BGH,
Urt. v. 30.3.2004 - 5 StR 428/03
5 StR 428/03
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom
30.03.2004
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
30.03.2004, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf
als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin S
als Verteidigerin,
Rechtsanwalt W ,
Rechtsanwalt L ,
Rechtsanwalt P
als Vertreter der Nebenkläger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
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für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger
F und B V , Be , K und
Sk wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom
27. März 2003 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung
- auch über die Kosten der Rechtsmittel - an eine andere
Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- Von Rechts wegen -
G r ü n d e
Das Schwurgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags in zwei
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren
(Einzelstrafen: acht und
zehn Jahre Freiheitsstrafe) verurteilt und seine Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt
(unter Anordnung eines Vorwegvollzugs von acht Jahren
und sechs Monaten) angeordnet. Die jeweils auf die Sachrüge
gestützten
Revisionen der Staatsanwaltschaft - vertreten vom Generalbundesanwalt -
und von fünf (von insgesamt acht) Nebenklägern, die
u. a. die unterbliebene
Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes rügen, haben Erfolg.
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
Der Angeklagte, u. a. vorbestraft mit einer zunächst zur
Bewährung
ausgesetzten Freiheitsstrafe wegen einer 1990 im Vollrausch
verübten gefährlichen
Körperverletzung, war nach Verurteilung wegen einer im Dezem-
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ber 1995 wiederum im Vollrausch begangenen Körperverletzung
mit Todesfolge
zu vier Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe und Unterbringung in
einer Entziehungsanstalt im Herbst 1999 vorzeitig aus Strafhaft und
Maßregelvollzug
entlassen worden.
In den Morgenstunden des 10. August 2002 lief der Angeklagte nach
durchzechter Nacht, aufgeputscht durch konsumierte antriebssteigernde
Drogen (Speed, eventuell auch Kokain) und alkoholisiert (bei maximaler
Blutalkoholkonzentration von etwa 2,3 ‰),
möglicherweise ziel- und planlos
durch ein Wohnviertel in Berlin-Weißensee. Er
überstieg den Gartenzaun
eines bewohnten Einfamilienhauses und versuchte gegen 6.45 Uhr, in das
Schlafzimmerfenster der 16jährigen Tochter der
Eigentümer zu schauen, die
soeben nach Hause gekommen und dabei möglicherweise von dem
Angeklagten
beobachtet worden war. Kurz danach gelang es dem Angeklagten,
ein angekipptes Fenster des im Hochparterre gelegenen Wintergartens zu
öffnen; hierdurch stieg er zunächst unbemerkt in das
Haus ein. Das Motiv ist
ungeklärt geblieben; der Angeklagte hat nicht damit begonnen,
im Haus zu
stehlen.
Die Hauseigentümerin, die im Hochparterre mit ihrem Ehemann im
Schlafzimmer schlief, erwachte, trat unbekleidet auf den Flur und traf
dort auf
den im Eingangsbereich der Küche stehenden Angeklagten. Dieser
war seinerseits
kurz zuvor durch eine im Spiegel bemerkte Bewegung hinter der
halb geöffneten Tür des Schlafzimmers auf darin
befindliche Personen aufmerksam
geworden und war - unwiderlegt - entschlossen, das Haus alsbald
möglichst unbemerkt wieder zu verlassen. Die Frau schrie beim
für sie gänzlich
überraschenden Anblick des ihr unbekannten Angeklagten sofort
laut um
Hilfe und begann, mit bloßen Händen auf ihn
einzuschlagen. Dieser ergriff
ein unmittelbar neben ihm in einem Messerblock steckendes
Fleischermesser
mit einer Klingenlänge von 20 cm und stach damit unvermittelt
mit Wucht
der Frau einmal knapp 20 cm tief in den oberen rechten Brustbereich. Er
war
durch die Situation des Zusammentreffens in Panik geraten, dachte
jäh dar-
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an, daß er unter Führungsaufsicht und
Bewährung stand, und handelte
spontan, um seine Flucht aus dem Haus zu ermöglichen.
Daß er dies „auch
durch mildere Mittel“ hätte bewerkstelligen
können, war ihm nach Auffassung
des Schwurgerichts möglicherweise nicht bewußt. Den
Tod der Geschädigten
nahm er, wie das Schwurgericht meint, zumindest billigend in Kauf.
Die Frau brach nach dem Stich nicht zusammen, sondern flüchtete
durch das Wohnzimmer und den Wintergarten in den Garten. Der Angeklagte
wollte - unwiderlegt - durch das Schlafzimmer flüchten, das er
möglicherweise
durch zustands- und situationsbedingte Wahrnehmungsverzerrungen
nach der Flucht der Geschädigten in die andere Richtung als
einzig möglichen
Fluchtweg verkannte. In der Schlafzimmertür traf er auf den
erwachten
und aufgestandenen Ehemann der Geschädigten. Ihm versetzte der
Angeklagte,
um seine Flucht zu ermöglichen, mit direktem
Tötungsvorsatz sieben
Stiche mit dem Messer, das er noch bei sich führte. Der Mann
brach im
Schlafzimmer zusammen und verblutete alsbald.
Dem Angeklagten gelang die Flucht durch das Schlafzimmerfenster.
Ermittelt - und zwei Wochen später festgenommen - wurde er
durch eine
DNA-Spur an einer im Garten des Tatortes aufgefundenen Zigarettenkippe.
Die Geschädigte hatte durch laute Schreie vom Garten aus ihre
Kinder
alarmieren können. Sie brach alsbald zusammen, gab ihrem Sohn
und Rettungskräften
noch den Hinweis, der Täter sei
„Ausländer“ mit
„mulattischer“
Hautfarbe - der Vater des Angeklagten war Schwarzafrikaner -, und fiel
dann in Bewußtlosigkeit, aus der sie bis zu ihrem mehr als
ein Vierteljahr
später verletzungsbedingt eingetretenen Tod nicht mehr
erwachte.
2. Zutreffend beanstanden die Beschwerdeführer es als
rechtsfehlerhaft,
daß das Schwurgericht in beiden Fällen eine
Verurteilung des Angeklagten
wegen Mordes abgelehnt hat.
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a) Allerdings ist das Mordmerkmal der Heimtücke in beiden
Fällen im
Ergebnis zutreffend verneint worden. Entgegen der Wertung des
Schwurgerichts
hängt dies nicht einmal mit der besonderen psychischen
Belastung des
Angeklagten bei Begehung der Taten zusammen.
Die Hauseigentümerin wurde naheliegend durch Wahrnehmung
ungewohnter
Geräusche oder Bewegungen geweckt; als sie den Flur betrat,
traf sie hier in ihrem Privathaus unvermutet auf einen Einbrecher, den
ihr
fremden Angeklagten. Es liegt auf der Hand, daß ihr in dieser
Situation jede
Arglosigkeit genommen war. Ihre Reaktion, laut schreiend auf den
Einbrecher
zuzugehen und auf ihn einzuschlagen, ist schwerlich geeignet, das
Gegenteil
zu beweisen. Sie ist kaum - mit dem Schwurgericht - als
überraschungsbedingte
Verkennung der Gefahrensituation (vgl. BGHSt 33, 363) zu
verstehen, sondern vielmehr ersichtlich als gänzlich
unbedachte Panikreaktion.
Jedenfalls besteht mit Rücksicht auf diese Situation keine
Grundlage für
eine gesicherte Überzeugung von der Annahme des Angeklagten,
die zutiefst
erschrockene Frau sei ihm gegenüber arglos gewesen. Damit
fehlte es
- zumindest subjektiv - an dem für das Mordmerkmal der
Heimtücke erforderlichen
Element der Arglosigkeit zum maßgeblichen Zeitpunkt des
Beginns
des tödlichen Angriffs (vgl. Tröndle/Fischer, StGB
51. Aufl. § 211 Rdn. 17).
Nichts anderes gilt für den Angriff auf den Ehemann, als er
sich - alarmiert
durch die Schreie seiner Frau - anschickte, vom Schlafzimmer aus zum Ort
des Geschehens zu eilen. Ungeachtet der Kürze der Zeit seit
seinem Erwachen
war er beim Zusammentreffen mit dem Angeklagten für diesen
augenscheinlich
in panischer Sorge, mithin nicht arglos. Daß beide Opfer dem
Angeklagten
in der Tatsituation letztlich wehrlos ausgeliefert waren,
ließ sich
- jedenfalls aus dessen für den Vorsatz maßgeblicher
Sicht - nicht auf Arglosigkeit
zurückführen, ist mithin zur Erfüllung des
Mordmerkmals der Heimtücke
nicht ausreichend (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 211
Rdn. 18a).
b) Als sachlich-rechtlich fehlerhaft erweist sich indes in beiden
Fällen
die Verneinung einer Tötung, um eine andere Straftat zu
verdecken.
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Der Angeklagte, dem es bei den Tötungshandlungen
eingestandenermaßen
um die Ermöglichung seiner Flucht zur Vermeidung negativer
Konsequenzen in seiner Situation der Führungsaufsicht und
offenen Bewährung
ging, handelte damit unverkennbar zugleich in der Absicht, den Einbruch
und die damit mindestens verbundene Straftat des Hausfriedensbruchs
zu verdecken. Auch unter Berücksichtigung seiner Intoxikation
und
der Paniksituation beim plötzlichen Zusammentreffen mit den
Geschädigten
ist für vernünftige Zweifel daran, daß er
sich bei der nahezu instinktiv empfundenen
Sorge um seine Bewährung selbstverständlich zugleich
der jene
Sorge begründenden Strafbarkeit seines Einbruchs - mindestens
als Hausfriedensbruch,
wenn nicht als versuchter Einbruchsdiebstahl oder gar (etwa
alternativ festzustellen) als versuchte sexuelle Nötigung -
mitbewußt war,
kein Raum (vgl. dazu BGHR StGB § 211 Abs. 2 Verdeckung 10;
Schneider in
MünchKomm-StGB 2003 § 211 Rdn. 187 ff.).
Auch die weiteren gegen die Verdeckungsabsicht vorgebrachten Argumente
erweisen sich als nicht tragfähig. Zunächst zweifeln
die Beschwerdeführer
angesichts des der Geschädigten beigebrachten wuchtigen, nahezu
20 cm tiefen Bruststiches nachvollziehbar an der Annahme eines lediglich
bedingten Tötungsvorsatzes, und zwar auch unter
Berücksichtigung der
Spontanität des Tatentschlusses und des Umstandes,
daß der bei dieser Tat
noch mit geringerer Intensität handelnde Angeklagte auf die
Frau nur einmal
eingestochen hat. Jenseits davon liegt eine Fallgestaltung,
für welche die
Rechtsprechung Bedenken gegen eine Vereinbarkeit des Mordmerkmals der
Verdeckungsabsicht mit nur bedingtem Tötungsvorsatz angenommen
hat
(vgl. dazu Tröndle/Fischer aaO § 211 Rdn. 31a und 33;
Schneider aaO § 211
Rdn. 190 ff.; jeweils m.w.N.), bei dem vorliegenden tödlichen
Angriff auf ein
nicht bekanntes Opfer zur Fluchtermöglichung
grundsätzlich nicht vor. Die
vom Schwurgericht erwogenen Überlegungen des Angeklagten, im
Falle eines
Überlebens der Frau werde er identifiziert werden, weil sie
ihn gesehen
habe und wiedererkennen werde, dürften überhaupt nur
unter der Voraussetzung
als geeignet angesehen werden, das Mordmerkmal der Verdek-
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kungsabsicht in Zweifel zu ziehen, wenn der Angeklagte mit einer
Identifizierung
für den Fall des Überlebens seines Opfers fest
gerechnet hätte. Jedenfalls
machen die Beschwerdeführer aber zutreffend geltend,
daß die Annahme
derart differenzierter Überlegungen des Angeklagten im
eklatanten Widerspruch
zu den Feststellungen zu seiner intoxikations- und situationsbedingt
verwirrten Geistesverfassung bei der spontanen Tatbegehung steht.
Der Ausschluß des Mordmerkmals beruht mithin auf einer
tatsächlich nicht
fundierten und damit sachlich-rechtlich fehlerhaften Unterstellung
zugunsten
des Angeklagten.
All dies gilt in verstärktem Maße für die
Überlegung des Schwurgerichts,
der Angeklagte habe bei der anschließend verübten
direkt vorsätzlichen
Tötung des Ehemannes zur Ermöglichung seiner Flucht
womöglich bedacht,
er könne damit nicht selbstverständlich zugleich
seine Vortaten - Einbruch
und Verletzung der Frau - wirksam verdecken, da er von seiner
späteren
Identifizierung durch die entkommene schwerverletzte Frau ausgegangen
sei.
c) Da keine Anhaltspunkte für eine Fluchtabsicht ohne
gleichzeitige
Verdeckungsabsicht bestehen, ist daneben für die Annahme einer
Tötung
aus sonst niedrigen Beweggründen (vgl.
Tröndle/Fischer aaO § 211
Rdn. 29a) kein Raum.
d) Der Senat hat erwogen, wegen der aus dem angefochtenen Urteil
ersichtlichen nahezu eindeutigen Beweislage und im Blick auf die
letztlich
haltlosen Unterstellungen, die in beiden Fällen zur Verneinung
des Mordmerkmals
der Verdeckungsabsicht geführt haben, zum Schuldspruch auf
Mord in zwei Fällen durchzuentscheiden. Da es letztlich
insoweit an positiven
tatgerichtlichen Feststellungen zu den hierfür erforderlichen
Vorstellungen
des Angeklagten fehlt, hat der Senat - auch vor dem Hintergrund,
daß die
Motivation des Angeklagten, in das Haus der Getöteten
einzubrechen, letztlich
weitgehend im Dunkeln geblieben ist - hiervon gleichwohl Abstand ge-
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nommen und die Entscheidung neuer tatgerichtlicher Beurteilung
überlassen.
Um dem neuen Tatgericht dann aber auch eine umfassende, von Vorgaben
freie neue Sachaufklärung zu ermöglichen, hebt der
Senat das Urteil vollständig
auf. Er sieht deshalb auch davon ab, etwa Feststellungen zum
äußeren
Tathergang und zur Schuldfähigkeit des Angeklagten
aufrechtzuerhalten,
die das Schwurgericht im angefochtenen Urteil rechtsfehlerfrei
getroffen hat,
die aber auch das neue Tatgericht unschwer erneut wird feststellen
können.
3. Der Rechtsfolgenausspruch entfällt mit der Aufhebung des
Schuldspruchs.
Der Senat weist indes darauf hin, daß das angefochtene Urteil
auch
insoweit nicht bedenkenfrei ist.
a) Zwar hat das Schwurgericht rechtsfehlerfrei eine erhebliche
Verminderung
der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Taten
(§ 21 StGB) bejaht. Die Begründung, mit der es dem
Angeklagten eine
hierauf gründende Strafrahmenverschiebung nach § 49
Abs. 1 StGB zugebilligt
hat, ist aber, wie die Staatsanwaltschaft zutreffend rügt,
durchgreifend
bedenklich. Daß das Tatgericht nicht festzustellen vermochte,
daß dem Angeklagten
eine Neigung zu vergleichbaren Straftaten unter dem Einfluß
von
Drogen und Alkohol bewußt gewesen wäre, mag
ungeachtet seiner einschlägigen
Vorbelastungen hinzunehmen sein. Kaum vertretbar erscheint
indes die Wertung, daß der Angeklagte mit entsprechendem
Fehlverhalten in
derart berauschtem Zustand allein im Blick auf den seit den Vortaten
eingetretenen
Zeitablauf und auf sein konkretes Wirken als Einzeltäter auch
nicht
hätte rechnen müssen. Nach Aburteilung des
Angeklagten wegen zweier
massiver Gewaltdelikte im Vollrausch, das zweite davon bereits mit
tödlichem
Ausgang, ist ersichtlich das Gegenteil der Fall. Vor diesem spezifischen
Hintergrund mußte ihm sein dauerhaft unkontrollierter
Alkohol- und
Drogenmißbrauch angelastet werden, auf den der massiv
enthemmte Zustand
zurückging, der die hier abgeurteilten Kapitalverbrechen
bedingte. Dies
gilt verstärkt, da er aufgrund der letzten
einschlägigen Vortat noch unter Bewährung
stand, zumal auch bezogen auf den mit dem Hang unmittelbar ver-
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bundenen Maßregelausspruch der Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt.
Bei dieser Besonderheit legt nicht einmal der Umstand die Zubilligung
einer Strafrahmenverschiebung nahe, daß der Zustand erheblich
verminderter
Schuldfähigkeit letztlich auch auf psychische Defekte,
namentlich einen
fortbestehenden Hang zur Berauschung, zurückgeht. Diesem
Milderungsmoment
steht die massiv verstärkende Warnfunktion der laufenden
Bewährung
vor spezifisch einschlägigem Hintergrund gegenüber.
Jedenfalls aus der Sicht des Schwurgerichts war die Zubilligung der
Strafrahmenverschiebung durchgreifend bedenklich vor dem Hintergrund,
daß das Gericht letztlich allein im Blick auf die psychische
Verfassung des
Angeklagten bei Begehung der Taten bereits nicht zu
Schuldsprüchen wegen
Mordes gelangt ist. Dieses Moment hätte bei der
Strafrahmenbestimmung
zusätzlich zum Nachteil des Angeklagten bedacht werden
müssen.
Nach der letztlich vom Angeklagten vorwerfbar verursachten
tatauslösenden
Intoxikation wird sich die Zubilligung einer Strafrahmenverschiebung
sogar dann nicht von selbst verstehen, wenn der Angeklagte bei Versagung
der Strafrahmenverschiebung wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe
zu verurteilen wäre. Dies setzte freilich besonders
schwerwiegende Gründe
voraus, die einer solchen Milderung entgegenstehen (vgl. BGHR StGB
§ 21
Strafrahmenverschiebung 7, 8, 12, 18, 24, 25). Indes wären die
vorliegend zu
beurteilenden Taten bei - unterstellt - uneingeschränkter
Schuldfähigkeit des
Täters zweifelsfrei als zwei Fälle des Mordes mit
lebenslanger Gesamtfreiheitsstrafe
unter Feststellung besonderer Schwere der Schuld des Täters
gemäß § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, §
57b StGB zu ahnden gewesen; zu berücksichtigen
ist zudem eine spezifisch einschlägige Vorbelastung, die
ihrerseits
bereits die Tötung eines Menschen zum Gegenstand hatte. Vor
diesem
Hintergrund erschiene vorliegend auch bei Schuldsprüchen wegen
Mordes
- namentlich für die zweite Tat - die Versagung einer
Strafrahmenverschiebung
nach tatgerichtlichem Ermessen nicht undenkbar, eventuell mit der
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Konsequenz, im Blick auf die erhebliche Verminderung der
Schuldfähigkeit
von der Feststellung besonderer Schuldschwere abzusehen.
b) Zum Maßregelausspruch merkt der Senat an, daß
die bisher zugunsten
des Angeklagten getroffene tatgerichtliche Ermessensentscheidung
nach § 66 Abs. 2 StGB, dessen formelle Voraussetzungen nach
der bisherigen
rechtsfehlerfreien tatgerichtlichen Beurteilung ebenso vorliegen wie ein
Hang und eine damit einhergehende Gefährlichkeit des
Angeklagten (§ 66
Abs. 1 Nr. 3 StGB), insbesondere vor dem Hintergrund dreier Straftaten
mit
tödlichem Ausgang nicht überaus überzeugend
anmutet. Angesichts der
Möglichkeit strengerer Bewertung der Taten ist insoweit
ohnehin eine neue
tatgerichtliche Beurteilung erforderlich. Insbesondere bei etwa
abweichendem
Ergebnis wäre ein erneut erwogener - im angefochtenen Urteil
rechtsfehlerfrei
ausgesprochener - Maßregelausspruch nach § 64 StGB
auch nach
Maßgabe des § 72 StGB zu hinterfragen.
Basdorf Häger Gerhardt
Brause Schaal |