BGH,
Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 166/07
vom
30.5.2008
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
UWG § 16 Abs. 1 nF, § 4 Abs. 1 aF
StGB § 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3
StGB § 73 Abs. 1 Satz 2, BGB § 823 Abs. 2
1. Zum Zusammenhang zwischen Werbeaussage und beworbener Ware oder
Leistung als Voraussetzung strafbarer Werbung
- 2 -
2. Werden Kunden mittels strafbarer Werbung zu Warenbestellungen
veranlasst, sind die Kaufpreiszahlungen, welche die Kunden
dafür an den Täter oder Drittbegünstigten
leisten, von diesem aus den Taten erlangt und unterliegen - unbeschadet
vorrangiger Ansprüche von Verletzten - in vollem Umfang dem
Verfall.
3. Infolge der strafbaren Werbung können den Bestellern
Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung jeweils in
Höhe des gezahlten Kaufpreises zustehen, die den
Verfallsbetrag vermindern.
BGH, Urt. vom 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - LG Mannheim
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen strafbarer Werbung
- 3 -
Nebenbeteiligte:
1.
2.
3.
4.
- 4 -
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung
vom 27.5.2008 in der Sitzung am 30.5.2008, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Boetticher,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte G. persönlich - in der Verhandlung -,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
und Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten G. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten D. ,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwältin
als Verteidiger des Angeklagten S. ,
- 5 -
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenbeteiligten I. ,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Vertreter der Nebenbeteiligten O.
,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Vertreter der Nebenbeteiligten
V. 3 C. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
- 6 -
1. Das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14. Juni 2006 wird
bezüglich der Angeklagten D. und S. im Schuldspruch dahin
berichtigt, dass diese Angeklagten der strafbaren Werbung in 66
Fällen schuldig sind.
2. Auf die Revision der Nebenbeteiligten I. wird das vorbezeichnete
Urteil aufgehoben, soweit gegen sie der Wertersatzverfall angeordnet
worden ist und dabei etwaige entgegenstehende Ansprüche von
Verletzten unberücksichtigt geblieben sind.
3. Die Revisionen der Angeklagten und der Nebenbeteiligten P. werden
verworfen.
Die Angeklagten und die Nebenbeteiligte P. haben die Kosten ihrer
Rechtsmittel zu tragen.
4. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das oben bezeichnete
Urteil im Ausspruch über den Verfall aufgehoben, soweit
a) zum Vorteil der Nebenbeteiligten I. von einem über die
erfolgte Anordnung hinausgehenden Wertersatzverfall abgesehen worden
ist,
b) gegen die Nebenbeteiligten O. und V. 3 C. ganz von der Anordnung des
Wertersatzverfalls abgesehen worden ist.
- 7 -
5. Die gegen die Angeklagten und die Nebenbeteiligte P. gerichteten
Revisionen der Staatsanwaltschaft werden verworfen.
Die Kosten dieser Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft sowie die den
Angeklagten und der Nebenbeteiligten P. hierdurch entstandenen
notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
6. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der
Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten G. wegen strafbarer Werbung in
sechs Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei
Monaten verurteilt. Gegen die Angeklagten D. und S. hat es wegen
strafbarer Werbung in 62 Fällen auf Gesamtfreiheitsstrafen von
jeweils einem Jahr und sechs Monaten erkannt und die Vollstreckung zur
Bewährung ausgesetzt. Im Übrigen hat es die
Angeklagten freigesprochen. Den Verfall von Wertersatz hat es wie folgt
angeordnet:
1
- in das Vermögen des Angeklagten G. in Höhe von
244.467,- €,
- 8 -
- in das Vermögen des Angeklagten D. in Höhe von
100.853,- €,
- in das Vermögen des Angeklagten S. in Höhe von
58.700,- €,
- in das Vermögen der Nebenbeteiligten I. in Höhe von
1.498.677,- €,
- in das Vermögen der Nebenbeteiligten P. in Höhe von
671.136,- €.
Das Landgericht hat es abgelehnt, Verfallsanordnungen gegen die
Nebenbeteiligten O. und V. 3 C. zu treffen.
2
Die Staatsanwaltschaft greift das Urteil mit den zu Ungunsten der
Angeklagten und sämtlicher Nebenbeteiligten eingelegten
Revisionen an. Sie sind auf den Ausspruch über den Verfall
beschränkt und werden auf Verfahrensrügen und die
Sachbeschwerde gestützt. Die Rechtsmittel der
Staatsanwaltschaft haben nur hinsichtlich der Nebenbeteiligten I. , O.
und 3 C V. Erfolg.
3
Den auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde
gestützten Revisionen der drei Angeklagten bleibt ebenso der
Erfolg versagt wie der auf die nicht näher
ausgeführte Sachrüge gestützten Revision der
Nebenbeteiligten P. . Die Revision der Nebenbeteiligten I. , die die
Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend macht, dringt
demgegenüber mit der Sachbeschwerde durch.
4
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Nebenbeteiligten
I. , O. und 3 C V. und die Revision der Nebenbeteiligten I.
führen zur Teilaufhebung des Urteils und insoweit zur
Zurückverweisung der Sache. Die Feststellungen sind indessen
rechtsfehlerfrei getroffen und können
5
- 9 -
daher bestehen bleiben (vgl. - auch zur Tenorierung - BGH NJW 2007,
1540). Der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter kann
ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch stehende
Feststellungen treffen.
I.
6
Der Verurteilung der Angeklagten wegen strafbarer Werbung und den
Verfallsanordnungen liegt zugrunde, dass die Angeklagten nach
Auffassung des Landgerichts für im Versandhandel
tätige Gesellschaften die Versendung standardisierter
Werbesendungen (sog. Mailings), die unzutreffende Gewinnmitteilungen
und Geschenkversprechen enthielten, zusammen mit Warenkatalogen
veranlassten und organisierten und hierdurch den Warenabsatz steigerten.
1. Im Einzelnen ist - soweit im Rahmen der Revisionen von Bedeutung -
folgendes festgestellt:
7
a) Zu den Taten:
8
aa) Der Angeklagte G. war im Tatzeitraum vom 30. Dezember 2002 bis zum
25. Oktober 2004 Präsident des Verwaltungsrats der 1964 von
seinem Vater gegründeten Nebenbeteiligten I. , einer
Holdinggesellschaft, die ihren Domizilsitz in der Schweiz hat. Seit
1993 ist der Bruder des Angeklagten G. , Gi. , alleiniger
Aktionär. Seit Beginn der 1980er Jahre hielt die I. alle
Geschäftsanteile der in Sc. ansässigen "OM. ", die
bis Mitte der 1990er Jahre als Versandhandelsunternehmen am Markt
auftrat und - seit 1989 auch über eine Tochtergesellschaft -
Werbesendungen mit Gewinnversprechen versandte.
9
- 10 -
Wegen Beanstandungen von Verbraucher- und Wettbewerbsschützern
und scharfen Angriffen in den Medien erfolgten zwei Umstrukturierungen,
zunächst 1997 und dann 1999. Ziel der zweiten Umstrukturierung
war es, die Tätigkeit des in Sc. ansässigen
Unternehmens auf diejenige eines reinen Logistikdienstleisters zu
beschränken und die rechtliche Verantwortung für
künftige Werbesendungen auf abhängige
ausländische Domizilgesellschaften (sog.
Marketinggesellschaften) zu verlagern. Dementsprechend wurden der Name
des nebenbeteiligten Unternehmens in "O. " und der
Unternehmensgegenstand in Erbringung sog.
"Fullfillment-Dienstleistungen" geändert. Die Konzeption von
Werbesendungen wurde nunmehr von einer anderen Gesellschaft
durchgeführt, der Se. , deren Anteile treuhänderisch
für die I. gehalten wurden. Die Se. übernahm die
hierfür zuständigen Mitarbeiter der
Marketingabteilung der O. und mietete Büroräume in
deren Gebäude in Sc. an.
10
Im Interesse der bzw. für die I. wurden im Ausland
Gesellschaften gegründet oder bereits bestehende
Gesellschaften "aktiviert", die im Versandhandel mit fünf
Kataloglinien nach außen auftraten und unter deren Firma die
Werbesendungen mit beigefügten entsprechenden Warenkatalogen
verschickt wurden. Die ausländischen Gesellschaften wurden
zweimal - ab 2001 und ab 2004 - durch andere ersetzt, als es
Empfängern von Werbesendungen jeweils gelang,
Vollstreckungstitel gegen sie zu erstreiten und
Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Im Jahr 2000 hatte der
Gesetzgeber mit § 661a BGB einen Leistungsanspruch des
Verbrauchers aus Gewinnzusagen geschaffen, so dass sich die
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geändert hatten.
11
Im Zeitraum von 2001 bis 2003 traten folgende ausländische
Gesellschaften auf: Unter Angabe der Firma der in Florenz
gegründeten
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- 11 -
SVD wurden die Kataloglinien "Sch. & G. " und "P. B. "
vertrieben. Absender der Kataloglinien "He. " und "Vi. " war die EMO
mit Sitz in London. Werbesendungen der Kataloglinie "K. & L. "
wurden unter Angabe der Firma VH mit Sitz in Paris verschickt. Im
Zeitraum ab 2004 traten folgende ausländische Gesellschaften
auf: Die Kataloglinie "Sch. & G. " wurde mit der Absenderangabe
der Gesellschaft "D. M. C. mit - angeblichem - Sitz in Mailand
vertrieben, die aber unter der angegebenen Firma nie errichtet worden
war. Absender der Kataloglinien "He. " und "Vi. " war die
niederländische B. . Der Versand der Werbesendungen der
Kataloglinie "K. & L. " erfolgte unter der Absenderangabe der
Nebenbeteiligten 3 C V. mit Sitz in Paris. Die ausländischen
Gesellschaften hatten ganz überwiegend weder eigenes Personal
noch eigene Räumlichkeiten. Die Konzeption der Werbesendungen
für den Versandhandel wurde von der Se. entwickelt; die
logistische Abwicklung erfolgte durch die O. . Allein die 3 C V.
verfügte über Geschäftsräume im
elsässischen L. und beschäftigte mehrere Mitarbeiter;
die technische Abwicklung des Versandhandels erfolgte aber auch hier
über die O. .
bb) Über die ausländischen Gesellschaften
veranlassten und organisierten die Angeklagten die Versendung von
Werbesendungen für die fünf Kataloglinien an
Verbraucher, darunter die der Verurteilung zugrunde liegenden 66
Werbesendungen, die vom 30. Dezember 2002 bis zum 25. Oktober 2004 in
einer Auflage von minimal 60.470 und maximal 700.936 Stück
ausgesandt wurden. Die Schriftstücke enthielten
standardisierten Text, in den die von der Abteilung Adressmarketing der
O. selektierten Adressdaten eingedruckt waren;
13
- 12 -
ihnen wurden die Warenkataloge der Kataloglinien beigefügt.
Der Kundenstamm bestand vorwiegend aus älteren Personen mit
geringem Bildungsniveau.
14
Die Werbesendungen enthielten - so das Landgericht - unzutreffende
Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen, da die bezeichneten Gewinne
und Geschenke nicht ausgekehrt wurden. Soweit behauptet wurde, es habe
eine Vorabziehung eines Geldpreises stattgefunden, traf dies nicht zu
oder es waren die gezogenen Gewinnnummern und -namen vernichtet worden.
Soweit behauptet wurde, der Empfänger sei ein ausgesuchter
"Gewinnberechtigter", der bei einer "Jackpotziehung" aufgrund seiner
Gewinnnummer die Chance auf einen Gewinn habe, war dieselbe
Gewinnnummer allen Empfängern zugeteilt worden, so dass der
auf einen "Spieler" entfallende Gewinnanteil
erwartungsgemäß unter der in den
Teilnahmebedingungen jeweils festgelegten "Mindestgewinnsumme" von 1,50
€ bis zu 5,- € lag. Soweit schließlich
behauptet wurde, die Gewinnauskehrung würde im Rahmen einer
Jahresendziehung erfolgen, fand hierbei keine Zufallsselektion statt,
sondern wurden die Kunden mit den höchsten Umsätzen
als "Gewinner" ausgewählt. Waren wertvolle Geschenke
(Marken-Fernsehgeräte, -Videorekorder etc.) ausgelobt worden,
so wurde der Warenlieferung nur "wertloser Plunder" mit einem
Maximalwert von 3,- € beigelegt. War die Mitteilung enthalten,
für den Empfänger sei ein - näher
beschriebenes - Geschenk "reserviert" (sog. zweistufige
Geschenkvergaben), erhielt der Besteller mit der ersten Warenlieferung
überhaupt nichts. Ihm wurde hierbei lediglich mitgeteilt, er
könne das Geschenk erhalten, wenn er nochmals eine Bestellung
aufgebe. Der zweiten Warenlieferung wurde sodann ein solches
beigegeben, welches allerdings bezogen auf die Anpreisung minderwertig
war.
Die optische Gestaltung der Werbesendungen erfolgte in der Weise, dass
der Empfänger nur die Anpreisung der Gewinne und Geschenke,
nicht aber die Anpreisung einschränkende Aussagen wahrnehmen
sollte. Die in Aus-
15
- 13 -
sicht gestellte Chance, einen Gewinn zu erhalten, war nicht an den
Erwerb der gleichzeitig angebotenen Waren gebunden. Die
Übersendung der ausgelobten Geschenke wurde
regelmäßig von einer Warenbestellung mit einem
Mindestbestellwert von 15,- € abhängig gemacht. Nach
den auf dem Bestellformular abgedruckten Bedingungen waren die Kunden
berechtigt, die Waren binnen einer Frist von 30 Tagen zu testen
("Test-Anforderung") und bei Nichtgefallen zurückzusenden
("Kauf auf Probe"), wobei die Rückgabe mit (Versand-)Kosten
verbunden war.
Exemplarisch kann auf folgende Werbesendung verwiesen werden, die unter
dem "Betreff: Gewinnauszahlung 5.800 Euro!" folgendes
persönliches Schreiben enthielt (UA S. 51):
16
„Sehr geehrter Herr …,
soeben komme ich aus der Buchhaltung, wo ich eigentlich Ihren
Gewinnscheck aus der März-Vergabe abholen wollte, denn ich
dachte, ich könnte Ihren Scheck gleich diesem Brief an Sie
beilegen.
Aber Sie wissen ja, wie Buchhalter so sind: immer muss alles 200%ig
sein, bevor sie Bargeld oder Schecks aus der Hand geben. Und wehe, es
fehlt eine Unterschrift oder ein Stempel!
Also, Herr … Die Sache ist folgendermaßen: Herr H.
, unser Chefbuchhalter, hat mir noch einmal bestätigt, dass es
keinen Zweifel an Ihrem Bargeldgewinn gibt und dass mit der Auszahlung
an Sie auch alles in Ordnung ist (die interne Aktennotiz habe ich Ihnen
beigelegt). Es gibt also keinen Grund zur Beunruhigung.
Allerdings hat er von der internen Firmenrevision natürlich
seine Vorgaben, wie Auszahlungen ordnungsgemäß zu
verbuchen sind, und da fehlt jetzt eben noch der unterschriebene
Auszahlungs-Beleg von Ihnen, Herr …!
Daher habe ich nun alle Unterlagen vorbereitet und möchte Sie
bitten, den beigelegten Auszahlungs-Beleg schnell zu unterschreiben und
um-
- 14 -
gehend zurückzuschicken. Dann kann die Auszahlung an Sie
bereits in den nächsten Tagen über die Bühne
gehen. …
Herr H. und ich würden uns übrigens freuen, wenn Sie
uns in diesem Zusammenhang auch wieder einmal mit einer kleinen
Bestellung beauftragen würden. … Ich
möchte Sie wirklich zu nichts überreden, aber wenn
Sie sich ohnehin etwas aus unserem aktuellen Angebot aussuchen
möchten, könnte ich Ihre Sendung gleich mit anderen
Lieferungen rausschicken."
Dass der Empfänger noch nicht gewonnen hatte, sondern nur an
einem Gewinnspiel teilnehmen werde, ergab sich hier aus optisch schwer
zugänglichen "Vergabe-Bedingungen" auf der Rückseite
des "Auszahlungs-Belegs". Ein solches Gewinnspiel fand jedoch, wie von
den Angeklagten beabsichtigt, überhaupt nicht statt. Des
Weiteren enthielt dieselbe Werbesendung auf einem gesonderten Blatt
für den Fall eines Mindestbestellwerts von 15,- €
folgendes Geschenkversprechen über eine Damenuhr (UA S. 52):
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"Ein Hauch von Luxus - unser Dankeschön der Extraklasse
für Sie … Für Sie GRATIS statt 29,95".
Tatsächlich erhielt der Kunde eine Uhr, die in Hongkong
für einen Einkaufspreis von 1,80 US-$ beschafft worden war.
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cc) Der Angeklagte D. , der bis Ende 2003
Geschäftsführer der O. war, hatte im gesamten
Tatzeitraum die Entscheidungsgewalt auch bei der Se. , und zwar sowohl
in allen Konzeptionsgesprächen für die einzelnen
Werbesendungen als auch in allen die ausländischen
Gesellschaften betreffenden fachlichen Fragen. Die
Geschäftsführerin der Se. führte seine
Anweisungen aus. Dem als Rechtsanwalt tätigen Angeklagten S.
wurden sämtliche Werbesendungen zur rechtlichen
Prüfung vorgelegt. Er wirkte an deren inhaltlicher Gestaltung
mit; insoweit hatte er das "letzte Wort". Außerdem hatte er
maßgeb-
19
- 15 -
lichen Anteil an der Gründung und Steuerung der
ausländischen Gesellschaften. Dass der Angeklagte G. an der
Konzeption der einzelnen Werbesendungen beteiligt war, hat die
Strafkammer nicht festgestellt. Im Interesse der I. steuerte er
allerdings "die operative Tätigkeit der zur I. -Gruppe
gehörenden Unternehmen … und (gab) die strategische
Richtung" vor; er schuf "den unternehmerischen Rahmen für die
Anfertigung und Versendung der auch von ihm gewollten Werbesendungen
der hier relevanten Art" (UA S. 110). Der Angeklagte G. traf die
Entscheidungen, die Kataloglinien unter der Absenderangabe der
jeweiligen ausländischen Gesellschaft zu vertreiben, und
erteilte die entsprechenden Weisungen zur "Installierung" und Nutzung
der sechs Gesellschaften SVD, EMO, VH , DMC, B. und 3 C V. , unter
deren Firmen die verfahrensgegenständlichen Werbesendungen
verschickt wurden.
Die Angeklagten wussten, dass die Gewinne und Geschenke nicht
ausgekehrt würden. Dessen ungeachtet wollten sie durch die
Werbesendungen den Eindruck der Großzügigkeit und
Kundenfreundlichkeit sowie den Anschein eines besonders
günstigen Warenangebots hervorrufen. Sie wollten insbesondere
ältere Empfänger beirren, um den Warenabsatz im
Versandhandel zu fördern. Die Angeklagten gingen aufgrund
mehrjähriger Erfahrungen davon aus, dass der Warenabsatz durch
die Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen gefördert
werden konnte (UA S. 28) und - so die Notiz über eine
Besprechung unter anderem der Angeklagten G. und D. - "dieses
Geschäft im Wesentlichen ohne Gewinnspiele nicht
läuft" (UA S. 122). Die Angeklagten G. und D. vertrauten
allerdings auf die Versicherung des Angeklagten S. , die
Werbesendungen, wenngleich sie gegebenenfalls wettbewerbswidrig seien,
überschritten die Grenze der Strafbarkeit nicht.
20
- 16 -
b) Zum Verfall:
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22
Die ausländischen Gesellschaften hatten zunächst von
Mitarbeitern der Buchhaltungsabteilung der O. verwaltete Girokonten
gehabt. Nach Einführung der Vorschrift des § 661a BGB
im Jahr 2000 entschied der Angeklagte G. auf Rat des Angeklagten S. ,
die Umsatzerlöse im Interesse der I. über eine
weitere Gesellschaft "abzusichern", um sie dem Zugriff etwaiger den
Leistungsanspruch aus Gewinnzusagen einklagender Kunden zu entziehen.
Dementsprechend gründete der Angeklagte S. die F. , deren
Geschäfte im Auftrag des Angeklagten G. und in enger Absprache
mit den Angeklagten D. und S. geführt wurden. Indem
für die F. eingerichtete Konten auf den für die
Warenbestellungen ausgegebenen Rechnungs- und Zahlungsformularen
aufgedruckt wurden, wurde nunmehr der gesamte Zahlungsverkehr der
ausländischen Gesellschaften über die F. abgewickelt.
Im Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 4. November 2004 gingen auf
Konten der F. Zahlungen von Kunden der ausländischen
Gesellschaften in Höhe von insgesamt ca. 149 Mio. €
ein, wovon ca. 92 Mio. € ("abgerundet 60%") auf Konten der O.
weitergeleitet wurden. Aufgrund sämtlicher im
nämlichen Zeitraum zum Versand gegebener Werbesendungen
bestellten Kunden bei den ausländischen Gesellschaften Waren
für insgesamt ca. 177 Mio. €, wovon 68.006.573,36
€ ("= 38%") auf die der Verurteilung zugrunde liegenden 66
Werbesendungen entfielen. Ausgehend von diesem Bestellvolumen
für die abgeurteilten Taten hat die Strafkammer durch Abzug
eines Sicherheitsabschlags für Forderungsausfälle und
Retouren von 20% den entsprechenden Umsatzerlös mit
54.405.258,- € berechnet. Den Anteil, der hiervon an die O.
weitergeleitet wurde, hat die Kammer auf 60%, somit 32.643.155,-
€, geschätzt. Sie hat insoweit unter Zugrundelegung
einer Quote von 5,34% - diese ist dem
23
- 17 -
Jahresabschluss 2003 der O. als Verhältnis des Betriebsgewinns
zur Gesamtleistung des Betriebes entnommen - einen Gewinn von
1.743.144,- € ermittelt. Über das Vermögen
der O. ist mittlerweile das Insolvenzverfahren eröffnet.
24
In dem benannten Zeitraum leistete die O. an die I. insgesamt
2.300.763,01 € aus eigenen Mitteln. Darin enthalten war der
Gewinn aus den abgeurteilten Taten, welchen die O. unverkürzt
an die I. weiterleitete. Im Jahr 1999 hatte die I. als damals einzige
Gesellschafterin der O. eine Gewinnausschüttung in
Höhe von mindestens 16 Mio. DM an sich selbst beschlossen. Da
die O. hierzu finanziell nicht imstande war, stundete ihr die I. den
Ausschüttungsbetrag; im Gegenzug verpflichtete sich die O. ,
den Betrag mit jährlich 6% zu verzinsen. Von Seiten der der O.
Kredit gewährenden Volksbank wurden diese als Darlehen
bezeichneten vertraglichen Regelungen nicht anerkannt.
Der Angeklagte G. erhielt Ende Dezember 2003 von der I. einen Betrag
von 1 Mio. SFr. (umgerechnet 643.335,05 €). Hiervon waren
mindestens 244.467,- € Tatentgelt für die
abgeurteilten Taten; dies entspricht dem Anteil von 38% des auf die
abgeurteilten Taten entfallenden Bestellvolumens, bezogen auf das
Bestellvolumen sämtlicher im nämlichen Zeitraum
verschickter Werbesendungen.
25
Der Angeklagte D. erhielt in den Jahren 2003 und 2004 für
seine Mitwirkung an der Verwaltung der ausländischen
Gesellschaften und an der Konzeption der Werbesendungen insgesamt ein
Entgelt von 265.402,82 €, wovon 38%, damit 100.853,-
€, auf die abgeurteilten Taten entfielen. Dem Angeklagten S.
wurden von den ausländischen Gesellschaften für die
Mitwirkung an ihrer Verwaltung und für die rechtliche
Prüfung der Werbesendungen tatbezogene Honorare von 58.700,-
€ gezahlt (38% von 154.473,74 €). Daneben wurden von
26
- 18 -
Konten der F. insgesamt 28.484.315,86 € auf das
Geschäftskonto der Rechtsanwaltssozietät Sch.
& S. - der Angeklagte S. ist Sozius - transferiert. In der
Folge wurden Rechnungen der Lieferanten der ausländischen
Gesellschaften von diesem Konto bezahlt. "Auf diese Weise" wurden
weitere 19.560.762,38 € auf Konten der O. weitergeleitet (UA
S. 142).
27
Die Adressdaten sämtlicher Kunden der ausländischen
Gesellschaften waren zentral auf dem Server der O. gespeichert und
wurden von Mitarbeitern der Abteilung "Adressmarketing" verwaltet. Aus
dem Bestand wurden dabei jeweils die Daten derjenigen
Empfänger von Werbesendungen gelöscht, die
für eine gewisse Zeit keine Bestellungen aufgegeben hatten (UA
S. 105). Auf Anweisung der Angeklagten G. und D. wurden die Adressdaten
über die zu diesem Zweck im Interesse der I.
gegründete Nebenbeteiligte P. an externe Unternehmen
"vermietet". In dem benannten Zeitraum erzielte die P. hieraus
Einnahmen von mindestens 1.766.147,- €, wovon mindestens 38%,
damit 671.136,- €, auf die abgeurteilten Taten entfielen.
Zur Höhe der von der 3 C V. erlangten
"Vermögensvorteile" aus den abgeurteilten Taten hat die
Strafkammer keine Feststellungen zu treffen vermocht.
28
2. Die Strafkammer hat die Feststellungen rechtlich wie folgt
gewürdigt:
29
a) Zu den Taten:
30
Die Versendung der Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen hat
sie als strafbare Werbung nach § 4 Abs. 1 UWG aF und nach
§ 16 Abs. 1 UWG nF gewertet. Dass sich die unwahren und zur
Irreführung geeigneten Angaben in den Werbesendungen nicht
ausdrücklich auf die zugleich angebotenen Waren bezogen, sei
unschädlich, weil insoweit der zumindest bestehende
wirtschaftliche Zusammenhang ausreiche. Die Angeklagten hätten
als
31
- 19 -
Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) gehandelt. Die
Angeklagten D. und S. hätten durch ihren Einfluss auf die
Konzeption jeder der Werbesendungen jeweils eine eigenständige
Tat begangen. Die maßgeblichen Tatbeiträge des
Angeklagten G. , dessen Beteiligung an der Konzeption der einzelnen
Werbesendungen nicht festgestellt worden ist, hat die Kammer darin
gesehen, dass er jeweils die Gründung bzw. Nutzung der sechs
ausländischen Gesellschaften zum Zwecke des Versands der
Kataloglinien einschließlich der Werbesendungen veranlasste.
Sie hat ihn deshalb wegen sechs Taten verurteilt.
Weiterhin hat die Kammer angenommen, die Angeklagten G. und D.
hätten in einem Verbotsirrtum (§ 17 StGB) gehandelt,
weil sie auf die Angaben des Angeklagten S. zur Straflosigkeit der
Werbesendungen vertraut hätten. Allerdings sei der
Verbotsirrtum für beide vermeidbar gewesen, da sie es
versäumt hätten, die Rechtsmeinung eines
unparteiischen Rechtskundigen einzuholen.
32
b) Zum Verfall:
33
Die Kammer hat zunächst die ausländischen
Gesellschaften als aus den Taten Bereicherte angesehen, die im Sinne
von § 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StGB unmittelbar eine
erhöhte Chance dahin erlangt hätten, dass durch die
Werbesendungen die Empfänger zur Aufgabe einer Bestellung
veranlasst wurden. Von einer Verfallsanordnung gegen die 3 C V. hat sie
gleichwohl nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen, weil
dieser "Wettbewerbsvorteil" letztlich an die I. verschoben und dort
abgeschöpft wurde. Weitere "Vermögensvorteile" aus
hiesiger Werbung hätten indessen nicht festgestellt werden
können (UA S. 156).
34
Auch gegen die O. hat die Kammer den (Wertersatz-)Verfall nicht
angeordnet. Zwar sei der von den ausländischen Gesellschaften
erlangte Wett-
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- 20 -
bewerbsvorteil an die O. im Sinne von § 73 Abs. 3 StGB
verlagert worden. Dessen - im Wege der Schätzung zu
bemessender (§ 73b StGB) - wirtschaftlicher Wert entspreche
dem Gewinn, den die O. aus der Abwicklung der Bestellungen erzielt
habe, damit dem Betrag von 1.743.144,- €, so dass die
Voraussetzungen des Wertersatzverfalls nach § 73a StGB
insoweit vorlägen. Die Kammer hat von dessen Anordnung jedoch
nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen, weil dieser Gewinn in
voller Höhe an die I. weiter verschoben wurde. Im
Übrigen würde eine Verfallsanordnung die
Insolvenzmasse schmälern, die ohnehin "voraussichtlich" nicht
ausreichen werde, um alle Gläubiger zu befriedigen.
Die Anordnung des Wertersatzverfalls gegen die I. erfasst nach
Auffassung der Kammer einen Teilbetrag von 1.498.677,- €.
Dieser entspreche dem durch die O. erzielten und unverkürzt
weitergeleiteten Gewinn, der um das anteilige Tatentgelt des
Angeklagten G. zu reduzieren sei. Die im Jahr 1999 zwischen der I. und
der O. abgeschlossene, als Darlehen bezeichnete Vereinbarung
führe nicht zu einer unbemakelten Forderung, welche die
Anwendung von § 73 Abs. 3 StGB ausschließe (UA S.
150). Zivilrechtliche Ansprüche von geschädigten
Kunden im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB seien nicht
ersichtlich (UA S. 151). In Höhe des an den Angeklagten G.
gezahlten Tatentgelts hat die Kammer von der Verfallsanordnung nach
§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen, weil "andernfalls mehr
abgeschöpft würde, als …
tatsächlich erlangt" worden sei (UA S. 153).
36
Gegen den Angeklagten G. hat die Kammer den Wertersatzverfall in
Höhe des Tatentgelts von 244.467,- € angeordnet. Sie
hat es abgelehnt, darüber hinaus die Einnahmen der I. als
relevante Vermögensmehrung beim Angeklagten G. zu bewerten.
Auch hinsichtlich der Angeklagten D. und S. hat die Kammer jeweils den
Wert des Tatentgelts von
37
- 21 -
100.853,- € bzw. 58.700,- € für verfallen
erklärt. Beim Angeklagten S. hat die Kammer den Betrag von
28.484.315,86 € nicht berücksichtigt, der dem
Geschäftskonto der Rechtsanwaltssozietät Sch.
& S. von Konten der F. zufloss.
38
Die P. habe aus der "Vermietung" der durch strafbare Werbung erlangten
(§ 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StGB) Adressdaten der
ausländischen Gesellschaften Einnahmen von anteilig 671.136,-
€ erzielt, die als gezogene Nutzungen im Sinne von §
73 Abs. 2 Satz 1 StGB dem Wertersatzverfall (§ 73a StGB)
unterlägen.
II.
Bezüglich der Angeklagten D. und S. kann der Senat den
Schuldspruch - wie geschehen - anhand der Urteilsgründe
berichtigen. Im Hinblick auf die Anzahl der diesen Angeklagten
zuzurechnenden Taten - 66 anstatt 62 Fälle - handelt es sich
um ein offensichtliches Fassungsversehen im Urteilstenor (vgl. BGH,
Beschl. vom 5. April 2000 - 3 StR 75/00; Beschl. vom 5. September 2001
- 1 StR 317/01).
39
III.
Revisionen der Angeklagten:
40
Den Revisionen der drei Angeklagten bleibt der Erfolg versagt.
41
1. In sachlich-rechtlicher Hinsicht ohne Rechtsfehler zum Nachteil der
Angeklagten ist die Verurteilung wegen strafbarer Werbung in sechs bzw.
66 Fällen.
42
- 22 -
a) Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass die Versendung der
Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen die tatbestandlichen
Voraussetzungen des - bis zum 7. Juli 2004 gültigen -
§ 4 Abs. 1 UWG aF und des - seither gültigen -
§ 16 Abs. 1 UWG nF erfüllt.
43
44
aa) Dass es sich bei den Werbesendungen, die jeweils standardisierten
Text enthielten und mit Hilfe von Adressdatenbanken in Auflagen von
zumindest 60.470 Stück an die Empfänger verschickt
wurden, um Mitteilungen handelte, die für einen
größeren Kreis von Personen bestimmt waren, bedarf
keiner näheren Begründung.
bb) Die Angaben in den Werbesendungen waren nach einem objektiven
Maßstab unwahr.
45
Ohne beschwerenden Rechtsfehler hat das Landgericht im Hinblick auf die
Gewinnmitteilungen darauf abgestellt, dass eine Chance der
Empfänger, bei einem Gewinnspiel einen Geld- oder sonstigen
Preis zu erhalten, tatsächlich nicht bestand und daher nur
vorgetäuscht war. Hinzu kommt, dass - über die
Bewertung des Landgerichts hinaus - bei den einzelnen
Gewinnmitteilungen unwahre Angaben schon deswegen gegeben sind, weil
der Text nur so verstanden werden kann, dass der Empfänger
bereits den Preis gewonnen hatte. Die Unwahrheit derartiger Angaben
kann nicht ohne weiteres dadurch beseitigt werden, dass an anderer
Stelle - etwa in optisch schwer zugänglichen
"Vergabe-Bedingungen" auf der Rückseite eines sog.
"Auszahlungs-Belegs" (UA S. 52) - Gegenteiliges behauptet wird (vgl.
BGH NJW 2002, 3415; OLG Celle NStZ-RR 2005, 25). Weil die Angeklagten
durch den verkürzten rechtlichen Ansatz des Landgerichts nicht
beschwert sein können, kommt es in diesem Zusammenhang hierauf
allerdings nicht an.
46
- 23 -
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass auch die
Geschenkversprechen unwahre Angaben enthielten. Denn die der
Warenlieferung tatsächlich beigelegten Gegenstände
entsprachen nicht den ausgelobten Geschenken
(Marken-Fernsehgeräte, -Videorekorder etc.); vielmehr handelte
es sich um "wertlosen Plunder". Für die sog. zweistufigen
Geschenkvergaben ergibt sich die Unwahrheit insbesondere auch daraus,
dass die Wendung, ein näher beschriebenes Geschenk sei
"reserviert", in den Werbesendungen sinnentstellt verwendet wurde;
hiermit sollte offensichtlich lediglich verbrämt werden, dass
ein - noch dazu minderwertiges - Geschenk erst einer zweiten
Warenlieferung beigegeben wurde.
47
cc) Aus der Unwahrheit der für die Werbeaussage zentralen
Angaben ergab sich hier, dass diese aufgrund ihres - insoweit
maßgeblichen (vgl. BGHSt 2, 139, 145; BGHR UWG § 4
[aF] Irreführung 1; Diemer in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche
Nebengesetze 168. Lfg. § 16 UWG Rdn. 32a) - Gesamteindrucks
zur Irreführung geeignet waren. Darauf, ob die
Empfänger tatsächlich einem Irrtum unterlegen waren,
kommt es hingegen nicht an (Bornkamm in
Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG 26. Aufl. § 16 Rdn.
9). Hinzu kommt, dass der Kundenstamm, an den sich die Werbesendungen
richtete, vorwiegend aus älteren Personen mit geringem
Bildungsniveau bestand, die für die bezeichneten,
Großzügigkeit und Kundenfreundlichkeit
vortäuschenden Werbeaussagen besonders empfänglich
waren (zur Maßgeblichkeit der von der Werbung konkret
angesprochenen Zielgruppe für das Verbraucherleitbild vgl. nur
Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 1
Rdn. 20, 27 m.w.N.). Die Werbesendungen waren darauf angelegt, diesen
Personen den Eindruck zu vermitteln, der jeweilige Empfänger
sei gegenüber anderen Warenbestellern privilegiert (vgl. BGH
NJW 2002, 3415, 3416).
48
- 24 -
dd) Die Annahme des Landgerichts, dass sich die Angaben nicht auf
persönliche Verhältnisse, Eigenschaften oder Motive
des Werbenden, sondern auf geschäftliche Verhältnisse
im Sinne von § 4 Abs. 1 UWG aF bezogen, entspricht gefestigter
Rechtsprechung (vgl. BGHSt 36, 389, 392; BGH NJW 2002, 3415, 3416;
Kempf/Schilling wistra 2007, 41, 45). Daher wirkt sich hier nicht aus,
dass der Gesetzgeber dieses Tatbestandsmerkmal in § 16 Abs. 1
UWG nF nicht übernommen hat (vgl. hierzu einerseits Bornkamm
aaO § 16 Rdn. 8; andererseits Diemer aaO Rdn. 19, 39 ff.).
49
ee) Entgegen der in den Revisionen der Angeklagten G. und S.
geäußerten Auffassung fehlt es ebenso wenig an einem
Zusammenhang zwischen den unwahren und zur Irreführung
geeigneten Angaben in den Werbesendungen und den (Waren-)Angeboten.
50
(1) Das Erfordernis eines Zusammenhangs zwischen Werbung und beworbener
Ware oder Leistung ist zwar im Gesetzeswortlaut nicht
ausdrücklich niedergelegt, ergibt sich aber aus der
Voraussetzung in § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 Abs. 1
UWG nF, dass der Täter in der Absicht handelt, den Anschein
eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen (vgl. nur
Rengier in Fezer, UWG § 16 Rdn. 98). Ein solcher Zusammenhang
ist unzweifelhaft gegeben, wenn im Sinne eines rechtlichen
Zusammenhangs der in der Werbeaussage versprochene Vorteil vom
beabsichtigten Erwerbsgeschäft abhängig gemacht wird,
so dass eine Kopplung der - vermeintlichen - Vorteilserlangung an die
Bestellung der beworbenen Ware bzw. an die Inanspruchnahme der
beworbenen Leistung vorliegt (vgl. BGH NJW 2002, 3415, 3416: "im Sinne
einer vertraglichen Gegenleistung"; ferner zur Wettbewerbswidrigkeit
BGHZ 147, 296, 302 [Gewinn-Zertifikate]; 151, 84 [Kopplungsangebot I];
BGH WRP 2002, 1259 [Kopplungsangebot II]). In dieser Fallkonstellation
versteht sich von selbst, dass das Angebot des Werbenden neben der Ware
oder Leistung auch den weiteren Vorteil
51
- 25 -
umfasst. Der Kunde, der eine bestimmte Ware zu einem bestimmten Preis
kauft, erwirbt dann nicht nur diese Ware, sondern etwa auch eine
Gewinnchance. Ob die Anwendung von § 4 Abs. 1 UWG aF und
§ 16 UWG nF insoweit auf diese Fallkonstellation
beschränkt ist, hat der Bundesgerichtshof zuletzt in der sog.
"Kaffeefahrtenentscheidung" ausdrücklich offen gelassen;
freilich hat er zugleich Gründe dafür
erörtert, dass auch ein sog. wirtschaftlicher Zusammenhang
ausreichen könnte (BGH NJW aaO unter kritischer Bewertung von
OLG Hamm WRP 1963, 176; OLG Köln MDR 1964, 1028). Denn der
Unternehmer setzt die Anpreisung der weiteren geldwerten Vorteile als
Werbemaßnahme zur Förderung seines Absatzes ein, aus
deren Erlös wiederum die Kosten der Werbung zu finanzieren
sind (BGH NJW aaO).
Für Fälle der vorliegenden Art entscheidet der Senat
die Rechtsfrage nunmehr dahin, dass ein rechtlicher Zusammenhang nicht
zwingend erforderlich ist, es also keiner strikt auf das beabsichtigte
Erwerbsgeschäft bezogenen sachlichen Verknüpfung des
angepriesenen Vorteils bedarf (ebenso Brammsen in
MünchKomm-UWG § 16 Rdn. 44; a.A. Rengier aaO Rdn. 98
ff.; Rose wistra 2002, 370, 374 [mit - unzutreffendem - Hinweis auf
BGHSt 36, 389]). Eine solche Einschränkung des Tatbestands der
strafbaren Werbung läge bereits nach dem Gesetzeswortlaut
fern, der lediglich an den beabsichtigten Anschein der
Günstigkeit des Angebots anknüpft. Der
Gesetzeswortlaut legt vielmehr nahe, dass jeder - vermeintliche -
Vorteil genügt, der das Angebot in einem besonders
günstigen Licht erscheinen lassen soll (vgl. Bornkamm aaO
§ 16 Rdn. 17). Von Bedeutung ist in Fällen der
vorliegenden Art insoweit nur, ob der angepriesene geldwerte Vorteil
mit der Ware oder Leistung als einheitliches Angebot zu qualifizieren
ist. Aber auch nach dem Gesetzeszweck ist eine weitergehende
Einschränkung des Anwendungsbereichs nicht gerechtfertigt.
Denn Schutzzweck des § 4 Abs. 1 UWG aF und des § 16
Abs. 1 UWG nF ist in erster Linie der Verbraucherschutz. Der
Verbraucher soll vor zweckverfehltem und - im
52
- 26 -
Vorfeld der Betrugsstrafbarkeit nach § 263 StGB -
vermögensschädigendem Mitteleinsatz bewahrt werden
(vgl. Bornkamm aaO § 16 Rdn. 2; Piper in Pi-per/Ohly, UWG 4.
Aufl. § 16 Rdn. 4); nur wenn er seine Entscheidung auf
zutreffender Tatsachengrundlage treffen kann, wird er auch seiner
marktregulierenden Funktion gerecht (vgl. Alexander WRP 2004, 407,
411). Vor dem Hintergrund dieses Schutzzwecks ist nicht ersichtlich,
warum gerade die Fälle aus dem Anwendungsbereich der Strafnorm
ausgenommen werden sollten, in denen mit bewusst undurchsichtig
gehaltenen Paketen aus Waren bzw. Leistungen und sonstigen
tatsächlich nicht vorhandenen Vorteilen geworben wird. Unter
Schutzzweckgesichtspunkten scheint in diesen Fällen vielmehr
die Gefahr für die Dispositionsfreiheit der Verbraucher hoch.
Für die Frage, ob ein einheitliches Angebot gegeben ist, ist
maßgeblich der - vom Täter intendierte -
Gesamteindruck der Werbeaussage auf die Adressaten. Dieser
Maßstab ist im Übrigen auch für den die
Irreführung regelnden zivilrechtlichen Tatbestand des
§ 5 Abs. 1 UWG anerkannt (vgl. nur Bornkamm aaO § 5
Rdn. 2.90 m. umfangreichen Nachw. aus der Rspr.). Dabei kommt es im
Sinne eines wirtschaftlichen Zusammenhangs entscheidend darauf an, dass
nach den Vorstellungen des Täters ("Absicht") die Entscheidung
des Adressaten für das Erwerbsgeschäft unter
wirtschaftlichen Gesichtspunkten von dem angepriesenen geldwerten
Vorteil beeinflusst wird. Es liegt nahe, dass ein Interessent einen
Gewinnvorteil oder ein Geschenkversprechen mit dem Warenangebot
zusammen sehen und insgesamt von einem günstigen Angebot
ausgehen wird (vgl. BGH NJW 2002, 3415, 3416).
53
(2) Gemessen an den dargelegten Anforderungen hat das Landgericht den
Zusammenhang zwischen Werbesendungen und zugleich angebotener Ware
rechtsfehlerfrei bejaht.
54
- 27 -
Soweit die Übersendung der ausgelobten Geschenke von einer
Warenbestellung mit einem Mindestbestellwert abhängig gemacht
wurde, liegt bereits ein rechtlicher Zusammenhang vor. Darauf, dass
entsprechend dem Bestellformular ("Test-Anforderung") die Kunden
berechtigt waren, die Waren binnen einer näher bestimmten
Frist zurückzusenden, kommt es nicht an. Denn auch mit der
Vereinbarung eines Kaufs auf Probe - hier entgegen der Auslegungsregel
des § 454 Abs. 1 Satz 2 BGB unter der auflösenden
Bedingung der fristgerechten Missbilligung - ist ein Kaufvertrag
abgeschlossen (vgl. nur Weidenkaff in Palandt, BGB 67. Aufl. §
454 Rdn. 8). Damit standen mit der Warenbestellung Leistung und
Gegenleistung bereits in einem synallagmatischen
Austauschverhältnis, an dem nach den vertraglichen Absprachen
auch das Geschenkversprechen teilnahm. Die Möglichkeit der
Kunden, nachträglich von ihrem Gestaltungsrecht Gebrauch zu
machen, ändert hieran nichts, zumal dies wiederum mit Kosten
verbunden gewesen wäre. Gleiches gilt erst recht für
das bei Fernabsatzverträgen wie hier bestehende Widerrufs-
und/oder Rückgaberecht (vgl. § 312d BGB).
55
Im Übrigen hat das Landgericht zu Recht das Vorliegen eines
wirtschaftlichen Zusammenhangs angenommen. Nach dem Gesamteindruck der
Werbesendungen zielte die Absicht der Angeklagten darauf ab, dass die
Empfänger die Gewinnmitteilungen in Verbindung mit den
Warenkatalogen sehen und insgesamt von einem günstigen Angebot
ausgehen. Die angepriesenen Gewinne waren somit Teil des einheitlichen
Gesamtangebots. Die enge Verbindung von Werbesendungen und
Katalogangebot zeigt sich auch darin, dass beides zusammen verschickt
wurde. Die personalisierten Werbesendungen waren darauf ausgerichtet,
dass sich der Empfänger gegenüber anderen
Warenbestellern privilegiert fühlen sollte. Ihre Gestaltung
erfolgte deshalb in der Weise, dass für den Empfänger
der Eindruck entstehen sollte, schon begünstigt worden zu
sein; vor diesem Hintergrund erschien auch die Ware günstiger,
weil der Kunde für
56
- 28 -
sein Geld vermeintlich mehr erhielt als nur diese. Dieser Zusammenhang
wird etwa besonders deutlich, wenn nach der Ankündigung einer
"Gewinnauszahlung 5.800,- €" der Empfänger darum
gebeten wird, anlässlich der Rücksendung des
unterschriebenen "Auszahlungsbelegs" das Versandhandelsunternehmen "in
diesem Zusammenhang auch wieder einmal mit einer kleinen Bestellung
(zu) beauftragen" (UA S. 51). In diesem Sinne suggerierte die Werbung
Kundenfreundlichkeit und Großzügigkeit. Allein zu
diesem Zweck setzten die Angeklagten die aufwendig gestalteten und sehr
kostenintensiven Werbesendungen ein. Auch die Angeklagten gingen davon
aus, der Warenabsatz werde durch die Gewinnmitteilungen
gefördert und gerade der von den Angeklagten betriebene
Versandhandel mit den betreffenden Kataloglinien sei von derartigen
Werbemaßnahmen abhängig. Besonders prägnant
brachten dies die Angeklagten G. und D. zum Ausdruck, indem sie - einer
Notiz über eine Besprechung zufolge - "verdeutlicht(en), dass
dieses Geschäft im Wesentlichen ohne Gewinnspiele nicht
läuft" (UA S. 122). Die durch das Gesamtangebot bewirkte
Umsatzsteigerung war Beweggrund ihres Tuns (UA S. 127).
b) Ein von sämtlichen Angeklagten mit ihren Revisionen geltend
gemachter unvermeidbarer Verbotsirrtum (§ 17 Satz 1 StGB)
liegt nicht vor. Der Senat kann dem Landgericht auch nicht darin
folgen, dass die Angeklagten G. und D. überhaupt in einem,
wenngleich vermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 Satz 2 StGB)
gehandelt hätten; freilich sind diese Angeklagten hierdurch
nicht beschwert. Die rechtsirrigen Vorstellungen der drei Angeklagten
erweisen sich im Kern lediglich als Fehleinschätzung, sich den
für wettbewerbswidrige Werbemaßnahmen vorgesehenen
Rechtsfolgen entziehen zu können.
57
Ein Verbotsirrtum im Sinne von § 17 StGB liegt nicht schon
dann vor, wenn der Täter keine Kenntnis von der Strafbarkeit
seines Verhaltens und der Anwendbarkeit eines Strafgesetzes hat. Dies
ergibt sich schon aus dem Wort-
58
- 29 -
laut des § 17 Satz 1 StGB ("Fehlt dem Täter
… die Einsicht, Unrecht zu tun"; vgl. BGHSt 45, 97, 100 f.).
Für die Unrechtseinsicht ist bereits ausreichend das
Bewusstsein eines Verstoßes gegen die Rechtsordnung (BGHR
StGB § 17 Unrechtsbewusstsein 1; Bornkamm aaO § 16
Rdn. 19). In einem Verbotsirrtum handelt ein Täter also nur
dann, wenn ihm die Einsicht fehlt, dass sein Tun gegen die durch
verbindliches Recht erkennbare Wertordnung verstößt
(Fischer, StGB 55. Aufl. § 17 Rdn. 3 m.w.N.). Ob der
Täter glaubt, straf-, öffentlich- oder
zivilrechtliche Normen zu verletzen, hat hingegen
grundsätzlich keine Bedeutung (Cramer/Sternberg-Lieben in
Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 17 Rdn.
5; vgl. auch - zur irrigen Annahme einer Ordnungswidrigkeit anstelle
einer Straftat - BGHSt 11, 263, 266; BGHR aaO).
Die Angeklagten rechneten - auch nach eigenen Angaben des Angeklagten
S. (vgl. UA S. 98) - damit, dass die Werbemaßnahmen
wettbewerbsrechtlich unzulässig waren, also gegen
verbindliches Recht verstießen. Gerade die Umstrukturierungen
des Versandhandelsunternehmens dienten dazu, sich der aus den
Wettbewerbsverstößen gezogenen Vorteile zu
versichern und sich den Folgen zu entziehen. Dies gilt
gleichermaßen für Beanstandungen von Wettbewerbs-
und Verbraucherschützern wie für zivilrechtliche
Ansprüche von Verbrauchern. Dass "bestehende Kataloglinien
ausländischen Gesellschaften ohne Gegenleistung (!)
überlassen" wurden, war "eine konsequente Fortsetzung der vom
Angeklagten G. praktizierten Strategie …, den in Deutschland
betriebenen Versandhandel mit wettbewerbswidriger Werbung zu
fördern" (UA S. 116). Weil sich die Angeklagten nach alledem
der Normwidrigkeit ihres Verhaltens in Bezug auf die durch § 4
Abs. 1 UWG aF und § 16 Abs. 1 UWG nF geschützten
Rechtsgüter bewusst waren, ist es von vornherein ohne Belang,
dass sie davon ausgingen, dies habe keine strafrechtlichen
Konsequenzen, sondern könne "nur" zivilrechtliche Folgen nach
sich ziehen, denen sie erfolgreich entgehen könnten.
59
- 30 -
c) Die Bewertung des Landgerichts, die Angeklagten hätten als
Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB gehandelt, ist
nicht zu beanstanden. Zutreffend hat es auch die Anzahl der Taten
für jeden Angeklagten nach der Art seiner Tatbeiträge
beurteilt.
60
61
Der Angeklagte G. war dementsprechend nur wegen sechs tatmehrheitlich
begangenen Taten zu verurteilen, weil er an der Konzeption der
einzelnen 66 Werbesendungen nicht beteiligt war, seine
Beiträge vielmehr im Vorfeld der Einzeltaten beging, indem er
jeweils die Gründung bzw. Nutzung der sechs
ausländischen Gesellschaften veranlasste. Die Einzeltaten sind
dem Angeklagten G. zwar als in gleichartiger Tateinheit begangen
zuzurechnen (BGH NStZ-RR 2004, 352; Fischer aaO vor § 52 Rdn.
35). Gemäß § 260 Abs. 4 Satz 5 StPO sieht
der Senat jedoch aufgrund des Gebots der Klarheit und
Verständlichkeit der Urteilsformel davon ab, diese
entsprechend zu ergänzen (vgl. BGH NJW 2007, 2864, 2867
m.w.N.; Beschl. vom 4. März 2008 - 5 StR 594/07 - Rdn. 11).
2. In sachlich-rechtlicher Hinsicht ohne Rechtsfehler zum Nachteil der
Angeklagten ist auch der Ausspruch über den
(Wertersatz-)Verfall.
62
Das Landgericht hat angenommen, dass die drei Angeklagten folgende
Beträge "für" die Taten erlangten (§ 73 Abs.
1 Satz 1 Alt. 1 StGB): der Angeklagte G. 244.467,- €, der
Angeklagte D. 100.853,- € und der Angeklagte S. 58.700,-
€. Gegen die Bewertung der jeweiligen
Vermögensmehrung als Tatentgelt und deren Bemessung
gemäß § 73b StGB - anhand eines Anteils von
38% des auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bestellvolumens
bezogen auf das Bestellvolumen sämtlicher im
nämlichen Zeitraum verschickter Werbesendungen - ist
revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
63
- 31 -
Anlass zu näheren Ausführungen bestehen nur
hinsichtlich des Angeklagten G. :
64
65
Entgegen der Auffassung dieses Beschwerführers
genügen die Schilderung der Überweisung von 1 Mio.
SFr. aus dem Vermögen der I. an ihn, die von seinem Bruder Gi.
Ende Dezember 2003 veranlasst wurde (UA S. 137, 146), und die
Bezeichnung eines Anteils als Tatentgelt (UA S. 153, 155), um dem Senat
die Prüfung des Merkmals "für die Tat" in §
73 Abs. 1 Satz 1 StGB zu ermöglichen. Die Sachdarstellung
erschöpft sich insoweit nicht bloß in der Wiedergabe
des Gesetzeswortlauts oder in der Umschreibung mit einem
gleichbedeutenden Wort oder einer allgemeinen Redewendung (hierzu BGHR
StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 11; Gollwitzer in
Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 267 Rdn. 32). Aus
der - "nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme" (UA S. 154) vorgenommenen
- Bewertung als (Tat-)Entgelt ergibt sich hinreichend, dass es sich bei
dem überwiesenen Gesamtbetrag um eine Gegenleistung
für die im Urteil im Einzelnen festgestellte
Tätigkeit zugunsten der I. handelte, was sich nach der
Interessenlage auch geradezu aufdrängt. Ein Anteil dieser
Gegenleistung entfällt dabei eo ipso auf das
Versandhandelsgeschäft, das die der Verurteilung zugrunde
liegenden Werbesendungen betraf, und ist damit Tatentgelt. Wie hoch das
Landgericht diesen Anteil - hier 38% - bemisst, ist hingegen eine Frage
des § 73b StGB. Darauf, ob der Bruder des Angeklagten G. an
den strafbaren Handlungen beteiligt war oder davon Kenntnis hatte,
kommt es nach alledem nicht an.
Die Revision des Angeklagten G. stellt indessen an die gebotene
Sachdarstellung im Urteil überzogene Anforderungen.
Insbesondere ist nicht deswegen ein Rechtsfehler gegeben, weil nicht
("nicht einmal") festgestellt ist, "ob und ggf. inwieweit Gi. in die
verfahrensgegenständlichen Taten involviert war und von den
Einzelheiten hinsichtlich dieser Taten Kenntnis
66
- 32 -
hatte". Auch ist es unschädlich, dass sich das Urteil nicht
dazu verhält, ob der Bruder des Angeklagten die
Überweisung mit der "Zweckbestimmung" versah, dass "es sich um
eine Zahlung 'als Tatentgelt für die verurteilten Taten'
handle" (S. 68 des Schriftsatzes vom 7. September 2007).
67
Da der Angeklagte G. den für verfallen erklärten
Betrag somit als Tatentgelt erhielt, ist in diesem Zusammenhang ohne
Bedeutung, ob die Überweisung aus Geldern erfolgte, die von
der F. über die O. an die I. weitergeleitet wurden, inwieweit
also die Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 StGB für die
I. vorliegen. Für den Verfall des für die Tat
Erlangten gilt der Vorrang von Ansprüchen Verletzter nach
§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB regelmäßig - wie
auch hier - nicht (vgl. Fischer aaO § 73 Rdn. 17).
3. Die Verfahrensrügen der Angeklagten dringen nicht durch,
wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 8. August 2007
zutreffend dargelegt hat.
68
Ergänzend bemerkt der Senat, dass die vom Angeklagten G. im
Zusammenhang mit einem Verbotsirrtum erhobenen Verfahrensrügen
nach dem oben unter II 1 b Gesagten ohnehin von einem rechtlich
unzutreffenden Ansatz ausgehen. Insbesondere kommt es für die
Inbegriffsrüge nach § 261 StPO (S. 440 ff. [Punkt D
II] des Schriftsatzes vom 6. November 2006) nicht darauf an, ob
für die in der Hauptverhandlung verlesene
Mustereinstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Offenburg
die irrige Annahme tragend war, entsprechend dem in den Spielregeln
niedergelegten Verfahren seien Gewinne auch ausgezahlt worden.
69
- 33 -
IV.
70
Revision der Nebenbeteiligten I. :
71
Die Revision der Nebenbeteiligten I. hat mit der Sachbeschwerde Erfolg.
Die Verfahrensrügen sind dagegen aus den vom
Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift dargelegten
Gründen unbegründet.
72
Zwar hat das Landgericht ohne Rechtsfehler angenommen, die I. habe nach
§ 73 Abs. 3 StGB durch die Taten 1.743.144,- €
erlangt (nachfolgend 1). Die Beschwerdeführerin beanstandet
jedoch zu Recht, dass sich das Urteil nicht hinreichend dazu
verhält, inwieweit dem Wertersatzverfall, den das Landgericht
nur für einen Teilbetrag von 1.498.677,- € angeordnet
hat, Ansprüche von Verletzten nach § 73 Abs. 1 Satz 2
StGB entgegenstehen (nachfolgend 2).
1. Die I. erlangte als Drittbegünstigte einen Gesamtbetrag von
1.743.144,- € als weitergeleiteten Gewinn "aus" den Taten. Ob
das Landgericht gehalten war, den Wertersatzverfall darüber
hinaus auf einen - anteilig verschobenen - (Brutto-)Erlös zu
erstrecken, ist im hiesigen Zusammenhang ohne Bedeutung, weil die
Beschwerdeführerin insoweit nicht beschwert ist. Gleiches
gilt, soweit das Landgericht gemäß § 73c
Abs. 1 Satz 2 StGB den der I. zugeflossenen Gewinn um das an den
Angeklagten G. gezahlte Tatentgelt reduziert hat.
73
a) Dadurch, dass an Verbraucher Werbesendungen zusammen mit
Warenkatalogen verschickt wurden, waren zunächst die
ausländischen Gesellschaften begünstigt. Auf
hypothetische Kausalverläufe dahin gehend, inwieweit
Empfänger Waren auch dann bestellt hätten, wenn ihnen
die Kataloge ohne (strafbare) Werbesendungen zugegangen wären,
kommt es dabei nicht an. Der
74
- 34 -
Wert des Erlangten floss - jeweils anteilig - anschließend
der O. und schließlich der I. zu.
75
§ 73 Abs. 3 StGB ist schon deswegen auf das von den
ausländischen Gesellschaften, der O. und der I. Erlangte
anwendbar, weil die Angeklagten als Verantwortliche der zur I. -Gruppe
gehörenden Gesellschaften auch in deren Interesse handelten
und diese vorgefasster Absicht entsprechend aus den Taten - jedenfalls
vorübergehend - bereichert wurden. Werden nämlich
Organe, Vertreter oder Beauftragte (§ 14 StGB) oder sonstige
Angehörige einer Organisation gerade mit dem Ziel
tätig, dass bei dieser infolge der Tat eine
Vermögensmehrung eintritt, ist die Organisation im Erfolgsfall
Drittbegünstigte (sog. Vertretungsfall; vgl. BGHSt 45, 235,
245).
Dass die Vermögensmehrung bei der O. und der I. nicht
unmittelbar durch die der Verurteilung zugrunde liegenden Taten
erfolgte, sondern erst aufgrund weiterer dazwischen geschalteter
Rechtsgeschäfte, hindert die Anwendung des § 73 Abs.
3 StGB nicht. Ausreichend, aber auch erforderlich ist insoweit ein
zwischen den Taten und dem Zufluss beim Drittbegünstigten
bestehender Bereicherungszusammenhang (vgl. BGH aaO 244). Dieser ist
durch das Zurechnungsverhältnis der Angeklagten zur O. und zur
I. gegeben; gerade für Straftaten im Interesse von Unternehmen
ist es nicht untypisch, dass dadurch erst komplexe
Geldkreisläufe in Gang gesetzt werden (vgl. BGH aaO 246).
Deshalb wäre es rechtlich auch ohne Bedeutung, wenn - was nahe
liegt - die Zahlungen an die O. zur Erfüllung von zwischen
dieser und den ausländischen Gesellschaften geschlossenen
Dienstleistungsverträgen erfolgt wären.
76
Nach alledem kommt es auch nicht darauf an, ob hinsichtlich der O. und
der I. nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Kriterien
77
- 35 -
- wie das Landgericht angenommen hat - jeweils auch ein sog.
Verschiebungsfall (vgl. BGH aaO 246) gegeben ist.
78
b) Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht davon ausgegangen, die O. habe
den von ihr erzielten Gewinn, den es rechtsfehlerfrei mit 1.743.144,-
€ berechnet hat, unverkürzt an die I. weitergeleitet.
79
aa) Als Ausgangspunkt hat das Landgericht zutreffend die auf die
abgeurteilten Taten entfallenden Bruttoeinnahmen der O. (32.643.155,-
€) geschätzt (§ 73b StGB). Insoweit hat es
das Bestellvolumen aus den abgeurteilten Taten (68.006.573,-
€) um Forderungsausfälle und Retouren (20%)
bereinigt; anschließend hat es den Anteil (60%) errechnet,
der von den eingegangenen Kundengeldern auf verschiedene Weise auf
Konten der O. transferiert wurde (UA S. 143). Dagegen ist
revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
bb) Das Landgericht hat die Überzeugung gewonnen, dass - nur -
"der von der O. aus dem 'Fullfillment' der
verfahrensgegenständlichen Mailings resultierende Gewinn in
voller Höhe an die I. weiterverschoben wurde" (UA S. 149 f.).
80
Die Würdigung der Beweise ist Sache des Tatrichters. Ein
Urteil ist nur dann aufzuheben, wenn die Beweiswürdigung
rechtsfehlerhaft ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn sie
widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, wenn sie
gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze
verstößt oder wenn sie auf einer fehlerhaften
Anwendung des Zweifelssatzes beruht (vgl. nur Senatsurt. vom 3. Juli
2007 - 1 StR 3/07 - Rdn. 41 m.w.N.). Rechtsfehlerhaft ist die
Beweiswürdigung aber auch dann, wenn sich die Schlussfolgerung
so sehr von einer festen Tatsachengrundlage entfernt, dass sie sich als
eine bloße Vermutung erweist (vgl. BGHR StPO § 261
Überzeugungsbildung 26, 34; Vermutung 11, jew. m.w.N.).
81
- 36 -
Ein Fehler bei der Beweiswürdigung liegt hier nicht vor.
Insbesondere beruht die Überzeugung des Landgerichts auf einer
ausreichend tragfähigen Tatsachengrundlage. Als Indizien
dafür, dass der Gewinn der I. vorgefasster Absicht
entsprechend zufloss, hat das Landgericht auf folgende
Umstände heranziehen dürfen, die im Urteil
näher ausgeführt sind: Die I. hielt
ursprünglich sämtliche Geschäftsanteile der
O. . Sie zog als Gesellschafterin "den wirtschaftlichen Nutzen aus dem
Versandhandelsgeschäft und der O. " (UA S. 115). Der
Angeklagte G. , der "an oberster Stelle" stand (UA S. 116), handelte
bei seinen für das Versandhandelgeschäft der zur I.
-Gruppe gehörenden Unternehmen und für die unlauteren
Werbemaßnahmen grundlegenden Entscheidungen dementsprechend
"nach Sachlage im Interesse der I. " (UA S. 110). Rechtsfehlerfrei ist
im Urteil auch dargelegt, dass der unverkürzten Weiterleitung
des Gewinns nicht die als Darlehen bezeichnete Vereinbarung
entgegensteht. Denn gerade aufgrund der im Jahr 1999 beschlossenen
Gewinnausschüttung in Höhe von mindestens 16 Mio. DM,
die der Vereinbarung zugrunde lag, für die der O. aber liquide
Mittel fehlten (UA S. 151), liegt es nahe, dass Gewinne nicht dauerhaft
bei der O. verbleiben, sondern der "Muttergesellschaft"
zufließen sollten. Das hat auch das Landgericht im Blick
gehabt, zumal auch die der O. Kredit gewährende Volksbank
diese vertraglichen Regelungen nicht anerkannte.
82
Infolgedessen ist für die Annahme, in dem Gesamtbetrag von ca.
2,3 Mio. €, den die O. aus eigenen Mitteln an die I. leistete,
sei ihr Gewinn aus den der Verurteilung zugrunde liegenden
Werbesendungen allenfalls quotenmäßig -
nämlich im Verhältnis zum sonstigen Gewinn -
enthalten, entgegen der in den Revisionen der
Beschwerdeführerin und des Beschwerdeführers G.
geäußerten Auffassung kein Raum.
83
- 37 -
cc) Den an die I. weitergeleiteten Gewinn hat das Landgericht
rechtsfehlerfrei auf der Grundlage des Jahresabschlusses 2003 auf
insgesamt 1.743.144,- € geschätzt (§ 73b
StGB).
84
85
2. Das Urteil weist aber einen die Beschwerdeführerin
belastenden Rechtsfehler auf, weil es sich nicht hinreichend dazu
verhält, inwieweit dem Wertersatzverfall zivilrechtliche
Ansprüche von Verletzten im Sinne von § 73 Abs. 1
Satz 2 StGB entgegenstehen.
Der Ausschluss des Verfalls nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB gilt
auch gegenüber einem Drittbegünstigten (vgl. BGH
NStZ-RR 2007, 109; Nack GA 2003, 879, 882 m.w.N.). Der Anwendung des
§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB steht nach ständiger
Rechtsprechung nicht entgegen, dass eine - noch - unbekannte Vielzahl
von Personen geschädigt wurde oder dass Ansprüche
tatsächlich nicht geltend gemacht werden; für den
Ausschluss kommt es auf die rechtliche Existenz der Ansprüche
an (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 18 m.w.N.). Das
bisherige Unterbleiben und die fehlende Erwartung der Geltendmachung
solcher Ansprüche ermöglichen also die
Verfallsanordnung nicht (BGH NStZ-RR 2007, 110). Vielmehr bleibt sie
nur möglich, wenn die Verletzten auf die Geltendmachung
wirksam verzichtet haben oder die Ansprüche verjährt
sind (BGH NStZ 2006, 621, 623; Fischer aaO Rdn. 19).
86
Zutreffend hat die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass
aufgrund der der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen
Schadensersatzansprüche von Kunden auch ihr gegenüber
aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1
UWG nF bzw. § 4 Abs. 1 UWG aF nahe liegen. Für den
alten wie für den neuen Straftatbestand der strafbaren Werbung
ist die Eigenschaft als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2
BGB anerkannt (vgl. BTDrucks. 15/1487 S. 22; Alexander WRP 2004, 407,
420; Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm UWG 26. Aufl.
§ 16 Rdn. 29; Brammsen in Münch-
87
- 38 -
Komm-UWG § 16 Rdn. 12; Köhler in
Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO Einl. Rdn. 7.5; Piper in
Piper/Ohly, UWG 4. Aufl., § 16 Rdn. 4, 27; a.A. Dreyer in
Harte/Henning, UWG § 16 Rdn. 22). Zwar wird der
Schutzgesetzcharakter der Bestimmungen des UWG zu den zivilrechtlichen
Rechtsfolgen allgemein verneint, weil sie sowohl hinsichtlich der
Klagebefugnis als auch hinsichtlich der Anspruchsgrundlagen
abschließend sind. Anderes gilt jedoch für die
Strafbestimmungen, da diese keine - abschließende - Regelung
der zivilrechtlichen Rechtsfolgen enthalten (BTDrucks. aaO).
Anspruchsgegner eines solchen Schadensersatzanspruchs nach §
823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UWG nF bzw.
§ 4 Abs. 1 UWG aF wäre auch die I. , in deren
Interesse die Angeklagten letztlich tätig waren und die den
wirtschaftlichen Nutzen aus dem Versandhandelsgeschäft zog.
Die zivilrechtliche Zurechnung des Verhaltens - jedenfalls des
Angeklagten G. - folgt dabei den Grundsätzen der Organhaftung
analog § 31 BGB (vgl. Heinrichs/Ellenberger in Palandt, BGB
67. Aufl. § 31 Rdn. 5 f.).
Die durch die abgeurteilten Taten irre geführten Kunden
könnten mit diesem Anspruch Schadensersatz in Höhe
des gezahlten Kaufpreises Zug um Zug gegen
Rückübereignung der Ware verlangen.
Grundsätzlich richtet sich der Schadensersatzanspruch auf das
negative Interesse. Der Verletzte ist also so zu stellen, wie er ohne
das haftungsbegründende Ereignis stünde (§
249 Abs. 1 BGB), auch dann, wenn der Schaden im Abschluss eines
Vertrages - etwa durch arglistiges Verleiten hierzu - besteht. Liegt
ein wirksamer Vertrag vor, kann der Verletzte Befreiung von der
Verbindlichkeit und damit auch dessen Rückabwicklung
verlangen; dies gilt unabhängig davon, ob er die Unwirksamkeit
durch Ausübung eines Gestaltungsrechts - wie hier
gegebenenfalls durch Anfechtung wegen arglistiger Täuschung
nach § 123 BGB - herbeiführen könnte (vgl.
Sprau in Palandt aaO vor § 823 Rdn. 17).
88
- 39 -
Der Senat kann anhand der Urteilsfeststellungen nicht beurteilen,
inwieweit Ansprüche der Kunden verjährt sein
könnten. Die Verjährung des Anspruchs aus §
823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UWG nF bzw.
§ 4 Abs. 1 UWG aF richtet sich nach § 195 BGB, nicht
nach § 11 UWG nF bzw. § 21 UWG aF (Alexander WRP
2004, 407, 420). Die Verjährungsfrist beträgt damit
drei Jahre und beginnt grundsätzlich gemäß
§ 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der
Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den
anspruchsbegründenden Umständen und der Person des
Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit
erlangen müsste. Maßgeblich für den
Verjährungsbeginn ist hier also nicht nur der Zeitpunkt der
Kaufpreiszahlung durch die Kunden, vielmehr auch ihre Kenntnis oder
grob fahrlässige Unkenntnis von der Unwahrheit der Angaben in
den Werbesendungen sowie von den Umständen, welche den
Anspruch gerade gegen die I. begründen. Deswegen ist es alles
andere als sicher, dass hinsichtlich der
Schadensersatzansprüche von Kunden bereits Verjährung
eingetreten ist; erst recht gilt dies für den
revisionsrechtlich maßgeblichen Zeitpunkt der
tatrichterlichen Urteilsverkündung. Der Senat hält es
nicht für ausgeschlossen, dass in einer neuen Hauptverhandlung
entsprechende Feststellungen - auch unter Anwendung des § 73b
StGB - getroffen werden können.
89
V.
Revision der Nebenbeteiligten P. :
90
Die Revision der Nebenbeteiligten P. bleibt erfolglos. Die
Wirtschaftsstrafkammer hat ohne sachlichen Rechtsfehler gegen die P.
den Wertersatzverfall in Höhe von 671.136,- €
angeordnet, weil diese aus der "Vermietung" der Adressdaten der
ausländischen Gesellschaften, die durch die strafbaren
Werbemaßnahmen gewonnen wurden, entsprechende - anteilige -
Einnahmen erzielte.
91
- 40 -
Aus der Tat erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2
StGB sind alle Vermögenswerte, die dem Begünstigten
unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase
des Tatablaufs zufließen (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl.
§ 73 Rdn. 10 m.w.N.). Die strafbare Werbung hatte zur Folge,
dass Verbraucher, die für derartige Werbemaßnahmen
empfänglich waren, Bestellungen aufgaben. Das Wissen um diese
Kundendaten war damit anteilig aus den abgeurteilten Taten erlangt,
worauf der Adressdatenbestand beruhte. Denn durch die Verwaltung der
Adressdaten wurde sichergestellt, dass die Daten - nur - derjenigen
Empfänger gelöscht wurden, die für eine
gewisse Zeit keine Bestellungen aufgaben.
92
Die Einnahmen aus der "Vermietung" der Adressdaten stellen Nutzungen im
Sinne von § 73 Abs. 2 Satz 1 StGB dar. Zudem ist die P.
Drittbegünstigte nach § 73 Abs. 3 StGB, da die
"Vermietung" in ihrem Interesse auf Anweisung der für sie
handelnden Angeklagten G. und D. erfolgte (sog. Vertretungsfall; vgl.
BGHSt 45, 235, 245). Der P. ist kein (Mit-)Verschulden an den
Werbemaßnahmen selbst zuzurechnen, so dass Ansprüche
im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht ersichtlich sind.
Dass die Kammer die Einnahmen, die anteilig auf die der Verurteilung
zugrunde liegenden Werbesendungen entfielen, gemäß
§ 73b StGB unter Zugrundelegung einer Quote von 38% errechnet
hat, ist nicht zu beanstanden.
93
VI.
Revisionen der Staatsanwaltschaft:
94
Die - auf den Ausspruch über den Verfall beschränkten
- Revisionen der Staatsanwaltschaft haben den aus dem Urteilstenor
ersichtlichen Teilerfolg. Während die gegen die
Nebenbeteiligten O. , I. und 3 C V. gerichteten Revisionen jeweils mit
der Sachbeschwerde durchdringen, sind die
95
- 41 -
Revisionen unbegründet, soweit die drei Angeklagten und die
Nebenbeteiligte P. betroffen sind.
96
1. Zur Nebenbeteiligten O. :
97
Was eine Verfallsanordnung gegen die O. anbelangt, kann der Senat dem
Landgericht im Hinblick auf den Umfang des Erlangten schon nicht darin
folgen, dass Gegenstand des Wertersatzverfalls nur der (Netto-)Gewinn,
nicht der (Brutto-)Umsatzerlös ist (nachfolgend a). Vor allem
aber hat das Landgericht von einer Verfallsanordnung aufgrund einer
rechtsfehlerhaften Anwendung des § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1
StGB abgesehen (nachfolgend b).
a) Das von der O. Erlangte umfasst nicht nur den von ihr erzielten
Nettogewinn, sondern die anteilig an sie weitergeleiteten
Bruttoeinnahmen, die das Landgericht mit 32.643.155,- €
berechnet hat.
98
aa) Die ausländischen Gesellschaften erhielten als
Drittbegünstigte "aus" den Taten (§ 73 Abs. 1 Satz 1
Alt. 2 StGB), also dadurch, dass an Verbraucher Werbesendungen zusammen
mit Warenkatalogen verschickt wurden, unmittelbar Warenbestellungen;
deren Wert floss anteilig der O. zu.
99
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist insoweit ein
"Wettbewerbsvorteil", der zunächst nur in einer Chance auf
Warenbestellungen bestanden habe, kein tauglicher
Anknüpfungspunkt für den Verfall. Eine solche Chance
ist für den Begünstigten überhaupt nur in
dem Umfang werthaltig, in dem Empfänger auch
tatsächlich Waren bestellen. Einen hiervon zu trennenden
Marktwert hat eine solche Chance nicht. Darüber hinaus
verwirklicht sich erst in den Vertragsschlüssen selbst die
abstrakte Gefahr für die Dispositionsfreiheit der Verbraucher
und die Marktaussichten von Mitbewerbern, deren Schutz die strafbare
Werbung nach § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 Abs. 1 UWG nF
bezweckt. Der 5. Strafsenat hat dementsprechend in einem Fall der
Bestechung
100
- 42 -
im geschäftlichen Verkehr als im Sinne von § 73 Abs.
1 Satz 1 StGB unmittelbar erlangtes "etwas" die Auftragserteilung
selbst, also den Vertragsschluss, angesehen, dagegen nicht schon die in
der Manipulation des Vergabeverfahrens bestehende Chance auf
Auftragserteilung (so BGHSt 50, 299, 309 f. ["Kölner
Müllskandal"]; zustimmend Saliger NJW 2006, 3377, 3381;
ablehnend Hohn wistra 2006, 321, 322).
bb) Der Umfang des Erlangten ist zwingend nach Maßgabe des
Bruttoprinzips zu bemessen. Hiernach sind Vermögenswerte, die
der Täter oder Teilnehmer in irgendeiner Phase des Tatablaufs
unmittelbar erlangt hat, in ihrer Gesamtheit abzuschöpfen,
ohne dass Gegenleistungen oder sonstige Aufwendungen in Abzug gebracht
werden (BGHSt 47, 369, 370 f.; W. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73
Rdn. 18, jew. m.w.N.). Das gilt auch für den
Drittbegünstigten im Sinne von § 73 Abs. 3 StGB,
zumal dann, wenn er Nutznießer der Tat ist (BGHSt aaO 374;
BGH NStZ-RR 2004, 214, 215). Bei der Umstellung auf das Bruttoprinzip
durch das Gesetz zur Änderung des
Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer
Gesetze vom 28. Februar 1992 (BGBl I 372) hat der Gesetzgeber unter
anderem auf den Rechtsgedanken des § 817 Satz 2 BGB
abgestellt, wonach das in ein verbotenes Geschäft Investierte
unwiederbringlich verloren sein müsse (BTDrucks. 12/899 S. 11;
hierzu BGHSt aaO 372). Dass das Bruttoprinzip sachgerecht ist, ergibt
sich aus dem Präventionszweck des Verfalls: Müsste
der von der Verfallsanordnung Betroffene lediglich die
Abschöpfung des Nettogewinns befürchten, so
würde sich die Tatbegehung für ihn unter finanziellen
Gesichtspunkten als weitgehend risikolos erweisen. Den
Drittbegünstigten soll das Bruttoprinzip veranlassen, zur
Verhinderung solcher Taten wirksame Kontrollmechanismen zu errichten
oder aufrechtzuerhalten (vgl. BGHSt aaO 374; ferner BGHSt 51, 65, 67;
BGH NStZ-RR 2004, 214, 215).
101
- 43 -
cc) Aus den Taten erlangt wurden hier nicht nur die Warenbestellungen,
also die Vertragsschlüsse, die durch das Verschicken der
Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen kausal hervorgerufen
wurden, sondern auch die von den Kunden in Erfüllung der
Kaufverträge geleisteten Zahlungen (zum Kriterium der
Unmittelbarkeit vgl. BVerfG, Kammerbeschl. vom 7. Juli 2007 - 2 BvR
527/06 - Rdn. 4). Insoweit besteht nach Auffassung des Senats hier kein
sachlicher Grund, zwischen schuldrechtlichem
Verpflichtungsgeschäft und "dinglichem"
Erfüllungsgeschäft zu differenzieren.
102
Der 5. Strafsenat hat freilich in einer anderen Fallgestaltung - einem
Fall der Bestechung im geschäftlichen Verkehr - die
Notwendigkeit einer derartigen Differenzierung befürwortet
(BGHSt 50, 299, 309 ff. ["Kölner Müllskandal"]):
Unmittelbar aus einer solchen Tat erlange "ein Werkunternehmer im
Rahmen korruptiver Manipulation bei der Auftragsvergabe lediglich die
Auftragserteilung - also den Vertragsschluss - selbst, nicht hingegen
den vereinbarten Werklohn" (BGH aaO 310). Anders als etwa bei
Betäubungsmittelgeschäften oder
Embargoverstößen sei bei der Bestechung im
geschäftlichen Verkehr strafrechtlich bemakelt lediglich die
Art und Weise, wie der Auftrag erlangt sei, nicht dass er
ausgeführt werde. Der wirtschaftliche Wert des Auftrags
bemesse sich dort vorrangig nach dem zu erwartenden Gewinn (BGH aaO 310
f.). Erst wenn dieser ermittelt worden sei, folge aus dem
Bruttoprinzip, dass für den Vertragsschluss getätigte
Aufwendungen - wie insbesondere die Bestechungssumme - nicht weiter in
Abzug gebracht werden könnten (BGH aaO 312; vgl. auch BGHSt
47, 260, 269 f.).
103
Die Rechtsprechung des 5. Strafsenats steht hier weder der Beurteilung
entgegen, dass (auch) die Kaufpreiszahlungen (unmittelbar) aus den
abgeurteilten Taten erlangt sind, noch widerspricht sie der Bemessung
des anteilig an die O. weitergeleiteten Taterlöses nach dem
Bruttoprinzip:
104
- 44 -
Eine Divergenz liegt schon deshalb nicht vor, weil die
Durchführung der Kaufverträge hier strafrechtlich
bemakelt ist. Wenn es nämlich - wie bereits oben unter III 1 a
ee (1) ausgeführt - Schutzzweck von § 16 Abs. 1 UWG
nF bzw. § 4 UWG aF ist, den Verbraucher vor zweckverfehltem
und vermögensschädigendem Mitteleinsatz zu bewahren,
dann kann der Mitteleinsatz selbst nicht als in diesem Sinne
strafrechtlich neutral beurteilt werden. Ohne das Verschicken der
irreführenden Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen
wäre es nicht zu Bestellungen und entsprechenden
Kaufpreiszahlungen der Kunden gekommen. Anderes gilt für den
vom 5. Strafsenat entschiedenen Fall. Das Werk wäre
nämlich auch ohne korruptive Manipulation der Auftragsvergabe
hergestellt worden, so dass ein Werklohn in jedem Fall hätte
entrichtet werden müssen. Der Straftatbestand der Bestechung
im geschäftlichen Verkehr nach § 299 Abs. 2 StGB
schützt dementsprechend - unmittelbar nur - den freien
Wettbewerb (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. vor § 298 Rdn. 6,
§ 299 Rdn. 2). Dies könnte es rechtfertigen,
lediglich einen "Mehrerlös", insbesondere soweit er
über den regulär erzielbaren Werklohn hinausgeht, als
das aus der Straftat Erlangte zu bewerten.
105
Hinzu kommt, dass auch nach der Entscheidung des 5. Strafsenats das in
Straftaten Investierte nicht verfallsmindernd berücksichtigt
werden darf (vgl. BGHSt 50, 299, 310, 312). Der Gesetzgeber wollte
gerade dessen unwiederbringlichen Verlust anordnen (siehe oben unter
bb). Die vom Landgericht vorgenommene Berechnung des Gewinns der O. -
anhand des Verhältnisses des im Jahresabschluss 2003
ausgewiesenen Betriebsgewinns zur Gesamtleistung des Betriebes (siehe
oben unter I 1 b) - dürfte jedoch dazu führen, dass
die Aufwendungen für strafbare Werbung
unzulässigerweise den Verfallsbetrag schmälern
würden.
106
- 45 -
Wäre das vom 5. Strafsenat genannte Kriterium der
strafrechtlichen Bemakelung gar dahin zu verstehen, dass die
Ausführung eines Vertrags für sich gesehen strafbar
sein müsse, könnte der Senat dieser
Einschränkung nicht folgen. Das hätte
nämlich zur Folge, dass bei "Alltagsgeschäften", etwa
bei durch Betrug zustande gekommenen Verträgen über
Dienstleistungen, über den Kauf von Autos oder über
Geldanlagen, die Rückgewinnungshilfe (vgl. § 111i in
Verbindung mit § 111b Abs. 5 StPO) sachwidrig begrenzt
wäre. Da in solchen Fällen das
Erfüllungsgeschäft als solches
regelmäßig nicht verboten ist, wäre eine
über den Gewinn hinausgehende Rückgewinnungshilfe von
vornherein ausgeschlossen. Der Senat ist demgegenüber der
Auffassung, dass auch in diesen Fällen das Erlangte in vollem
Umfang dem Verfall unterliegt. Dies hat der Gesetzgeber jedenfalls mit
dem Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und
der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24.
Oktober 2006 (BGBl I 2350) klargestellt. Ziel des Gesetzes war nach der
Begründung des Regierungsentwurfs (BTDrucks. 16/700 S. 8) zu
verhindern, dass "Verbrechen sich lohnt". Die
Rückgewinnungshilfe sollte insbesondere auch bei den durch
Betrug verursachten Massenschäden - also auch in
Fällen, in denen die Ausführung eines Vertrags
für sich gesehen nicht strafbar ist - verbessert werden.
Rückgewinnungshilfe setzt aber voraus, dass der Verfall, auch
soweit das Erlangte über den Gewinn hinausgeht, nach
§ 73 Abs. 1 Satz 1 StGB überhaupt angeordnet werden
könnte. Wenn der Gesetzgeber danach für derartige
Fallgestaltungen die Rückgewinnungshilfe nicht nur
ermöglichen, sondern sogar noch verbessern wollte, dann hat er
damit zugleich entschieden, dass dem Verfall das aus
Erfüllungsgeschäften, die als solche nicht verboten
sind, Erlangte - nach dem Bruttoprinzip - in voller Höhe
unterliegt.
107
Aber auch unabhängig hiervon stößt die
Rechtsprechung des 5. Strafsenats, wenngleich es im vorliegenden
Zusammenhang nicht darauf ankommt, beim Senat schon im rechtlichen
Ausgangspunkt auf Bedenken. Sie bleibt näm-
108
- 46 -
lich eine Erklärung dafür schuldig, aus welchen
Gründen die Ermittlung des Werts des schuldrechtlichen
Verpflichtungsgeschäfts durch Saldierung - also gleichsam nach
dem Nettoprinzip - erfolgt, während sich nur der Wert des
"dinglichen" Erfüllungsgeschäfts nach dem
Bruttoprinzip richten soll (insoweit krit. auch Hohn wistra 2006, 321,
322 f.; Saliger NJW 2006, 3377, 3381; Fischer aaO § 73 Rdn.
11). Nach dem Bruttoprinzip wäre es vielmehr nahe liegend,
auch beim schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft den
Anspruch auf Leistung (auf den vereinbarten Werklohn) so zu bewerten,
dass die Verpflichtung zur Gegenleistung (zum Bau einer
Restmüllverbrennungsanlage) unberücksichtigt bliebe.
Des Weiteren ist das vom 5. Strafsenat vertretene enge
Verständnis des Unmittelbarkeitskriteriums nicht ohne weiteres
vereinbar mit der gesetzlichen Systematik von § 73 Abs. 1 Satz
1 und Abs. 2 StGB, aus der dieses Kriterium hergeleitet wird.
§ 73 Abs. 2 StGB erfasst als mittelbare
Vermögenszuwächse ausschließlich Nutzungen
und Surrogate; die Bestimmung ist § 818 Abs. 1 BGB
nachgebildet (W. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 43). Dieser
knüpft gerade an die Herausgabe nach § 812 Abs. 1
Satz 1 BGB, also insbesondere die - nach gesetzlicher Wertung somit
keineswegs mittelbare - "dingliche"
(Rück-)Übertragung bei unwirksamem schuldrechtlichem
Verpflichtungsgeschäft an. Es geht daher zu weit, wenn sich
aus § 73 Abs. 2 StGB ergeben soll, vom Anwendungsbereich des
§ 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sei nur ein vertraglicher Anspruch,
nicht aber das zu seiner Erfüllung Geleistete erfasst.
b) Die Beschwerdeführerin beanstandet weiterhin zu Recht, dass
das Landgericht § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB mit der
Begründung angewendet hat, dass die O. den Gewinn an die I.
weiterleitete und über ihr Vermögen das
Insolvenzverfahren eröffnet ist, so dass eine
Verfallsanordnung die Insolvenzmasse schmälern würde
und diese - nach Einschätzung des Landgerichts -
"voraussichtlich" nicht ausreichen wird, um alle Gläubiger zu
befriedigen.
109
- 47 -
aa) Im Hinblick auf § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB ist der
Abfluss des Taterlöses für sich gesehen
regelmäßig unbeachtlich. Da die zur I. -Gruppe
gehörenden Gesellschaften von den Angeklagten vertreten wurden
und durch deren Taten erst komplexe Geldkreisläufe in diesem
zusammenwirkenden Firmengeflecht in Gang gesetzt wurden (vgl. BGHSt 45,
235, 245 f.; siehe oben IV 1 a), unterliegt bei jeder dieser
Gesellschaften grundsätzlich das von ihr Erlangte bzw. das an
sie Weitergeleitete dem (Wertersatz-)Verfall.
110
Die Unbeachtlichkeit des Abflusses des Taterlöses ergibt sich
dabei aus dem Präventionszweck des Verfalls, der auf die
Verhinderung gewinnorientierter Straftaten gerichtet ist (vgl. BGHSt
51, 65, 72). Eine Auslegung der Vorschriften über den Verfall,
nach der die Tatbegehung unter finanziellen Gesichtspunkten weitgehend
risikolos bleibt, genügt diesem Zweck nicht (vgl. hierzu BGH
aaO 67; ferner BGHSt 47, 369, 374; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215). Dass
der spätere Abfluss allein den Umfang der rechtlich gebotenen
Erlösabschöpfung nicht berührt,
korrespondiert dabei mit dem gesetzgeberischen Anliegen, das mit der
Einführung des Bruttoprinzips verbunden war (siehe oben unter
a bb); dieses Anliegen darf mit Hilfe der Härteklausel des
§ 73c StGB nicht unterlaufen werden (vgl. BGHR StGB §
73c Härte 7).
111
In der Höhe ist der Gesamtbetrag dessen, was
tatsächlich abgeschöpft werden kann, hier lediglich
durch das von den Erstbegünstigten Erlangte, also dem
Vermögenszufluss bei den ausländischen Gesellschaften
begrenzt. Dieser Betrag entspricht dem auf die abgeurteilten Taten
entfallenden Bestellvolumen abzüglich der
Forderungsausfälle und Retouren (54.405.258,- €).
Nahe liegt, dass in Fällen der Drittbegünstigung nach
§ 73 Abs. 3 StGB, in denen das Erlangte weitergeleitet wurde,
ohne dass dadurch erneut eine Straftat begangen wurde, - anders als in
Fällen einer Handelskette beim unerlaubten Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln (vgl. BGHSt 51, 65, 71 f.) - von
Gesamtschuldner-
112
- 48 -
schaft auszugehen ist, soweit die Verfallsanordnungen in der Summe
über das vom Erstbegünstigten Erlangte hinausgehen.
Dies bedarf hier jedoch keiner vertieften Erörterung.
113
bb) Eine Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1
StGB scheidet von vornherein aus, soweit und solange der Angeklagte
oder Drittbegünstigte über Vermögen
verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem
"verfallbaren" Betrag zurückbleibt. Dabei kommt es
grundsätzlich nicht darauf an, ob das vorhandene
Vermögen einen konkreten oder unmittelbaren Bezug zu der
rechtswidrigen Tat hat (BGH aaO 69 m.w.N.). Weist das Vermögen
einen solchen Bezug nicht auf, namentlich weil der Taterlös
weitergeleitet wurde, bietet § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB in
besonders gelagerten Einzelfällen einen hinreichenden Schutz
(BGH aaO 70). Im Rahmen des Beurteilungsspielraums, den der Tatrichter
für den Rechtsbegriff der unbilligen Härte hat, kann
dabei insbesondere ins Gewicht fallen, dass ein
Drittbegünstigter - anders als hier die O. über die
für sie verantwortlich Handelnden - gutgläubig ist
(vgl. BGHSt 47, 369, 376; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215; 2007, 109, 110;
vgl. auch BGH, Urt. vom 3. Juli 2003 - 1 StR 453/02 - Umdr. S. 45 f.:
kein Absehen bei bewusst verfallsvereitelnder Weitergabe von
Vermögenswerten).
cc) Auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hindert die
Anordnung des Verfalls grundsätzlich nicht. § 39 Abs.
1 Nr. 3 InsO betrifft lediglich die Frage, wie ein angeordneter
Wertersatzverfall rangmäßig im Insolvenzverfahren zu
behandeln ist (vgl. BGHSt 50, 299, 312; Hohn wistra 2006, 321).
Für die Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz
2 Alt. 1 StGB maßgeblich ist daher nicht schon die
Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern erst die
Feststellung, dass die Insolvenzmasse nicht zur Befriedigung
vorrangiger Forderungen ausreicht, somit kein verwertbares
Vermögen vorhanden ist. Eine derartige - sichere -
Feststellung fehlt im angefochtenen Urteil. Inwieweit im Einzelfall
114
- 49 -
auch nachrangige Forderungen, etwa nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO
solche auf Rückgewähr kapitalersetzender Darlehen
eines Gesellschafters, im Rahmen des Ermessens
Berücksichtigung finden könnten, braucht der Senat
nicht zu entscheiden.
115
Der 5. Strafsenat hat zwar die Angemessenheit des Absehens vom Verfall
nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB unter anderem damit
begründet, dass kein bleibender "Gewinn" erzielt wurde und
sich die Verfallsbeteiligte in der Insolvenz befand (so BGHSt 50, 299,
313). Eine Divergenz zu dieser Entscheidung im Sinne von § 132
Abs. 2 GVG besteht jedoch auch insoweit nicht, weil dort die Anwendung
der Vorschrift - anders als hier - insbesondere auch auf die
Feststellung im tatrichterlichen Urteil gestützt worden ist,
dass sich die Verfallsbeteiligte erheblichen Regressansprüchen
konkret ausgesetzt sah.
2. Zur Nebenbeteiligten I. :
116
Soweit gegen die I. der Verfall von Wertersatz in Höhe von
1.498.677,- € angeordnet worden ist, enthält das
Urteil ebenfalls einen diese begünstigenden Rechtsfehler. Die
Beschwerdeführerin beanstandet zwar zu Unrecht, dass die
Wirtschaftsstrafkammer den Gewinn von 1.743.177,- €, nicht die
Einnahmen von ca. 2,3 Mio. € als das Erlangte angesehen hat.
Denn anders als bei der O. entspricht allein dies - wie oben unter IV 1
b bb ausgeführt - den Urteilsfeststellungen, denen zufolge die
I. den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Versandhandelsgeschäft
und der O. ziehen sollte, so dass ihr lediglich der Saldo aus Einnahmen
und Ausgaben zufloss. Die Kammer hat jedoch rechtsfehlerhaft den
weitergeleiteten Gewinn gemäß § 73c Abs. 1
Satz 2 Alt. 1 StGB um das an den Angeklagten G. gezahlte Tatentgelt von
244.467,- € reduziert. Gemäß dem oben unter
1 b aa und bb Dargelegten ist im Hinblick auf diese Vorschrift der -
teilweise - Abfluss des Taterlöses für sich gesehen
regelmäßig unbeachtlich.
117
- 50 -
3. Zur Nebenbeteiligten 3 C V. :
118
119
Soweit von einer Verfallsanordnung gegen die 3 C V. abgesehen worden
ist, ist das Urteil rechtsfehlerhaft, da das Landgericht in zweifacher
Hinsicht einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab angelegt
hat. Auf die von der Beschwerdeführerin insoweit erhobene
Aufklärungsrüge, das Landgericht habe näher
bestimmten Urkundsbeweis erheben und infolgedessen ergänzende
Feststellungen zu Vereinbarungen und Geldflüssen zwischen der
F. und der 3 C V. treffen müssen, kommt es daher nicht an.
Im Urteil ist ausgeführt, dass zur Höhe der von der 3
C V. aus verfahrensgegenständlicher Werbung erlangten
Vermögensvorteile keine Feststellungen hätten
getroffen werden können (UA S. 138). Des Weiteren sei der
"Wettbewerbsvorteil" letztlich an die I. verschoben und dort
abgeschöpft worden, so dass § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB
anzuwenden sei; "weitere" Vermögensvorteile seien indessen
nicht feststellbar (UA S. 156).
120
Im Ansatz zutreffend ist - nach dem oben unter IV 1 a Gesagten - die
Annahme, zunächst hätten die ausländischen
Gesellschaften, damit auch die 3 C V. als Drittbegünstigte,
durch die mit den Warenkatalogen verschickten Werbesendungen etwas
erlangt. Die - wenngleich knapp gehaltenen - Ausführungen
zeigen jedoch zweierlei:
121
Zum einen hat das Landgericht zu Unrecht angenommen, die Anordnung des
Wertersatzverfalls setze voraus, dass der Nettogewinn ermittelt werde.
Darauf deutet zunächst die Verwendung des Bergriffs
"Vermögensvorteil" im Urteil hin, der dem Wortlaut des
§ 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF entsprach, bevor der Gesetzgeber
durch das Gesetz zur Änderung des
Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer
Gesetze vom 28. Februar 1992 (BGBl I 372) das Bruttoprinzip ("etwas")
einführte. Darüber hinaus ist auch nicht
122
- 51 -
ersichtlich, aus welchen Gründen sich die auf die
Vertragsschlüsse mit der 3 C V. entfallenden Bruttoeinnahmen -
selbst unter Anwendung des § 73b StGB - nicht berechnen
ließen. Das Landgericht hat neun unter der Firma 3 C V.
verschickte strafbare Werbesendungen mit Aussendedatum und
Auflagenstärke festgestellt (UA S. 25). Es spricht nichts
dafür, dass der Umsatzerlös der 3 C V. nicht
hätte - entsprechend der auch ansonsten verwendeten
Berechnungsmethode (vgl. UA S. 142) - geschätzt werden
können, zumal, wie sich aus der Revisionsbegründung
der Staatsanwaltschaft ergibt (S. 49 ff.), im Rahmen der Anordnung
eines dinglichen Arrests gemäß § 111b Abs.
2, § 111d StPO das auf diese neun Werbesendungen entfallende
Bestellvolumen (8.888.981,81 €) ermittelt worden war. Auch
dass die Zahlungen der Kunden auf Konten der F. "umgeleitet" wurden, um
die Einnahmen dem Zugriff von Gläubigern zu entziehen (UA S.
134), bedeutet nicht ohne weiteres, dass keine
Vermögensmehrung bei der 3 C V. eintrat. Vielmehr
könnten dieser - was angesichts der Feststellungen nahe liegt
- Zahlungsansprüche in Bezug auf die erfolgten Bestellungen
zugestanden haben.
Zum anderen beruhen die Erwägungen wiederum auf einem
unzutreffenden rechtlichen Maßstab, was die
Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB
anbelangt. Wie bereits oben unter 1 b aa und bb ausgeführt,
steht die Weiterleitung des Gewinns an die I. der Verfallsanordnung
für sich gesehen regelmäßig nicht entgegen.
123
4. Zum Angeklagten G. :
124
Die gegen den Angeklagten G. gerichtete Revision ist
unbegründet. Dass die Kammer nur einen Anteil von 38% der von
der I. überwiesenen 1 Mio. SFr. als Tatentgelt bewertet hat,
ist sachlich-rechtlich nicht zu beanstanden (hierzu oben unter III 2).
Überdies ist im Urteil rechtsfehlerfrei dargelegt, dass die
persönliche Vermögensbilanz dieses Angeklagten nicht
bereits
125
- 52 -
durch den Zufluss der 1.743.144,- € bei der I. "verbessert"
wurde und er selbst hierdurch noch nichts erlangt hat (nachfolgend a);
die hierauf bezogene Verfahrensrüge dringt nicht durch
(nachfolgend b).
126
a) Die Verfallsanordnung setzt voraus, dass der von ihr Betroffene den
Vermögenswert tatsächlich erlangt hat. Erforderlich
ist insoweit die tatsächliche Verfügungsgewalt oder -
bei Mittätern zumindest - wirtschaftliche
Mitverfügungsgewalt (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. §
73 Rdn. 13 ff.). In Vertretungsfällen gemäß
§ 73 Abs. 3 StGB, in denen - wie hier - der Täter als
Organ, Vertreter oder Beauftragter (§ 14 StGB) oder als
sonstiger Angehöriger einer juristischen Person für
diese handelt und die Vermögensmehrung bei der juristischen
Person eintritt, kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass der
Täter (Mit-)Verfügungsgewalt an dem Erlangten hat.
Regelmäßig ist vielmehr davon auszugehen, dass die
juristische Person über eine eigene Vermögensmasse
verfügt, die vom Privatvermögen des Täters
zu trennen ist. Die dem Vermögen einer juristischen Person
zugeflossenen Vermögenswerte sind daher auch dann nicht ohne
weiteres durch den Täter im Sinne von § 73 Abs. 1
Satz 1 StGB erlangt, wenn dieser eine - legale -
Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen hat (BVerfG
[Kammer] StV 2004, 409, 411; NJW 2005, 3630, 3631). Für eine
Verfallsanordnung gegen den Täter bedarf es in derartigen
Fällen einer über die faktische
Verfügungsgewalt hinausgehenden Feststellung, dass dieser
selbst etwas erlangt hat, was zu einer Änderung seiner
Vermögensbilanz geführt hat. Eine solche Feststellung
rechtfertigende Umstände können etwa darin liegen,
dass der Täter die juristische Person nur als einen formalen
Mantel seiner Tat nutzt, eine Trennung zwischen der eigenen
Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft aber
nicht vornimmt, oder darin, dass jeder aus der Tat folgende
Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den
Täter weitergeleitet wird (BVerfG [Kammer] NJW aaO).
- 53 -
Dass es sich bei dem Vermögen der Aktiengesellschaft I. und
dem Privatvermögen des Angeklagten G. um in diesem Sinne nur
vorgeblich getrennte Vermögensmassen handelte, hat das
Landgericht nicht festgestellt und dementsprechend ein Erlangen im
Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB beim Angeklagten G.
rechtsfehlerfrei verneint (vgl. UA S. 155). Eine nur vorgegebene
Vermögenstrennung liegt in Anbetracht der
Urteilsfeststellungen auch nicht nahe, wie die Überweisung der
1 Mio. SFr., in denen das Entgelt für die abgeurteilten Taten
enthalten war, zeigt. Ein von der Beschwerdeführerin geltend
gemachter Mangel in der Sachdarstellung liegt nicht vor.
127
b) Die Verfahrensrüge, mit der die Beschwerdeführerin
die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Bedeutungslosigkeit nach
§ 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 2 StPO beanstandet, ist
unbegründet. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hatte die
Verlesung einiger Urkunden beantragt, wobei die Beweisbehauptungen
darauf zielten, dass nicht der Bruder des Angeklagten G. , sondern er
selbst (nahezu) alleiniger Aktionär und "Inhaber" der I. sei.
128
Aus dem Ablehnungsbeschluss geht hervor, dass die Kammer die unter
Beweis gestellten Indiztatsachen aus rechtlichen Gründen
für bedeutungslos gehalten hat. In dem Beschluss ist in Bezug
auf den Verfall lediglich ausgeführt, dass die
Gesellschaftsverhältnisse der I. für die
Abschöpfung etwaiger von dieser gezogener Gewinne keine Rolle
spielten, weil der Verfall gegen die I. auch angeordnet werden
könne, wenn nicht der oder ein Gesellschafter, sondern ein
Organ die Tathandlungen begangen habe. Zwar ist die Begründung
des Ablehnungsbeschlusses insoweit unzulänglich, da die Kammer
das Beweisziel im Hinblick auf die Verfallsanordnung gegen den
Angeklagten G. nicht vollständig erfasst zu haben scheint. Der
Senat kann jedoch das Beruhen des Urteils auf diesem Mangel
ausschließen, weil insoweit die Gründe der
Bedeutungslosigkeit aus tatsächlichen Gründen klar
zutage traten
129
- 54 -
(vgl. Herdegen in KK-StPO 5. Aufl. § 244 Rdn. 75 m.w.N.). Auch
wenn die Beweisbehauptungen erwiesen worden wären und der
Angeklagte G. nahezu alleiniger Aktionär der I. bzw. in diesem
Sinne deren "Inhaber" gewesen wäre, wäre
nämlich der von der Beschwerdeführerin begehrte
Schluss auf nur vorgeblich getrennte Vermögenssphären
nicht nahe liegend. Dies hat auch die Kammer erkennbar so gesehen.
5. Zum Angeklagten S. :
130
Der Senat teilt die Meinung der Beschwerdeführerin nicht, der
Angeklagte S. habe über das Tatentgelt von 58.700,- €
hinaus als Taterlös ("aus" den Taten) weitere Beträge
nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt, weil sich den
Feststellungen zufolge auf dem Geschäftskonto der
Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. vorübergehend
insgesamt 28.484.315,86 € befanden, die von Konten der F.
dorthin transferiert wurden.
131
Ein Rechtsfehler in sachlich-rechtlicher Hinsicht, auch in Form eines
Erörterungsmangels, liegt nicht vor. Feststellungen, welche
die Beurteilung rechtfertigen, durch den Geldzufluss auf dem
Kanzleikonto habe sich die private Vermögensbilanz des
Angeklagten S. geändert, hat die Kammer nicht getroffen. Dass
solche Feststellungen möglich gewesen wären, liegt
auch nicht nahe. Vielmehr dürfte es sich bei dem in Rede
stehenden Gesamtbetrag entweder um Vermögen der
Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. als Gesellschaft
bürgerlichen Rechts (vgl. BGHZ 146, 341; BGH NJW 2006, 2191)
oder - was nahe liegt - um treuhänderisch gebundenes
Vermögen der O. handeln, zumal davon 19.560.762,38 €
an die O. weitergeleitet wurden (UA S. 143).
132
- 55 -
6. Zum Angeklagten D. und zur Nebenbeteiligten P. :
133
134
Die Nachprüfung des Urteils hat im Ausspruch über den
Verfall keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten D. und der P.
ergeben.
VII.
135
1. Soweit in der neuen Hauptverhandlung die Anordnung des
Wertersatzverfalls gegen die Nebenbeteiligte 3 C V. in Betracht kommt,
weist der Senat darauf hin, dass ein
Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG nF die
Verfallsanordnung nicht nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hindern
würde. Dieser Anspruch kann nur in Bezug auf die jeweiligen
Vertragsverhältnisse zwischen den Kunden und den
Warenlieferanten - hier der 3 C V. - geltend gemacht werden (vgl.
Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG 26. Aufl.
§ 10 Rdn. 11). Er ist kein dem Verletzten aus der Tat
erwachsener Anspruch im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB;
insbesondere kommt nämlich nach § 10 UWG nF der
abgeschöpfte Gewinn dem Bundeshaushalt, nicht den
Geschädigten zugute. Einer analogen Anwendung des §
73 Abs. 1 Satz 2 StGB bedarf es nicht (so aber Alexander WRP 2004, 407,
419), weil der Gefahr der doppelten Inanspruchnahme sowohl im Zivil-
als auch im Strafverfahren - namentlich mit § 10 Abs. 2 UWG nF
einerseits und § 73c Abs. 1 StGB andererseits - wirksam
begegnet werden kann. Im Übrigen unterliegt der
Gewinnabschöpfungsanspruch auch anderen
Verjährungsregeln (vgl. § 11 UWG nF; hierzu
Köhler aaO § 11 Rdn. 1.36).
2. Sollte der neue Tatrichter zu dem Ergebnis gelangen, dass
Verfallsanordnungen gegen die Nebenbeteiligten I. , O. und 3 C V.
allein wegen entgegenstehender Ansprüche Dritter nach
§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ausgeschlossen sind, weist der Senat
darauf hin, dass die seit dem 1. Januar
136
- 56 -
2007 geltenden Absätze 2 bis 8 von § 111i StPO auf
Altfälle nicht anwendbar sind (vgl. BGH NJW 2008, 1093;
Beschl. vom 19. Februar 2008 - 1 StR 503/07).
Nack Boetticher Hebenstreit
Elf Graf |