BGH,
Urt. v. 4.2.2009 - 2 StR 165/08
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 165/08
vom
4. Februar 2009
Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja
StGB § 30 Abs. 2
Für die Einordnung der gemäß § 30
StGB beabsichtigten Tat als Verbrechen oder Vergehen kommt es auch in
Fällen des Sich-Bereiterklärens zur Anstiftung
gemäß § 30 Abs. 2 StGB nicht auf die Person
des Anstifters, sondern auf die des Anzustiftenden an (im Anschluss an
BGHSt 6, 308).
BGH, Urt. vom 4. Februar 2009 - 2 StR 165/08 - Landgericht Frankfurt am
Main
in der Strafsache
gegen
wegen Verabredung zum gewerbsmäßigen und
bandenmäßigen Betrug
- 2 -
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 4.
Februar 2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
die Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Prof. Dr. Schmitt,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
- 3 -
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Frankfurt am Main vom 31. August 2007 wird mit der Maßgabe
verworfen, dass der Angeklagte schuldig ist, sich zur Anstiftung zum
gewerbsmäßigen Bandenbetrug bereit erklärt
zu haben.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Verabredung zum gewerbs- und
bandenmäßigen Betrug zu einer Geldstrafe von 120
Tagessätzen zu je 70 € verurteilt.
1
Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die
Verletzung materiellen Rechts rügt. Sein Rechtsmittel
führt zu einer Schuldspruchänderung; im
Übrigen ist es unbegründet im Sinne von §
349 Abs. 2 StPO.
2
I.
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
3
Der gesondert Verurteilte L. verfolgte gemeinsam mit unbekannt
gebliebenen Hintermännern in Asien den Plan, Spiele deutscher
Fußballvereine gezielt zu manipulieren, um seine
Erfolgschancen beim Abschluss von Wetten
4
- 4 -
auf diese Spiele bei Buchmachern in Asien zu verbessern und sich
hierdurch eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu
erschließen. Zur Anwerbung von Spielern dieser Vereine, denen
für ihre Beteiligung jeweils vier- bis fünfstellige
Geldbeträge pro Spiel angeboten wurden, bediente sich L. neben
dem gesondert Verfolgten A. auch des gesondert Verurteilten G. , den er
für diese Tätigkeit bezahlte (UA S. 47).
Im Auftrag L. s versuchte G. am 23. Februar 2006, die beiden Spieler
Ga. und Ak. des damaligen Regionalligisten S. K. für eine
Beteiligung am Tatplan zu gewinnen, die mit der Manipulation eines
bevorstehenden Spiels ihres Vereins gegen den V. A. beginnen sollte.
Für den Fall, dass die Spieler auf dieses Ansinnen nicht
eingehen sollten, sollte der Angeklagte, der selbst
Berufsfußballspieler ist und Ga. aus einer früheren
gemeinsamen Zeit bei einem anderen Fußballverein kannte, mit
diesem sprechen. L. , G. und der Angeklagte versprachen sich davon, so
das Vertrauen Ga. s , der G. zuvor nicht kannte, eher gewinnen und ihn
zu einer Beteiligung am Tatplan bewegen zu können.
5
Als G. s Bemühungen trotz des Angebots einer Zahlung von je
3.000 € an jeden der beiden Spieler tatsächlich
erfolglos blieben, führte er einen Kontakt zwischen Ga. und
dem Angeklagten über sein Mobiltelefon herbei. Nach einem
kurzen Gespräch, bei dem der Angeklagte nicht bereits auf den
Tatplan einging, verabredete er mit Ga. ein weiteres, längeres
Telefonat am gleichen Abend. Als der Angeklagte Ga. am Abend anrief,
nahm dieser jedoch den Anruf nicht an, weil ihm der Zusammenhang mit
dem unlauteren Angebot G. s klar war. Auch weitere Kontaktversuche des
Angeklagten in den nächsten Tagen über Telefon oder
SMS blieben erfolglos, weil Ga. sich nicht bei ihm
zurückmeldete. Der Angeklagte berichtete dies am 27. Februar
telefonisch L. und stellte diesem in Aussicht, Ga. bei einem
für 3
6
- 5 -
Wochen darauf angesetzten Spiel seines eigenen Vereins gegen die S. K.
persönlich anzusprechen. Dazu kam es aber in der Folge nicht
mehr, nachdem L. und G. am 6. März 2006 festgenommen worden
waren.
Der Angeklagte wusste um die Absicht L. s, die Spielweise der beiden
Spieler manipulativ zu beeinflussen und auf derart beeinflusste Spiele
der S. K. zu wetten. Nicht feststellen konnte das Landgericht, dass der
Angeklagte beabsichtigte, selbst ebenfalls auf ein solches Spiel zu
wetten.
7
II.
1. Die Feststellungen des Landgerichts tragen den Schuldspruch wegen
Verabredung zum gewerbs- und bandenmäßigen Betrug
gemäß § 30 Abs. 2 Alt. 3 i. V. m.
§ 263 Abs. 5 StGB nicht. Denn eine Strafbarkeit nach dieser
Tatbestandsalternative des § 30 Abs. 2 StGB setzt die vom
ernstlichen Willen getragene Einigung mehrerer Personen voraus, an der
Verwirklichung eines bestimmten Verbrechens
mittäterschaftlich, also nicht nur als Gehilfen, mitzuwirken
(BGH NStZ 1988, 406; 1993, 137, 138; NStZ-RR 2002, 74, 75; Fischer StGB
56. Aufl. § 30 Rn. 12 m. w. Nachw.). Die rechtliche Bewertung
des Landgerichts, nach der Vorstellung des Angeklagten habe die
beabsichtigte Betrugstat „unter seiner maßgeblichen
Mitwirkung“ begangen werden sollen (UA S. 164), ist aber
durch die Feststellungen nicht belegt, die konkrete Anhaltspunkte
für eine eigene Tatherrschaft des Angeklagten oder ein eigenes
Interesse an der Tatausführung nicht aufzeigen.
8
2. Der Angeklagte hatte bei dem Telefonat am 23. Februar 2006, das erst
zur Anbahnung eines späteren längeren
Gesprächs mit Ga. dienen sollte, nicht bereits zu dem Versuch
einer Anstiftung zum gewerbsmäßigen Bandenbetrug im
Sinne des § 30 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 StGB unmittelbar angesetzt.
Ob dies für seine späteren Versuche einer
Kontaktaufnahme mit Ga. anders
9
- 6 -
zu beurteilen ist, kann offenbleiben, weil die tatsächlichen
Feststellungen des Landgerichts jedenfalls die rechtliche Bewertung
tragen, dass der Angeklagte sich gegenüber L. bereit
erklärt hatte, Ga. zu einem solchen Verbrechen anzustiften
(§ 30 Abs. 2 Alt. 1 StGB).
a) Entgegen der Auffassung der Revision sind die vom Landgericht in
diesem Zusammenhang getroffenen Feststellungen zur Frage einer
vorherigen persönlichen Bekanntschaft des Angeklagten mit G.
und zur Übergabe eines Zettels mit einer Mobiltelefonnummer
des Angeklagten von L. an G. nicht widersprüchlich. Denn G.
konnte den Angeklagten durchaus bereits persönlich kennen
gelernt haben, ohne dabei dessen Telefonnummer erfahren zu haben;
ohnehin kam es für das Bestehen einer Bandenabrede und die
Kenntnis des Angeklagten hiervon nicht darauf an, ob der Angeklagte
neben L. auch G. persönlich kannte oder - was nach den
Feststellungen jedenfalls der Fall war - nur von dessen Tatbeteiligung
wusste, ohne ihn zu kennen (vgl. BGHSt 50, 160, 164 f.).
10
b) Zwar hat das Landgericht, wie der Generalbundesanwalt zu Recht
aufgezeigt hat, keine Feststellungen zum Vorliegen des
Qualifikationsmerkmals der Gewerbsmäßigkeit des
beabsichtigten Bandenbetrugs gemäß § 263
Abs. 5 StGB beim Angeklagten selbst getroffen. Jedoch stellt das Fehlen
solcher Feststellungen den Schuldspruch wegen
Sich-Bereiterklärens zur Anstiftung zum
gewerbsmäßigen Bandenbetrug nicht in Frage. Denn
dass Ga. nach der Vorstellung des Angeklagten an der
Ausführung des Tatplans als Bandenmitglied in
gewerbsmäßiger Weise hätte mitwirken
sollen, wird durch die Feststellungen des Landgerichts belegt.
Für die rechtliche Einordnung der beabsichtigten Tat als
Vergehen oder Verbrechen kommt es aber nicht nur für die
vollendete, sondern auch für die im Sinne des § 30
StGB in Aussicht genommene Anstiftung nicht auf die Person des
Anstifters, sondern auf diejenige des Anzustif-
11
- 7 -
tenden an. Fehlt dem Anstifter selbst das strafschärfende
besondere persönliche Merkmal, das nach seiner Kenntnis bei
der von ihm anzustiftenden Person vorliegen würde, so
führt dies nicht zum Entfallen der rechtlichen Bewertung der
Tat als Verbrechen. Rechtsfolge ist vielmehr die Bestrafung dessen, der
sich zur Anstiftung bereit erklärt hat, aus dem Strafrahmen
des Grund- an Stelle desjenigen des Qualifikationstatbestandes.
Von diesen durch BGHSt 6, 308, 309 ff. zu § 49a StGB a.F.
entwickelten Grundsätzen (vgl. auch BGHSt 4, 17, 18; 14, 353,
355 f.) abzurücken, besteht auch für die
Nachfolgeregelung des § 30 StGB in der Fassung des Art. 1 Nr.
1 des 2. StrRG vom 4. Juli 1969 (BGBl. I 313) keine Veranlassung.
Für sie spricht vor allem auch der Wortlaut und der Strafgrund
des § 30 StGB, der nicht gefährliche Täter,
sondern besonders gefährliche Taten erfassen soll (so auch
Hoyer in SK-StGB § 30 Rn. 21; Frister Strafrecht AT 3. Aufl.
S. 414 f.; Jescheck/Weigend Lehrbuch des Strafrechts 5. Aufl.
§ 65 I 4; Stratenwerth/Kuhlen Strafrecht AT I 5. Aufl.
§ 12 Rn. 173; i. E. ähnlich mit differenzierender
Begründung Roxin in LK 11. Aufl. § 30 Rn. 40 ff.;
ders. Strafrecht AT II § 28 Rn. 26 ff.; zur Gegenauffassung
vgl. u.a. Fischer aaO Rn. 5 f.; Cramer/Heine in
Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. § 30 Rn. 14;
Lackner/Kühl StGB 26. Aufl. § 30 Rn. 2, Joecks in
MünchKomm-StGB § 30 Rn. 18, Zaczyk in NK-StGB 2.
Aufl. § 30 Rn. 29; Maurach/Gössel/Zipf Strafrecht AT
Bd. 2, 7. Aufl. § 53 Rn. 29; Jakobs Strafrecht AT 2. Aufl. 27.
Abschn. Rn. 6 jew. m. w. Nachw.).
12
c) Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert.
§ 265 StPO steht dem nicht entgegen, da ausgeschlossen werden
kann, dass der Angeklagte sich anders und erfolgreicher als geschehen
hätte verteidigen können.
13
- 8 -
3. Auf dem Rechtsfehler beruht der Strafausspruch jedoch nicht. Denn
das Landgericht ist bereits ohne Heranziehung des vertypten
Strafmilderungsgrundes aus § 30 Abs. 1 S. 2 StGB zur Anwendung
des Strafrahmens für den minder schweren Fall des §
263 Abs. 5 StGB gelangt und hat diesen gemäß
§ 30 Abs. 1 S. 2, § 49 Abs. 1 StGB nochmals
gemildert, so dass sich ein Strafrahmen ergab, der Freiheitsstrafe von
einem Monat bis zu 3 Jahren und 9 Monaten vorsah. Bei zutreffender
Anwendung des Strafrahmens des § 263 Abs. 1 StGB
hätte das Landgericht stattdessen diesen
gemäß § 30 Abs. 1 S. 2, § 49 Abs.
1 StGB zu mildern gehabt und wäre so ebenfalls zu einem
Strafrahmen gelangt, der Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu 3
Jahren und 9 Monaten, daneben aber auch Geldstrafe vorgesehen
hätte. Da das Landgericht aber ohnehin unter Anwendung des
§ 47 Abs. 2 StGB eine Geldstrafe gegen den Angeklagten
verhängt hat, hat sich der Rechtsfehler auf seine
Strafzumessung nicht ausgewirkt.
14
Rissing-van Saan Fischer Roggenbuck
Cierniak Schmitt |