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BGH, Urteil vom 30. August 2005 - 4 StR 295/05


Entscheidungstext  
 
BGH, Urt. v. 30.8.2005 - 4 StR 295/05
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 295/05
vom
30.08.2005
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung
- 2 -
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 30. August
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Richterinnen am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanovi,
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt in der Verhandlung,
Staatsanwalt bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
- 3 -
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Paderborn vom 14.04.2005 wird verworfen.
Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung
zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt.
Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung
sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat festgestelt:
Der zur Tatzeit 21jährige, bisher geringfügig vorgeahndete Angeklagte
war in der Tatnacht im November unter anderem mit dem früheren Mitangeklagten
D. in P. unterwegs. Er war „sehr verärgert und aggressiv“,
nachdem er seinen „Rivalen“, den er hatte zur Rede stellen wollen, nicht angetroffen
hatte. In dieser Stimmung trafen sie nach Mitternacht auf den Zeugen H.
Der alkoholisierte Angeklagte (BAK um 2:38 Uhr 1,07 ‰) verfiel spontan auf
die Idee, H. zu überfallen, und ließ sich zu diesem Zweck von D. dessen
Butterflymesser geben. „Dabei kam es ihnen nicht in erster Linie darauf an, bei
dem Zeugen H. eine große Beute zu erzielen. Sie wollten ihm hauptsächlich
Angst einjagen und den Tag verderben“. Als der Angeklagte von H. unter Vorhalt
des Messers dessen Geld forderte, sprang dieser aus Angst in das knietie-
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fe Wasser der Pa. . Der Angeklagte warf daraufhin das Messer zu Boden, das
D. aber wieder an sich nahm. Beide umkreisten sodann den Geschädigten.
Der Angeklagte forderte ihn nunmehr auf, „ihm seine Jacke oder irgendetwas
zu geben“, worauf der Geschädigte ihm seine geringwertige Uhr zuwarf, die der
Angeklagte einsteckte. Danach liefen der Angeklagte und D. weg, kehrten
jedoch zurück, um dem Geschädigten dessen Mobiltelefon abzunehmen. Sie
wollten verhindern, daß der Geschädigte die Polizei ruft, die aber bereits durch
einen Anwohner verständigt war und beide Täter festnehmen konnte.
2. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Auch der Strafausspruch hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Das Landgericht hat zunächst rechtsfehlerfrei das Vorliegen der Voraussetzungen
eines minder schweren Falles des § 250 Abs. 3 StGB bejaht und
dafür die Spontantat, die geringe Beuteerwartung und die enthemmende Alkoholbeeinflussung
bei dem Angeklagten herangezogen. Sodann hat es innerhalb
des damit eröffneten Strafrahmens von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe
bei der konkreten Strafzumessung zu Gunsten des Angeklagten
sein bereits im Ermittlungsverfahren von Anfang an umfassendes Geständnis,
den Umstand, dass er das bei der Tat zunächst zur Bedrohung des Geschädigten
eingesetzte Messer bereits weggeworfen hatte, bevor er weiter auf den Geschädigten
eindrang und schließlich dessen geringwertige Uhr erlangte, ferner
erneut seine durch vorherigen Alkoholgenuss deutliche herabgesetzte Hemmschwelle,
seine zur Tatzeit verärgerte und aggressive Stimmung, den bisheri-
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gen Vollzug der Untersuchungshaft sowie seine geringfügige strafrechtliche
Belastung herangezogen.
b) Strafschärfende Gründe führt das Urteil demgegenüber nicht auf. Dies
beanstandet die Revision an sich zu Recht (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 1 Begründung
23).
Gleichwohl gefährdet dies den Bestand des Urteils hier nicht, weil der
Senat ausschließen kann, dass der Strafausspruch auf diesem Darlegungsmangel
beruht (§ 337 Abs. 1 StPO). Denn dem Gesamtzusammenhang des
Urteils sind hinreichende erschwerende Umstände zu entnehmen, die für sich
die Höhe der erkannten Freiheitsstrafe tragen (vgl. Senatsbeschluss vom
5.01.2005 - 4 StR 518/04):
- der Überfall geschah nachts und in einer Situation, in der das Opfer den
Tätern schutzlos ausgeliefert war;
- die Tat richtete sich gegen ein völlig unbeteiligtes „Zufallsopfer“, das
nicht im Entferntesten im Zusammenhang mit dem Anlass für die verärgerte
und aggressive Stimmung des Angeklagten stand; in diesem Zusammenhang
bestehen auch rechtliche Bedenken, ob mit dem Landgericht
darin, dass der Angeklagte „zur Tatzeit sehr verärgert und aggressiv“
war, überhaupt ein strafmildernder Gesichtspunkt zu erblicken ist;
- der Angeklagte hat den jüngeren früheren Mitangeklagten in die Tatbegehung
verstrickt;
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- der Angeklagte hat bei der Tat nicht nur ein Butterflymesser bei sich geführt,
sondern er hat es auch als Drohmittel gegen das Opfer verwendet;
das durfte - unbeschadet der Erfüllung des qualifizierten Tatbestandes
des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB - innerhalb des Strafrahmens des minder
schweren Falls strafschärfend gewertet werden (vgl. BGHR StGB § 250
Abs. 3 Strafrahmenwahl 1);
- auch wenn dem Angeklagten zutreffend zugute gehalten wurde, dass es
sich um eine Spontantat handelte, so erhält die Tat ihr besonderes Gewicht
durch die Dauer und Intensität, mit der die Täter gegen den Geschädigten
vorgingen.
c) Im Übrigen könnte die Revision zum Strafausspruch auch mit Blick auf
die durch das erste Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 (BGBl I
2198, 2203) eingeführte Vorschrift des § 354 Abs. 1 a StPO keinen Erfolg haben.
Der Gesetzgeber hat mit dieser Vorschrift die bereits durch § 337 Abs. 1
StPO vorgegebene Möglichkeit, von der Aufhebung eines Urteils im Strafausspruch
bei fehlendem Beruhen abzusehen, "behutsam erweitert", indem das
Revisionsgericht auch dann von einer Aufhebung absehen kann, wenn die verhängte
Rechtsfolge nach seiner Meinung angemessen ist (BTDrucks. 15/3482
S. 21/22; vgl. krit. Venzke NStZ 2005, 461 f.). Eben dies ist nach Auffassung
des Senats unter Berücksichtigung der vorstehend aufgeführten, sich aus dem
angefochtenen Urteil ergebenden strafschärfenden Gesichtspunkte der Fall.
Die verhängte Strafe entfernt sich nicht von der Funktion eines gerechten
Schuldausgleichs.
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Damit hat es bei dem angefochtenen Urteil sein Bewenden.
Tepperwien Maatz
Athing
Solin-Stojanovi Sost-Scheible



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