BGH,
Urt. v. 3.9.2009 - 5 StR 207/09
5 StR 207/09
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 3. September 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer
Menge u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 3.
September 2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Prof. Dr. König
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt V.
als Verteidiger für den Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt T.
als Verteidiger für den Angeklagten B. ,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
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für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des
Landgerichts Hamburg vom 6. Januar 2009 mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben, soweit von der Anordnung des erweiterten
Verfalls abgesehen worden ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- Von Rechts wegen -
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen unerlaubten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei
Fällen, wegen unerlaubten Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln sowie wegen unerlaubten Besitzes von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit
unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und mit
unerlaubtem Besitz einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe sowie
von Munition und mit unerlaubtem Besitz eines Butterflymessers, sowie
wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in fünf
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren
verurteilt. Den Angeklagten B. hat es wegen unerlaubten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen Beihilfe
zum unerlaubten Handeltreiben in nicht geringer Menge, wegen
Urkundenfälschung und wegen tateinheitlich begangener
zweifacher Verschaf-
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fung von falschen amtlichen Ausweisen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur
Bewährung ausgesetzt hat. Außerdem wurde die
Einziehung sichergestellter Betäubungsmittel, Waffen und
Munition sowie weiterer Gegenstände angeordnet.
Die Staatsanwaltschaft hat ihre zu Ungunsten der Angeklagten
eingelegten Revisionen wirksam auf die Nichtanordnung des erweiterten
Verfalls beschränkt. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen
Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg. Eines Eingehens
auf die Verfahrensrügen bedarf es deshalb nicht.
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I.
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Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
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Der Angeklagte S. verkaufte gegenständlich eine geringe Menge
Haschisch, ferner rund 5,6 kg Marihuana und schloss -
grenzüberschreitend - ein
Betäubungsmittelgeschäft in der
Größenordnung von rund 40.000 € ab. Ferner
bot er ein Kilogramm eines Betäubungsmittels unbekannter Art
zum Verkauf an. Im Schlafzimmer einer von ihm mitbenutzten Wohnung
befanden sich eine nicht geringe Menge Kokain sowie eine geladene
Pistole Luger Kaliber 9 mm und Munition, im dazu gehörenden
Keller eine zum Verkauf bestimmte nicht geringe Menge Haschisch. Der
Angeklagte B. unterstützte S. bei dem Verkaufsangebot als
Gehilfe. Zudem hielt er in einem Lagerraum knapp 850 g Marihuana zum
gewinnbringenden Weiterverkauf bereit. Er verfügte
über die typischen Utensilien eines
Rauschgifthändlers. Beide Angeklagten betätigten sich
mindestens im Tatzeitraum Mitte des Jahres 2008 über die
verfahrensgegenständlichen Taten hinaus im
gewerbsmäßigen unerlaubten Handel mit
Betäubungsmitteln.
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Zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen hat das
Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte S. seit langer Zeit (UA
S. 6), der Angeklagte B. jedenfalls im Tatzeitraum (UA S. 11)
arbeitslos gewesen ist. Gleichwohl sah sich S. in der Lage, eine
Betäubungsmittelmenge zu einem Einkaufspreis von 38.000
€ zu beschaffen (UA S. 15). Nach dem Inhalt eines
Telefongesprächs erwartete er hierfür im April 2008
„eine Menge Geld“, „sechzig-,
siebzigtausend“ (UA S. 40). S. nutzte einen Pkw der Marke
BMW, B. einen solchen der Marke Mercedes Benz. Jedenfalls bei B. wurden
Geldbeträge sichergestellt (UA S. 88).
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II.
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Zur Frage der Verfallsanordnung hat das Landgericht ausgeführt
(UA S. 105):
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„Die Anordnung des beantragten Verfalls nach § 73
StGB kam nach den von der Kammer getroffenen Feststellungen
hinsichtlich beider Angeklagter nicht in Betracht. In keinem der zur
Verurteilung führenden Fälle konnten hinreichende
Feststellungen über von den beiden Angeklagten
tatsächlich aus Betäubungsmittelgeschäften
erzielte Einkünfte getroffen werden. Vor diesem Hintergrund
konnte die Kammer auch nicht mit hinreichender Sicherheit davon
ausgehen, ob oder in welcher Höhe die Voraussetzungen des
erweiterten Verfalls vorlagen.“
Diese Begründung begegnet durchgreifenden rechtlichen
Bedenken. Sie lässt besorgen, dass das Landgericht das
Rechtsinstitut des erweiterten Verfalls nach § 73d StGB
verkannt hat. § 73d StGB erweitert die
Zugriffsmöglichkeit über das aus
verfahrensgegenständlichen Taten Erlangte hinaus auf sonstige
Vermögenswerte deliktischer Herkunft. Die betreffenden Taten
müssen dabei weder Gegenstand der Anklage noch bewiesen sein;
es genügt, wenn das Gericht von der Herkunft des Erlangten aus
(irgendwelchen) rechtswidrigen Taten überzeugt ist (BGHSt 40,
371). Liegen - wie hier (§ 33
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Abs. 1 BtMG) - die Voraussetzungen einer
Rückverweisungsklausel vor, so ist die Verfallsanordnung
grundsätzlich obligatorisch.
Das Landgericht hätte sich im Einzelnen damit
auseinandersetzen müssen, ob von den Angeklagten erzielte
Einkünfte und sonstige Vermögenswerte aus anderen
rechtswidrigen Taten herrühren. Hierfür bestehen nach
Lage des Falls gewichtige Anhaltspunkte. Namentlich nutzten beide
Angeklagten trotz ihrer Arbeitslosigkeit hochwertige Kraftfahrzeuge und
wurden bei B. Geldbeträge sichergestellt.
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Das Fehlen der gebotenen Erörterung stellt vor diesem
Hintergrund einen Sachmangel dar, der zur Aufhebung des Urteils
führt, soweit die Anordnung des erweiterten Verfalls
unterblieben ist.
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Basdorf Raum Brause
Schneider König |