BGH,
Urt. v. 3.11.2005 - 3 StR 183/05
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 183/05
vom
3. November 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Bestechung u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 3.
November 2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Tolksdorf,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
Winkler,
Pfister,
Hubert
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Hannover vom 21. Januar 2005 aufgehoben, soweit der Verfall von 128.700
€ angeordnet worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bestechung in fünf
Fällen und Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses
und einer besonderen Geheimhaltungspflicht in elf Fällen zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten
verurteilt und den Verfall eines Betrages von 128.700 €
angeordnet. Die auf die Verletzung materiellen Rechts
gestützte Revision des Angeklagten hat teilweise Erfolg.
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1. Zum Schuldspruch hat die Überprüfung des Urteils
aufgrund der Revisionsbegründung keinen Rechtsfehler zum
Nachteil des Angeklagten ergeben.
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2. Auch der Strafausspruch hält im Ergebnis rechtlicher
Überprüfung stand. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf
die Darlegungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts, die nur
folgender Ergänzung bedürfen: Zwar hat das
Landgericht, soweit der Angeklagte wegen Anstiftung zur Verletzung des
Dienstgeheimnisses in elf Fällen verurteilt worden ist, bei
der Bestimmung
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des konkreten Strafrahmens die obligatorische Strafmilderung
gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1
StGB außer Acht gelassen hat. § 28 Abs. 1 StGB war
anzuwenden, weil für § 353 b Abs. 1 Nr. 1 StGB die
Tatbestandsverwirklichung durch einen Amtsträger
strafbegründend wirkt, der Angeklagte aber diese Eigenschaft
nicht aufweist. Auch kann der Senat nicht ausschließen, dass
sich das Landgericht bei der Strafzumessung fälschlich an
einer Strafrahmenobergrenze von fünf Jahren Freiheitsstrafe
orientiert hat und deshalb bei Zugrundelegung des zutreffenden
Strafrahmens (Obergrenze von drei Jahren und neun Monaten) auf noch
geringere Einzelstrafen erkannt hätte. Indes sind die
Einzelstrafen von jeweils vier Monaten Freiheitsstrafe angesichts des
langen Tatzeitraums, des Umfangs der erlangten Dienstgeheimnisse und
des insgesamt von dem Angeklagten damit erstrebten und erreichten
Gewinns jedenfalls angemessen im Sinne von § 354 Abs. 1 a StPO.
3. Die Anordnung von Wertersatzverfall kann indes nicht bestehen
bleiben, da das Landgericht nicht rechtsfehlerfrei bestimmt hat, was
der Angeklagte aus der Tat erlangt hatte.
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a) Nach den Feststellungen des Landgerichts erhielt der Angeklagte von
dem ehemaligen Mitangeklagten, einem Beamten des Kultusministeriums in
Niedersachsen, auf sein Verlangen zweimal jährlich die
Anschriften und weitere persönliche Daten der zur Einstellung
in den Vorbereitungsdienst als Lehramtsreferendare vorgesehenen
Bewerber. Er zahlte dafür jeweils zum Jahresende einen
Geldbetrag. Das Anschriftenmaterial nutzte der Angeklagte in seiner
beruflichen Tätigkeit als Versicherungsvertreter dazu, den
Lehramtsreferendaren - mit erheblichem Erfolg - den Abschluss von
Krankenversicherungsverträgen anzutragen.
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b) Bei diesem Sachverhalt hat das Landgericht den Verfall von
Wertersatz dem Grunde nach zu Recht angeordnet. Dabei kann
dahingestellt bleiben, ob die Anordnung - wie die Strafkammer meint -
als Rechtsfolge der vom Angeklagten begangenen Bestechungstaten
auszusprechen war. Insofern trifft zu, dass auch im Zusammenhang mit
einer Verurteilung wegen Bestechung (§ 334 StGB) die Anordnung
des Verfalls nach § 73 StGB oder des Verfalls des Wertersatzes
nach § 73 a StGB grundsätzlich möglich ist;
dies ergibt sich mittelbar aus § 338 Abs. 2 StGB, wonach in
den Fällen des § 334 StGB, soweit die Tatbegehung
gewerbsmäßig oder bandenmäßig
erfolgt, der erweiterte Verfall nach § 73 d StGB
zulässig ist. Die Frage braucht aber nicht geklärt zu
werden, denn der Angeklagte hat die Listen jedenfalls aus der
Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen
Geheimhaltungspflicht durch den ehemaligen Mitangeklagten erlangt, zu
der er diesen angestiftet und an der er deshalb teilgenommen hat. Dies
reicht nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aus.
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c) Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz kann aber wegen der
Höhe des für verfallen erklärten Betrages
keinen Bestand haben.
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Das Landgericht hat angenommen, der Gesamtumfang der seitens des
Angeklagten durch den Abschluss dieser Versicherungsverträge
erzielten Provisionen unterliege dem Verfall des Wertersatzes
gemäß § 73 a StGB, weil er insoweit die in
den Anschriftenlisten enthaltenen Gewinnchancen realisiert habe. Von
dem Bruttobetrag der unter Ausnutzung der Anschriftenlisten erlangten
Provisionen hat es unter Anwendung der Härtevorschrift des
§ 73 c StGB lediglich die individuelle Stornoquote und den
Steuersatz des Angeklagten in Abzug gebracht.
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Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Die
Auffassung, der Angeklagte habe aus den Taten jeweils eine Gewinnchance
und, soweit er diese realisiert habe, die Provisionen erlangt, geht
daran vorbei, dass die Verfallsobjekte unmittelbar für und aus
der Tat erlangt sein müssen und deshalb ein lediglich
mittelbarer Vermögenszuwachs, d. h. ein
Vermögensvorteil, der durch entsprechende Verwendung des
ursprünglich Erlangten dem Vermögen eines
Täters zufließt, als Verfallsobjekt ausscheidet
(vgl. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 17;
Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 73 Rdn. 19). Hier
hat der Angeklagte aus den Taten jeweils die Listen mit den Anschriften
der künftigen Lehramtsreferendare erlangt. Deren Wert bestimmt
deshalb auch die Höhe des als Wertersatz für
verfallen zu erklärenden Betrages.
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d) Der neue Tatrichter wird deshalb den Wert der Listen zu ermitteln
haben. Von Bedeutung wird dabei u. a. sein können, ob und zu
welchen Preisen vergleichbare Listen im Anschriftenhandel angeboten
werden und welcher Vorteil darin besteht, dass in den Listen Namen und
Anschriften einer großen Zahl von Personen zusammengestellt
waren, die erfahrungsgemäß aktuell ein
Bedürfnis an einer Krankenversicherung hatten. Zur Ermittlung
des Wertes kann
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sich der Tatrichter ggf. sachverständiger Hilfe bedienen und
im Wege der Schätzung nach § 73 b StGB vorgehen.
Einen gewissen Anhaltspunkt für den Wert der Listen kann auch
die Höhe des für sie gezahlten Bestechungslohnes
geben.
Tolksdorf Miebach Winkler Pfister Hubert |