BGH,
Urt. v. 3.8.2005 - 2 StR 360/04
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 360/04
vom
3.8.2005
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 3.
August
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Bode,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Otten,
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin und Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Aachen vom 23. März 2004 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen
bandenmäßigen Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf
Fällen zu der
Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Mit seiner Revision
macht der
Angeklagte ein Verfahrenshindernis geltend und rügt die
Verletzung materiellen
Rechts. Das von dem Angeklagten geltend gemachte Verfahrenshindernis
des Strafklageverbrauchs besteht schon deshalb nicht, weil das in
Belgien gegen
ihn geführte Strafverfahren nicht die im vorliegenden
Verfahren angeklagten
Lieferungen von Essigsäureanhydrid (ESA) in die
Türkei betrifft, sondern
die Lieferung von Reinigungsmitteln aus Belgien nach P. , die lediglich
zur
Irreführung der Überwachungsbehörden als ESA
deklariert worden waren. Diese
Lieferung ist nicht Gegenstand der Anklage.
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Das Rechtsmittel hat aber mit der Sachrüge Erfolg und
führt zur Aufhebung
des angefochtenen Urteils, weil der Schuldspruch wegen
täterschaftlichen
bandenmäßigen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge der sachlich-rechtlichen Prüfung nicht
standhält.
I.
1. Das Landgericht hat festgestellt:
Der in Belgien als Chemieingenieur tätige Angeklagte geriet
Anfang der
90er Jahre mit seinem Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten.
Der
gesondert verfolgte H. , ein früherer Mitarbeiter des
Angeklagten, stand in
enger Verbindung mit einer Gruppierung von Personen, die unter nicht
näher
zu klärenden Umständen in der Türkei in
großen Mengen Heroin zum Weiterverkauf
herstellen wollte. Kopf dieser Organisation war K. . Für diese
Gruppierung suchte H. eine Möglichkeit zum Erwerb
großer Mengen ESA,
um es in die Türkei bringen zu lassen. ESA ist neben
Morphinbase wesentlicher
Grundstoff zur Herstellung von Heroin. Aus 3,5 Gewichtseinheiten ESA
können etwa 1,2 Gewichtsanteile Heroin produziert werden. Ende
1994/Anfang
1995 gewann H. den Angeklagten für eine Zusammenarbeit. Er
weihte ihn
ein, daß er für eine Gruppe, die in der
Türkei große Mengen Heroin herstellte
oder jedenfalls herzustellen beabsichtigte, eine Bezugsquelle
für ESA im Tonnenbereich
suche. H. trug dem Angeklagten an, das in Belgien frei handelbare
ESA zu beschaffen und anschließend mit ihm zusammen den
Transport
von Belgien in die Türkei in die Wege zu leiten. H. stellte
für 1995 etwa
10 Transporte von jeweils 5-10 Tonnen in Aussicht. Da H. dem Angeklagten
für seine Mitwirkung erhebliche Geldbeträge
versprach, deren Höhe aber
nicht geklärt werden konnte, ging er auf das Angebot ein. Der
Angeklagte sah
die Möglichkeit, sich eine erhebliche Einnahmequelle von
gewisser Dauer zu
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verschaffen. Er brachte in Erfahrung, daß der Handel mit ESA
in Mengen ab
20 Liter registrierungspflichtig war und daß die Ausfuhr in
die Türkei nicht genehmigungsfähig
war. Hierin sah der Angeklagte in Abstimmung mit H. aber
kein Hindernis. Denn das ESA sollte offiziell als Hilfsmittel
für die Textilindustrie
erworben und zwischen legalen Tarnladungen versteckt per LKW in die
Türkei transportiert werden. Die Ideen und Vorgaben
hierfür stammten von
H. , der es auch übernahm, den in der Bundesrepublik
Deutschland in
L. -E. ansässigen Fuhrunternehmer S. für die
Transporte in die Türkei
zu gewinnen.
Der Angeklagte hatte keinerlei Kontakte zu sonstigen Mitgliedern der mit
der Heroinherstellung befaßten Gruppierung, insbesondere
kannte er den Kopf
der Gruppe, K. , noch nicht. Ihm war jedoch klar, daß er
durch die mit
H. vereinbarte Beschaffung von ESA und seine Mitwirkung bei den
Vorbereitungen
der Transportfahrten wichtige Beiträge zur Herstellung und zum
Absatz
von Heroin in großen Mengen leisten würde. Aus
finanziellem Interesse
war der Angeklagte bereit, durch seine Mitwirkung im Vorfeld der
Produktion
zur Herstellung und zum gewinnbringenden Absatz großer Mengen
beizutragen.
Als Chemieingenieur informierte er sich auch darüber, welche
Mengen
Heroin mit dem gelieferten ESA produziert werden konnten. In der
Folgezeit
kam es zwischen Februar und Oktober 1995 unter Mitwirkung des
Angeklagten
zu fünf Transporten, bei denen insgesamt rund 45 Tonnen ESA
aus Belgien
durch die Bundesrepublik in die Türkei geliefert wurden.
Für die erste Lieferung bestellte der Angeklagte nach Vorgaben
H. s
am 14. Februar 1995 über seine belgische Firma 5 Tonnen ESA,
die Ende
Februar 1995 an eine Firma in W. geliefert wurden, wo der Stoff, wie mit
H. abgesprochen, in Fünf-Liter-Kanister abgefüllt und
zwischengelagert
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wurde. Zweck des Umfüllens war es, das ESA in einer Lieferung
Reinigungsmittel
zu verstecken. Das Geld für diese Lieferung (umgerechnet knapp
66.000 DM) sowie die Kosten für das Abfüllen und
Zwischenlagern wurde von
H. zur Verfügung gestellt. In Absprache mit diesem bestellte
der Angeklagte
daneben als Vermittler für eine Firma in I. , hinter der, wie
der Angeklagte
wußte, die Gruppe um K. stand, 22 Tonnen Shampoo und
Reinigungsmittel
als Tarnladung. Die Reinigungsmittel wurden unmittelbar von der Firma in
I.
bezahlt. Als Transporteur hatte H. den Zeugen S. gewonnen.
Der Angeklagte war an den Vereinbarungen mit S. nicht beteiligt. Er
übermittelte
S. lediglich eine Wegbeschreibung zur Aufnahme der Tarnladung
und der Kanister mit ESA. S. beauftragte seinen Mitarbeiter F. mit der
Ausführung des Transports. F. brach am 23. Februar 1995 nach
Belgien
auf. Er holte zunächst die Tarnladung ab und fuhr dann zu dem
Zwischenlager,
wo unter Mitwirkung des Angeklagten die Umladung erfolgte. Die Paletten
mit
ESA wurden in der Mitte der übrigen Ladung versteckt. In den
Frachtpapieren
war die gesamte Ladung als Shampoo deklariert. Nach Vorgaben von H.
war F. von S. angewiesen worden, daß er über die
Balkanroute in die
Türkei fahren solle. Der Angeklagte machte F. vor der Abfahrt
darauf
aufmerksam, daß es sich bei dem zugeladenen Stoff um eine
Chemikalie mit
hoher Konzentration handele, die nicht mit Wasser in Berührung
kommen und
nicht auf mehr als 36° erwärmt werden dürfe.
Nach mehr eren Zwischenfällen
traf F. Mitte März an der türkischen Grenze ein.
Bereits am 8. März 1995
hatte sich der Angeklagte bei der Spedition S. erkundigt, ob der Wagen
in
I. angekommen sei. Hinter der Grenze wurde F. u.a. von K.
erwartet und nach I. geleitet, wo die Kanister mit ESA abgeladen und
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durch Kanister mit Wasser ersetzt wurden. Sodann wurde die verbliebene
Ladung
verzollt.
H. drängte auf einen baldigen zweiten Transport. Der Angeklagte
bestellte daher spätestens im März 1995 für
umgerechnet 133.200 DM weitere
rund 10 Tonnen ESA, wobei als Verwendungszweck die Produktion eines
Stabilisators
zur Textilbehandlung vorgetäuscht wurde. Das ESA wurde im
Auftrag
des Angeklagten wieder in Kanister umgefüllt und
zwischengelagert. Daneben
bestellte der Angeklagte Reinigungsmittel als Tarnladung. H. informierte
den Spediteur S. , daß am 27. März 1995 die zweite
Transportfahrt erfolgen
solle. Der Angeklagte erkundigte sich, wann ein LKW für die
nächste Tour zur
Verfügung stehen werde. F. holte am 27. März 1995
zunächst die Tarnladung
ab und fuhr dann zum Zwischenlager mit den ESA-Kanistern. Unter
Mitwirkung
H. s und des Angeklagten wurden die 10 Tonnen ESA wie beim
ersten Mal hinter der Tarnladung versteckt. Am 29. März 1995
brach F.
über Deutschland in die Türkei auf und passierte in
der Nacht vom 7./8. April
1995 die türkische Grenze. Der weitere Ablauf des Abladens in
I. entsprach
dem ersten Transport.
Weitere drei im Ablauf im wesentlichen gleiche Lieferungen erfolgten im
Mai 1995 (10 Tonnen ESA), Juni 1995 (10 Tonnen ESA) und September 1995
(9,6 Tonnen ESA). Bei der letzten Lieferung hatte der inzwischen
tätige Fahrer
Ke. nicht genügend Geld für die Fähre nach
Italien bei sich. Da er F.
nicht erreichen konnte, rief er den Angeklagten an. Dieser
veranlaßte, daß ihm
im Fährbüro der erforderliche Betrag zur
Verfügung gestellt wurde.
Das Landgericht konnte nicht feststellen, unter welchen
Umständen der
Angeklagte die ihm von H. für die Beschaffung des ESA und die
Vorbereitung
des Transports in Belgien zugesagte Entlohnung erhielt. Das Landgericht
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ist aber davon ausgegangen, daß der Angeklagte nach den
jeweiligen Transporten,
spätestens jedoch nach dem Absatz des hergestellten Heroins,
eine
erhebliche, der Höhe nach allerdings unbekannte Geldsumme
erhielt. Nicht
feststellen konnte das Landgericht, daß der Angeklagte
über Einzelheiten der
Heroinherstellung und des Heroinabsatzes informiert war.
Der Angeklagte lernte K. erst im Sommer 1995, wahrscheinlich
zwischen der vierten und fünften Transportfahrt, bei einem von
F. vermittelten
Treffen in einem Hotel in B. kennen. Gesprächsgegenstand bei
diesem
Treffen war u. a. die Beschaffung eines Grundstoffs für
Amphetaminprodukte.
2. Das Landgericht wertet das Verhalten des Angeklagten als
täterschaftliches
bandenmäßiges Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln und meint,
der Umstand, daß der Angeklagte Lieferant der zur
Heroinherstellung verwendeten
ESA-Mengen war und bei der Vorbereitung der Transportfahrten in die
Türkei mitwirkte, ohne selbst an der Produktion des
Rauschgifts und dessen
gewinnbringenden Absatz beteiligt gewesen zu sein, stehe der Annahme von
Täterschaft nicht entgegen. Bereits durch die Aufnahme der
Drogenherstellung,
zu der der Angeklagte durch Lieferung eines wesentlichen Grundstoffs
einen maßgeblichen Beitrag geleistet habe, in der Absicht,
daß das Rauschgift
anschließend verkauft werde, sei der Tatbestand des
Handeltreibens erfüllt.
Daß die Heroinherstellung nur im Ausland durch andere
Täter erfolgt sei, ändere
an der täterschaftlichen Beteiligung des Angeklagten am
Handeltreiben
nichts.
II.
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Der Schuldspruch wegen täterschaftlichen
bandenmäßigen Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf
Fällen hat keinen
Bestand. Das Landgericht ist zwar zu Recht davon ausgegangen,
daß auf das
Tatverhalten des Angeklagten das deutsche Strafrecht anwendbar ist
(1.). Die
Erwägungen, mit denen das Landgericht
täterschaftliches Handeltreiben des
Angeklagten begründet hat, halten jedoch - worauf die Revision
zu Recht hinweist
- der sachlich-rechtlichen Prüfung nicht stand (2.). Der
Tatrichter hätte
unter den festgestellten Umständen eine genauere Abgrenzung
zwischen Mittäterschaft
und Beihilfe vornehmen müssen, weil bei dem bisher
festgestellten
Tatbeitrag des Angeklagten die Annahme von Beihilfe zum Handeltreiben
zumindest
naheliegt. Führt diese Abgrenzung zur Annahme von Beihilfe,
hat der
Angeklagte tateinheitlich hierzu als Mittäter ein Vergehen des
unerlaubten gewerbs-
und bandenmäßigen Handeltreibens mit Grundstoffen
nach § 29 Abs. 1
Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 und 2 in Verbindung mit § 3
Grundstoffüberwachungsgesetz
(GÜG) verwirklicht. Dieses Vergehen ist jedoch
verjährt (3.).
1. Das deutsche Strafrecht ist auf die dem Angeklagten zur Last legenden
Taten anwendbar, obwohl er ausschließlich in Belgien
tätig geworden ist.
Soweit dem Angeklagten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
nach § 30 a
BtMG zur Last gelegt wird, folgt die Anwendbarkeit des deutschen
Strafrechts
aus § 6 Nr. 5 StGB. Soweit ein Vergehen nach § 29
GÜG in Betracht kommt,
folgt dies aus § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB, weil der Angeklagte
Deutscher ist und die
Taten auch in Belgien mit Strafe bedroht sind. Daneben ergibt sich die
Anwendbarkeit
des deutschen Strafrechts aus § 3 in Verbindung mit §
9 Abs. 2
Satz 1 StGB, weil der Angeklagte bei den ESA-Lieferungen mit dem auch im
Inland tätig gewordenen H. , dem Spediteur S. und den Fahrern
F.
und Ke. zusammengearbeitet hat. Wird die Straftat von mehreren
Beteiligten
begangen, ist für jeden von ihnen ein Tatort
begründet, wo einer von ihnen ge-
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handelt hat (vgl. BGHSt 39, 88, 90 f.). Alle Transportfahrten
führten aber auch
durch Deutschland, wo auch der Spediteur S. seinen Sitz hatte.
2. Die Erwägungen des Landgerichts tragen nicht die Annahme,
der Angeklagte
habe sich als Mittäter des bandenmäßigen
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
schuldig gemacht, indem er für die Gruppierung um K. den
Grundstoff ESA beschafft und den Transport in die Türkei mit
vorbereitet habe.
a) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
erfaßt
das Handeltreiben im Sinne von § 29 BtMG zwar jedes
eigennützige Bemühen,
das darauf gerichtet ist, den Umsatz von Betäubungsmitteln zu
ermöglichen
oder zu fördern; erforderlich ist aber, daß
Tätigkeiten erfolgen, die auf die Ermöglichung
oder Förderung eines bestimmten Umsatzgeschäfts mit
Betäubungsmitteln
zielen (vgl. BGHSt 47, 134, 136 m.w.N.). Nicht ausreichend ist,
wenn der Beteiligte nur allgemein weiß, daß der
Stoff im Rahmen des Umsatzes
von Betäubungsmitteln verwendet werden soll (vgl. BGHR BtMG
§ 29
Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 37; Körner, BtMG 5. Aufl.
§ 29 Rdn. 157). Umsatzgeschäft
bei der Lieferung eines Grundstoffs zur Herstellung eines
Betäubungsmittels
ist zunächst allein der Verkauf des Grundstoffs. Mit dem
Verkauf
des Betäubungsmittels ist der Grundstoffhändler - wie
der Fall des Angeklagten
zeigt - regelmäßig nicht befaßt. Sein
Geschäft ist abgewickelt, wenn er den
Grundstoff geliefert hat und dafür bezahlt worden ist. Die
Belieferung mit
Grundstoffen zur Herstellung von Betäubungsmitteln
begründet deshalb noch
keinen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz
(vgl. BGHR BtMG § 29
Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 39; BGHSt 47, 134, 136). Der
Händler kann aber
- je nach Tatinteresse und Tatherrschaft - etwa Mittäter des
Betäubungsmittelhändlers
oder Teilnehmer an dessen Tat sein (vgl. BGHSt 47, 134, 137 zum
Handeltreiben mit Betäubungsmittelimitaten). Arbeitsteilige
Mittäterschaft beim
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Handeltreiben mit Betäubungsmitteln kommt aber nur dann in
Betracht, wenn
auch festgestellt werden kann, daß der Lieferant mit
Täterwillen im Zusammenwirken
mit den übrigen Beteiligten aufgrund eines gemeinsamen Tatplans
seinen Tatbeitrag zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
durch die Beschaffung
des Grundstoffs erbrachte (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1
Handeltreiben
37). Ob der Beteiligte ein solch enges Verhältnis zum
Rauschgiftgeschäft
hatte, ist nach den gesamten Umständen in wertender
Betrachtung zu entscheiden,
wobei der entscheidende Bezugspunkt das
Betäubungsmittelgeschäft
ist (vgl. Weber, BtMG 2. Aufl. § 29 Rdn. 367 i.V.m. Rdn. 353).
Die sich
hieraus ergebenden Beschränkungen sind notwendig, um die -
inzwischen als
bedenklich erkannte - uferlose Ausweitung des Tatbestands zu vermeiden.
Zu
einer extensiven Auslegung des Tatbestands besteht im Zusammenhang mit
der Belieferung von Grundstoffen auch deshalb kein Anlaß,
weil insoweit das
Grundstoffüberwachungsgesetz in seinem § 29
hinreichende flankierende
Maßnahmen zum Schutz der Volksgesundheit trifft. Eine andere
Beurteilung ist
nicht deshalb geboten, weil das Vergehen nach § 29 Abs. 3
GÜG in dem zu
beurteilenden konkreten Einzelfall verjährt ist (vgl. unten
II, 3).
ESA ist ein Grundstoff i.S.v. § 2 Nr. 1 GÜG. Das
Handeltreiben hiermit
ist nach § 3 GÜG verboten, wenn der Grundstoff zur
unerlaubten Herstellung
von Betäubungsmitteln verwendet werden soll. Der
Verstoß gegen dieses Verbot
ist in § 29 Abs. 1 Nr. 1 GÜG mit Strafe bedroht. Die
Vorschriften des
Grundstoffüberwachungsgesetzes treten hinter den
Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes
lediglich insoweit zurück, als der Unrechtsgehalt bereits
von dessen Strafvorschriften hinreichend erfaßt wird (vgl.
Körner aaO § 29
Rdn. 1766). Das ist aber dann nicht der Fall, wenn der Täter
in bezug auf das
Verbrechen nach § 30 a Abs. 1 BtMG lediglich der Beihilfe
schuldig ist, er das
unerlaubte banden- und gewerbsmäßige Handeltreiben
mit Grundstoffen aber
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als Mittäter verwirklicht hat. Dies folgt schon daraus,
daß der nach § 27 Abs. 2
Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB ermäßigte
Strafrahmen des § 30 a BtMG milder ist als
der des § 29 Abs. 3 GÜG.
Ausgehend hiervon hätte das Landgericht näher
prüfen müssen, ob die
Beteiligung des Angeklagten an dem Tatgeschehen als
Mittäterschaft oder als
Beihilfe zu werten ist. Diese Abgrenzung war hier nicht etwa deshalb
entbehrlich,
weil das Landgericht den Angeklagten wegen
bandenmäßiger Tatbegehung
verurteilt hat. Die Mitgliedschaft in einer Bande begründet
für sich allein
noch nicht die Mittäterschaft. Vielmehr beurteilt sich die
Abgrenzung zwischen
den Beteiligungsformen auch beim bandenmäßigen
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge nach den allgemeinen Grundsätzen (vgl.
BGH NStZ 2002, 375, 377 m.w.N.). Entgegen der Annahme des Landgerichts
reicht es zur Begründung von Mittäterschaft beim
Handeltreiben deshalb nicht
aus, daß der Angeklagte als Lieferant des ESA und bei der
Vorbereitung der
Transportfahrten in die Türkei mitwirkte, auch wenn er
wußte, daß mit dem
Grundstoff Heroin hergestellt werden sollte. Der Angeklagte war weder
in die
Heroinherstellung, noch in den Heroinabsatz eingebunden. Die Annahme von
Mittäterschaft setzt jedoch voraus, daß der
Angeklagte in Bezug auf das eigentliche
Betäubungsmittel-Umsatzgeschäft das hierfür
notwendige enge Verhältnis
hat. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BGHR BtMG §
29 Abs. 1 Nr.
1 Handeltreiben 39) ist für diese Abgrenzung zwischen
Mittäterschaft und Beihilfe
maßgebend, welcher Art der Tatbeitrag ist und mit welcher
Willensrichtung
er geleistet wird. Eine ganz untergeordnete Tätigkeit deutet
schon objektiv
darauf hin, daß der Beteiligte nur Gehilfe ist. Für
die Willensrichtung kommt es
darauf an, ob der Tatbeitrag als bloße Förderung
fremden Tuns oder als eigene
von Täterwillen getragene Handlung erscheint. Dabei sind alle
Umstände zu
berücksichtigen, die der Täter sich bei seiner zur
Tatverwirklichung beitragen-
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den Tätigkeit vorgestellt hat. Wesentliche Anhaltspunkte
dafür sind der Grad
des eigenen Interesses am Erfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und der
Wille
des Täters, Durchführung und Ausgang der Tat
maßgeblich zu bestimmen. Mittäterschaft
kommt vor allem in Betracht, wenn der Beteiligte in der Rolle eines
gleichberechtigten Partners mitgewirkt hat (vgl. BGH NStZ 1984, 413;
2002,
375, 377; BGHR StGB § 27 Abs. 1 Handeltreiben 1; BGHR BtMG
§ 29 Abs. 1
Nr. 1 Handeltreiben 37, 39, jeweils m.w.N.).
b) Nach diesen Grundsätzen ist nicht auszuschließen,
daß der Angeklagte
nicht als Mittäter, sondern als Gehilfe zur Verantwortung zu
ziehen ist.
Der Tatbeitrag des Angeklagten erschöpfte sich in der
Beschaffung des Grundstoffs
ESA und der Vorbereitung des Transports in die Türkei. Wie das
Landgericht
für jeden Einzeltransport feststellt, orientierte sich auch
die Entlohnung
des Angeklagten an diesem Umfang seines Tatbeitrags. Schon auf den
Transport
hatte der Angeklagte keinen Einfluß. Lediglich bei der
fünften Lieferung
stellte er dem Fahrer Ke. bei der Rückfahrt das
Fährgeld zur Verfügung. Im
übrigen war er in den Ablauf der Transporte nicht eingebunden
und hatte auch
keine Kenntnis von ihren Einzelheiten. An der Herstellung des
Rauschgifts war
er
ebensowenig beteiligt wie an der Veräußerung der
Drogen. Insoweit hatte er
keinerlei Tatherrschaft und war auch nicht in der Lage, wesentliche
Vorgänge
der Herstellung und des Absatzes zu steuern oder sonst darauf
einzuwirken.
Das Landgericht konnte nicht feststellen, daß der Angeklagte
insoweit nähere
Kenntnisse hatte. Hinzu kommt, daß der Angeklagte aufgrund
seiner wirtschaftlichen
Situation nur deshalb zur Lieferung des Grundstoffs in der Lage war,
weil ihm die zur Beschaffung des Grundstoffs und der Tarnladung
erforderlichen
Gelder von seinen Auftraggebern zur Verfügung gestellt wurden.
Der Angeklagte
handelte bei seinen Beschaffungsmaßnahmen nicht aufgrund
eigener
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Initiative, sondern jeweils auf Anforderung H. s, von dem auch die
Planung
und das Konzept für die Tarnladung stammten. Der Angeklagte
wurde von einer
in der Türkei bereits bestehenden Gruppierung angesprochen,
von deren
Mitgliedern er zunächst nur H. kannte, und über die
er keine weiteren
Kenntnisse hatte. Den Chef der Gruppe, K. , lernte er erst kennen,
nachdem die Lieferungen bereits abgewickelt waren. Hiervon ist
jedenfalls zugunsten
des Angeklagten auszugehen, weil das Landgericht den genauen Zeitpunkt
des ersten Zusammentreffens (wahrscheinlich zwischen dem vierten und
fünften Transport, UA S. 32/33) nicht feststellen konnte. Da
das Landgericht
keine tragfähigen näheren Feststellungen zur
Höhe der "erheblichen Geldbeträge"
treffen konnte, mit denen der Angeklagte entlohnt worden sein soll, kann
auch hieraus nicht auf eine Einbindung des Angeklagten in das
eigentliche Heroingeschäft
geschlossen werden. Vielmehr legen die bisher festgestellten
Gesamtumstände
eher nahe, daß der Angeklagte hieran nicht
mittäterschaftlich
beteiligt war.
Nach der Rechtsprechung kann zwar auch die eigennützige
Förderung
fremder Umsatzgeschäfte mit Betäubungsmitteln - also
ohne mittäterschaftliche
Beteiligung - den Tatbestand des Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln erfüllen
(vgl. BGHSt 34, 124, 125; 29, 239, 240; BGHR BtMG § 29 Abs. 1
Nr. 1
Handeltreiben 37, 39). Doch ist dafür
regelmäßige Voraussetzung, daß der
Täter mit den Betäubungsmitteln selbst
befaßt ist, etwa als Kurier, oder unmittelbar
in das Rauschgiftgeschäft eingebunden ist. Diese Voraussetzung
ist für
den Angeklagten durch das bloße Wissen, wozu der von ihm
gelieferte Grundstoff
verwendet werden sollte, aber nicht gegeben (vgl. BGHR aaO m.w.N.).
3. Soweit eine Strafbarkeit des Angeklagten nach § 29 Abs. 3
GÜG in
Betracht kommt, ist Verfolgungsverjährung eingetreten. Die
Verjährungsfrist
- 15 -
beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 1 Nr. 4 und
Abs. 4 StGB). Für die von Februar bis
Oktober 1995 begangenen Taten wurde die Verjährung zwar
zunächst durch
den Erlaß des Haftbefehls durch das Amtsgericht
Düren am 4. August 1998
rechtzeitig unterbrochen (§ 78 c Abs. 1 Nr. 5 StGB). Die
nächste Unterbrechungshandlung
erfolgte aber mit der richterlichen Vernehmung des Angeklagten
am 16. Oktober 2003 erst mehr als fünf Jahre später
und somit nach Eintritt
der Verfolgungsverjährung für dieses Vergehen. Eine
Bestrafung des Angeklagten
wegen eines Vergehens nach dem Grundstoffüberwachungsgesetz
scheidet daher aus.
III.
Die Sache muß daher neu verhandelt und entschieden werden,
damit
der neue Tatrichter in eigener Wertung beurteilen kann, ob der
Angeklagte Mittäter
oder Gehilfe des bandenmäßigen Handeltreibens mit
Heroin gewesen ist.
Der Senat kann nicht ausschließen, daß zu dieser
Abgrenzung in einer neuen
Hauptverhandlung noch weitere Feststellungen zur Einbindung des
Angeklagten
in das eigentliche Heroingeschäft getroffen werden
können.
Wenn man mit dem Landgericht davon ausgeht, daß die Gruppe um
K.
in der Türkei Heroin hergestellt und auch verkauft hat, ist
bisher offen
geblieben, in welchem Umfang das in Bezug auf die einzelnen Lieferungen
von
ESA geschehen ist. Der Abbruch der Transportfahrten nach der
fünften Lieferung
deutet darauf hin, daß möglicherweise noch nicht die
Gesamtmenge des
Grundstoffs verbraucht worden war. Demgegenüber deutet die dem
Angeklagten
von K. Anfang 1996 angetragene Wiederaufnahme der ESA-Lieferung
(UA S. 34) darauf hin, daß zu diesem Zeitpunkt die
Vorräte der türkischen
Gruppe zu Ende gingen. Diese Beweisumstände wird der neue
Tatrichter zu
bewerten haben.
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Es wird daher auch zu prüfen sein, ob sich die Haupttat des
bandenmäßigen
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln der türkischen
Gruppierung um
K. aufgrund einer Bewertungseinheit als eine Tat oder als mehrere Taten
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darstellt. Wegen der Akzessorietät der Beihilfe werden mehrere
an sich selbständige
Beihilfehandlungen zu einer Tat im Rechtssinne zusammengefaßt,
wenn beim Haupttäter eine Tat nach den Grundsätzen
der Bewertungseinheit
gegeben ist (vgl. BGH NStZ 1999, 451 = BGH bei Winkler NStZ 2000, 248).
Rissing-van Saan Bode Otten
Fischer Roggenbuck |