BGH,
Urt. v. 4.12.2007 - 5 StR 324/07
5 StR 324/07
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom
4.12.2007
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 4.
Dezember 2007, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal,
Richter Prof. Dr. Jäger
als beisitzende Richter,
Richterin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
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für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des
Landgerichts Görlitz vom 4. Mai 2007 wird mit der
Maß-gabe verworfen, dass der Angeklagte zusätzlich
wegen tateinheitlicher Beihilfe zur unerlaubten Einreise verurteilt ist.
2. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die hierdurch
entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen.
- Von Rechts wegen -
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten „wegen unerlaubter
Einreise nach Ausweisung in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt nach
Ausweisung“ zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr
verurteilt und unter Einbeziehung von vier anderweitig
verhängter Freiheitsstrafen von jeweils einem Jahr und sechs
Monaten - nach Auflösung der diese verbindenden
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren - auf eine Gesamtfreiheitsstrafe
von drei Jahren und sechs Monaten erkannt. Die Revision der
Staatsanwaltschaft erstrebt mit der Sachrüge eine Verurteilung
des Angeklagten wegen des Todes einer zur gleichen Zeit illegal
eingereisten Ausländerin. Das Rechtsmittel erzielt in
Übereinstimmung mit der Auffassung des Generalbundesanwalts
lediglich die aus dem Urteilstenor ersichtliche geringfügige
Schuldspruchkorrektur.
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1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
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Der Angeklagte, ein 26 Jahre alter arbeitsloser Diplomingenieur aus
Moldawien, reiste erstmals 2003 nach Deutschland ein. Die
Ausländerbehörde der Stadt Frankfurt am Main
verfügte am 11. April 2003 die Ausweisung des Angeklagten und
drohte ihm die Abschiebung in sein Heimatland an. Dorthin kehrte der
Angeklagte zurück.
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Er beabsichtigte Anfang 2005, zusammen mit seiner damals
18-jährigen Verlobten D. von Moldawien über Polen
nach Deutschland zu reisen. Er beschaffte sich gegen Zahlung von 200
Euro ein polnisches Visum bei einem moldawischen Landsmann, der vor der
Abfahrt des Busses nach Polen am 27. Januar 2005 in Moldawien von dem
Angeklagten verlangte, die 47 Jahre alte A. mit nach Krakau zu nehmen,
wo der Angeklagte die Hotelkosten für die Frau verauslagen
sollte; diese würden von ihr dann nach Ankunft in ihrem
erstrebten Zielland Italien erstattet werden. Der Angeklagte, der
über das Ansinnen seines Landsmannes sehr ungehalten
reagierte, rief bei einer Agentur an und erkundigte sich, wa-rum
„man ihm die Frau angehängt“ habe, wo er
doch selbst auch nur wenig Geld dabei habe. Der Angeklagte fuhr dennoch
mit A. im Bus nach Krakau, wo die Verlobte des Angeklagten am 3.
Februar 2005 ebenfalls eintraf. Am nächsten Tag reisten der
Angeklagte und die zwei Frauen mit dem Bus weiter nach Zgorzelec. Von
dort fuhren sie in einem Taxi nach Bokatynia, von wo aus sie auf Rat
des Fahrers selbständig nach Deutschland gehen wollten. A. war
mit in das Taxi eingestiegen und hatte sich mit zehn Euro zu einem
Drittel an den Taxikosten beteiligt. Nach einigem Suchen fanden der
Angeklagte und die beiden Frauen einen passierbaren Übergang
des Grenzflusses Neiße, den sie gegen Mitternacht - das
Wasser reichte bis zu den Oberschenkeln - gemeinsam ohne
Einreiseerlaubnisse durchquerten. Sie zogen trockene Kleidung an und
liefen in Richtung des Landesinneren.
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Bei Tagesanbruch versteckten sie sich in der Nähe der
Straße von Löbau nach Zittau in einem Wald. Der
Angeklagte und seine Verlobte studierten eine Landkarte. Er rief einen
in der Nähe von Frankfurt am Main wohnhaften Russen an,
beschrieb ihm ihren Standort und bat um Abholung aller drei Personen.
Der um Hilfe ersuchte Russe fand aber ihren Standort auf seiner
Landkarte nicht und unternahm bis Mitternacht trotz zahlreicher Anrufe
durch den Angeklagten nichts. Auf dem Weg in die nächste
Ortschaft - dort sollte, weil die Mobiltelefone nicht mehr
funktionierten, von einer Telefonzelle aus weitertelefoniert werden -
stürzte A. gegen Mitternacht etwa 70 bis 80 m von der
Bundesstraße 78 (Löbau/Zittau) entfernt auf freiem
Feld. Sie sagte, sie könne nicht mehr weiter. Der Angeklagte
und D. ermutigten sie weiterzulaufen. A. entgegnete jedoch, der
Angeklagte und D. seien jünger und sollten allein weitergehen.
Wenn sie den Russen erreicht hätten und dieser sie abholen
komme, sollten sie zu ihr zurückkommen und sie abholen.
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Der Angeklagte und seine Verlobte ließen die Frau
schließlich in der auf minus 11 Grad Celsius
abgekühlten Nacht in offenem Gelände zurück.
Sie verstarb wahrscheinlich gegen 3.30 Uhr an Unterkühlung.
Ein Eintritt des Todes bereits kurz nach dem Weggang des Angeklagten
ist denkbar. A. hatte noch versucht, einen schneebedeckten Hang hoch zu
kriechen.
Der Angeklagte und D. suchten in dem nur wenige 100 m entfernten
Oberseiferdorf ohne Erfolg eine Telefonzelle. Erschöpft und
desorientiert schliefen der Angeklagte und seine Verlobte gegen 2.00
Uhr am Straßenrand ein. Sie wurden von einem Zeugen geweckt
und aufgefordert, wegen der Unfallgefahr diesen Ort zu verlassen.
Später ließen sie ein Polizeiauto passieren und
wollten nach einer Rast an einer Bushaltestelle zu A.
zurückgehen; indes fanden sie den Weg dorthin nicht mehr. Sie
ließen sich dann an einer anderen Bushaltestelle nieder.
Gegenüber einem Autofahrer und einem Taxifahrer
erklärten sie nichts über die im
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freien Gelände zurückgebliebene Frau. Mehrere
Polizei- und Krankenwagen ließen sie passieren.
Der Angeklagte und D. fuhren mit dem Bus um 9.00 Uhr nach
Löbau. Von dort reisten sie mit dem Zug nach Frankfurt am Main
weiter, wo sie um 21.00 Uhr eintrafen. Am Morgen des 7. Februar 2005
rief der Angeklagte erneut bei seinem russischen Bekannten an, um
gemeinsam mit ihm die Geschädigte abzuholen. Dies lehnte der
Angesprochene aber ab.
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Am Abend rief der moldawische Visabeschaffer bei dem Angeklagten an,
teilte mit, dass A. verstorben sei, und verlangte die Zahlung von 5.000
Euro. Der Angeklagte lehnte jede Zahlung ab. Nach weiteren fordernden,
zum Teil drohenden Anrufen überredete D. den Angeklagten zu
zahlen, damit es endlich Ruhe gebe. Der Angeklagte lieh sich
über einen Bekannten in Moskau 2.500 Euro. Dieser Betrag wurde
dem Visabeschaffer übergeben.
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2. Das Landgericht hat sich davon überzeugt, dass der
Angeklagte für sein Tätigwerden bei der Einreise der
A. keinen Vermögensvorteil erhalten oder sich hat versprechen
lassen. Es hat - in Übereinstimmung mit der
Einschätzung eines ermittelnden Polizeibeamten - die
geleisteten und versprochenen Zahlungen dahingehend gewürdigt,
dass vom Angeklagten kein Schleusungslohn zurückgezahlt worden
ist, sondern dass es vielmehr näher liege, dass der
Visabeschaffer durch den Tod der Frau A. einen Schaden
(Nichterfüllung des Anspruchs auf Schleuserlohn) erlitten und
einen Ausgleich durch Erpressung des Angeklagten beabsichtigt hat.
Deshalb liege kein Einschleusen im Sinne des § 96 Abs. 1 Nr. 1
AufenthG vor. Der Angeklagte habe auch nicht zugunsten von mehreren
Ausländern gehandelt (§ 96 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
Auf die Verlobte des Angeklagten dürfe nicht als zweite
Ausländerin abgestellt werden.
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Das Landgericht hat schließlich eine Strafbarkeit des
Angeklagten wegen eines Verdeckungsmordes durch Unterlassen verneint,
weil sich eine Garantenstellung für das Leben der Verstorbenen
weder aus dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Gefahrengemeinschaft noch
aus Ingerenz ergebe. Im Übrigen habe die Geschädigte
auf sofortige Hilfe wirksam verzichtet.
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3. Die Revision ist zulässig. Zwar enthalten weder die
Revisionseinlegungsschrift noch die Revisionsbegründung den
nach § 344 Abs. 1 StPO erforderlichen Revisionsantrag, durch
den der Umfang der Urteilsanfechtung bezeichnet wird. Das Fehlen eines
solchen Antrags ist aber dann unschädlich, wenn sich der
Umfang der Anfechtung aus dem Inhalt der Revisionsbegründung
ergibt (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 5 m.w.N.). Dies ist
hier noch der Fall.
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Zwar legen die nach Obersätzen gegliederten Angriffe gegen die
Subsumtion und der Vortrag, dass „auf dieser
Tatsachengrundlage zumindest ein Urteilsspruch wegen Beihilfe zur
vorsätzlich unerlaubten Einreise in Tateinheit mit
vorsätzlichem unerlaubten Aufenthalt in Bezug auf die
Geschädigte … (hätte) erfolgen
müssen“, nahe, dass die getroffenen Feststellungen
vom Revisionsangriff ausgenommen sind. Indes wird dem widersprechend
auch die Beweiswürdigung angegriffen, weshalb der Senat den
Willen der Revisi-onsführerin erkennt, dass diese ihr Ziel,
eine Verurteilung wegen eines Kapitalverbrechens zu erreichen, auch
hilfsweise unter Aufhebung der Feststellungen des landgerichtlichen
Urteils erheischt. Damit ergibt sich aus der
Revisionsbegründung noch ein bestimmter, nämlich der
maximal mögliche Anfechtungsumfang.
4. Das Rechtsmittel hat lediglich Erfolg, soweit es das Landgericht
unterlassen hat, die gemeinsame illegale Einreise unter dem
Gesichtspunkt zu würdigen, dass der Angeklagte durch die
bloße Mitnahme der später Verstorbenen und die
Übernahme der Kosten für die Beschaffung von
Unterkunft und Verpflegung in Krakau deren illegale Einreise
gefördert hat. Dem-
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nach ist eine weitergehende tateinheitliche Verurteilung auch wegen
Beihilfe zur unerlaubten Einreise gemäß §
95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG, § 27 Abs. 1 StGB geboten.
Der Senat ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung
des § 354 Abs. 1 StPO selbst (vgl. BGH NJW 2006, 1822, 1824).
Im Anschluss an die Auffassung des Generalbundesanwalts ist der Senat
der Überzeugung, dass die geringfügige
Schuldspruchänderung keine Auswirkung auf den Strafausspruch
haben kann. Die vom Landgericht gefundene Strafe ist im Sinn des hier
verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG NJW 2007, 2977) analog
zugunsten des Angeklagten anzuwendenden § 354 Abs. 1a Satz 1
StPO (vgl. BGH aaO) angemessen.
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5. Die weitergehende Revision ist unbegründet.
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a) Die Angriffe auf die Beweiswürdigung versagen.
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Die Revision macht geltend, das Landgericht habe die Beweise nicht
erschöpfend gewürdigt und sich nicht mit einem sich
aufdrängenden Alternativgeschehen auseinandergesetzt (vgl.
dazu BGH NJW 2007, 384, 387), weil es unerörtert gelassen
habe, dass die Geschädigte für den Fall, dass der
Angeklagte die Führung der Gruppe nicht übernommen
hätte, eine Einreise von Polen durch den Grenzfluss
Neiße nach Deutschland unterlassen hätte. Insoweit
handelt es sich aber nicht um ein sich aus den Urteilsfeststellungen
aufdrängendes Alternativgeschehen, sondern eine urteilsfremde
Erwägung. Das Landgericht hat sich auf Grund der
Gesamtumstände der Reise fehlerfrei davon überzeugt,
dass der Angeklagte die ihm aufgedrängte Mitreisende nicht
„geführt“ hat, sondern dass sich die Frau
den jüngeren illegal Einreisenden lediglich auf eigenes Risiko
angeschlossen hat.
Die Würdigung der Zahlungen des Angeklagten an den unbekannt
gebliebenen Schleuser ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.
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Eine lückenhafte Beweiswürdigung hinsichtlich des von
A. erklärten Verzichts auf Hilfe hat sich auf das Ergebnis der
Subsumtion des Landgerichts nicht ausgewirkt (siehe dazu näher
sub b) dd)).
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b) Die vom Landgericht vorgenommene rechtliche Würdigung
hält der sachlich-rechtlichen Prüfung stand.
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aa) Vergeblich wendet sich die Revision gegen die Annahme des
Landgerichts, dem Angeklagten sei keine Garantenstellung für
das Leben der Verstorbenen aus dem Umstand erwachsen, dass die in einer
Gruppe illegal eingereisten Personen in eine enge
Gemeinschaftsbeziehung eingetreten sind. Die bloße
Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft begründet noch
keine gegenseitigen Hilfspflichten. Dafür wäre
vielmehr die Übernahme einer Schutzfunktion gegenüber
einem Hilfsbedürftigen aus dieser Gruppe vonnöten
gewesen (vgl. BGHSt 48, 77, 91; BGH NJW 1987, 850 f.; Roxin, Strafrecht
Allgemeiner Teil Bd. 2 S. 730 Rdn. 57). Nach den rechtsfehlerfrei
getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte, dem A. gegen seinen
Willen von dem moldawischen Schleuser aufgedrängt worden ist,
bis zu seiner Zusage, sie in die für ihn und seine Verlobte
vorgesehene Abholung einzubeziehen, weder ausdrücklich noch
schlüssig erklärt, er werde für ihr
Wohlergehen Sorge tragen.
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bb) Eine Übernahme einer Schutzfunktion ergibt sich auch nicht
daraus, dass der Angeklagte die später Verstorbene in sein
weiteres Vorgehen einbezogen und ihr die Abholung und Weiterreise nach
Frankfurt am Main versprochen hat. Diese Hilfszusage geht zwar an sich
über die Erfüllung der allgemeinen Hilfspflicht
gemäß § 323c StGB hinaus (vgl. Roxin aaO S.
731 Rdn. 61). Die Erfüllung dieser Pflicht stand indes unter
der - vom Angeklagten nicht beeinflussbaren - aufschiebenden Bedingung
des Eingreifens eines weiteren Hilfswilligen, des dem Angeklagten
bekannten, in Frankfurt am Main wohnhaften russischen
Staatsangehörigen. Nachdem indes dieser eine Reise an die
ostdeutsche Grenze abgelehnt hatte, endete die vom Angeklagten
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gemachte Hilfszusage. Bei dieser Sachlage konnte sich aus der einmal
zugesagten Hilfe auch keine fortwirkende Pflicht zur Vornahme einer
weiteren Hilfsmaßnahme ergeben (vgl. Weigend in LK 12. Aufl.
§ 13 Rdn. 35; Roxin aaO S. 733 Rdn. 68). Der Angeklagte blieb
demnach lediglich angehalten, seine allgemeine, sich aus §
323c StGB ergebende Hilfspflicht zu erfüllen.
cc) Eine Garantenstellung für das Leben der Verstorbenen ergab
sich für den Angeklagten auch nicht aus einem
gefahrerhöhenden Vorverhalten (vgl. BGHSt 37, 106, 115; BGHR
StGB § 13 Abs. 1 Garantenstellung 7).
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Zwar hat der Angeklagte durch seine Beihilfe zur illegalen Einreise der
Verstorbenen ein gegen die Rechtsordnung verstoßendes
Vorverhalten verwirklicht (vgl. Weigend aaO Rdn. 43 m.w.N.). Dies
genügt aber zur Annahme einer Garantenstellung allein noch
nicht, weil es zu vermeiden gilt, durch eine zu weite Ausdehnung der an
das vorangegangene Vorverhalten anknüpfenden Handlungspflicht
die von der Rechtsordnung - gemäß Art. 2 Abs. 1 GG -
geschützte Handlungsfreiheit in größerem
Umfang aufzuheben (vgl. NK-StGB Wohlers 2. Aufl. § 13 Rdn.
41). Zur Annahme einer Garantenstellung ist es deshalb darüber
hinausgehend im Sinne einer Eingrenzung erforderlich, dass der
Täter durch sein Vorverhalten über die
bloße Erfolgsursächlichkeit und Pflichtwidrigkeit
hinaus die nahe Gefahr für den Schadenseintritt geschaffen hat
(vgl. BGHSt 37, 106, 115 f.; BGHR StGB § 13 Abs. 1
Garantenstellung 7; BGHR StGB § 27 Abs. 1 Unterlassen 3), was
bei der Missachtung einer Vorschrift angenommen wird, die dem Schutz
des betroffenen Rechtsguts dient (vgl. BGHSt aaO; Stree in
Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 13 Rdn.
35a; Roxin aaO S. 770 Rdn. 171). Dazu zählt der vom
Angeklagten verwirklichte Straftatbestand des § 95 Abs. 1 Nr.
3 AufenthG i.V.m. § 27 Abs. 1 StGB nicht. Aus der in der
Vorschrift des § 1 Abs. 1 AufenthG niedergelegten
Zweckbestimmung des Aufenthaltsgesetzes folgt, dass dieses Gesetz keine
Individualrechtsgüter schützt. Der vom Angeklagten
insoweit verwirklichte Gesetzesverstoß kann demnach keine
Garantenstellung für das Leben der illegal eingereisten
Mitreisenden begründen.
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dd) Auch eine Strafbarkeit nach § 323c StGB ist nicht gegeben.
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Zwar beruhen die Erwägungen des Landgerichts, mit denen es
einen Verzicht auf die Erfüllung der allgemeinen Hilfspflicht
angenommen hat, auf einer bedenklich unvollständigen
Auswertung der getroffenen Feststellungen (vgl. BGH wistra 2002, 260,
262; 2007, 18, 19 f.; 108, 109; BGH, Urteil vom 31. Januar 2007 - 5 StR
404/06 Rdn. 23 ff.; Brause NStZ 2007, 505, 507 m.w.N.). Es spricht
nichts dafür - was das Landgericht letztlich voraussetzt -,
dass A. , die nach Italien zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit
reisen wollte, bei offensichtlicher Unmöglichkeit einer
zeitnahen Rettung wegen des Risikos der Entdeckung der Begehung des
eher geringfügigen Vergehens der illegalen Einreise in die
Bundesrepublik Deutschland ihrem Leben hätte ein Ende setzen
wollen. Dagegen spricht auch, dass Arbeitsmigranten sich offensichtlich
eher abschieben oder wegen eines geringen Vergehens verurteilen lassen,
als ihr Leben zu opfern.
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Dieser Mangel bleibt indes jedenfalls ohne Auswirkung auf das vom
Landgericht gefundene Ergebnis. Der Angeklagte war nach den fehlerfrei
getroffenen Feststellungen naheliegend zur Hilfeleistung schon nicht
mehr in der Lage. Er schlief ersichtlich erschöpft am
Straßenrand und wurde von einem Zeugen gegen 2.00 Uhr in
desorientiertem Zustand angetroffen. Jedenfalls war die ihm obliegende
Hilfspflicht dadurch erloschen, weil der Tod - zugunsten des
Angeklagten nicht ausschließbar - bereits kurze Zeit, nachdem
der Angeklagte die Geschädigte verlassen hatte, eingetreten
ist (vgl. BGHSt 32, 367, 381 m.w.N.).
ee) Eine Strafbarkeit wegen Einschleusens von Ausländern
gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ist
ebenfalls nicht gegeben.
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Bei der vom Angeklagten gemeinsam mit seiner Verlobten geplanten und
ausgeführten illegalen Einreise handelte der Angeklagte als
Mittäter, was
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eine Bestrafung wegen Beihilfe (vgl. Renner, Ausländerrecht 8.
Aufl. AufenthG § 96 Rdn. 5) an der nämlichen Tat
ausschließt (vgl. Lackner/Kühl, StGB 26. Aufl.
§ 27 Rdn. 2).
Basdorf Raum Brause
Schaal Jäger |