder Beweisaufnahme könnten aus
Sicht eines vernünftigen Angeklagten kein Anlass zum
Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters sein.
14
bb) Es kann dahinstehen, ob der Vortrag des Beschwerdefüh-
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- 9 -
rers in jeder Hinsicht den Anforderungen von § 344 Abs. 2 Satz
2 StPO entspricht. Die Rüge ist jedenfalls
unbegründet.
- 10 -
Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO liegt nicht
vor. Bei dem angegriffenen Urteil hat kein Richter mitgewirkt, nachdem
ein gegen ihn gerichtetes Ablehnungsgesuch mit Unrecht verworfen wurde.
Die Entscheidung der Strafkammer, nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO
zu verfahren, war weder willkürlich noch hat die Kammer damit
die Grenzen dieser Norm in einer die Anforderungen von Art. 101 Abs. 1
Satz 2 GG grundlegend verkennenden Weise überschritten. Eine
Überprüfung der Entscheidung unter
Beschwerdegesichtspunkten ergibt zumal keinen Grund, der geeignet
wäre, die Besorgnis der Befangenheit gegen die abgelehnten
Kammermitglieder zu begründen.
16
(1) Ein Ablehnungsgesuch ist nach der neueren Rechtsprechung des Senats
zwar auch dann im Sinne von § 338 Nr. 3 StPO „mit
Unrecht verworfen“, wenn die unter Mitwirkung des abgelehnten
Richters beschlossene Verwerfung gemäß §
26a StPO als unzulässig auf einer willkürlichen oder
die Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend
verkennenden Rechtsanwendung beruht; auf die sachliche Berechtigung der
Ablehnungsgründe kommt es in diesem Fall nicht an
(anknüpfend an BVerfG - Kammer - StV 2005, 478: BGHSt 50, 216;
vgl. auch BGH NJW 2005, 3434; BVerfG - Kammer - StraFo 2006, 232).
Willkür in diesem Sinne liegt vor, wenn die Entscheidung des
Gerichts auf einem Fall grober Missachtung oder grober Fehlanwendung
des Gesetzesrechts beruht und daher in der Sache offensichtlich
unhaltbar ist. Ebenso zu behandeln ist der Fall, dass das Gericht bei
der Rechtsanwendung Bedeutung und Tragweite des von der Verfassung
garantierten Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz
2 GG) grundlegend verkennt. Ob ein solcher Fall vorliegt, kann nur
anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls beurteilt
werden (BGHSt 50, 216, 219 f.).
17
(2) Nach diesen Maßstäben hat die Kammer die Grenzen
der Vorschrift des § 26a StPO, die den gesetzlichen Richter
gewährleistet, nicht überschritten:
18
- 11 -
- 12 -
Grundsätzlich ist die Gleichsetzung eines Ablehnungsgesuchs,
dessen Begründung aus zwingenden rechtlichen Gründen
zur Rechtfertigung einer Richterablehnung völlig ungeeignet
ist, mit einem Ablehnungsgesuch ohne Angabe eines Ablehnungsgrundes
(§ 26a Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 StPO) unbedenklich. Entscheidend
für die Abgrenzung zu Ablehnungsgesuchen, die nach §
27 StPO zu behandeln sind, ist die Frage, ob das Ablehnungsgesuch ohne
nähere Prüfung und losgelöst von den
konkreten Umständen des Einzelfalls zur Begründung
der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet ist oder ob
es über diese bloß formale Prüfung hinaus
eine nähere inhaltliche Prüfung der
Ablehnungsgründe erfordert, wodurch sich der abgelehnte
Richter im Rahmen einer Entscheidung nach § 26a Abs. 1 Nr. 2
StPO zum „Richter in eigener Sache“ machen
würde.
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Nach diesen Kriterien unbedenklich ist die Zurückweisung eines
Ablehnungsgesuchs nach § 26a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 StPO,
das lediglich damit begründet wird, der Richter sei an einer
Vorentscheidung beteiligt gewesen. Hierzu gehört auch die
Mitwirkung an einem Urteil über dieselbe Tat gegen einen daran
Beteiligten in einem abgetrennten Verfahren (BGHSt aaO S. 221). Da eine
solche Beteiligung an Vorentscheidungen im nämlichen und in
anderen damit zusammenhängenden Verfahren von
Strafprozessordnung und Gerichtsverfassungsrecht ausdrücklich
vorgesehen und vorausgesetzt wird, kann die Vorbefassung als solche -
abgesehen von den in § 22 Nr. 4 und Nr. 5, § 23 und
§ 148a Abs. 2 Satz 1 StPO genannten
Ausschließungstatbeständen - die Besorgnis der
Befangenheit aus normativen (nicht tatsächlichen)
Erwägungen grundsätzlich nicht begründen.
Wird das Ablehnungsgesuch allein auf solche Umstände der
Vorbefassung gestützt, kann es ohne inhaltliche
Prüfung als unzulässig nach § 26a Abs. 1 Nr.
2 StPO verworfen werden, weil eine solche Begründung aus
zwingenden rechtlichen Gründen zur Rechtfertigung eines
Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet ist und dies dem Fehlen
einer Begründung gleichsteht (BGHSt aaO S. 221). Anders
verhält es sich lediglich beim Hinzutreten besonderer
Umstände, die über die Tatsache bloßer
Vorbefassung als solcher und die damit
20
- 13 -
notwendig verbundenen inhaltlichen Äußerungen sowie
die übrigen genannten Aspekte hinausgehen. Dies kann etwa der
Fall sein, wenn Äußerungen in früheren
Urteilen nach der Sachlage unnötige und sachlich
unbegründete Werturteile über einen der jetzigen
Angeklagten enthalten oder wenn ein Richter sich bei einer
Vorentscheidung in sonst unsachlicher Weise zum Nachteil des
Angeklagten geäußert hat (BGHSt aaO S. 221 f.).
(3) Die Befangenheitsanträge werden vorliegend inhaltlich
entscheidend darauf gestützt, dass sich die Kammer durch die
abschließende Entscheidung in einem abgetrennten Verfahren
zwangsläufig eine Meinung über die
Täterschaft des Angeklagten gebildet habe. Eine notwendige
Vorbefassung des Gerichts ist jedoch - wie ausgeführt -
für sich gesehen grundsätzlich kein geeigneter
Befangenheitsgrund; dies gilt auch, wenn Verfahren gegen einzelne
Angeklagte zur Verfahrensbeschleunigung abgetrennt werden und
anschließend ein Schuldspruch wegen Teilnahme an
später abzuurteilenden Taten erfolgt.
21
Besondere Umstände, die über die Vorbefassung als
solche hinaus ausnahmsweise eine inhaltliche Sachprüfung
notwendig machten, sind nicht ersichtlich, mindestens nicht hinreichend
glaubhaft gemacht. Unsachliche oder nicht gebotene
Äußerungen der abgelehnten Richter werden mit den
Befangenheitsanträgen nicht geltend gemacht, sondern lediglich
mit der Vorentscheidung im Zusammenhang stehende
Äußerungen, welche die bei der Verurteilung eines
Teilnehmers zwingend notwendige Überzeugung des Gerichts von
der Begehung einer Haupttat belegen. Dies reicht aber - wie oben
ausgeführt - aus Rechtsgründen gerade nicht,
für sich allein die Besorgnis der Befangenheit im Verfahren
gegen den Haupttäter zu begründen. Dass die
Abtrennung selbst auf sachfremden Erwägungen beruht
hätte, ist weder von der Revision geltend gemacht noch sonst
ersichtlich.
22
Im Zusammenhang mit der Abtrennung des Verfahrens gegen den
Mitangeklagten K. hat der Vorsitzende zutreffend die Verteidigung
23
- 14 -
darauf hingewiesen, dass die Feststellungen zu einer Beihilfehandlung
in einem abgetrennten Verfahren keinerlei Verbindlichkeit für
die Feststellungen in einem anderen Verfahren gegen den
Haupttäter entfalten. Eine Wiederholung dieser rechtlichen
Selbstverständlichkeit war im weiteren Verfahrensgang
(anlässlich weiterer Abtrennungen oder von Urteilen in
abgetrennten Verfahren) entgegen der Auffassung der Revision nicht
veranlasst. Aus Zeitungsbeiträgen über die
Urteilsverkündung in abgetrennten Verfahren, deren Inhalt und
Wortwahl auch nach dem Vortrag der Revision nicht den abgelehnten
Richtern zuzurechnen ist, kann eine Besorgnis der Befangenheit
ebenfalls nicht hergeleitet werden. Von jedem Richter ist
selbstverständlich zu erwarten, dass er bei dem als
Haupttäter Angeklagten auch dann für neue
Feststellungen und eine abweichende rechtliche Würdigung offen
bleibt, wenn er zuvor in einem abgetrennten Verfahren einen
früheren Angeklagten wegen Teilnahme an der dem
Haupttäter vorgeworfenen Tat abgeurteilt und sich lediglich in
diesem Zusammenhang notwendigerweise die Überzeugung vom
Vorliegen einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Haupttat
gebildet hat.
(4) Wie sich aus dem Vorgenannten ergibt, war ein Vorgehen der Kammer
nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO vertretbar. Die abgelehnten
Richter haben sich nicht zum „Richter in eigener
Sache“ gemacht, sondern die geltend gemachten
Befangenheitsgründe aus rein rechtlichen Gründen als
ungeeignet angesehen, ohne sie dafür inhaltlich näher
prüfen zu müssen. Damit haben sie bei der Ablehnung
der Befangenheitsanträge weder willkürlich gehandelt,
noch die Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend
verkannt.
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(5) Die Überprüfung der Befangenheitsanträge
unter Beschwerdegesichtspunkten kann danach ebenfalls keine
Umstände ergeben, die geeignet wären, die Besorgnis
der Befangenheit gegenüber den abgelehnten Richtern zu
begründen.
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- 15 -
b) Auch die weiteren Verfahrensrügen bleiben erfolglos: Bei
der Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO)
fehlt es an der bestimmten Behauptung des zu erwartenden
Beweisergebnisses. Bei der Rüge eines Verstoßes
gegen § 244 Abs. 3 und 4 StPO trägt der
Beschwerdeführer eine Vielzahl unterschiedlicher
Beweisanträge und Beschlüsse vor, ohne konkret
anzugeben, welche einzelne Entscheidung des Gerichts er mit welcher
Begründung angreift. Die zur Begründung der
Rüge vorgebrachten pauschalen Rechtsausführungen
können den notwendigen geordneten Revisionsvortrag (§
344 Abs. 2 Satz 2 StPO) nicht ersetzen. Die weiteren Rügen
sind mangels vollständigen Vortrags der die Verfahrensfehler
begründenden Tatsachen unzulässig (§ 344
Abs. 2 Satz 2 StPO).
26
27
2. Zur Sachrüge:
a) Die Schuldsprüche wegen Untreue durch Auftragsvergabe an
die G. KG bei den Projekten H. -Stiftung und D. -Stiftung halten
revisionsgerichtlicher Überprüfung stand.
28
aa) Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist nicht zu
beanstanden. Die Aussage des Hauptbelastungszeugen K. ist insbesondere
im Hinblick auf ihre Entstehung im Rahmen einer verfahrensbeendenden
Absprache hinreichend kritisch gewürdigt worden. Auch die von
der Revision aufgezeigten einzelnen Widersprüche und
Erinnerungslücken K. s hat das Landgericht gesehen und in
seine Würdigung miteinbezogen. Der vom Landgericht gezogene
Schluss, K. habe dem Angeklagten bereits 1995 einen Betrag in
Höhe von 50.000 DM zugewendet, ist auf der Grundlage der
landgerichtlichen Feststellungen möglich und deshalb vom
Revisionsgericht hinzunehmen.
29
bb) Das Landgericht ist auf tragfähiger Beweisgrundlage zu dem
Schluss gekommen, dass der Angeklagte als
Geschäftsführer der GWG seine
Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der GWG verletzt
hat, indem
30
- 16 -
er - zur Ausschaltung jeglichen Wettbewerbs aufgrund erheblicher
Schmiergeldzahlungen veranlasst - die
Generalunternehmeraufträge an die G. KG zu einem
überhöhten Preis vergeben hat, obwohl die konkrete
Möglichkeit eines Abschlusses zu einem niedrigeren Preis
bestand. Diese konkrete Möglichkeit hat das Landgericht nach
dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe aus dem Umstand
geschlossen, dass die Provisionszahlungen an K. in G. s
Preiskalkulation der Aufträge eingeflossen sind und ein
solcher Rechnungsposten bei einem lauteren Vorgehen der Beteiligten
unter Wettbewerbsbedingungen nicht zusätzlich eingerechnet
worden wäre.
Ein derartiger Schluss ist vor dem Hintergrund der erheblichen
Schmiergeldzahlungen K. s, die zur Auftragsvergabe an G. ohne Einholung
mehrerer Angebote beigetragen haben, aus Sicht des Revisionsgerichts
nicht zu beanstanden. Lässt sich ein Treupflichtiger durch
Schmiergeldzahlungen davon abhalten, seine Pflichten zur Wahrung der
wirtschaftlichen Interessen des Treugebers (hier: durch Auftragsvergabe
unter Wettbewerbsbedingungen) wahrzunehmen, liegt
regelmäßig die Annahme eines
Vermögensnachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB in
Höhe sachfremder Rechnungsposten nahe (vgl. BGHSt 47, 83, 88
zur Submissionsabsprache). Die Zahlung von Schmiergeldern in
beträchtlicher Höhe und über einen
längeren Zeitraum zum Zweck der Auftragserlangung
lässt in aller Regel darauf schließen, dass
hierdurch unter Wettbewerbsbedingungen nicht erzielbare Preise erlangt
werden. Denn ein solches Verhalten ist wirtschaftlich nur sinnvoll,
wenn damit nicht nur die Schmiergelder, sondern auch darüber
hinausgehende wirtschaftliche Vorteile zu Lasten des Auftraggebers
(Treugebers) erwirtschaftet werden können. Die Ausschaltung
von Wettbewerb durch Vorteilszuwendungen an die
Entscheidungsträger führt dazu, dass Marktmechanismen
keine Wirkung entfalten können. In solchen Fällen
liegt es nach der Lebenserfahrung nahe, dass auf diese Art erzielte
Preise höher liegen als die im Wettbewerb erreichbaren
Marktpreise, weil Unternehmen, die nicht im Wettbewerb bestehen
müssen, überhöhte Preise verlangen
können und
31
- 17 -
Preissenkungsspielräume nicht nutzen müssen (vgl. BGH
NJW 2006, 163, 164 f.; vgl. auch BGHSt 38, 186, 194).
cc) Den Umfang der sachfremden Rechnungsposten hat das Landgericht in
Höhe der Provisionszahlung an K. angenommen. Derartige
Provisionszahlungen sind zwar, worauf die Revision zutreffend hinweist,
für sich gesehen grundsätzlich noch nicht zu
beanstanden. Unter den festgestellten Umständen liegt es aber
nahe, dass unter Wettbewerbsbedingungen gerade dieser Rechnungsposten
von der G. KG nicht zu erwirtschaften gewesen wäre, dass
vielmehr die Preiskalkulation entsprechend niedriger hätte
ausfallen können. Dass bei einer wettbewerbskonformen
Auftragsvergabe sämtliche in Frage kommenden Bauunternehmen
Provisionen in der an K. gezahlten erheblichen Höhe von 5 %
der Auftragssumme in ihre Kalkulati-on eingestellt hätten,
liegt fern.
32
dd) Letztlich ist auch der subjektive Tatbestand hinreichend belegt.
Angesichts der vom Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellten
objektiven Umstände - umfangreiche Vorteilszuwendungen im Wert
von mehreren hunderttausend DM nicht nur an den Angeklagten, sondern
mit seiner Kenntnis auch an den anderen
Geschäftsführer, sichtbar überaus
luxuriöse Lebensführung K. s - ist der Schluss auf
bedingten Vorsatz des Angeklagten hinsichtlich einer
Überhöhung des Preises um insgesamt 5 % der
Auftragssumme nicht zu beanstanden. Weiterer Ausführungen
hierzu in den Urteilsgründen bedurfte es angesichts der
geschilderten Umstände nicht.
33
b) Hinsichtlich der beiden Grundstücksaufkäufe
hält der Schuldspruch wegen Untreue nur im Fall des
Grundstücks Tannenbergstra-ße revisionsgerichtlicher
Überprüfung stand (aa); in diesem Fall ist lediglich
der Strafausspruch zu beanstanden (bb). Im Fall des
Grundstücks B. spricht der Senat den Angeklagten hingegen vom
Vorwurf der Untreue frei (cc).
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- 18 -
- 19 -
aa) Das Landgericht hat auf der Grundlage tragfähiger
Beweiswürdigung festgestellt, dass der Angeklagte bei dem
Grundstücksankauf Tannenbergstraße seine
Vermögensbetreuungspflicht verletzt hat, indem er - motiviert
durch umfangreiche Zuwendungen K. s - ungeprüft ein von der
Verkäuferseite in Auftrag gegebenes Wertgutachten als
Grundlage der Preisfestsetzung und damit letztlich einen zu hohen Preis
akzeptiert hat, obwohl die konkrete Möglichkeit eines
günstigeren Vertragsabschlusses durch ein Infragestellen des
Verkäufergutachtens bestand. Dass sich der Angeklagte als
Treupflichtiger durch die Schmiergeldzahlungen K. s davon abhalten
ließ, die wirtschaftlichen Interessen seines Treugebers durch
Überprüfung eines von der Verkäuferseite
vorgelegten Wertgutachtens wahrzunehmen, begründet unter den
gegebenen Umständen (das Gutachten wies nicht näher
belegte Baunebenkosten von 2,2 Mio. DM aus) ohne weiteres eine
Verletzung seiner Vermögensbetreuungspflicht
gegenüber der GWG. Diese Pflichtverletzung hat auch zu einem
entsprechenden Vermögensnachteil der GWG geführt,
weil diese nach den Feststellungen des Landgerichts das
Grundstück bei ordnungsgemäßer
Prüfung ohne weiteres zu einem geringeren Kaufpreis
hätte erwerben können.
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Dem Schluss des Landgerichts, der Mindestvermögensnachteil der
GWG sei mit ca. 1 Mio. DM anzusetzen, nämlich mit der
Differenz zu einem etwa ein Jahr zuvor ausgehandelten konkreten
Kaufangebot, steht nach Auffassung des Senats - entgegen der Meinung
der Bundesanwaltschaft - auch kein durchgreifender
Erörterungsmangel in Hinblick auf mögliche
Entwicklungen des Grundstückmarkts entgegen: Dafür
könnte zwar sprechen, dass nach den Urteilsfeststellungen zu
Beginn der Vertragsverhandlungen in Wuppertal ein
vorübergehender Mangel an preiswerten Studentenwohnungen
bestand (UA S. 33); dagegen spricht aber die Feststellung der
Wirtschaftsstrafkammer, wonach der Geschäftsführer
des Hochschulsozialwerks kurz vor der Vertragsunterzeichnung mitteilte,
dass sich die Nachfrage nach Studentenwohnungen mittlerweile wieder
etwas gelegt habe (UA S. 36). Weil sich das Landgericht mit diesen
Fragen an mehreren Stellen der
36
- 20 -
Urteilsgründe beschäftigt hat, schließt der
Senat jedenfalls aus, dass es diesen Aspekt bei der Bestimmung des
Nachteilsumfangs etwa nicht bedacht haben könnte.
Vor diesem Hintergrund durfte die Wirtschaftsstrafkammer
maßgelblich darauf abstellen, dass K. aufgrund der
Enttäuschung über den zunächst gescheiterten
Verkauf des Grundstücks den mit der vorherigen
Kaufinteressentin ausgehandelten Preis ohne jede sachliche Grundlage
völlig willkürlich um 1 Mio. DM erhöhte (UA
S. 65), dass der unter dubiosen Umständen erteilte
Gutachtenauftrag diesen erhöhten Preis von 7,1 Mio. DM dem
Gutachter als zu errechnenden Grundstückswert vorgab und das
Verkehrswertgutachten deshalb nicht näher belegte
„Baunebenkosten“ in Höhe von 2,2 Mio. DM
enthielt, denen im Wesentlichen keine realen Leistungen zugrunde lagen.
Unter diesen Umständen begegnet es keinen Bedenken, dass das
Landgericht bei der konkreten Schadensberechnung zum Vergleich auf das
etwa ein Jahr zuvor abgegebene Kaufangebot über 6,1 Mio. DM
abgestellt hat.
37
Ohne Rechtsfehler konnte das Landgericht angesichts dieses Vorlaufs und
der umfangreichen Vorteilszuwendungen von K. auf einen entsprechenden
Eventualvorsatz des Angeklagten schließen. Wer sich als
Treupflichtiger durch erhebliche Schmiergeldzahlungen davon abhalten
lässt, seinen Pflichten zur Wahrung der wirtschaftlichen
Interessen des Treugebers nachzukommen, indem er sich jeder
Überprüfung von Wertangaben der
Verkäuferseite trotz eines ganz erheblichen
Geschäftsumfangs bewusst verschließt, nimmt
regelmäßig eine Schädigung seines
Treugebers in erheblicher Höhe in Kauf.
38
bb) Allerdings hält die Strafzumessung des Landgerichts in
diesem Fall revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht
stand. Damit folgt der Senat insoweit jedenfalls im Ergebnis der
Bundesanwaltschaft.
39
- 21 -
Die Kammer hat für den Fall des Grundstücks
Tannenbergstraße eine Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren
und sechs Monaten und in den Fällen der H. -Stiftung und der
D. -Stiftung trotz dort teils gering, teils wesentlich höheren
Nachteilsumfangs (1 Mio. DM und 1,5 Mio. DM) jeweils drei Jahre
Freiheitsstrafe verhängt. Bei der Strafzumessung im Fall des
Grundstücks Tannenbergstraße hat das Landgericht
allerdings nicht erkennbar bedacht, dass sich der Schuldumfang in
beiden Untreuekonstellati-onen wesentlich unterscheidet: Bei der
Vergabe der Generalunternehmeraufträge an die G. KG im Volumen
von jeweils ca. 30 Mio. DM hat der Angeklagte aktiv jeglichen
Wettbewerb ausgeschaltet, wobei den Kontrollgremien teilweise mit nicht
unerheblicher krimineller Energie die Durchführung eines
ordnungsgemäßen Wettbewerbs durch eine fingierte
Ausschreibung vorgespiegelt wurde. Demgegenüber hat der
Angeklagte im Fall des Grundstücks Tannenbergstraße
lediglich auf der Grundlage eines nicht näher hinterfragten
Wertgutachtens vor etwaigen überhöhten Forderungen
der Verkäuferseite die Augen verschlossen und seinen Treugeber
hierdurch um die konkrete Möglichkeit eines vorteilhafteren
Vertragsschlusses gebracht. Dieses Vorgehen ist gegenüber den
Beauftragungsfällen in Hinblick auf die Intensität
der Vermögensbetreuungspflichtverletzung und auch in
subjektiver Hinsicht von deutlich geringerem Gewicht. Dieser
grundlegende Unterschied im Schuldumfang muss im vorliegenden Fall
letztlich auch in der Strafzumessung und der angemessenen Abstufung der
Strafen untereinander zum Ausdruck kommen.
40
cc) Keinen Bestand kann die Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue
im Fall II. 6 der Urteilsgründe (Grundstück B. )
haben.
41
Die Feststellungen des Landgerichts rechtfertigen eine Verurteilung des
Angeklagten wegen Untreue nicht. Das Landgericht hat eine
Untreuehandlung des Angeklagten darin erblickt, dass er nicht
längere Zeit abgewartet hat, um nach der Insolvenz Z. s einen
wesentlich günstigeren Ankauf durchzusetzen. Es erscheint
schon zweifelhaft, ob die Vermögens-
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- 22 -
betreuungspflicht gebietet, bei einem wirtschaftlich angeschlagenen
Geschäftspartner solange mit einem beabsichtigten
Geschäftsabschluss zuzuwarten, bis der Vertragspartner in
Vermögensverfall gerät, um dann den Kaufgegenstand im
Wege der Zwangsversteigerung günstiger erwerben zu
können. Jedenfalls hat das Landgericht keine konkreten
Feststellungen dazu getroffen, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses
aufgrund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten Z. s bereits die
gesicherte Aussicht auf einen vorteilhafteren Vertragsschluss bestanden
hätte (vgl. hierzu Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl.
§ 266 Rdn. 60 m.w.N.). Eine weitere Verhandlung des Preises
schied nach den Feststellungen der Wirtschaftsstrafkammer aus, weil die
Deutsche Bank als Hauptgläubigerin den Preis
„diktierte“; eine Insolvenz Z. s und damit die
eventuelle Möglichkeit eines Grundstückserwerbs im
Zwangsversteigerungsverfahren war nach den Urteilsfeststellungen noch
nicht derart konkret, dass schon eine gesicherte Erwerbsaussicht zu
einem erheblich günstigeren Preis bestand. Dass bei Eintritt
der Zahlungsunfähigkeit Z. s die Chance, das
Grundstück etwa billiger zu erwerben, in absehbarer Zeit
bestanden hätte, begründet die gesicherte Erwartung
eines vorteilhafteren Vertragsschlusses unter den gegebenen und
rechtsfehlerfrei festgestellten Umständen (noch) nicht. Dass
der Grundstückspreis für sich gesehen unangemessen
war, hat das Landgericht ebenfalls nicht festgestellt.
Auch die Schätzung eines Mindestschadens von 2 Mio. DM
entbehrt einer hinreichenden Grundlage. Die hierfür allein
herangezogene Aussage eines Mitarbeiters der Deutschen Bank, man habe
Z. wegen Vermietungsproblemen zum Grundstücksverkauf geraten,
die Grundschulden von 6 Mio. DM auf 3 Mio. DM wertberichtigen
müssen und er selbst habe lediglich mit einem wesentlich
geringeren Verkaufserlös gerechnet, belegt lediglich, dass die
Bank mit dem durch ihre Vorgaben „diktierten“
Kaufpreis ein aus ihrer Sicht gutes Geschäft gemacht hat.
Angesichts des nach außen durch die Höhe bestehender
Grundschulden von insgesamt 6 Mio. DM be-
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- 23 -
legten Grundstückswerts ist auch die Feststellung des
Landgerichts bezüglich des Eventualvorsatzes des Angeklagten
zur Nachteilszufügung bei einem Kaufpreis von 7,7 Mio. DM
nicht tragfähig begründet.
Der Senat spricht den Angeklagten in diesem Fall frei. Die Sache ist
entscheidungsreif (§ 354 Abs. 1 StPO). Der Senat
schließt aus, dass weitergehende Feststellungen
möglich sind, die eine Verurteilung des Angeklagten wegen
Untreue in diesem Fall tragfähig begründen
könnten.
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c) Die weitere Überprüfung des Urteils hat keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht. Der
Erörterung bedarf insoweit nur Folgendes:
45
aa) Die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen
ist nicht zu beanstanden. Die von K. erhaltenen erheblichen Zuwendungen
waren gemäß § 22 Nr. 3 EStG als
„sonstige Einkünfte“ in den jeweiligen
Einkommensteuererklärungen der Jahre 1995 bis 1998 zu
erklären. Nach den Feststellungen des Landgerichts erfolgten
die Zahlungen und Sachgeschenke nicht aus bloßer
freundschaftlicher Verbundenheit, sondern weil K. dafür - wie
auch geschehen - ein Entgegenkommen des Angeklagten in
geschäftlicher Hinsicht erwartete. Die
Erklärungspflicht des Angeklagten war auch nicht etwa in
Hinblick auf den Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit suspendiert
(vgl. BGHSt 50, 299, 316 ff.).
46
bb) Die Strafzumessung in den beiden übrigen
Untreuefällen und den Fällen der Steuerhinterziehung
hält sich im Rahmen des weiten Ermessensspielraums des
Tatrichters. Mit der Erwägung, der Angeklagte habe als erster
Geschäftsführer der GWG eine besondere
Vertrauensstellung missbraucht und dabei aus eigennützigen
Motiven gehandelt, hat das Landgericht nicht gegen § 46 Abs. 3
StGB vorstoßen, weil es damit ersichtlich lediglich die im
Vergleich zum Mitgeschäftsführer S. besonders
hervorgehobene Stellung des Angeklagten in der
Geschäftsführung der GWG und
47
- 24 -
seine Motivation zur Tatbegehung berücksichtigt hat. Der Senat
schließt aus, dass die weggefallene Einsatzstrafe von vier
Jahren Freiheitsstrafe und die weggefallene Einzelfreiheitsstrafe von
drei Jahren und sechs Monaten die Bemessung der übrigen
Einzelfreiheitsstrafen in den verbleibenden Untreuefällen
(zweimal drei Jahre) oder der Geldstrafen in den Fällen der
Steuerhinterziehung (zwischen zehn und 180 Tagessätzen)
beeinflusst hat.
3. Der Senat hebt die Adhäsionsentscheidung auf und sieht von
einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag ab. Dies
folgt für den Teil der Adhäsionsentscheidung, die den
Fall des Grundstücks B. betrifft, bereits aus dem
diesbezüglichen Teilfreispruch des Angeklagten.
Bezüglich des verbleibenden Teils in Höhe von
488.795,03 Euro betreffend das Grundstück
Tannenbergstraße ist der Antrag ausnahmsweise auch unter
Berücksichtigung der berechtigten Interessen der
Adhäsionsklägerin zur Erledigung im Strafverfahren
ungeeignet (§ 406 Abs. 1 Satz 4 StPO). Dies folgt u. a.
daraus, dass nach den Urteilsfeststellungen des Landgerichts mit der
Gründung der GWG S. und P. gesellschaft mbH (GWG SPE) Teile
des Projekts Tannenbergstraße als Sacheinlage von der GWG in
die GWG SPE eingeflossen sind. Ob diese Sacheinlage auch zu dem Projekt
gehörige Schadensersatzansprüche erfasst, bleibt nach
den Urteilsfeststellungen unklar. Auch die von der Revision erhobene
Einrede der Verjährung lässt sich anhand der
Urteilsfeststellungen nicht ohne weiteres überprüfen.
Das Landgericht stellt insoweit lediglich fest, dass die GWG am
9.08.2000 durch Überreichung von umfangreichen
Durchsuchungsbeschlüssen über die Zuwendungen K. s an
den Angeklagten informiert wurde, andererseits die GWG aber bereits zu
einem nicht genannten früheren Zeitpunkt über ein
mögliches Fehlverhalten der Geschäftsführung
in Kenntnis gesetzt worden war. Weshalb sich diese Informationen nach
der Einschätzung des Landgerichts nur auf ein
kaufmännisches, nicht aber auf ein deliktisches Fehlverhalten
bezogen haben sollen, obgleich jede vorsätzliche
Nachteilszufügung durch einen
vermögensbetreuungspflichtigen
Geschäftsführer zugleich den Verdacht einer Untreue
nach § 266 StGB begründet, bleibt unklar. Insgesamt
48
- 25 -
erscheint dem Senat das Strafverfahren im jetzigen Stadium, in dem
nunmehr lediglich über eine Einzel- und die
Gesamtfreiheitsstrafe zu befinden sein wird, für die
Klärung derartiger Zweifelsfragen ungeeignet. Die
Kostenentscheidung für das Adhäsionsverfahren, wonach
die Staatskasse die Gerichtskosten und jeder der Beteiligten seine
notwendigen Auslagen selbst trägt, entspricht billigem
Ermessen (vgl. § 472a Abs. 2 StPO; vgl. auch Eb. Schmidt,
Lehrkommentar zur StPO und zum GVG, Nachtragsband II § 472a
Rdn. 3; Granderath NStZ 1984, 399, 400 m. Fn. 14). Damit erledigt sich
die Kostenbeschwerde.
4. Das neue Tatgericht wird auf der Grundlage der verbliebenen
rechtskräftigen Feststellungen und der verbliebenen
Einzelstrafen lediglich über die Bildung einer neuen
Einzelstrafe im Fall des Grundstücks
Tannenbergstraße und die Bildung einer neuen
Gesamtfreiheitsstrafe befinden müssen; bei letzterem wird es
nicht nur den engen situativen Zusammenhang zwischen den drei Taten,
sondern auch die inzwischen verstrichene Zeit hinreichend zu
berücksichtigen haben.
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Basdorf Häger Gerhardt
Raum Schaal |