BGH,
Urt. v. 30.4.2009 - 4 StR 60/09
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 60/09
vom
30. April 2009
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter Anstiftung zur Brandstiftung
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 30.
April 2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Dr. Ernemann,
Dr. Franke
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des
Landgerichts Dortmund vom 2. Juni 2008, soweit es den Angeklagten B.
betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist,
b) im Gesamtstrafenausspruch.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Anstiftung zur versuchten
Brandstiftung und wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung
ausgesetzt hat. Im Übrigen hat es den Angeklagten
freigesprochen. Gegen den Freispruch wendet sich die Staatsanwaltschaft
mit ihrer Revision, mit der sie die Verletzung sachlichen Rechts
rügt. Die Beschwerdeführerin beanstandet, dass der
Angeklagte im Tatkomplex 2 (Brandlegung im Containergebäude an
der L. Straße in W. am 8. Februar 2006) freigesprochen und
nicht (jedenfalls) wegen versuchter Anstiftung zu einer
vorsätzlichen Brandstiftung verurteilt worden ist. Das - vom
Generalbundesanwalt vertretene - Rechtsmittel hat in vollem Umfang
Erfolg.
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1. Nach den im angefochtenen Urteil zum Tatkomplex 2 getroffenen
Feststellungen suchten die Eheleute S. -B. Anfang des Jahres 2006
möglicherweise mit Hilfe des Angeklagten eine Person, die
gegen ein Entgelt die
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von ihnen betriebene Bäckereifiliale im
Containergebäude an der L. Straße in W. in Brand
setzen sollte, um sich auf diese Weise aus dem Pachtvertrag
lösen zu können. Jedenfalls sprach der Angeklagte
Anfang 2006 den früheren Mitangeklagten St. an, ob dieser
jemanden wisse, der die Bäckereifiliale in Brand setzt. St.
wandte sich deshalb an den Zeugen Br. , der das Angebot jedoch
ablehnte. Tatsächlich brannte das Gebäude am 8.
Februar 2006 ab. Der Täter ist unbekannt geblieben.
Das Landgericht hat im Zusammenhang mit diesem Tatkomplex den
früheren Mitangeklagten St. wegen versuchter Anstiftung zur
vorsätzlichen Brandstiftung verurteilt. Den Angeklagten hat es
indes insoweit freigesprochen, weil ihm die Gewinnung des unbekannt
gebliebenen Täters nicht nachzuweisen gewesen sei. Soweit der
Angeklagte den früheren Mitangeklagten St. veranlasst hat,
sich nach einem Täter umzusehen, hat sich das Landgericht an
einer Verurteilung (wegen versuchter [Ketten-]Anstiftung
gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. i.V.m.
§ 306 StGB) gehindert gesehen, weil dieses Verhalten des
Angeklagten nicht von der Anklage umfasst sei.
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2. Zu Recht beanstandet die Beschwerdeführerin, dass das
Landgericht angenommen hat, die versuchte [Ketten-]Anstiftung des
früheren Mitangeklagten St. durch den Angeklagten sei
gegenüber dem Anklagevorwurf eine selbständige
prozessuale Tat und deshalb nicht von der Anklage umfasst.
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Nach ständiger Rechtsprechung gehört zu der Tat als
Prozessgegenstand im Sinne des § 264 StPO, nämlich zu
dem in der Anklage umschriebenen und dem Angeklagten dort zur Last
gelegten Geschehensablauf, das gesamte Verhalten des Angeklagten,
soweit es mit dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen
Vorkommnis nach allgemeiner Lebensauffassung einen einheit-
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lichen Vorgang bildet (BGHSt 45, 211, 212 f. m.w.N.; BGH StV 1981, 127,
128). So liegt es hier.
Es kann dahin stehen, ob die Bemühung des Angeklagten,
über den früheren Mitangeklagten St. einen
Täter zu gewinnen, und die dem Angeklagten mit der Anklage zur
Last gelegte Gewinnung des unbekannten Dritten - deren Erweislichkeit
unterstellt - auch materiellrechtlich eine Handlung bilden
(würden). Jedenfalls umfasste der Anklagevorwurf gegen den
Angeklagten nicht nur die erfolgreiche Bestimmung des unbekannten
Dritten zu der Brandlegung am 8. Februar 2006, sondern auch sein im
Vorfeld dazu auf den nämlichen Taterfolg gerichtetes
Bemühen gegenüber dem früheren
Mitangeklagten St. . Beide Vorgänge stehen in einem sachlichen
und motivatorischen Zusammenhang. Schließlich besteht auch
ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen beiden Tatabschnitten. Denn
von der Ansprache des Angeklagten gegenüber dem
früheren Mitangeklagten St. war bis zur Brandlegung
allerhöchstens ein Monat verstrichen, innerhalb dessen noch
der Unbekannte gewonnen werden musste. Danach würde die
Annahme zweier prozessualer Taten zu einer unnatürlichen
Aufspaltung eines einheitlichen Lebenssachverhalts führen.
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Die Strafkammer hätte daher, wenn der Tatnachweis vollendeter
Anstiftung (des Unbekannten) nicht zu erbringen war, die Strafbarkeit
des Angeklagten auch unter dem Gesichtspunkt der versuchten
[Ketten-]Anstiftung würdigen müssen, um den
Anklagegegenstand zu erschöpfen.
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3. Über das strafbare Verhalten des Angeklagten im Tatkomplex
2 der Urteilsgründe ist nach alledem ohne Bindung an die
bisher getroffenen Feststellungen insgesamt neu zu befinden. Infolge
der Aufhebung des Freispruchs kann auch der Gesamtstrafenausspruch
nicht bestehen bleiben, über den ebenfalls neu zu entscheiden
ist.
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Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Franke |