BGH,
Urt. v. 5.10.2005 - 2 StR 94/05
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 94/05
vom
5.10.2005
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 5.
Oktober
2005, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bode
als Vorsitzender
und Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Otten,
Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger
und der Angeklagte in Person,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des
Landgerichts Kassel vom 11. November 2004 wird verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher
Körperverletzung
zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von sieben
Monaten,
den früheren Mitangeklagten wegen schwerer
Körperverletzung zu einer
Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der
Angeklagte
erhebt mit seiner Revision Verfahrensrügen und die
Sachrüge.
I.
Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
Der Angeklagte besuchte in der Nacht zum 20. Dezember 2003 zusammen
mit dem mit ihm befreundeten früheren Mitangeklagten G. eine
Diskothek.
Dort hielt sich der später Geschädigte C. auf, der in
der Vergangenheit
Auseinandersetzungen mit dem Bruder des Angeklagten gehabt hatte. C.
machte eine Schlagbewegung in Richtung des G. . Ob er diesen traf,
konnte
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nicht festgestellt werden. Schmerzen oder Verletzungen erlitt G. nicht.
Vor
dem Lokal kam es sodann noch zu einem Wortgefecht, die Situation
beruhigte
sich jedoch wieder. Nachdem der Angeklagte und G. einige Zeit durch die
Stadt gegangen waren, beschlossen sie in die Diskothek
zurückzukehren, um
den Zeugen C. zu verprügeln. Dabei sollte der Angeklagte
dafür Sorge tragen,
dass sich kein Dritter einmischt, während G. den Zeugen
schlagen
wollte. Als sie die Diskothek betraten, tanzten der Zeuge C. und die
Zeugin
H. , die sich, als sie den Angeklagten und G. sah, mit ausgebreiteten
Armen vor C. stellte. Der Angeklagte zog sie weg, während G.
sich dem
Zeugen C. näherte und ihm - abweichend vom Tatplan - mit einem
Klappmesser
erhebliche Schnittverletzungen im Gesicht und am Kopf beibrachte, die
zu dauerhaft entstellenden Narben führten.
Die Strafkammer hat das Geschehen für den Angeklagten als in
Mittäterschaft
begangene gemeinschaftliche gefährliche
Körperverletzung nach
§§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 4, 25 Abs. 2 StGB
gewertet. Der Einsatz des
Messers durch G. sei von dem Vorsatz des Angeklagten nicht umfasst
gewesen
und ihm nicht zuzurechnen.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. a) Die Verfahrensrüge, mit der ein Verstoß gegen
§ 261 StPO beanstandet
wird, greift nicht durch.
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Mit dem Verweis der Revision auf einen Widerspruch zwischen den Angaben
des Zeugen P. bei seiner polizeilichen Vernehmung, nach denen
der Angeklagte sich kaum habe auf den Beinen halten können,
und den Feststellungen
des Urteils, nach denen keiner der Zeugen Ausfallerscheinungen
bei dem Angeklagten bemerkt habe, kann ein Verstoß gegen
§ 261 StPO nicht
geltend gemacht werden. Der behauptete Widerspruch kann durch die
Vernehmung
des Zeugen P. in der Hauptverhandlung ohne Weiteres ausgeräumt
worden sein. Die Rüge läuft deshalb, weil sich aus
den Urteilsgründen
ein Erörterungsmangel nicht ergibt, auf eine
unzulässige, dem Revisionsgericht
verwehrte Rekonstruktion der Hauptverhandlung hinaus. Ein in der
Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs anerkannter Ausnahmefall liegt nicht vor, da
der von der Revision vorgetragene Akteninhalt nicht durch
Urkundenbeweis,
sondern im Wege des Vorhalts an einen Zeugen in die Hauptverhandlung
eingeführt
wurde. Maßgebend ist dabei allein, was der Zeuge auf den
Vorhalt bekundet
hat.
b) Die Verfahrensrüge, ein in der Hauptverhandlung gestellter
Antrag
nach § 267 Abs. 3 Satz 2 StPO sei nicht beachtet worden, hat
ebenfalls keinen
Erfolg, weil die Frage eines minder schweren Falls in den
Strafzumessungserwägungen
des Urteils hinreichend erörtert worden ist.
c) Soweit darüber hinaus als Verletzung des § 267
StPO die Beweiswürdigung
beanstandet wird, handelt es sich um sachlich-rechtliche Beanstandungen.
2. Die Sachrüge deckt ebenfalls keinen Rechtsfehler zum
Nachteil des
Angeklagten auf:
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Der Schuldspruch wegen als Mittäter begangener
gefährlicher Körperverletzung
nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB ist aus Rechtsgründen
nicht zu beanstanden.
a) Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte und der
frühere Mitangeklagte
G. hätten die Diskothek noch einmal aufgesucht, weil sie eine
körperliche Auseinandersetzung mit dem Zeugen C. gesucht
haben, beruht
angesichts des Verlaufs des vorangegangenen Diskothekenbesuchs und der
Einlassungen des Angeklagten und des G. , die angegeben hatten, dass sie
noch einmal mit dem Zeugen C. zusammentreffen wollten, um - so der
Angeklagte
- das Vorgefallene mit ihm zu klären oder - so G. - um eine
etwaige
Entschuldigung entgegenzunehmen, auf einer ausreichenden
Tatsachengrundlage.
Aus dem Wegziehen der Zeugin H. , die sich vor den Geschädigten
gestellt hatte, durch den Angeklagten konnte die Kammer den
möglichen
Schluss ziehen, dass der Angeklagte und G. eine arbeitsteilige
Vorgehensweise
abgesprochen hatten. Dass die Strafkammer angesichts des Gewichts,
das dem Tatbeitrag des Angeklagten im Rahmen der gemeinsamen
Tatausführung
zukam, naheliegend von einer mittäterschaftlichen Begehung
ausgegangen
ist - ohne dies allerdings näher zu begründen -, ist
unter Berücksichtigung
des dem Tatrichter für die Abgrenzung zur Beihilfe zustehenden
Ermessens
hinzunehmen.
b) Die Annahme der Kammer, der Einsatz eines Messers durch G.
sei nicht verabredet gewesen und habe nicht dem Willen des Angeklagten
entsprochen,
ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Anhaltspunkte
dafür,
dass der Angeklagte auch nur wusste, dass G. ein Messer mit sich
führte,
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sind nicht gegeben. Weder mit der Schwere der dem Zeugen beigebrachten
Verletzung noch mit der Gefährlichkeit der
Tatausführung war nach den Umständen
des Falls zu rechnen, so dass die Kammer zu Recht insoweit von einem
Exzess des früheren Mitangeklagten G. ausgegangen ist.
Dies führt dazu, dass zwar der Messereinsatz und die dadurch
verursachten
dauerhaften Narben dem Angeklagten nicht zur Last gelegt werden
können, gleichwohl ist eine Zurechnung der
Körperverletzung - anders als der
Generalbundesanwalt meint - möglich. Denn körperliche
Misshandlungen des
Geschädigten und Verletzungen jedenfalls in der Schwere, wie
sie durch
Schläge verursacht werden, entsprachen dem gemeinsamen, vom
Angeklagten
mitgetragenen Tatplan. Eine wesentliche Abweichung von dem Tatplan liegt
deshalb nicht vor, soweit der Geschädigte überhaupt
misshandelt und verletzt
wurde, sondern nur, soweit die Ausführungsart nicht der
Vereinbarung entsprach
und zu der schweren Tatfolge im Sinne des § 226 Abs. 1 Nr. 3
StGB
führte. Dies steht jedoch einer Zurechnung der
Körperverletzung nach § 224
Abs. 1 Nr. 4 StGB nicht entgegen (vgl. auch BGHR StGB § 25
Abs. 2 Mittäter
Nr. 31; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 25 Rdn. 8
a; so auch schon RGSt 44,
321 f.).
c) Auch die Strafzumessung hält rechtlicher
Überprüfung stand. Soweit
die Strafkammer zu Lasten des Angeklagten gewertet hat, dass er sich
grundlos
die sinnlose Aktion des G. zu Eigen gemacht und sich an dessen
Racheaktion
beteiligt hat, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Aus der
Tatvorgeschichte
lässt sich entnehmen, dass dem Angeklagten hier nicht die
Tatbegehung
als solche strafschärfend vorgeworfen, sondern die Tatsache
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sichtigt wurde, dass er bei dem vorangegangenen Diskothekenbesuch in die
Auseinandersetzung zwischen G. und dem Geschädigten nicht
unmittelbar
einbezogen und von dem Geschädigten nicht bedroht worden war.
Bode Otten Rothfuß
Roggenbuck Appl |