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BGH, Urteil vom 30. März 2001 - 3 StR 342/00


Entscheidungstext  
 
BGH, Urt. v. 30.3.2001 - 3 StR 342/00
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
__________________
VereinsG § 20 Abs. 1 Nr. 1
Gesetz zu Artikel 10 Grundgesetz (G 10) §§ 2 Abs. 1, 7 Abs. 3
1. Die für die Organisationsdelikte der §§ 129, 129 a StGB entwickelten Grundsätze
zum Strafklagenverbrauch gelten auch für das Organisationsdelikt des
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 VereinsG (Fortführung von BGHSt 43, 312).
2. Erkenntnisse aus personenbezogenen Überwachungsmaßnahmen nach § 2
G 10 können unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zur
Verfolgung eines Beschuldigten verwendet werden, gegen den sich die An-
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ordnung nicht richtete, sofern die Erkenntnisse den Verdacht einer der in § 7
Abs. 3 G 10 genannten Katalogtaten betreffen.
BGH, Urt. vom 30. März 2001 - 3 StR 342/00 - Hanseatisches OLG Hamburg
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 342/00
vom
30. März 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
- 2 -
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
28. März 2001 in der Sitzung am 30. März 2001, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Kutzer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
Winkler,
Becker
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 28. März 2001 -
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des
Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg vom
30. November 1999 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels
sowie die den Nebenklägern hierdurch entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Hanseatische Oberlandesgericht hat den Angeklagten wegen Mordes
und wegen versuchter Geiselnahme zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe
als Gesamtstrafe verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner
Revision, mit der er das Verfahrenshindernis des Strafklageverbrauchs geltend
macht, das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I. Dem angefochtenen Urteil liegen folgende Feststellungen zugrunde:
Der Angeklagte kam erstmals im Jahre 1990 in der Türkei mit der von
den türkischen Staatsorganen als terroristisch-extremistisch eingestuften politischen
Organisation "Devrimci Sol" (Revolutionäre Linke) in Berührung. Er
übernahm ihre politischen Ideen und unterstützte sie in der Folgezeit. Die
"Devrimci Sol" spaltete sich 1993 in zwei konkurrierende Flügel, die nach ihren
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jeweiligen Führern als Karatas- und als Yagan-Flügel benannt wurden. Im März
1994 gab sich der Karatas-Flügel den Namen "Revolutionäre Volksbefreiungspartei/-
front" abgekürzt: DHKP-C, und nahm für sich in Anspruch, die einzig
legitime Nachfolgerin der "Devrimci-Sol" zu sein, weshalb die Anhänger des
Yagan-Flügels als "Putschisten" bzw. "Parasiten" bezeichnet wurden. Der Angeklagte
wandte sich dem Karatas-Flügel zu, dessen politische Arbeit er in der
Folgezeit auch unterstützte. Am 6. Juni 1996 kam er nach Deutschland, wo er
am 15. Juli 1996 politisches Asyl beantragte. Seinem Antrag wurde am
5. September 1996 stattgegeben.
Die DHKP-C verfügte in Deutschland über eine feste Organisationsstruktur
mit einem Deutschland-Verantwortlichen an der Spitze. Zu den hier
interessierenden Zeiten der Tatgeschehen im April 1997 und September 1997
war dies G. . Die DHKP-C deckte ihren Geldbedarf über Spendengeldkampagnen
bei türkischen Familien und Geschäftsleuten und durch den
Vertrieb der Zeitung "Kurtulus". Der Angeklagte übernahm alsbald nach seiner
Ankunft in Deutschland Führungsaufgaben in der DHKP-C, ab Anfang 1997
war er ein führendes Mitglied der DHKP-C für das Gebiet H. .
1. Am Nachmittag des 25. April 1997 begab sich eine Gruppe von
DHKP-C-Anhängern, unter ihnen der Angeklagte, K. und Ö .
, zu dem Imbißlokal EGE-Grill der Brüder Erol, Birol und Mete Ku. in
H. , um dort die Zeitung "Kurtulus" zu verkaufen und eine
Geldspende für die DHKP-C einzufordern. Als Erol Ku. sich weigerte, kam es
zu einer Auseinandersetzung, bei der Drohungen von den DHKP-C-Anhängern
ausgesprochen wurden, u.a. man werde das Lokal demolieren und die Inhaber
töten. Am frühen Abend des 25. April 1997, jedenfalls vor 19.15 Uhr, erschie-
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nen der Angeklagte, K. und Ö. im EGE-Grill, um die Örtlichkeiten auszukundschaften,
weil beabsichtigt war, das weitere Vorgehen gegen die Imbißbetreiber
vom Ergebnis der Beobachtungen abhängig zu machen. Die drei
Personen hielten sich nicht lange im Lokal auf. In einem Gespräch faßten sie
ins Auge, den EGE-Grill noch in derselben Nacht zu überfallen. Einen konkreten
Entschluß hierzu hatten sie jedoch noch nicht gefaßt. Sie machten ihre
endgültige Entscheidung von der Zustimmung des Deutschland-
Verantwortlichen G. abhängig.
Nachdem G. in einem um 19.15 Uhr geführten Telefonat seine Zustimmung
zu dem Überfall erteilt hatte, verbunden mit der Mahnung zur Vorsicht
und zur Zurückhaltung, faßten sie den Entschluß, noch in derselben Nacht in
das Lokal einzudringen, die Einrichtung zu demolieren und die Betreiber sowie
Gäste zu verprügeln. Sie waren sich einig, daß bei diesem Überfall aus den
von ihnen mitgeführten Schußwaffen keine Schüsse abgegeben werden sollten.
In Ausführung dieses Planes begaben sich etwa 15 DHKP-C-Anhänger
zum EGE-Grill, wo sie gegen 23.30 Uhr eintrafen. Verabredungsgemäß versteckten
sich der Angeklagte und K. , die beide eine Schußwaffe bei sich
führten, sowie D. unweit des Lokals, um von der Straße her die Ausführung
des Überfalls gegen Eingriffe Dritter abzusichern. Die übrigen DHKP-CAnhänger
stürmten das Lokal, begannen die Einrichtung zu zerstören und
schlugen mit Knüppeln und Baseballschlägern auf zwei Beschäftigte ein. Eine
mitgeführte Schußwaffe wurde ebenfalls nur zum Schlagen eingesetzt.
Der Überfall dauerte noch an, als Erol Ku. , der kurz zuvor in Erwartung
einer bevorstehenden Auseinandersetzung seine Ehefrau zu deren Wohnung
in Sicherheit gebracht hatte, und einer seiner Brüder mit ihrem Pkw zum Imbiß
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zurückkehrten. Sie hielten auf der gegenüberliegenden Straßenseite an und
wollten, als sie sahen, daß im Lokal mindestens zehn Personen die Einrichtung
zertrümmerten und ihren Bruder Mete schlugen, mittels eines Handy-Anrufs
Verwandte zu Hilfe rufen. Der Angeklagte wollte es entsprechend seinem Sicherungsauftrag
unmöglich machen, daß die Insassen des Fahrzeugs in die
Auseinandersetzung im Lokal eingreifen und dadurch die weitere Ausführung
des Überfalls gefährden konnten. Außerdem wollte er die Festnahme der Tatbeteiligten
und die Aufdeckung der Tat sowie der eigenen Tatbeteiligung verhindern.
Er verließ deshalb sein Versteck und ging mit gezogener Waffe von
hinten auf den Pkw der Brüder Ku. zu. Den Entschluß, auf die Insassen zu
schießen, faßte er, als er näher an das Fahrzeug herangetreten war und nun
einen Gegenstand in der Hand von Erol Ku. erblickte, den er nicht als Handy
erkannte, sondern irrtümlich für eine Schußwaffe hielt, mit der dieser in das
Geschehen eingreifen wollte. Um dieses zu verhindern, schoß der Angeklagte
aus kurzer Entfernung durch das geschlossene Fenster der Beifahrertür auf
Erol Ku. . Er rechnete damit, daß er diesem tödliche Verletzungen beibringen
konnte und war mit diesem Erfolg auch einverstanden. Erol Ku. , der den Angeklagten
nicht hatte kommen sehen und auch nicht mit einem solchen Angriff
gerechnet hatte, wurde tödlich verletzt und verstarb noch in der Nacht infolge
der Schußverletzung. Nach der Abgabe der Schüsse floh der Angeklagte und
blieb zunächst als Schütze unerkannt, obwohl er noch in der Nacht zusammen
mit Murat K. und Hasan Ö. in einem Lokal in der Nähe des EGE-Grills
vorläufig festgenommen wurde.
2. Im Sommer 1997 eskalierten in Deutschland die gewaltsamen Auseinandersetzungen
zwischen den verfeindeten Flügeln der ehemaligen
"Devrimci-Sol". Im Juni 1997 und auch Anfang August 1997 wurde jeweils ein
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dem Yagan-Flügel zugerechneter Anschlag gegen DHKP-C-Aktivisten durchgeführt.
G. ordnete deshalb Vergeltungsaktionen vor allem gegen
zwei in H. lebende Yagan-Anhänger an. Im Rahmen dieser Vergeltungsaktionen
sollte der als Yagan-Sympathisant bekannte Er. entführt
werden. Zu diesem Zweck versuchte der Angeklagte gemeinsam mit einem
E. sowie drei unbekannt gebliebenen Mittätern in den frühen Morgenstunden
des 5. September 1997 Er. vor dessen Wohnung als Geisel
zu nehmen, um von ihm unter Drohung mit dem Tode Informationen über den
Aufenthalt des A. , eines der gesuchten Yagan-Aktivisten, dessen
Erschießung G. angeordnet hatte, zu erpressen. Die Geiselnahme schlug
fehl, weil es Er. gelang, sich dem Zugriff der ihm auflauernden Personen zu
entziehen.
3. Das Hanseatische Oberlandesgericht hat angenommen, daß die Tötung
des Erol Ku. die Mordmerkmale der Heimtücke sowie der Ermöglichungsund
der Verdeckungsabsicht erfüllt. Das Tatgeschehen vom 5. September
1997 zum Nachteil des Er. hat es als versuchte Geiselnahme gemäß
§ 239 b Abs. 1 1. Halbs., §§ 22, 23 StGB gewertet und einen strafbefreienden
Rücktritt vom Versuch verneint. Außerdem ist es davon ausgegangen, daß die
beiden Taten nicht durch den - allerdings nach § 154 a Abs. 2 StPO während
der Hauptverhandlung ausgeschiedenen - § 129 a StGB zu einer Tat im
Rechtssinne verklammert werden.
II. Das Hanseatische Oberlandesgericht ist zutreffend davon ausgegangen,
daß der Verurteilung des Angeklagten wegen des Tötungsdelikts zum
Nachteil des Erol Ku. kein Verfahrenshindernis entgegensteht, daß insbe-
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sondere die Strafklage durch das gegen den Angeklagten ergangene Urteil des
Landgerichts Hamburg vom 11. November 1997 nicht verbraucht worden ist.
1. Dieser Verurteilung liegt folgender Verfahrensgang und Sachverhalt
zugrunde:
Die Staatsanwaltschaft Hamburg führte unter dem Aktenzeichen 7101 Js
341/97 gegen Hasan Ö. und Murat K. sowie gegen den Angeklagten
Y. wegen des Überfalls vom 25. April 1997 auf das Imbißlokal der Gebrüder
Ku. ein Ermittlungsverfahren und erhob unter dem 8. Oktober 1997
Anklage zum Landgericht Hamburg, Staatsschutzstrafkammer. Diese Anklage
legte Ö. und K. versuchte räuberische Erpressung in Tateinheit mit
einem Verstoß gegen das Vereinsgesetz gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 VereinsG
(Anklagepunkt I 1 a und b) sowie gefährliche Körperverletzung in Tateinheit mit
einem Verstoß gegen das Vereinsgesetz gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 VereinsG
(Anklagepunkt I 2 a und b) zur Last. Gegenstand dieser Tatvorwürfe waren die
Vorfälle im EGE-Grill am Nachmittag des 25. April 1997 - Versuch des Verkaufs
der Zeitschrift "Kurtulus" und Einforderung von Spendengeldern - sowie am
Abend desselben Tages - Eindringen von 14 bewaffneten Aktivisten in den
EGE-Grill und körperliche Mißhandlung von zwei Personen. Dem Angeklagten
Y. wurde mit dieser Anklage lediglich Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung
in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Vereinsgesetz gemäß
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 VereinsG zur Last gelegt (Anklagepunkt II a und b), weil er
das Lokal einige Stunden vor dem späteren Überfall auf den EGE-Grill zusammen
mit Ö. aufgesucht hatte, um dabei die Örtlichkeiten für den geplanten
Überfall auszukundschaften. Das Landgericht hat diese Anklage unverändert
zur Hauptverhandlung zugelassen. Während der Hauptverhandlung hat es das
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Verfahren gegen den Angeklagten Y. gemäß § 154 a Abs. 2 StPO auf
den Vorwurf eines Verstoßes gegen das Vereinsgesetz gemäß § 20 Abs. 1
Nr. 1 VereinsG beschränkt, d.h. den Tatvorwurf der Beihilfe durch Ausspähen
des Lokals zu der später von anderen DHKP-C-Aktivisten ausgeführten Körperverletzung
aus der Strafverfolgung ausgeschieden.
Das Tötungsgeschehen zum Nachteil des Erol Ku. am Abend des
25. April 1997, das sich zeitgleich mit dem noch andauernden Überfall und den
Ereignissen im EGE-Grill auf der Straße vor diesem Lokal ereignete, war nicht
Gegenstand der Anklage. Vielmehr hatte die Staatsanwaltschaft Hamburg in
dem Verfahren 7101 Js 341/97 bereits mit Verfügung vom 23. Juli 1997 hinsichtlich
des Tötungsdelikts zum Nachteil Erol Ku. die Abtrennung des Verfahrens
verfügt, weil diese Tat zum damaligen Zeitpunkt weder den drei Beschuldigten
noch einer anderen Person nachgewiesen werden konnte; in derselben
Verfügung hatte sie angeordnet, daß hinsichtlich des abgetrennten Verfahrensteils
ein neuer Vorgang angelegt werden sollte. Dieser zweite Teil der Verfügung
wurde jedoch nicht ausgeführt, so daß die Anlegung eines neuen Vorgangs
zunächst unterblieb. Daß die Tötung des Erol Ku. nicht Gegenstand
der Anklage vom 8. Oktober 1997 sein sollte, war im wesentlichen Ergebnis der
Ermittlungen der Anklage niedergelegt und ergab sich außerdem aus Ziffer 1
der Abschlußverfügung vom 8. Oktober 1997, in der der Verfahrensgegenstand
umschrieben wurde.
2. Aufgrund dieser Verfahrensumstände steht fest, daß die vorsätzliche
Tötung des Erol Ku. weder Gegenstand der früheren Anklage vom 8. Oktober
1997 der Staatsanwaltschaft Hamburg, noch Gegenstand des gegen den An-
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geklagten Y. ergangenen Urteils des Landgerichts Hamburg vom
11. November 1997 war.
3. Unabhängig vom Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Hamburg
leitete der Generalbundesanwalt mit Verfügung vom 2. Dezember 1997
gegen Y. ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft
in einer terroristischen Vereinigung (§ 129 a StGB) und des versuchten
Mordes zum Nachteil des Er. ein, der das in dem vorliegenden
angefochtenen Urteil unter Ziffer II 2 abgeurteilte Geschehen vom
5. September 1997 zum Gegenstand hatte. Im Laufe dieser Ermittlungen übergab
das Bundesamt für Verfassungsschutz dem Generalbundesanwalt auf
Aufforderung Tonbänder einer Telefonüberwachungsmaßnahme, aus denen zu
entnehmen war, daß Y. ein Funktionär der DHKP-C war und den Erol
Ku. erschossen hatte. Daraufhin wurde das Verfahren auch auf den Tatvorwurf
des Mordes zum Nachteil des Erol Ku. erstreckt. Dieser Vorwurf ist auch Gegenstand
der Anklage, die der Generalbundesanwalt am 15. Oktober 1998
beim Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg erhoben hat. Dieser Verfahrensgegenstand
bildet mit dem in dem Verfahren 7101 Js 341/97 StA Hamburg
angeklagten und dem Angeklagten Y. angelasteten Geschehen nicht
dieselbe prozessuale Tat i.S.d. Art. 103 Abs. 3 GG, § 264 Abs. 1 StPO.
a) Der verfahrensrechtliche Tatbegriff umfaßt den von der zugelassenen
Anklage betroffenen einheitlichen geschichtlichen Vorgang, innerhalb dessen
der Angeklagte einen Straftatbestand verwirklicht haben soll. Den Rahmen der
gerichtlichen Untersuchung bildet zunächst das tatsächliche Geschehen, wie
es die zugelassene Anklage umschreibt. Der der Verurteilung des Angeklagten
Y. am 11. November 1997 durch das Landgericht Hambug zugrunde
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liegende Sachverhalt - Ausspähen des EGE-Grills bzw. Verkauf der Zeitschrift
"Kurtulus" am Nachmittag des 25. April 1997 - und der der jetzigen Verurteilung
zugrunde gelegte Sachverhalt - Tötung des Erol Ku. zwischen 23.30 Uhr und
24.00 Uhr auf der Straße vor dem EGE-Grill - stellen zwei zeitlich getrennte
Vorgänge dar. Das alleine würde allerdings nicht hindern, beide Sachverhalte
als eine Tat aufzufassen. Denn die Tat als Prozeßgegenstand erfaßt das gesamte
Verhalten des Angeklagten, das mit dem in der Anklage umschriebenen
und dem Angeklagten zur Last gelegten Geschehensablauf bei natürlicher Betrachtung
ein einheitliches Vorkommnis bildet, das in seinen Einzelgeschehnissen,
aus denen es sich zusammensetzt, so eng verknüpft ist, daß deren getrennte
Aburteilung zu einer Aufspaltung eines zusammengehörenden Geschehens
führen würde (vgl. BGHSt 13, 320, 321; 29, 288, 292 f.; 30, 215, 216;
35, 60, 61 f.; 43, 252, 255 jew. m.w.Nachw.).
Der Annahme eines einheitlichen Lebensvorgangs steht hier schon der
Umstand entgegen, daß zum Zeitpunkt des Ausspähens des später überfallenen
Imbißlokals durch den Angeklagten Y. zusammen mit Ö. am
Nachmittag bzw. frühen Abend des 25. April 1997 noch nicht feststand, ob und
in welcher Weise auf die vorherige Zurückweisung der Spendenaufforderung
und die daran anschließende körperliche Auseinandersetzung mit den Inhabern
des Lokals, die von den DHKP-C-Aktivisten als Provokation durch die
Gebrüder Ku. empfunden worden waren, reagiert werden sollte. Nach den
Feststellungen des angefochtenen Urteils sollte dazu erst das Einverständnis
des
G. eingeholt werden, was auch geschah, aber erst nach dem Ausspähaufenthalt
des Angeklagten im EGE-Grill. Erst danach wurde der endgültige
Entschluß zum späteren Überfall auf das Lokal der Brüder Ku. gefaßt. Hin-
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zu kommt, daß die Tötung des Erol Ku. nicht von vorneherein als mögliche
Folge von den an dem späteren Überfall beteiligten Personen ins Auge gefaßt
worden war, sondern sich aus der Situation vor dem Imbißlokal entwickelt hatte
und einem spontanen Entschluß des Angeklagten entsprang, der mit dem im
Lokal agierenden weiteren DHKP-C-Aktivisten nicht vereinbart war, so daß der
Mord an Erol Ku. aus der Sicht der anderen Tatbeteiligten als Exzeßtat des
Angeklagten erscheinen muß. Diese Umstände zusammengenommen rechtfertigen
die Wertung, daß das Verhalten des Angeklagten Y. bis zu seinem
Ausspähaufenthalt in den Räumlichkeiten des EGE-Grills und das Tötungsgeschehen
am späten Abend des 25. April 1997 für sich genommen zwei selbständige
tatsächliche Geschehen darstellen, bei denen es an der erforderlichen
inneren Verknüpfung fehlt, die vorliegen muß, um von einem einheitlichen
geschichtlichen Lebenssachverhalt im Sinne des § 264 StPO ausgehen zu
können.
b) Der Annahme zweier prozessualer Taten steht nicht entgegen, daß
der Angeklagte durch beide Verhaltensweisen jeweils den Tatbestand ein und
desselben Organisationsdelikts erfüllt hat, nämlich entweder des § 20 Abs. 1
Nr. 1 VereinsG oder des § 129 a Abs. 1 StGB. Zwar ist das Landgericht Hamburg
in seinem Urteil vom 11. November 1997 davon ausgegangen, der Verkauf
der Zeitschrift "Kurtulus" bzw. das Ausspähen des Lokals der Brüder Ku.
erfülle den Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 1 VereinsG. Es ist jedoch fraglich,
ob es sich bei der DHKP-C zum damaligen Zeitpunkt überhaupt um einen verbotenen
Verein i.S.d. § 20 VereinsG handelte, da der rechtliche Ausgangspunkt
des Landgerichts und der Staatsanwaltschaft Hamburg, die DHKP-C sei
identisch mit der seit 1983 in der Bundesrepublik Deutschland verbotenen
"Devrimci-Sol", zweifelhaft ist (vgl. BGH NStZ 1997, 603 und 1998, 304). Die
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DHKP-C selbst wurde jedenfalls erst durch Verfügung des Bundesministers
des Innern vom 6. August 1998 (Bundesanzeiger Nr. 149 vom 13. August
1998) verboten, so daß eine Betätigung als Mitglied in und für die DHKP-C im
April 1997 ohne nähere Feststellungen zur personellen und organisatorischen
Identität der beiden "Vereine" nicht den Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 1 VereinsG
erfüllt (vgl. BGH NStZ 1998, 304, 305). Es kann jedoch dahinstehen, ob
der Tatbestand des § 20 VereinsG überhaupt einschlägig war oder ob der Angeklagte
in dem früheren Verfahren nicht vielmehr wegen mitgliedschaftlicher
Betätigung in einer terroristischen Vereinigung gemäß § 129 a Abs. 1 Nr. 1 und
3 StGB, die sich innerhalb der DHKP-C aus den Gebietsverantwortlichen und
anderen in die Planung und Umsetzung von Straftaten eingebundenen Aktivisten
gebildet hat, zu verurteilen gewesen wäre (vgl. BGH NStZ 1999, 415,
416 und die Anklage des Generalbundesanwalts vom 15. Oktober 1998 im vorliegenden
Verfahren). Für die Frage der Konkurrenzen und des Strafklageverbrauchs
kommt es nicht auf die konkrete rechtliche Bewertung durch ein Gericht,
sondern auf die tatsächliche Rechtslage an.
aa) Für beide Vorschriften, § 20 Abs. 1 Nr. 1 VereinsG und § 129 a
Abs. 1 StGB, gelten hinsichtlich der Konkurrenzen im übrigen dieselben
Grundsätze. § 20 Abs. 1 Nr. 1 VereinsG ist ein mit den §§ 129, 129 a StGB
vergleichbares Organisationsdelikt (vgl. BGHSt 43, 312, 314 f.; Rissing-van
Saan in LK 11. Aufl. vor §§ 52 ff. Rdn. 23). Strafrechtlich relevante Betätigungen
als Mitglied "in einem solchen [verbotenen] Verein" werden wie die Betätigungen
als Mitglied in einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung zu
einer rechtlichen Einheit verbunden. Ebenso wie bei den §§ 129, 129 a StGB
stehen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 VereinsG strafbare Verhaltensweisen in Tateinheit
zu den Straftaten, die der Täter als Mitglied des Vereins bzw. der Vereini-
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gung oder in Verfolgung der Ziele des Vereins begangen hat. Dies bedeutet
vorliegend, daß die Tötungshandlung zum Nachteil des Erol Ku. ebenso wie
die vom Landgericht Hamburg mit Urteil vom 11. November 1997 abgeurteilten
Verhaltensweisen des Angeklagten jeweils - auch - den Tatbestand des
§ 129 a Abs. 1 StGB bzw. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 VereinsG erfüllen, so daß der
Mord an Erol Ku. in Tateinheit mit einem Verstoß gegen § 20 Abs. 1 Nr. 1
VereinsG bzw. § 129 a Abs. 1 StGB steht. Aber auch dieser rechtliche Gesichtspunkt
führt nicht zur Annahme des Strafklageverbrauchs in bezug auf das
Verbrechen des § 211 StGB.
bb) Zwar können die Ereignisse des 25. April 1997 unter dem rechtlichen
Aspekt der Beteiligung an einem verbotenen Verein bzw. an einer
terroristischen Vereinigung nicht mehr verfolgt werden, weil alle Beteiligungsakte
an einer Organisation bzw. Vereinigung als eine materiell-rechtlich einheitliche
Tat zu werten und auch prozessual als eine Tat anzusehen sind (vgl.
BGHSt 29, 288, 295, 296). Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung des
Senats. Ob an ihr bei zeitlich langgestreckten Organisationsdelikten oder zeitlichen
Zäsuren, die nicht tatbestandsimmanent sind, festzuhalten ist, braucht der
Senat hier nicht zu entscheiden. Er neigt dazu, in Fortführung seiner früheren
Rechtsprechung auch bei einem Organisationsdelikt mehrere prozessuale Taten
anzunehmen, wenn nur einzelne Betätigungen des Beschuldigten als Mitglied
einer solchen Organisation Gegenstand der früheren Anklage und der
früheren gerichtlichen Untersuchung waren, und der Angeklagte nicht darauf
vertrauen durfte (konnte), daß durch das zuerst eingeleitete Verfahren alle
Betätigungsakte für die Vereinigung erfaßt wurden (vgl. auch Senatsbeschluß
vom 30. März 2001 - StB 4 und 5/01).
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Ein Strafklageverbrauch in bezug auf das tateinheitlich mit der Beteiligung
an einer verbotenen Organisation begangene vorsätzliche Tötungsdelikt
zum Nachteil des Erol Ku. ist schon auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung
nicht gegeben. Eine einheitliche Handlung im materiell-rechtlichen
Sinne ist zwar in der Regel auch eine einheitliche Tat im verfahrensrechtlichen
Sinne (vgl. Engelhardt in KK 4. Aufl. § 264 Rdn. 4 m.w.Nachw.). Andererseits
können aber materiell-rechtliche Tateinheit und prozessuale Tatidentität nicht
ohne weiteres gleichgesetzt werden, weil sie verschiedene Funktionen erfüllen
(vgl. BVerfGE 56, 22 f.; BGHSt 43, 252, 256; vgl. dazu auch BGH NJW 1999,
1413, 1414). Die sachlich-rechtlichen Regelungen des § 52 StGB bilden die
Voraussetzung für ein funktionierendes Strafrahmensystem; zur Ermittlung des
Gegenstands der Urteilsfindung, d.h. zur Bestimmung des der gerichtlichen
Untersuchung unterliegenden Lebenssachverhalts, sind sie nicht konzipiert.
Vielmehr können die für die Organisationsdelikte der §§ 129, 129 a StGB in
BGHSt 29, 288 zum Strafklageverbrauch bei Organisationsdelikten aufgestellten
Rechtsgrundsätze auch auf das minder schwere Organisationsdelikt des
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 StGB, das gegenüber den zuvor genannten Straftatbeständen
ohnehin das subsidiäre Delikt ist (vgl. Wache in Erbs/Kohlhaas § 20 VereinsG
Rdn. 1), übertragen werden.
Danach führt die Verurteilung wegen Beteiligung als Mitglied in einem
verbotenen Verein oder einer kriminellen bzw. terroristischen Vereinigung nicht
zum Strafklageverbrauch hinsichtlich solcher Straftaten, die materiell-rechtlich
tateinheitlich in Verfolgung der Ziele des Vereins oder der Vereinigung begangen
werden, wenn sie nach ihrer Strafdrohung schwerer wiegen und auch tatsächlich
nicht - auch nicht unter dem Gesichtspunkt mitgliedschaftlicher Beteiligung
- Gegenstand der früheren Anklage und der rechtskräftigen Aburteilung
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waren (vgl. BGHSt 29, 288, 295 ff.). Diese Voraussetzungen sind für den
Straftatbestand des Mordes erfüllt, da § 211 Abs. 1 StGB nicht nur gegenüber
dem minder schweren Delikt des § 20 VereinsG (Freiheitsstrafe bis zu einem
Jahr), sondern auch gegenüber § 129 a Abs. 1 StGB (Freiheitsstrafe von einem
Jahr bis zu zehn Jahren) das schwerere Delikt ist. Gleiches gilt für die versuchte
Geiselnahme gemäß §§ 239 b, 22 StGB vom 5. September 1997.
cc) Zwar ist die Revision der Auffassung, gerade dadurch, daß der
schwerwiegendere Vorwurf des Tötungsdelikts zum Nachteil des Erol Ku. zunächst
Gegenstand des früheren, zu dem Urteil des Landgerichts Hamburg
vom 11. November 1997 führenden Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft
Hamburg gewesen, aber mangels Nachweises nicht weiterverfolgt worden
sei, sei für den Angeklagten ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden,
der der jetzigen Aburteilung des Tötungsgeschehens entgegenstehe. Diese
Auffassung verkennt jedoch, daß das Verfahrenshindernis des Strafklageverbrauchs
in dem durch Art. 103 Abs. 3 GG verbürgten Verbot der wiederholten
Strafverfolgung für ein- und dieselbe Tat wurzelt. Diese Vorschrift beinhaltet
keinen Schutz vor neuen Ermittlungen, wenn frühere Verdachtsmomente sich
nicht als ausreichend tragfähig erwiesen haben, so daß der betreffende Verdächtige
gerade nicht weiter verfolgt und die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen
keiner gerichtlichen Überprüfung unterstellt werden konnten. Der von
der Rechtsprechung bei der Frage, ob ein Verbrauch der Strafklage in bezug
auf einen bestimmten Lebenssachverhalt eingetreten ist, als Überprüfungsmaßstab
u.a. in Betracht gezogene Gedanke des Vertrauensschutzes (vgl.
BGHSt 29, 288, 296; 35, 14, 19; 43, 252, 255) besagt vielmehr nur, daß ein
Angeklagter in den Fällen der Beschuldigung wegen Mitgliedschaft in einer
kriminellen oder terroristischen Vereinigung erst dann darauf vertrauen kann,
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mit seiner rechtskräftigen Aburteilung sei auch eine nicht berücksichtigte, in
Tateinheit mit einem Betätigungsakt als Mitglied begangene andere Straftat
erledigt, wenn diese in ihrer konkreten Ausgestaltung festgestellt worden ist
oder wenigstens Gegenstand von gerichtlichen Feststellungsversuchen war
(vgl. Krauth in: Festschrift für Theodor Kleinknecht zum 75. Geburtstag (1985),
215, 229 ff.). Daß derartige gerichtliche Feststellungen bzw. Feststellungsversuche
bezüglich des Tötungsgeschehens zum Nachteil des Erol Ku. in dem
zur Verurteilung des Angeklagten durch das Landgericht Hamburg führenden
Verfahren nicht durchgeführt wurden, ist bereits dargelegt worden. Das Hanseatische
Oberlandesgericht hat deshalb auch in dem angefochtenen Urteil zu
Recht darauf abgestellt, daß der Angeklagte nicht darauf vertrauen konnte,
nicht mehr wegen Mordes zum Nachteil des Erol Ku. belangt werden zu können.
III. Die Verfahrensrügen sind teils unzulässig, teils unbegründet. Insoweit
wird auf die Antragsbegründungen des Generalbundesanwalts vom
31. Juli 2000 und vom 28. September 2000 Bezug genommen. Der näheren
Erörterung bzw. Ergänzung zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts
bedürfen lediglich folgende Verfahrensrügen:
1. Die Rüge, die rechtliche Hinweispflicht nach § 265 StPO und das Gebot
des rechtlichen Gehörs seien verletzt, weil das Oberlandesgericht abweichend
von der vom Vorsitzenden in der Hauptverhandlung vom 25. Mai 1999
vorgetragenen "Zwischenbilanz" des Ergebnisses der Beweisaufnahme die
Aussage des Zeugen De. im Urteil dahin gewürdigt habe, daß dieser den
Angeklagten als Schützen sicher wiedererkannt habe, zeigt keinen Rechtsfehler
auf. Das Hanseatische Oberlandesgericht ist sowohl in der sog. "Zwischen-
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bilanz" - die vom Gesetz nicht vorgesehen ist (vgl. BGHSt 43, 212) -als auch im
Urteil davon ausgegangen, daß der Zeuge weder kurz nach der Tat und noch
weniger in der Hauptverhandlung sicher angeben konnte oder wollte, ob es
sich bei dem Angeklagten um die von ihm beobachtete Person handelte, die
die Schüsse auf Erol Ku. abgegeben hatte. Das Oberlandesgericht hat im
Urteil darüber hinausgehend lediglich dargelegt, daß es aufgrund des gesamten
Verhaltens des Zeugen im Ermittlungsverfahren und in der Hauptverhandlung
dessen Bekundung nicht glaubt, in dem Angeklagten den Täter nicht wiedererkannt
zu haben, sondern daß er diesen - in Wahrheit - entgegen seinen
Beteuerungen wiedererkannt hat und dies lediglich aus Angst bestreitet. Entgegen
den Behauptungen der Revision hat das Oberlandesgericht im übrigen
schon in der "Zwischenbilanz" deutlich zum Ausdruck gebracht, daß es die Bekundungen
des Zeugen De. , insbesondere seine Täterbeschreibung,
zusammen mit den weiteren Beweisanzeichen als ein den Angeklagten nicht
unerheblich belastendes Indiz wertet.
2. Die Rüge der rechtsfehlerhaften Einführung und Verwertung des Inhalts
von drei gemäß § 2 G 10 abgehörten Telefongesprächen (Ziffer II 3 der
Revisionsbegründungsschrift vom 18. April 2000) unterliegt als Verfahrensrüge
den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO (zur Geltendmachung der
Unverwertbarkeit von Erkenntnissen aus Maßnahmen nach § 100 a StPO vgl.
Nack in KK 4. Aufl. § 100 a Rdn. 54 m.w.Nachw.). Ob die Ausführungen der
Revision dem genügen, erscheint zweifelhaft. Die Revision beanstandet, daß
sich mit den Ausführungen des Widerspruchsschreibens der Verteidigung weder
der Senat in der Hauptverhandlung noch die angefochtene Entscheidung
inhaltlich auseinandergesetzt hat. Gleichwohl teilt sie die auf den Widerspruch
der Verteidigung gegen die Verwertung der drei vom Bundesamt für Verfas-
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sungsschutz aufgenommenen Tonbandmitschnitte ergangene, als Anlage 30
zum Protokoll genommene schriftlich verfaßte und begründete prozeßleitende
Verfügung des Vorsitzenden ebensowenig mit, wie den auf die Beanstandung
dieser Verfügung durch den Verteidiger ergangenen Gerichtsbeschluß (Anlagen
30 und 31 des Protokolls), mit dem die Verfügung des Vorsitzenden bestätigt
worden ist. Statt dessen teilt sie einen als Anlage 40 zum Protokoll genommenen
Gerichtsbeschluß mit, mit dem weitere Anträge der Verteidigung
von diesem Tage beschieden wurden, der sich jedoch mit den Anwendungen
gegen die Verwertbarkeit der Tonbandmitschnitte nicht befaßt und auch nicht
befassen mußte.
Die Revisionsrüge ist jedenfalls unbegründet. Der Verwertung stand kein
aus der Verfassung abzuleitendes Verwertungsverbot entgegen, wie bereits
das Hanseatische Oberlandesgericht in den Urteilsgründen dargelegt hat. Die
Abhörmaßnahme war auf § 2 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 6 G 10 gestützt und genehmigt
worden. Sie bezog sich auf einen Mobiltelefonanschluß, der von
G. genutzt wurde. Die Weitergabe der drei Telefonmitschnitte an die Bundesanwaltschaft
in dem Ermittlungsverfahren gegen G. bzw. den Angeklagten
Y. diente zumindest auch der Verfolgung der in § 2 Abs. 1 Nr. 2 und
Nr. 6 G 10 genannten Straftaten nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 VereinsG und § 129 a
StGB und entsprach damit den Anforderungen des § 7 Abs. 3 G 10. Entgegen
der Auffassung der Revision bestehen auch hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit
der Übermittlung an den Generalbundesanwalt keine Bedenken. Die von
der Revision in Bezug genommene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
in NJW 2000, 55 verhält sich zu der Verfassungsmäßigkeit des § 3
Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 G 10, der Fälle der verdachtslosen Rasterfahndung
betrifft, und nicht, wie vorliegend, Fälle der personenbezogenen
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Maßnahmen aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte für Katalogtaten nach § 2
Abs. 1 G 10. Selbst wenn die vom Bundesverfassungsgericht in der genannten
Entscheidung entwickelten Grundsätze auf § 2 G 10 i.V.m. § 7 Abs. 3 G 10 zu
übertragen sein sollten, wären die Voraussetzungen einer zulässigen Verwertung
erfüllt. Anlaß für die Anordnung der Überwachungsmaßnahme gegen
G. war der Verdacht der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung
und damit der Verdacht einer Straftat von erheblichem Gewicht, vor
allem im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der von dem Tatbestand
erfaßten Vereinigungen für die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland.
Der Verdacht beruhte auf bestimmten Tatsachen. Der Generalbundesanwalt
führte deswegen gegen ihn bereits seit 1995 ein Ermittlungsverfahren. G.
ist seit dem 25. Februar 1999 rechtskräftig u.a. wegen Rädelsführerschaft in
einer terroristischen Vereinigung - der DHKP-C - gemäß § 129 a Abs. 1 Nr. 1
und 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Gegen den Angeklagten
Y. führte der Generalbundesanwalt seit Dezember 1997, und
zwar unabhängig von den hier verwerteten Erkenntnissen aus den Überwachungsmaßnahmen
gegen G. , ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts
der Mitgliedschaft in derselben terroristischen Vereinigung und wegen der Tat
vom 5. September 1997 zum Nachteil des Er. . Aus den vom Oberlandesgericht
verwerteten Telefongesprächen vom 25. und 26. April 1997 ergeben
sich darüber hinaus bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte nicht nur für den
Verdacht, der Angeklagte habe sich am 25. April 1997 bei den Ereignissen in
und um den EGE-Grill als Mitglied der DHKP-C bestätigt. Aus den Gesprächsinhalten
folgt im Zusammenhang mit den unabhängig von den Telefonüberwachungsmaßnahmen
gewonnenen und schon vorhandenen Ermittlungsergebnissen
vielmehr auch der konkrete Verdacht, daß der Angeklagte derjenige
war, der am späten Abend des 25. April 1997 die tödlichen Schüsse auf Erol
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Ku. abgegeben hat. Die bei der Weitergabe von Erkenntnissen aus Überwachungsmaßnahmen
nach dem G 10 an andere Behörden von Verfassungs wegen
zu beachtende Übermittlungsschwelle ist damit beachtet.
3. Bei der unter II 4 der Revisionsbegründung vom 18. April 2000 erhobenen
Rüge, das Oberlandesgericht habe gegen § 244 Abs. 3 StPO verstoßen,
weil es die hilfsweise beantragte Zeugenvernehmung des Leiters des Bundesamtes
für Verfassungsschutz zu "weiteren" Erkenntnissen aus der Telefonüberwachung
abgelehnt habe, handelt es sich der Sache nach um eine Aufklärungsrüge.
Diese ist, ungeachtet der bereits vom Generalbundesanwalt zutreffend
auf § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO gestützten Bedenken auch deshalb unzulässig,
weil kein bestimmtes, von der beantragten Beweiserhebung zu erwartendes
Beweisergebnis, sondern lediglich die vage Möglichkeit weiterer Erkenntnisse
dargetan wird. Im übrigen genügt diese Rüge ebenso wie die unter
Ziffer II 5 der Revisionsbegründung vom 18. April 2000 erhobene Rüge des
§ 244 Abs. 3 StGB schon deshalb nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2
Satz 2 StPO, weil die in diesem Zusammenhang gestellten Anträge und deren
Bezifferung in dem Hauptverhandlungsprotokoll mit anderen Anträgen der
Verteidigung verwechselt werden. Es bleibt letztlich dem Revisionsgericht
überlassen, sich zu den jeweiligen Verfahrensbeanstandungen die dazu passenden
Anträge herauszusuchen. Im übrigen begegnet auch die Behandlung
des der Rüge Ziffer II 5 zugrunde liegenden Hilfsbeweisantrages in den Urteilsgründen
(UA S. 20) keinen rechtlichen Bedenken.
4. Auch die mit Schriftsatz vom 24. April 2000 unter II 2 erhobene Rüge
der fehlerhaften Behandlung eines Hilfsbeweisantrages bleibt im Ergebnis ohne
Erfolg. Mit diesem Antrag wurde die Ladung und Vernehmung des Sprach-
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wissenschaftlers für die türkische Sprache Prof. Gö. als Sachverständigen zu
der Behauptung verlangt, daß die in einem näher bezeichneten Telefongespräch
von dem Anrufer benutzte erste Person Plural nicht den Schluß zulasse,
daß der Anrufer selbst an dem von ihm geschilderten Ereignis teilgenommen
hatte. Das Hanseatische Oberlandesgericht hat die beantragte Vernehmung
des Sachverständigen zwar mit der Begründung abgelehnt, diese sei für
die Entscheidung ohne Bedeutung. Der Sache nach behandelt es die in das
sachverständige Wissen des Sprachwissenschaftlers gestellte Behauptung
aber als wahr und damit als erhebliche Beweisbehauptung, denn im Urteil wird
ausgeführt, es möge sein, daß die Verwendung des Wortes "wir" für sich genommen
in der im Antrag beschriebenen Weise nicht eindeutig sei (UA S. 79
a.E.). Allerdings zieht das Oberlandesgericht aus diesen Umständen nicht die
Schlüsse, die der Beschwerdeführer selbst ziehen und vom Gericht gezogen
haben will. Es folgert nämlich aus der Gesamtschilderung des Geschehens
- namentlich der Wiedergabe zahlreicher Einzelheiten durch den Anrufer - auf
die persönliche Teilnahme des Anrufers an dem von ihm geschilderten Ereignis
(UA S. 80). Diese rechtliche Behandlung des Hilfsbeweisantrages ist revisionsrechtlich
nicht zu beanstanden. Soweit in dem Hilfsbeweisantrag außerdem
behauptet wird, aus dem Kontext des Telefongesprächs lasse sich kein Rückschluß
auf die Anwesenheit und Beteiligung des Anrufers an dem geschilderten
Geschehen ziehen, handelt es sich nicht um eine dem Sachverständigenbeweis
zugängliche Beweisbehauptung, sondern um eine vom Antragsteller
erwartete Schlußfolgerung und somit um eine Frage der Beweiswürdigung, die
allein dem Gericht zusteht und nicht um eine Frage, die der benannte Sprachwissenschaftler
aufgrund seiner Sachkunde beantworten könnte bzw. müßte.
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IV. Auch die Sachrüge hat keinen Erfolg, da die Nachprüfung des Urteils
aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des
Angeklagten ergeben hat.
Kutzer Rissing-van Saan Miebach
Winkler RiBGH Becker ist durch Urlaub
verhindert zu unterschreiben.
Kutzer



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