BGH,
Urt. v. 29.3.2000 - 2 StR 603/99
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 603/99
vom
29. März 2000
in der Strafsache gegen
wegen Betruges u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29.
März 2000, an der teilgenommen haben: Vizepräsident
des Bundesgerichtshofes Dr. Jähnke als Vorsitzender, der
Richter am Bundesgerichtshof Niemöller, die Richterin am
Bundesgerichtshof Dr. Otten, die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß, Dr. Ernemann als beisitzende Richter, Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt als
Pflichtverteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Frankfurt am Main vom 6. Juli 1999 im Schuldspruch dahin
geändert, daß der Angeklagte wegen Betruges in
Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue und mit Angestelltenbestechung,
wegen Betruges in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue, wegen
Angestelltenbestechung in acht Fällen sowie wegen Beihilfe zur
Angestelltenbestechung verurteilt ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
I.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in Tateinheit mit
Beihilfe zur Untreue und mit Angestelltenbestechung (Anklagepunkte 16,
18-23), Betrugs in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue,
Angestelltenbestechung in acht Fällen sowie Beihilfe zur
Angestelltenbestechung in zwei Fällen (Anklagepunkte 17 und
46) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
Mit seiner Revision, die er nachträglich auf die Verurteilung
in den genannten Anklagepunkten beschränkt hat, rügt
er die Verletzung sachlichen Rechts.
II.
Das Rechtsmittel führt in den Anklagepunkten 17 und 46 zur
Beschränkung der Verurteilung auf eine Beihilfe zur
Angestelltenbestechung; die weitergehende Revision hat jedoch keinen
Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Das Landgericht hat die Handlungen des Angeklagten, die zu den
Anklagepunkten 17 und 46 festgestellt sind, als zwei Taten der Beihilfe
zur Angestelltenbestechung (§ 12 Abs. 1 UWG) gewertet
(§ 53 StGB). Dies hält rechtlicher Prüfung
nicht stand; es handelt sich vielmehr um eine einzige Tat.
a) Zum Anklagepunkt 17 ist festgestellt:
Vertreter der D. W. (im folgenden: DW) hatten 1993 B. , einem
Sachbearbeiter für Bauvorhaben in der Frankfurter F. AG (FAG),
Zahlungen für eine Bevorzugung der DW bei der
Auftragserteilung und -abwicklung versprochen. Um sich die Gelder
verdeckt zuzuführen, verlangte B. vom Angeklagten, sie mit
Scheinrechnungen seiner Firma (M. P. , im folgenden: MP) von der DW
abzuziehen und entweder unmittelbar oder über
Zwischenstationen an ihn weiterzuleiten. Daraufhin stellte die MP der
DW im Januar 1994 rund 210.000 sowie im Juni/Juli 1994 weitere 186.000
DM in Rechnung; die DW bezahlte die Rechnungen noch im selben Jahr.
Auf Grund einer mit B. getroffenen Absprache richtete A. , ebenfalls
Sachbearbeiter in der FAG, unter der Firma E + E A. am 6. Juni und 16.
August 1994 Scheinrechnungen über insgesamt 213.900 DM an die
MP. Der Angeklagte, der erkannte, daß diese Rechnungen der
Weiterleitung von Schmiergeldern an B. dienten, ließ sie
bezahlen.
b) Zum Anklagepunkt 46 ist festgestellt:
1995 vereinbarte B. mit seinem Schwager, daß dieser unter der
Firma N. ebenfalls Scheinrechnungen an die MP stelle, um dadurch
weitere, dort noch verbliebene Schmiergelder abzuziehen. Daraufhin
verlangte die N. mit Rechnung vom 13. September 1995 von der MP
378.746, 75 DM. Der Angeklagte, dem auch diesmal bewußt war,
welche Bewandtnis es mit dieser Scheinrechnung hatte,
veranlaßte deren Bezahlung.
c) Das Landgericht hat zutreffend angenommen, daß der
Angeklagte mehrere Handlungen begangen hat, die - jede für
sich - als tatbestandsmäßige Beihilfe zur
Angestelltenbestechung zu werten sind: zuerst die Absprache und
Verwirklichung des mit B. vereinbarten Plans, die diesem von der DW
versprochenen Schmiergelder über Scheinrechnungen der MP
zuzuleiten; dann die Bezahlung der an die MP gestellten
Scheinrechnungen der E + E A. (1994) und N. (1995), wodurch die
Schmiergelder von der MP wieder abgezogen und dem Zugriff des
Empfängers (Kollege, Schwager) verfügbar gemacht
wurden.
Hätte sich das die Geldzuwendungen fördernde Handeln
des Angeklagten in diesen Tätigkeiten erschöpft, so
wäre die Annahme von zwei Beihilfetaten - mit der Bezahlung
der N. -Rechnung als zweiter selbständiger Tat -
womöglich nicht zu beanstanden. Diese Voraussetzung trifft
jedoch nicht zu. Der Angeklagte hat vielmehr die den Vertretern der DW
vorzuwerfende Bestechung auch dadurch gefördert, daß
er die MP für den verdeckten Geldfluß als
Zwischenstation zur Verfügung stellte, die von der DW
gezahlten Schmiergelder hier "parkte" und für den Abruf durch
B. oder von diesem vorgeschobene Firmen (in der Art eines
Summenverwahrers, vgl. § 700 BGB) bereithielt. Der ihm
insoweit als Beihilfe anzulastende Tatbeitrag reichte mithin
durchgängig von der Ankunft der Gelder bei der MP bis zu deren
Weiterleitung an die von B. ins Spiel gebrachten Auffangfirmen; die
zwischenzeitliche "Einlagerung" der Gelder bei der MP verband sich so
mit ihrem vorherigen Einzug und ihrer späteren Weiterleitung
zu einer einzigen Beihilfetat.
Daran ändert auch nichts, daß die MP, die schon
213.900 DM an die E + E A. gezahlt hatte, mit der Begleichung der N.
-Rechnung über 378.746,75 DM insgesamt mehr Gelder (592.646,75
DM) auskehrte, als ihr
- den Feststellungen zufolge - von der DW zugeflossen waren (396.000
DM); die Annahme einer einzigen Tat bleibt trotzdem richtig.
Entscheidend ist, daß
- nachdem die an die E + E A. geleisteten Zahlungen nicht den vollen
Betrag der bei der MP angekommenen Gelder ausgeschöpft hatten
- die N. -Rechnung zumindest einen Teil der von der DW an die MP
gezahlten Gelder (396.000 - 213.900 = 182.100 DM) betraf; jedenfalls
insoweit liegt ein durchgängiger Geldfluß vor, den
der Angeklagte durch Empfang, Bereithaltung und Weiterleitung der
Gelder bewirkt hat.
Der Schuldspruch ist demgemäß dahin zu
beschränken, daß der Angeklagte in den
Anklagepunkten 17 und 46 nur wegen einer Beihilfe zur
Angestelltenbestechung verurteilt ist. Eines Teilfreispruchs bedarf es
insoweit nicht. Dieser ist zwar geboten, wenn das Gericht entgegen der
zugelassenen Anklage zu dem Ergebnis gelangt, daß nicht
Tatmehrheit, sondern Tateinheit vorliegt. Das gilt aber nur, falls die
als weitere selbständige Tat angeklagte Handlung entweder
nicht erwiesen ist oder - für sich gesehen - keinen
Straftatbestand erfüllt. So verhält es sich hier
jedoch nicht. Die in Rede stehenden Handlungen sind festgestellt,
erfüllen - jede für sich betrachtet - den
Straftatbestand der Beihilfe zur Angestelltenbestechung und bilden bei
zutreffender rechtlicher Wertung die Bestandteile ein und derselben
Tat; in solchem Fall kommt ein Teilfreispruch nicht in Betracht (BGHSt
44, 196, 202).
2. Die Beschränkung der Verurteilung auf eine Beihilfe zur
Angestelltenbestechung in den Anklagepunkten 17 und 46 zwingt zur
Aufhebung beider Einzelstrafen; der Senat setzt für die Tat
insgesamt eine Einzelstrafe von sechs Monaten fest, wie sie das
Landgericht als Sanktion für den Anklagepunkt 46
verhängt hatte.
Im übrigen weist das Urteil weder im Schuldspruch noch im
Strafausspruch Rechtsfehler auf. Die verhängte
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren bleibt aufrechterhalten. Sie
setzt sich aus Freiheitsstrafen von einmal elf Monten, dreimal zehn
Monaten, einmal acht Monaten, zweimal sechs Monaten, dreimal vier
Monaten und zweimal drei Monaten zusammen. Mit der getroffenen
Entscheidung fällt lediglich eine Freiheitsstrafe von vier
Monaten fort. Es ist auszuschließen, daß ohne sie
auf eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt worden wäre.
Jähnke Niemöller Otten
Rothfuß Ernemann |