BGH,
Urt. v. 31.10.2001 - 2 StR 315/01
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 315/01
vom
31. Oktober 2001
in der Strafsache gegen
wegen Verabredung eines Verbrechens u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 31.
Oktober 2001, an der teilgenommen haben: Vizepräsident des
Bundesgerichtshofes Dr. Jähnke als Vorsitzender, die Richter
am Bundesgerichtshof Dr. h.c. Detter, Dr. Bode, die Richterinnen am
Bundesgerichtshof Dr. Otten, Elf als beisitzende Richter, Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts
Erfurt vom 23. Februar 2001 wird verworfen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens und die dem Angeklagten insoweit
erwachsenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Urkundenfälschung zu
einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 50 DM verurteilt.
Von weiteren Tatvorwürfen (Diebstahl eines Kennzeichens,
Verabredung zu einem Verbrechen der schweren räuberischen
Erpressung) hat es ihn freigesprochen. Die auf die Sachrüge
gestützte Revision der Staatsanwaltschaft erstrebt eine
Verurteilung des Angeklagten wegen Verabredung zu einem Verbrechen der
schweren räuberischen Erpressung und greift die Strafzumessung
an.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I.
1. Das Landgericht hat festgestellt:
Die Mitangeklagten des Angeklagten überfielen in wechselnder
Beteiligung im Jahre 2000 mehrere Banken.
R. und B. sowie der gesondert verfolgte E. planten im Juli 2000 einen
neuen Überfall. Dafür sollte wie bei den vorherigen
Überfällen ein Auto als Fluchtfahrzeug angemietet
werden. Da keiner der bisher Beteiligten über eine
gültige ec-Karte verfügte, sprachen sie den
Angeklagten an, ob dieser bereit wäre, mit seiner ec-Karte
einen Pkw anzumieten. Dieser willigte ein, wobei er ahnte,
wofür das Fahrzeug benötigt wurde. Später
wurde ihm dann in groben Zügen der geplante Ablauf des
Banküberfalls geschildert. Er sollte die Auslagen für
das Anmieten des PKWs sowie einen noch nicht festgelegten Anteil an der
Beute, den er mit E. teilen mußte, erhalten. Den Pkw mietete
er dann am 18. Juli 2000 an. Von den anderen Beteiligten wurde er am
Morgen des 20. Juli 2000 in die Einzelheiten des für diesen
Tag geplanten Überfalls eingeweiht. Danach sollten er und E.
auf einem Feldweg warten, während die anderen den
Überfall ausführen wollten. Er sollte das angemietete
Auto, an dem zwischenzeitlich ein gestohlenes amtliches Kennzeichen
angebracht worden war, bei der Flucht steuern. Dabei erfuhr der
Angeklagte erstmals, daß die Volksbank in Ro.
überfallen werden sollte. Zusammen mit E. wartete er dann, wie
vereinbart, auf einem Feldweg in der Nähe der Bank, als die
anderen sich dorthin begaben. Diese kehrten aber bald wieder
zurück, da sie zu viele Personen vor der Bank bemerkten. Die
Beteiligten trafen sich dann etwa eine Stunde später, nunmehr
war auch der Mitangeklagte A. dabei, der sich ausdrücklich
gegen eine Beteiligung des Angeklagten aussprach, da seiner Meinung
nach damit die Gefahr steigen und sein Anteil an der möglichen
Beute sinken würde. Als dann R. , A. und B. sich erneut zur
Bank begaben, wurden sie unmittelbar bei ihrem Eintreffen vor der Bank
- bevor sie wie geplant die Mützen über das Gesicht
ziehen und A. die Waffe an sich nehmen konnte - noch im Auto sitzend
festgenommen.
2. Das Landgericht hat eine Verurteilung des Angeklagten wegen
Verabredung zu einer schweren räuberischen Erpressung
abgelehnt, da dieser nur als Gehilfe bei der verabredeten Tat, nicht -
wie nach § 30 Abs. 2 StGB erforderlich - als Mittäter
anzusehen sei.
Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Eine Verurteilung nach § 30 Abs. 2 StGB (Verabredung zu einem
Verbrechen) käme nach der Rechtsprechung (vgl. u. a. BGH NStZ
1993, 137, 138) und der einhelligen Meinung im Schrifttum (vgl. Roxin
in LK 11. Aufl. § 30 Rdn. 71 und 72) nur in Betracht, wenn der
in Aussicht genommene Tatbeitrag des Angeklagten
täterschaftliche Qualität erreichen sollte.
Wäre seine Mitwirkung im Falle der Durchführung des
Banküberfalls nur als die eines Gehilfen zu werten, bleibt er
insoweit straffrei. Dies hat das Landgericht zutreffend erkannt; seine
Würdigung des Geschehens als beabsichtigte Beihilfe leidet
auch nicht unter Rechtsfehlern.
Ob ein Tatbeteiligter eine Tat als Täter begeht, ist in
wertender Betrachtung nach den gesamten Umständen, die von
seiner Vorstellung umfaßt sind, zu beurteilen. Wesentliche
Anhaltspunkte können sein der Grad des eigenen Interesses am
Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder
wenigstens der Wille zur Tatherrschaft, so daß
Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom
Willen des Betreffenden abhängen (BGHSt 37, 289, 291; BGHR
StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 13, 14 und 18). Die Annahme
von Mittäterschaft erfordert nicht zwingend auch eine
Mitwirkung am Kerngeschehen. Für eine Tatbeteiligung als
Mittäter reicht ein auf der Grundlage gemeinsamen Wollens die
Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag aus, der sich auf
eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung
beschränken kann (vgl. BGHSt 40, 299, 301; BGH NStZ 1995, 120;
BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 26 und Tatinteresse 2;
BGH NStZ-RR 2000, 327, 328; 2001, 148).
Das Landgericht hat das Beweisergebnis umfassend gewürdigt, es
hat bei der Einordnung der Beteiligung des Angeklagten als "Beihilfe"
den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum (vgl. BGH StV 1998,
540; NStZ-RR 2000, 366; zuletzt BGH, Urt. vom 26. Juni 2001 - 5 StR
69/01) nicht überschritten. Daß eine andere
tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre,
macht das gefundene Ergebnis nicht rechtsfehlerhaft.
Für eine "mittäterschaftliche" Beteiligung des
Angeklagten spricht nach den getroffenen Feststellungen die Art seines
Tatbeitrages. Entgegen der Meinung des Landgerichts (UA S. 45) war
dieser nicht nur "von untergeordneter Bedeutung". Denn das Beschaffen
und Fahren des Fluchtfahrzeuges gehört zu den wesentlichen
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Durchführung
des geplanten Überfalles. Dabei ist nicht allein vom
Verhältnis des Tatbeitrages des Angeklagten gegenüber
dem der anderen Beteiligten auszugehen. Entscheidend ist die
Gewichtigkeit des Tatbeitrages für die gesamte Tat.
Es sprechen aber andere gewichtige Gründe gegen eine
mittäterschaftliche Beteiligung des Angeklagten. Dieser war
nicht in die Planung des Banküberfalles einbezogen, er kannte
das Tatobjekt und die beabsichtigte Vorgehensweise zunächst
überhaupt nicht. Bei seiner "Anwerbung" traf er auf eine
Gruppe von Personen, die bereits mehrfach solche
Überfälle nach gleichem Schema begangen hatten. Bei
einem aus diesem Personenkreis stieß seine Einschaltung sogar
auf Ablehnung. Übernehmen sollte er eine Aufgabe, die bisher
ein anderer ausgeführt hatte. Sein Anteil an der Beute war
unbestimmt, ein "eigener Anspruch" war ihm nicht eingeräumt,
erhalten sollte er nur etwas über einen anderen Beteiligten,
der mit ihm zu "teilen" hatte.
Wenn das Landgericht vor allem aus diesen Feststellungen
schließt, daß der Angeklagte "weder den Willen zur
Tatherrschaft hatte, noch die Tat für seine eigene hielt", ist
dies ein möglicher aus Rechtsgründen nicht zu
beanstandender Schluß, der vom Revisionsgericht hinzunehmen
ist.
II.
Soweit sich das Rechtsmittel gegen die Strafzumessung wendet, ist es
offensichtlich unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2
StPO.
Jähnke Detter Bode
Otten Elf |