BGH,
Urt. v. 29.3.2000 - 2 StR 573/99
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 573/99
vom
29. März 2000
in der Strafsache gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29.
März 2000, an der teilgenommen haben: Vizepräsident
des Bundesgerichtshofes Dr. Jähnke als Vorsitzender, Richter
am Bundesgerichtshof Niemöller, die Richterin am
Bundesgerichtshof Dr. Otten, Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß, Dr. Ernemann als beisitzende Richter,
Staatsanwältin als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger, Justizangestellte als
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts
Kassel vom 24. Juni 1999 wird verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die dem
Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer
räuberischer Erpressung in zwei Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten
(Einzelfreiheitsstrafen von jeweils 5 Jahren) verurteilt. Die Revision
der Staatsanwaltschaft beanstandet mit der Sachbeschwerde den
Strafausspruch. Das Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt nicht
vertreten wird, hat keinen Erfolg.
Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Er
allein ist in der Lage, sich aufgrund der Hauptverhandlung einen
umfassenden Eindruck von Tat und Täter zu verschaffen. Das
Revisionsgericht kann nur eingreifen, wenn Rechtsfehler vorliegen,
insbesondere wenn der Tatrichter von einem falschen Strafrahmen
ausgegangen ist, seine Strafzumessungserwägungen in sich
fehlerhaft sind, rechtlich anerkannte Strafzwecke außer acht
gelassen werden oder wenn sich die Strafe von ihrer Bestimmung,
gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit nach oben oder unten
inhaltlich löst, daß ein grobes
Mißverhältnis von Schuld und Strafe offenkundig ist
(st. Rspr.).
Einen solchen Mangel weist das Urteil nicht auf. Weder die Festsetzung
der Einzelstrafen noch die Bemessung der Gesamtstrafe ist aus
Rechtsgründen zu beanstanden.
a) Das Landgericht hat die verhängten Einzelstrafen dem
Strafrahmen des § 250 Abs. 1 Nr. 1 StGB a.F. entnommen und
nach Abwägung der strafmildernden und
strafschärfenden Umstände minder schwere
Fälle im Sinne von § 250 Abs. 2 StGB a.F. verneint.
Bei der Strafzumessung im engeren Sinne hat es in beiden
Fällen die Mindestfreiheitsstrafe verhängt. Ein
offensichtlich grobes Mißverhältnis zwischen Schuld
und Strafe ist allein deswegen nicht gegeben. Der gesetzliche
Strafrahmen erfaßt sowohl die denkbar leichtesten als auch
die denkbar schwersten Fälle. Dies bedeutet nicht,
daß die Mindeststrafe nur festgesetzt werden kann, wenn sich
ein leichterer Fall als der abzuurteilende nicht mehr denken
ließe. Trotz straferschwerender Gesichtspunkte kann deshalb
auch dann die Mindeststrafe verhängt werden, wenn der
Tatrichter in einer umfassenden Würdigung den strafmildernden
Gesichtspunkten ein solches Gewicht beimißt, daß
ihm die niedrigere Strafe dennoch angemessen erscheint. Dem wird das
angefochtene Urteil gerecht. Das Landgericht ist nach eingehender
Erörterung der Strafzumessungstatsachen bei der
Strafrahmenwahl, auf die es bei der konkreten Strafzumessung Bezug
genommen hat, ersichtlich davon ausgegangen, daß die
strafschärfenden Umstände durch die Wahl des
Regelstrafrahmens ausreichend Berücksichtigung gefunden haben.
Dabei hat es - entgegen der Auffassung der Revision - auch keinen
wesentlichen Strafschärfungsgrund unerwähnt gelassen.
Daß das Landgericht die besondere Gefährlichkeit der
Überfälle, bei denen u. a. eine geladene
Maschinenpistole eingesetzt wurde, übersehen hat, ist
auszuschließen. Die hohe kriminelle Intensität, von
der die Taten geprägt waren, hat es ausdrücklich
strafschärfend aufgeführt. Letztlich läuft
das Vorbringen der Beschwerdeführerin darauf hinaus, bei der
Strafzumessung berücksichtigte Umstände anders zu
bewerten und ihre eigene Beurteilung an die Stelle der Wertung des
Tatrichters zu setzen. Damit kann die Beschwerdeführerin in
der Revisionsinstanz nicht gehört werden. Die hier
festgesetzten Strafen sind zwar äußerst milde,
bewegen sich aber noch im in dem dem Tatrichter zustehenden
Beurteilungsrahmen. Eine exakte Richtigkeitskontrolle ist dem
Revisiongericht verwehrt.
b) Das gilt auch für die zwar milde, aber noch nicht
unvertretbar milde Gesamtstrafe. Das Landgericht hat sie durch die
Bezugnahme auf die für die Einzelstrafen maßgebenden
Erwägungen, der Berücksichtigung des relativ engen
zeitlichen Zusammenhangs der Taten und dem Hinweis auf den dem
Angeklagten drohenden Bewährungswiderruf für eine
Freiheitsstrafe von zwei Jahren ausreichend begründet.
Jähnke Niemöller Otten
Rothfuß Ernemann |